: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 4. September 2004

Real Life 2.9.04 - Alles so sauber hier

Es gibt nur zwei Stockwerke. Es gibt keine Grafittis; es gibt noch nicht mal passende Wände dafür, denn die Fronten sind aus Glas, und davor sind grosse Gärten, Mauern und hohe Bäume. Wenn man nicht drin war, kann man es nur von der Strasse aus erahnen. Manchmal stirbt jemand, dann gibt es ein grosses Begräbnis mit den Honoratioren, und das Haus wird verkauft, an Leute, die es dann komplett nach ihren Wünschen umbauen lassen. Viele Häuser sind noch zu einer Zeit gebaut worden, als ein Pool im Keller noch nicht sein musste, und auch Doppelgaragen sind nicht mehr Stand der Familien- und Automobilplanung.

Alle Strassen sind verkehrsberuhigt, und so angelegt, dass niemand rasen kann. Nirgendwo gibt es mehr Spielstrassen, und auch sonst ist praktisch kaum Verkehr. Die Leute kennen und grüssen sich, wenn sie am Morgen die Zeitung holen. Wer in die Stadt fährt, bringt den anderen frische Brötchen mit. Geschäfte gibt es hier nicht, die würden auch nur stören. Allenfalls das Röhren des Schulbusses, der nie mehr als halb voll wird, stört manchmal die Idylle. Inzwischen ist man hier nach langem Zögern dazu übergegangen, Hauspersonal einzustellen. In Strassenabschnitten teilt man Gärtner, Haushaltsgehilfinnen, Köchinnen und sonstige hilfreiche Hände, die in den überwucherten Gärten und nippesverseuchten Räumen für Ordnung sorgen, während man am Springbrunnen Tee trinkt. Hier ist alles sauber, zufrieden und krisensicher. Hartz IV ist nicht nur kein Thema, es existiert einfach nicht.

Und wenn ich nicht ein paar Mal noch etwas weiter im Westen gewesen wäre, am Rand der Stadt vor dem Golfplatz, wo das städtische Klinikum ist, in diesen völlig unfassbaren Nächten, wo Freunde tschüss sagten und Schönes Leben noch meinten, weil sie sich dann zu Hause in dieses Viertel fuhren, und sich ohne jeden Grund aus dem perfekten Leben in Wohlstand und Zufriedenheit bomben wollten, wenn ich das alles nicht in diesen hedonistischen frühen 90er Jahren erlebt hätte, würde ich vielleicht etwas unbedarfter diese schmale, geschwungene Strasse hinaus in das kleine, hübsche Wohngebiet fahren, wo kaum ein Haus unter 200 Quadratmeter hat und die Katzen auf der Strasse voller Zuversicht liegen bleiben, wenn sie einen der hier typischen 6- bis 12-Zylindermotoren kommen hören.

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Prestige-Platte

Ein weggeworfener und verrottender Fernseher bringt es nie über einen Meter Höhe. Etwa drei Meter über dem Boden endet meistens die illegale Beschmutzung von Gebäuden durch Grafitti.



Darüber beginnt die Verschmutzung des Luftraumes mit Gebäuden. Nur wenige wollen hier wohnen. Die meisten haben wenig Alternativen.

Ich schon. Ab heute Bayern.

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Donnerstag, 2. September 2004

Blöde Republik, Berliner, Du.

Das alte Establishment der 68er Generation gräbt sich gegen die da draussen ein. Es ist nur ein banaler Kulturevent, noch nicht mal von der Spitze organisiert, eher kleiner Rahmen und mittelprächtiges Buffet. Aber trotzdem: Securityanforderungen wie an der Grenze zur DDR. Nicht wegen Terror, sondern wegen korrekten Karten. Nur wer auf der Liste ist, darf rein. Das nennt man dann handverlesen.

