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Mittwoch, 17. Oktober 2012
Blau macht Bunz
Überschriften, die man liebt.
Wie auch immer, Wolfgang Blau geht von der Zeit Online zum Guardian, wie Mercedes Bunz von Tagesspiegel.de ebenfalls dorthin gewechselt ist. Für eine nicht allzu lange Zeit. Laut wurde darüber geredet, als sie ging, leise wurde es dann. Bei aller Begeisterung für den Guardian: Die sind nur so gut, weil sie eine Knochenmühle und die Mitarbeiter voller Existenzangst sind.
In diesem Interview bezieht Blau Stellung, und ich denke, wie er es beschreibt, ist es nur folgerichtig: Die Zeit hat viel beim Guardian und bei der NYT gelernt, und was Blau thematisch anspricht, geht in Deutschland eher schlecht. Die Zeit hat die FAZ mehr mt besser gemachten Allgemeinthemen überholt, denn mit Debatten oder Spezialangeboten. Allein die Personalstärke ist beeindruckend, und da sitzen Leute, die wirklich gern Internet machen. Die Blogs der Zeit sind trotzdem fast immer eine schwere Enttäuschung, und nicht umsonst sind viele schnell wieder verschwunden.
Momentan verucht man es mit einem Radlblog, und da muss ich gar nicht Wochen abwarten um zu wissen, dass hier der nächste Fehlschlag kommt: Blutleer, viel zu sehr aufs Netz fixiert, keine eigenen Themen, öde Schreibe, es passiert nichts, keine Erlebnisse, und eine Autorin ohne jeden Charakter.
Dabei könnte genau das ziehen, eine Frau in einer Männersparte, was macht sie anders, wie ist ihr Blick, kann sie Frauen das Thema erschliessen, wie sieht ein guter Damensattel aus, und das alles auf einem liebenswerten, allgemein verständlichen Niveau. Sonst ist das nur wieder bunter Nerdkram. Und das gibt es schon zuhauf, dazu braucht man nicht die Zeit und auch nicht die FAZ oder den SPON, die sowas auch mal probierten.
Eigentlich, in Zeiten wie diesen, müsste man eine grosse Klammer machen: Zukunft des Individualverkehrs. Und das dann mit hübschen Themen füttern.Zum Start vielleicht einen Tweed Run organisieren, einmal ein Rad nach Leserwünschen aufbauen, und das vielleicht auch als Sondermodell anbieten. Oder ein Eisrad in Valeggio kaufen und dann damit nach Deutschland radeln und schauen, was unterwegs passiert (warum habe ich Idiot das nicht gemacht???). Irre. Charmant. Witzig. Anders. Der Markt und der Trend sind da, nur halt nicht für all die vertrockneten Eisenten, die bei der Zeit vermutlich alle Prügelstrafe kriegen, wenn sie lachen. Die FAZ ist jetzt auch nicht gerade ein Ausbund an Frohsinn und es muss nicht gossig wie SPON sein, aber die Botschaft muss lauten:
RADELN MACHT GLÜCKLICH!
Aber dieser Fail durch trockene Distanz zieht sich durch die ganze Zeitbloggerei, egal ob Berlinkultur oder Grüne Geschäfte. Man muss sich an die Leser ranschmeissen und sie mitziehen, sonst endet man bei den wirklich wichtigen Themen schnell in der Oberlehrerpose. Landlust ist ein prima Beispiel, wie man so einen Lebensstil propagieren kann, ohne so stocksteif hamburgisch daherzukommen, mit schrägen Designerwohnungen und was man sonst noch haben will, um kosmopolitisch zu wirken. Medien brauchen mehr Pron und je lahmer das Thema, desto mehr Pr0n muss drin sein.
Der richtige Riecher und die falsche Umsetzung - das ist es, was bei mir von den Zeitblogs hängen bleibt. Es ist wie Carta, ich weiss nicht, warum ich das lesen soll, es ist alles üblich und normal. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie gelesen werden wollen. Sie wollen senden, aber nicht mit mir reden und auch nicht mich unterhalten. Thematische Brillianz trifft sagenhafte soziale Blödheit. Nicht nur ein Zeitproblem. Aber wie oft muss man diesen Fehler eigentlich noch machen?