Die gestellte Betreuerin, die Aufpasserin mit knielangem Rock und SM-Anklängen sagt, dass das heute nötig ist. Zu viele Schnorrer. Die will man hier nicht. Man ist eigentlich noch nicht mal sehr prominent, man wirkt im Hintergrund, aber trotzdem zog man so Fälle an, die einfach nicht reingepasst haben. So Arbeitslose mit Journalistenausweis halt. Der hilft hier gar nichts. Und schreiben ist auch nicht, nur informell plaudern, Guten Tag, Herr X, gerne komme ich wieder zum Think Tank, übrigens sehr interessant, was da festgestellt wurde, in Bezug auf die Konsolidierung der transatlantischen Beziehungen.

Dahinter, irrelevant, der vorgeschobene Anlass. Bilder von nicht wirklich reichen Leuten. Jedes Häppchen kostet mehr, als sie am Tag für Essen ausgeben. Wir haben es ja. Noch.

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Nachtarbeit

Dieses wunderbare Gefühl, nach Hause zu gehen, wenn die anderen gerade aufstehen und ihrem geregelten, geraden Lebens- und Arbeitsweg entlangtraben, wo jeder Schritt bestimmt ist, das Leben ist ein mittelprächtiges Scheitern, die nennen es Glück und sind zufrieden, und sie werden sich nie so hundeelend nach 3 Kannen Tee ohne Essen fühlen, nur nach der Betriebsfeier natürlich, wenn sie gesoffen, aber nicht gefickt haben. Von allen Ecken kommen Mütter, jünger als ich, mit ihren Blagen auf dem Fahrrad, um sie in der Kita abzuladen, wo sie nachher rumkrakelen werden, mit der Kindergärtnerin, die auch gerade kommt, unfassbar blond, sauber, praktisch und voller Banalität des Guten, um die ist eine Corona von Licht und Morgenabgasen, sie wird sie brüllen lassen, aber ich werde vielleicht schlafen.



Oder vielleicht auch nicht, denn hey, schlafen kann ich auch noch in der Hölle, und überhaupt bin ich noch nicht runter von dem Trip, dieses Stück Arbeit geht ihnen mitten zwischen die Augen, sie werden es hassen, sie mögen es gar nicht, wenn man sie, die Wahrer des Fortschritts in ihrem primitiven Clan-Verband, als eine Bande verkommener Schluchtenbewohner bezeichnet.

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Yahooo!

Yahoo wird Gmail nicht überleben. Und das ist auch gut so.

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Donnerstag, 2. September 2004

Übrigens:

Das Blogbuch wurde heute angeliefert. Grosse Freude bei Autoren und Verlag. Und es wird eine grosse Präsentation in glanzvollen Rahmen geben. Es gibt machmal eben doch noch Success Stories. ;-)

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Zu verrecken Mode

Für Gaultier, vielleicht. Für Galtier hätten wir in schwachen Momenten gesagt, dass wir sterben würden. Aber eher doch nicht. Warum auch. Wir waren jung und hatten das Geld. Wir sind einkaufen gegangen, Gaultier, Hemd von Byblos, Schuhe bei Bally, Eltern zahlen. Wir hatten Freunde, deren Eltern manchmal nicht zahlten. Die klauten als Stammkundschaft eine Weile, bis sie wieder Geld hatten oder erwischt wurden. Aber sterben würde niemand.

Es gab Leute, die das gesagt haben. Das waren die, denen der Kauf an sich wichtig war. Die Besitz irrational wichtig nahmen. Die das Sakko so hinlegten, dass man die Marke sah. Was bei galtier vollkommen überflüssig war, denn das hat man einfach erkannt. Solche Leute sagten, um die Aufopferung ihres Geldes zu demonstrieren, dass sie sterben würden, für Kleidung Ein Spruch für Leute, die im Kern Masochisten sind, sich an ihre Stelle gequält haben, und jetzt das Geld mit der Attitüde eines abgefuckten Marathonläufers verprassen. Für solche Leute gibt es solche Läden:



Das heisst, heute würden sie nicht mehr so leicht sterben. Sterben ist inzwischen zur realen Gefahr geworden. Sie sterben jeden Tag. Wenn sie am Bankautomat beten, dass der noch was ausspuckt. Wenn die dritte Mahnung wegen der Miete eintrifft. Wenn die Firma sagt, dass die EDV streikt, aber man auch mal über 10 weniger reden sollte, wegen der Solidarität. Oder wenn das nächste Downsizing kommt. Es gibt viele Gelegenheiten für sie, um zu sterben. Sehr unfashionable. Und überhaupt sieht das nicht nach einem leichten Freudentod aus, sondern nach verrecken im Schlamm.