Edit: Ich muss mich entschuldigen. Das Ferengiblog der FAZ Wirtschaft, das einfach halbgare Blogeinträge amerikanischer Ayn-Rand-Verehrer (sog. "Wissenschaftler") nachschmiert, ist natürlich nochmal erheblich schlechter.
Wie auch immer, Wolfgang Blau geht von der Zeit Online zum Guardian, wie Mercedes Bunz von Tagesspiegel.de ebenfalls dorthin gewechselt ist. Für eine nicht allzu lange Zeit. Laut wurde darüber geredet, als sie ging, leise wurde es dann. Bei aller Begeisterung für den Guardian: Die sind nur so gut, weil sie eine Knochenmühle und die Mitarbeiter voller Existenzangst sind.
In diesem Interview bezieht Blau Stellung, und ich denke, wie er es beschreibt, ist es nur folgerichtig: Die Zeit hat viel beim Guardian und bei der NYT gelernt, und was Blau thematisch anspricht, geht in Deutschland eher schlecht. Die Zeit hat die FAZ mehr mt besser gemachten Allgemeinthemen überholt, denn mit Debatten oder Spezialangeboten. Allein die Personalstärke ist beeindruckend, und da sitzen Leute, die wirklich gern Internet machen. Die Blogs der Zeit sind trotzdem fast immer eine schwere Enttäuschung, und nicht umsonst sind viele schnell wieder verschwunden.
Momentan verucht man es mit einem Radlblog, und da muss ich gar nicht Wochen abwarten um zu wissen, dass hier der nächste Fehlschlag kommt: Blutleer, viel zu sehr aufs Netz fixiert, keine eigenen Themen, öde Schreibe, es passiert nichts, keine Erlebnisse, und eine Autorin ohne jeden Charakter.
Dabei könnte genau das ziehen, eine Frau in einer Männersparte, was macht sie anders, wie ist ihr Blick, kann sie Frauen das Thema erschliessen, wie sieht ein guter Damensattel aus, und das alles auf einem liebenswerten, allgemein verständlichen Niveau. Sonst ist das nur wieder bunter Nerdkram. Und das gibt es schon zuhauf, dazu braucht man nicht die Zeit und auch nicht die FAZ oder den SPON, die sowas auch mal probierten.
Eigentlich, in Zeiten wie diesen, müsste man eine grosse Klammer machen: Zukunft des Individualverkehrs. Und das dann mit hübschen Themen füttern.Zum Start vielleicht einen Tweed Run organisieren, einmal ein Rad nach Leserwünschen aufbauen, und das vielleicht auch als Sondermodell anbieten. Oder ein Eisrad in Valeggio kaufen und dann damit nach Deutschland radeln und schauen, was unterwegs passiert (warum habe ich Idiot das nicht gemacht???). Irre. Charmant. Witzig. Anders. Der Markt und der Trend sind da, nur halt nicht für all die vertrockneten Eisenten, die bei der Zeit vermutlich alle Prügelstrafe kriegen, wenn sie lachen. Die FAZ ist jetzt auch nicht gerade ein Ausbund an Frohsinn und es muss nicht gossig wie SPON sein, aber die Botschaft muss lauten:
RADELN MACHT GLÜCKLICH!
Aber dieser Fail durch trockene Distanz zieht sich durch die ganze Zeitbloggerei, egal ob Berlinkultur oder Grüne Geschäfte. Man muss sich an die Leser ranschmeissen und sie mitziehen, sonst endet man bei den wirklich wichtigen Themen schnell in der Oberlehrerpose. Landlust ist ein prima Beispiel, wie man so einen Lebensstil propagieren kann, ohne so stocksteif hamburgisch daherzukommen, mit schrägen Designerwohnungen und was man sonst noch haben will, um kosmopolitisch zu wirken. Medien brauchen mehr Pron und je lahmer das Thema, desto mehr Pr0n muss drin sein.