Bis dahin sind sie erst mal in Agonie und überlegen, ob sie nicht doch was von der vorvorletzten Winterkollektion reaktivieren können. Niemand stirbt gern, in diesem kommenden, kalten Winter. Wir müssen nicht, sie wollen nicht. Natürlich tun sie uns leid. Und es ist noch nicht mal in unserem Sinn, dass ihr langsames Verrecken, ihr Abstieg aus der Leistungsgesellschaft, die Gesellschaftsstrukturen unserer Eltern erneuert.

Aber zuerst mal sind wir froh, dass unser Leben noch schön ist.

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Mittwoch, 1. September 2004

Motto des Tages

Da wir heute sowieso beim Hypeabstechen sind:

Willst Du die FTD zu lesen wagen?
Entleere erst mit Dr. Pepper Deinen Magen.



Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, die New Economy ist noch ein warmes Kadaver, und kriecht schon wieder aus der Grube.

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Ein Begebnis in Elmau

Oktober 2000 in Schloss Elmau. Auf dem Foundersforum , das längst nicht nehr gibt, glaubte noch niemand so recht an den Downturn. Sie nannten es eine notwendige Bereinigung, eine Verschnaufpause, eine gute Gelegenheit, schnell nochmal Beteiligungen zu kaufen. Ich nannte es den Anfang vom Ende, aber damals wollte keiner so richtig auf mich hören. Das Sterben hatte noch nicht begonnen. Kein Investor wollte damals sein Geld zurück. Sie wollten für den nächsten grossen Aufschwung investieren. Und die Medien wollten weiter an den Börsengängen verdienen. Man verstand sich gut, in Elmau, bei den kostenlosen Longdrinks. Der Freistaat zahlte.

Am zweiten Tag gab es einen Workshop zur PR, draussen vor dem Schlosshotel. Peter Müller von der FAZ war da. Der "Fruchtzwerge"-Maier von der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing. Der Typ, der bei Kothes Klewes die IPOs betreute. Es ging um die Frage, wie man gute Presse macht. 200 Entrepreneure sassen auf dieser Terrasse, hörten gelangweilt zu, und wären wahrscheinlich lieber ihre Vorstandsassistentin in der Sauna ficken gegangen, aber die war damals von den frischen Gründerinnen und so manchem VC besetzt - wie mein Freund, der Herr in Beige entdecken musste. Das waren übrigens noch die Zeiten, als Firmen noch kein Personal ausser den Vorständen, ihren Assisitentinnen und der Pressesprecherin hatten.

Die Sonne lächelte aus einem tiefblauen Himmel mild auf die Torheiten, die da auf dem Podium verbreitet wurden. Der Trip in die Hölle wurde als anregender Spaziergang verkauft, und Probleme gab es kaum. Kein Problem, das sich nicht mit einer Einladung zu einem ordentlichen Mittagessen lösen liesse.

Nur für einen Entrepreneur im Publikum stellte sich eine kritische Frage, und er stellte sie öffentlich: Er habe schon Interviews gegeben, und die Beitrge seien so positiv, dass er sich frage, wie das überhaupt noch besser werden soll, und ob er dem entsprechen könne. Das sei schon etwas belastend. Das schaffen sie schon, kam vom Podium.

Hätte er es tatsächlich geschafft, die nächsten drei Monate zu überleben, hätte man ihm diese Belastung sicher erspart. Sein Online-Shop für Esoterica wäre nicht mehr allzu gut besprochen worden. So aber blieb es bei ein paar sehr lobenden Beiträgen in drittklassigen Bizz-Gazetten, die den nächsten Oktober nicht erreichten, und einer Liquidation nach ein paar Hunderttausend Anlaufkosten und einer Website, die nie ins Internet gelangte.