Der richtige Riecher und die falsche Umsetzung - das ist es, was bei mir von den Zeitblogs hängen bleibt. Es ist wie Carta, ich weiss nicht, warum ich das lesen soll, es ist alles üblich und normal. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie gelesen werden wollen. Sie wollen senden, aber nicht mit mir reden und auch nicht mich unterhalten. Thematische Brillianz trifft sagenhafte soziale Blödheit. Nicht nur ein Zeitproblem. Aber wie oft muss man diesen Fehler eigentlich noch machen?
Edit: Ich muss mich entschuldigen. Das Ferengiblog der FAZ Wirtschaft, das einfach halbgare Blogeinträge amerikanischer Ayn-Rand-Verehrer (sog. "Wissenschaftler") nachschmiert, ist natürlich nochmal erheblich schlechter.
donalphons, 01:51h
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Man gewöhnt sich irgendwann daran
Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass man auch in anderen Bereichen reichlich exponiert ist, wenn man eine grosse Klappe hat, und nicht die Klugheit, sich mit bigotten Figuren abzufinden. Es gab eine Zeit, da habe ich gleichzeitig an einem delikaten Vorfall bei der Zwangsarbeiterentschädigung in Österreich gearbeitet, als die Blauschwarzen eine der ihren bei einer alternativlosen Opferanwältin installierten, und zu den Umständen eines Kinderurlaubs in Israel und dessen Finanzierung. Nicht alle Ösis können was für ihre Politikmafia, und viele, die an die jüdische Gemeinschaft glauben, tun das aus guten Gründen, aber irgendwie schwappt es dann Figuren hoch, die eine Schande für die theoretischen Ziele ihrer Institutionen sind. Und in solchen Fällen bekommt man es mit der Empörung jener zu tun, die sich moralisch im Recht empfinden.
Ich bin seit dreieinhalb Jahren Profiblogger, was nicht ohne Witz ist, weil ich sage, dass Profibloggen kein Geschäftsmodell ist. Dass es doch funktioniert, und das mit einem wirklich abseitigen Thema, hat mit Glück, Berechnung, Nachdenken und dem Arbeitgeber zu tun, der mich einfach hat machen lassen, und dem ich seitdem die unbedingte Treue halte, auch wenn es immer wieder andere Angebote aus dem nichtjournalistischen Bereich gibt. Gleichzeitig versuche ich so wenig wie möglich, die Karte dieser Zeitung zu spielen: ich habe noch nicht mal mehr einen Journalistenausweis, ich kaufe mir alle Bücher selbst, und als ich letzte Woche die Reiseabrechnung machte und fundamental unter den erwarteten Kosten blieb, fragte mich die Sekretärin, ob ich in einer Ruine übernachtet hätte. Meine Antwort auf die Privilegien des Journalismus ist sie abzulehnen, selbst wenn ich weiss, dass es in besonderen Situationen wie dem Erdbeben in Italien nicht klug ist. Das ist nicht zwingend moralisch, ich tausche das Risiko gegen eine gewisse persönliche Freiheit ein. Oft ist es ja so, dass einen Veranstalter mehr oder weniger sanft in Bahnen zwingen wollen, oder die Privilegien den Menschen verändern: Das möchte ich eher nicht. Weil ich das Gefühl brauche, jederzeit wieder raus zu können, ohne dass mir etwas fehlen würde. Und ich möchte da auch nicht als grossmütig gelten: Ich mache das, weil ich es mir leisten kann und auch leisten könnte, selbst wenn nicht ab und zu PR-Agenturen, Konkurrenz und Verlage anklopfen würden.
Sie tun das in dem Glauben, der Erfolg wäre reduplizierbar. Wenn das mit der FAZ geht, müsste es doch auch mit allem anderen gehen. Die Erfahrung der deutschen Social Media Berater zeigt leider, dass dem überhaupt nicht so ist; es gibt durchaus passable Blogger, die total versagen, wenn sie dauerhaft verifizierbare Leistung bei der Kundenbindung bringen sollen. Meine Begabung ist eine reine Inselbegabung, ich könnte zu gewissen Themenkomplexen sicher viel beitragen, aber die wenigsten Themen würden sich zur Verwertung eignen. Ich habe einiges an Erfahrung im Umgang mit Autokonzernen: Die sind zwar immer bereit, breit zu sponsorn, aber im Kernbereich ihrer Produkte setzen sie auf extrem fokussierte Markenbotschaften. Vorstandsinterviews und Autopräsis sind nicht gerade blogtauglich.