Das war in etwa die Welt, in der die Windhorste gelebt haben.

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Insolvent

Windhorst AG
Windhorst Electronics GmbH
Windhorst Capital Holding GmbH
Es meldet der Spiegel: Serienpleitier.
Das Ende einer langen Geschichte. Hätten die Medien (und besonders der Spiegel) früher mal besser die Schnauze gehalten. Um sie abstürzen zu lassen, muss man sie erst mal hochschreiben.

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Dienstag, 31. August 2004

Und es wird sein Heulen und Zähneknirschen

Arbeit kann so schön sein, wenn man das richtige Ambiente hat. Wenn die Laptops brandneu und die Mitarbeiter High Potentials sind, der Businessplan von KPMG und die Geschäftsidee nur Theorie ist. Dann tut es einem fast leid, mal einen Moment nicht arbeiten zu müssen. So schön kann Arbeit sein. Und das Wochenende kommt so schnell...



Die Dame auf dem Schild in der Veteranenstrasse ist wohl so eine Workaholikerin, die sich gar nicht vorstellen kann, ins Wochenende zu gehen. Genauso, wie ich sie in Erinnerung habe, mit zu viel Mascara und Wimperntusche um die kleinen Augen, die so fies stieren können, die blonden Haare nach hinten gezogen, als ob sie sie hassen würde, und bei jeder kleinen Belastung bricht die schlecht erzogene Göre durch, die peinlicherweise die Pfoten in den Mund steckt und aus Diätgründen ihre kalorienreduzierten Fingernägel frisst.

Aber das ist lange her. Inzwischen verlassem sie das Gebäude aus anderen Gründen mit einem flauen Gefühl im Magen. Es könnte ja sein, dass ihr Arbeitsplatz über das Wochenende schon mal ausgeräumt und die Schliessanlage neu eingestellt wird. Ausserdem gehört es heute zum guten Ton, alle paar Wochen auf das Wochenende zu verzichten.

Wenn sie überhaupt einen Arbeitsplatz bekommen, natürlich. Wenn da steht: 40% vermietet, heisst das andersrum: 60% Leerstand. Boomtowns sehen anders aus. Und wer nicht auf den leeren Flächen ist, hockt zu hause, blättert im Ikea-Katalog und fängt an, Kinderkriegen irgendwie als Alternative zu betrachten. So schön kann Nichtarbeiten sein, glauben sie. Noch.

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Schlemmer Pavilion

Sie will unbedingt ins Cafe Burger, wenn sie nächste Woche kommt. Das Kaffee Burger ist angeblich cool, da ist die Literaturszene, da legt der Kaminer auf, da kotzen die Ukrainer auf dem Klo, und die Exilrussin schunkelt den Ausschnitt. So zumindest geht die Fama in anderen Städten, in denen verhuschtes Deutschlehrertum glücklich ist, im LK den politisch korrekten Kaminer durchzunehmen, statt dem schnöseligen Christian Kracht.

Das Burger und sein Nachbar, der Club der polnischen Versager, sind für dich No Go Areas, auf einer Stufe mit dem Käfer Festzelt auf dem Oktoberfest. Pseudo pur. Authentisch wie Eichenimitat. Sie will die Subkultur, das Andere, das Fertige, das Kaputte. Kann sie haben. Du wirst mit ihr einfach ein paar Meter weitergehen, zum Schlemmer Pavilion. Der Pavillion ist so eine Art Anlaufstelle für die Sorte schräge Gestalten, über die Kaminer schreibt.



Du hast ihn für dich entdeckt, als dich diese russischen Gitarrenspieler mit ihren Rädern umgenietet haben. Es tat ihnen furchtbar Leid, dass sie dich von hinten auf dem Bürgersteig niedergewalzt hatten, und sie meinten, auch wenn nichts passiert sei: Du müsstest zumindest was mit ihnen trinken....

hier geht´s weiter

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Sonntag, 29. August 2004

Nach dem Einschlag

Der Kirch-Konzern hatte in den letzten Jahren seines Bestehens durch die Fragmentierung seiner Tochtergesellschaften enorme Überkapazitäten an Verkaufs- und Geschäftsentwicklungspersonal. Man stand sich gegenseitig auf den Füssen, und verwendete den Grossteil der Arbeitszeit für ein irrwitziges Kompetenzgerangel.

Solche Systeme bekommen schnell eine rasante Eigendynamik. Die Leitung des Konzerns fand jede Form von zukunftsgerichtetem Ausbau gut, weil die Gegenwart meistens nicht wirklich schön war. Es wurde eingestellt, was das Zeug hielt; am besten von den lächerlichen Marketing-Akademien des Landes, die dann Seilschaften entwickelten. Es wurden Posten vergeben und Karrieren hingelegt, die eigentlich nur aus neuen Visitenkarten bestanden. Fast täglich meldeten Kress.de und Horizont.net neugeschaffene Leitungsposten in neugeschaffenen Units.

Momentan bekomme ich im Brotberuf häufig Anrufe von irgendwelchen Kleinstklitschen, von denen ich noch nir etwas gehört habe. Fast immer irgendas mit Vertrieb von Medienprodukten, Marketing, Image Building, fast immer mit diesen witzigen 99er Namen: Blueirgendwas (Bei Liquide heisst eine abstürzende Firma Blue4Media), Blabla4irgendwas, dann aber auch Visions und, gerade wenn Frauen die Inhaberinnen sind, irgendwas Süsses, verspieltes wie Candyfasel oder Freshgeblubber. Aus irgendeiner Grossstadt, und meistens in einer loftigen New-media-Ansiedlungs-Meile.



Bevor man überhaupt weiter diskutiert, schaut man erst mal nach, wer das eigentlich ist. Und viele leitendes Personal dieser Agenturen haben einen Lebenslauf mit einer Station bei Kirch, als der Laden pleite ging. Dann eine Lücke, und dann ab 2003 eine eigene Firma. Wenn man dort anruft, geht immer die Chefin ran. Mitarbeiter erzählen, dass sie ja eigentlich nur frei hier arbeiten und oft nicht da sind.

Eigentlich müsste die Geschichte lauten: Nach der Pleite gefeuert, denn Saban hat in diesem Bereich gnadenlos aufgeräumt. Dann die Abfindung durchgeorgelt, arbeitslos gewesen, keine Stelle trotz der tollen früheren Position gefunden, sich so lange bei den Absagen mit dem Wort "überqualifiziert" den Bauch pinseln lassen, bis sie es geglaubt haben - und dann haben sie ihr eigenes Ding aufgemacht. Oft nicht in München, weil es da zu teuer ist. In allen grösseren Städten sitzen sie jetzt, die Ex-Kirchler, machen Kontakte über OpbenBC, geben Golf als Hobby an, und warten darauf, dass es besser wird. Vetreten die Interessen anderer Kleinstfirmen auf Provisionsbasis. Suchen nach einem Loch aus diesem Wirtschaftskreislauf der immer gleichen, immer vom Konkurs bedrohten Media-Creativ-marketing-Werbungs-Webdising-Branding-Szene.

Und klingen sehr schnippisch, wenn ich ihnen mitteilen muss, dass wir auf ihr Anliegen leider nicht zurückkommen werden. Ja, ich weiss, es ist ein gutes Angebot, aber im Moment, leider, nein, wirklich nicht, und auch in zwei Wochen wird sich unsere Position nicht grundlegend geändert haben, danke.

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Sonntag, 29. August 2004

Road 2 nowhere

Mitten in Mitte, nahe der Gipsstrasse, ist ein etwa holocaustdenkmalgrosses Loch in der Besiedlung. Neben den obligatorischen Trümmern, kaputten Möbeln, alten Fetzen und erheblichen Fast-Food-Essensresten ist dort auch der Rest einer Strasse, die dann weiter hinten an einem Grundstück mit Neubau endet, in dem offensichtlich vermögende, spiessige Leute wohnen.