Ich bleibe bei etwas, das ich kann, das funktioniert und läuft. Ich würde es so erklären, dass ich in meiner momentanen Tätigkeit Bestände sichere und vielleicht ein wenig zur Auffächerung des Angebots beitrage, mit einem Ansatz, der zum Produkt generell passt und nicht so leicht zu kopieren ist. Weshalb es auch weitergeht mit den Stützen der Gesellschaft, auch wenn ich hin und wieder Ansgst habe, zu langweilen oder im eigenen Saft zu schmoren.
Nicht allen gefällt das. Es gab einiges an Jubel, als ich vor anderthalb Jahfren dran war, mein Blog zu schliessen, und eigentlich immer wütende Angriffe, wenn andere Blogs eingestellt wurden. Nicht immer direkt, nicht immer sofort, aber die externen Ex-Blogger haben sich teilweise jahrelang an mir abgearbeitet. Und ich frage mich schon, warum sie diese Energie früher nicht in ihre eigenen Projekte gesteckt habem. Als die Stützen begannen, habe ich so lange Kommentare beantwortet, bis ich mit der rechten Hand nicht mehr tippen konnte. Ich hatte elende Fehlschläge ausgerechnet mit Lieblingsthemen, und ich musste völlig neu lernen, wie man Veranstaltungen blogt. Klar ist es eine schöne Vorstellung, dass das Internet jeden Platz hat, aber es ist eine echte Kunst, ein Thema auf drei Beiträge zu verteilen und auszuleuchten, und auch ich beherrsche die nicht immer. Etwas, das man in einem Beitrag sagen kann, auf zwei Beiträge aufzublasen, rächt sich immer. Weniger wegen der Zeilenschinderei, sondern weil die Leser nicht dumm sind. Die Möglichkeiten des Mediums sind zugleich sein Fluch, und man muss lernen, damit umzugehen. Und wenn etwas nicht läuft, muss man es eben ändern und besser werden. Statt dessen haben andere sich branchenweit nicht wirklich ein Bein ausgerissen, sind mitgeschwommen, haben sich nach unten orientiert und wurden erst laut, wenn es nicht weiter ging. Dann auch immer wieder mal gern in meine Richtung, Seemann, Seeliger, Jakubetz.... Gerade zur Zeit muss sich der Niggemeier durch meine Kommentare gewühlt haben.Ich finde sowas nicht scary, sondern nur bescheuert.
Die Stützen wird es nicht ewig geben. Ich hatte Phasen, in denen es nicht leicht war, und irgendwann sind Themen auch auserzählt. Aber wenn es so weit ist, möchte ich etwas geschaffen haben, und es soll nicht in der immer gleichen Agonie enden, sondern in einer Stretta. Und es sollte den Geist weitergeben. Ich schreibe seit 2000 sowas wie ein Blog, zuerst über MP3, dann Dotcomtod und seit 2003 auch hier, und seit 2008 bei der FAZ. Ich bin ziemlich alt geworden über all diese Erlebnisse, wie andere auch, und ich habe eine gewisse Sehsucht nach anderen, die es besser, klüger und bissiger als die alten Säcke machen. Ich habe mir wenigstens ein Thema gesucht, mit dem man in Würde älter werden kann, aber der Miesepeter Niggemeier, der sein Leben und sein komplett freudloses Blog mit dem Anpissen von Leuten zubringt, deren Job er nicht machen muss, die Vermarktungströte Sascha Lobo, die irgendwann mehr durch ihren Bauch als durch die schlecht geschnittenen Anzüge auffällt, die müssen weg aus der ersten Reihe, wie ich auch, denn unser Weg ist keiner, den man gehen sollte - nur sollte die Zukunft etwas anderes als Cashys Drecksloch oder die von Merceds geschmierten Autovolldeppen sein, die Rivva spammen.
Solange - und solange die FAZ möchte - geht es weiter. Es kommen ein paar vermutlich etwas holprige Tage, das Schmähen meiner Person als Übrigbleibender gehört dazu wie das Steinewerfen auf den Teufel bei Mekka, und irgendwann wird jemand kommen, der Anstand, Biss und Witz hat und mir zeigen wird, was wirklich geht.
Ich glaube, dass man mit einem Sex- und Scheidungsblog die Luft zum Brennen bringen kann, ich glaube an eine deutsche Antwort auf Politico, und ein Societyblog so nett wie Salpetersäure. Niemand (ausser Fefe, Modeste und Kid37 vielleicht) ist unersetzlich, da Neue muss kommen und das Alte hinwegfegen.
Dass es so ist, weiss eigentlich jeder in der Branche und ihren Umwälzungen. In der Medienkrise sind wir alle Einsparpotenziale. Wir überleben nur, wenn wir Zukunftspotenziale sind. Wir sollten bloggen, als seien alle Teufel der Hölle hinter uns her, denn genau das ist es, was droht. Und diese Höllenjagd ist selbst verursacht, wenn wir die schmalen Chancen, die es im Onlinejournalismus gibt, nicht mit aller Kraft nutzen. Es sind nicht die Verlage, die Blogs einstellen, es ist die Krise, deren Teil und Verursacher wir selbst sind, die uns aus den Ritzen der Verlagshäuser pustet. Es kann eigentlich nicht sein, dass man dauernd den Medien den Tod vorhersagt und dann, wenn man an den Fleischtöpfen ist, erst mal ne ruhige Kugel schiebt. Es ist bigottes Mimimi, Entlassungsrunden bei Medien fröhlich als Beleg der Internetthesen zu nehmen, und sich dann aufzuführen, wenn ein Blog aus den gleichen Kostenzwängen geschlossen wird. Wir haben an diesem Sturm mitgebraut, wir sind Teil des Untergangs, des Untergangs der anderen und des eigenen, und kein Shitstorm und kein Fingerzeigen wird daran etwas ändern. Und dass man mit ein wenig blöd twittern und bloggen auf Piratenticket an ein Mandat kommt, ist auch nicht mehr sonderlich wahrscheinlich. Insofern: Macht was Ihr wollt in Euren eigenen Blogs. Aber gebt Euch selbst jeden Tag einen dicken Tritt, wenn jemand dafür bezahlen soll. Eine Profiblog ist kein Ponader-BGE und kein Firmen-Flattr, es ist harte Arbeit.
Und aus meinen Erfahrungen mit Google und PR-Klitschen kann ich auch noch hinzufügen: Die haben mehr Geld. Aber auch nichts zu verschenken. Und es gibt immer einen, der es für weniger macht.
Ich bin seit dreieinhalb Jahren Profiblogger, was nicht ohne Witz ist, weil ich sage, dass Profibloggen kein Geschäftsmodell ist. Dass es doch funktioniert, und das mit einem wirklich abseitigen Thema, hat mit Glück, Berechnung, Nachdenken und dem Arbeitgeber zu tun, der mich einfach hat machen lassen, und dem ich seitdem die unbedingte Treue halte, auch wenn es immer wieder andere Angebote aus dem nichtjournalistischen Bereich gibt. Gleichzeitig versuche ich so wenig wie möglich, die Karte dieser Zeitung zu spielen: ich habe noch nicht mal mehr einen Journalistenausweis, ich kaufe mir alle Bücher selbst, und als ich letzte Woche die Reiseabrechnung machte und fundamental unter den erwarteten Kosten blieb, fragte mich die Sekretärin, ob ich in einer Ruine übernachtet hätte. Meine Antwort auf die Privilegien des Journalismus ist sie abzulehnen, selbst wenn ich weiss, dass es in besonderen Situationen wie dem Erdbeben in Italien nicht klug ist. Das ist nicht zwingend moralisch, ich tausche das Risiko gegen eine gewisse persönliche Freiheit ein. Oft ist es ja so, dass einen Veranstalter mehr oder weniger sanft in Bahnen zwingen wollen, oder die Privilegien den Menschen verändern: Das möchte ich eher nicht. Weil ich das Gefühl brauche, jederzeit wieder raus zu können, ohne dass mir etwas fehlen würde. Und ich möchte da auch nicht als grossmütig gelten: Ich mache das, weil ich es mir leisten kann und auch leisten könnte, selbst wenn nicht ab und zu PR-Agenturen, Konkurrenz und Verlage anklopfen würden.
Sie tun das in dem Glauben, der Erfolg wäre reduplizierbar. Wenn das mit der FAZ geht, müsste es doch auch mit allem anderen gehen. Die Erfahrung der deutschen Social Media Berater zeigt leider, dass dem überhaupt nicht so ist; es gibt durchaus passable Blogger, die total versagen, wenn sie dauerhaft verifizierbare Leistung bei der Kundenbindung bringen sollen. Meine Begabung ist eine reine Inselbegabung, ich könnte zu gewissen Themenkomplexen sicher viel beitragen, aber die wenigsten Themen würden sich zur Verwertung eignen. Ich habe einiges an Erfahrung im Umgang mit Autokonzernen: Die sind zwar immer bereit, breit zu sponsorn, aber im Kernbereich ihrer Produkte setzen sie auf extrem fokussierte Markenbotschaften. Vorstandsinterviews und Autopräsis sind nicht gerade blogtauglich.
Ich bleibe bei etwas, das ich kann, das funktioniert und läuft. Ich würde es so erklären, dass ich in meiner momentanen Tätigkeit Bestände sichere und vielleicht ein wenig zur Auffächerung des Angebots beitrage, mit einem Ansatz, der zum Produkt generell passt und nicht so leicht zu kopieren ist. Weshalb es auch weitergeht mit den Stützen der Gesellschaft, auch wenn ich hin und wieder Ansgst habe, zu langweilen oder im eigenen Saft zu schmoren.
Nicht allen gefällt das. Es gab einiges an Jubel, als ich vor anderthalb Jahfren dran war, mein Blog zu schliessen, und eigentlich immer wütende Angriffe, wenn andere Blogs eingestellt wurden. Nicht immer direkt, nicht immer sofort, aber die externen Ex-Blogger haben sich teilweise jahrelang an mir abgearbeitet. Und ich frage mich schon, warum sie diese Energie früher nicht in ihre eigenen Projekte gesteckt habem. Als die Stützen begannen, habe ich so lange Kommentare beantwortet, bis ich mit der rechten Hand nicht mehr tippen konnte. Ich hatte elende Fehlschläge ausgerechnet mit Lieblingsthemen, und ich musste völlig neu lernen, wie man Veranstaltungen blogt. Klar ist es eine schöne Vorstellung, dass das Internet jeden Platz hat, aber es ist eine echte Kunst, ein Thema auf drei Beiträge zu verteilen und auszuleuchten, und auch ich beherrsche die nicht immer. Etwas, das man in einem Beitrag sagen kann, auf zwei Beiträge aufzublasen, rächt sich immer. Weniger wegen der Zeilenschinderei, sondern weil die Leser nicht dumm sind. Die Möglichkeiten des Mediums sind zugleich sein Fluch, und man muss lernen, damit umzugehen. Und wenn etwas nicht läuft, muss man es eben ändern und besser werden. Statt dessen haben andere sich branchenweit nicht wirklich ein Bein ausgerissen, sind mitgeschwommen, haben sich nach unten orientiert und wurden erst laut, wenn es nicht weiter ging. Dann auch immer wieder mal gern in meine Richtung, Seemann, Seeliger, Jakubetz.... Gerade zur Zeit muss sich der Niggemeier durch meine Kommentare gewühlt haben.Ich finde sowas nicht scary, sondern nur bescheuert.
Die Stützen wird es nicht ewig geben. Ich hatte Phasen, in denen es nicht leicht war, und irgendwann sind Themen auch auserzählt. Aber wenn es so weit ist, möchte ich etwas geschaffen haben, und es soll nicht in der immer gleichen Agonie enden, sondern in einer Stretta. Und es sollte den Geist weitergeben. Ich schreibe seit 2000 sowas wie ein Blog, zuerst über MP3, dann Dotcomtod und seit 2003 auch hier, und seit 2008 bei der FAZ. Ich bin ziemlich alt geworden über all diese Erlebnisse, wie andere auch, und ich habe eine gewisse Sehsucht nach anderen, die es besser, klüger und bissiger als die alten Säcke machen. Ich habe mir wenigstens ein Thema gesucht, mit dem man in Würde älter werden kann, aber der Miesepeter Niggemeier, der sein Leben und sein komplett freudloses Blog mit dem Anpissen von Leuten zubringt, deren Job er nicht machen muss, die Vermarktungströte Sascha Lobo, die irgendwann mehr durch ihren Bauch als durch die schlecht geschnittenen Anzüge auffällt, die müssen weg aus der ersten Reihe, wie ich auch, denn unser Weg ist keiner, den man gehen sollte - nur sollte die Zukunft etwas anderes als Cashys Drecksloch oder die von Merceds geschmierten Autovolldeppen sein, die Rivva spammen.
Solange - und solange die FAZ möchte - geht es weiter. Es kommen ein paar vermutlich etwas holprige Tage, das Schmähen meiner Person als Übrigbleibender gehört dazu wie das Steinewerfen auf den Teufel bei Mekka, und irgendwann wird jemand kommen, der Anstand, Biss und Witz hat und mir zeigen wird, was wirklich geht.
Ich glaube, dass man mit einem Sex- und Scheidungsblog die Luft zum Brennen bringen kann, ich glaube an eine deutsche Antwort auf Politico, und ein Societyblog so nett wie Salpetersäure. Niemand (ausser Fefe, Modeste und Kid37 vielleicht) ist unersetzlich, da Neue muss kommen und das Alte hinwegfegen.
Dass es so ist, weiss eigentlich jeder in der Branche und ihren Umwälzungen. In der Medienkrise sind wir alle Einsparpotenziale. Wir überleben nur, wenn wir Zukunftspotenziale sind. Wir sollten bloggen, als seien alle Teufel der Hölle hinter uns her, denn genau das ist es, was droht. Und diese Höllenjagd ist selbst verursacht, wenn wir die schmalen Chancen, die es im Onlinejournalismus gibt, nicht mit aller Kraft nutzen. Es sind nicht die Verlage, die Blogs einstellen, es ist die Krise, deren Teil und Verursacher wir selbst sind, die uns aus den Ritzen der Verlagshäuser pustet. Es kann eigentlich nicht sein, dass man dauernd den Medien den Tod vorhersagt und dann, wenn man an den Fleischtöpfen ist, erst mal ne ruhige Kugel schiebt. Es ist bigottes Mimimi, Entlassungsrunden bei Medien fröhlich als Beleg der Internetthesen zu nehmen, und sich dann aufzuführen, wenn ein Blog aus den gleichen Kostenzwängen geschlossen wird. Wir haben an diesem Sturm mitgebraut, wir sind Teil des Untergangs, des Untergangs der anderen und des eigenen, und kein Shitstorm und kein Fingerzeigen wird daran etwas ändern. Und dass man mit ein wenig blöd twittern und bloggen auf Piratenticket an ein Mandat kommt, ist auch nicht mehr sonderlich wahrscheinlich. Insofern: Macht was Ihr wollt in Euren eigenen Blogs. Aber gebt Euch selbst jeden Tag einen dicken Tritt, wenn jemand dafür bezahlen soll. Eine Profiblog ist kein Ponader-BGE und kein Firmen-Flattr, es ist harte Arbeit.
Und aus meinen Erfahrungen mit Google und PR-Klitschen kann ich auch noch hinzufügen: Die haben mehr Geld. Aber auch nichts zu verschenken. Und es gibt immer einen, der es für weniger macht.
donalphons, 01:32h
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