Man könnte es zur wahren Gemeinschaftsrepräsentanz des Ostens in Berlin ernennen. Oder zum Mahnmal für die Berliner New Economy. Beides würde passen, und quasi nichts kosten.

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Deja Deja Deja vu

Innerhalb von 48 Stunden haben mir drei Leute erzählt, dass kleine Stellen in ihrer Firma zu Profit Centern/Ich AGs/Spin Offs umgebaut werden. Zumindest in zwei Fällen sollen die betreffenden Mitarbeiter begeistert von den dadurch neu entstehenden Chancen und persönlichen Möglichkeiten zur Verwirklichung am Arbeitsplatz gewesen sein. Besonders schön: Ein Fall, in dem drei Leute eine GmbH werden, und die Buchhaltung dann wieder an den Mutterkonzern outsourcen.

Es ist irgendwie beruhigend, dass kein Informant von meinem Gelächter beleidigt war. Es gibt noch Inseln der Vernunft im aufgewühlten Meer des Irrsinns.

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Real Life 28.08.04 - Aus dem Verenden eines Taugewas

"Ja, also, klar will ich gründen. Das gehört einfach dazu, wenn man schon zur Elite gehört und seinen Abschluss in Witten gemacht hat. Aber auf so Zeug wie BCG und, was ihr kennt BCG nicht, na Boston Consulting Group, Marktführer, eh klar, drunter würde ich das doch nicht machen, kommt mir ja nicht mit den Stinkern von AT Kearney oder den McK-Prolos, wo war ich? Ach so, jedenfalls hab ich gesagt, ne BCG und Goldmann Sachs können ihre Headhunter wieder einpacken, ich mach meine eigene Firma auf. Das wird eine Mega-Success-Story, keine Frage, aber was ich gerade gemerkt habe, beim Schreiben der Powerpoint-Sheets für die Präsi: Ich mach das nicht nur wegen dem Geld. Ne, es geht mir auch um den Trip.

Ohne Link. Aber so oder ähnlich in einem Blog eines Elite-Absolventen gelesen. Ich dachte, die derartig gepolten Exemplare wären ausgestorben - zumindest waren sie das weitestgehend, als ich meinen aktiven Dienst im Auftrag einiger Investoren quittiert hatte (Liquide-Leser verstehen die Anspielung). Aber offensichtlich hat man welche nachgezüchtet.

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Freitag, 27. August 2004

Vockerode Teil 3

Nach Teil 1 und Teil 2 im örtlichen Kulturzentrum hier die Firmen, die sich auf der anderen Strassenseite befinden.



Einfach auf das Bild clicken. Man hat die Gebäude wohl nach der Wende teilweise restauriert oder weitergenutzt, aber inzwischen sind sie Ruinen.

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Vockerode Teil III

Auf der anderes Strassenseite schliesst sich ein ganzer Block mit aufgelassenen Fabrikgebäuden an.



Es sind typische Bauten der 60er, 70er und 80er Jahre, als Vockerode durch das Kohlekraftwerk noch eine Boomtown war.




Irgendwann in den 90ern muss es eine Zwischennutzung als Wohnungen gegeben haben. Dafür sprechen die Vorhänge, die von aussen zu sehen sind.




Die Gebäuse selbst sind verrammelt. Das ist eher ungewöhnlich. Viele andere Ruinen in der DDR werden aufgebrochen. Allerdings ist gegenüber ein trister Gasthof. Der hält die Vandalen an dieser Stelle vielleicht ab.




Auf dem neuesten Gebäude der Anlage wurden sogar noch Sattelitenschüsseln angebracht. Wahrscheinlich glaubte man daran, dass bald die blühenden Landschaften entstehen würden. Inzwischen ist dort alles leer, und die Scheiben sind eingeschlagen.




Auch die silberglänzenden Rohre dürften eine Neuinvestition nach der Wende gewesen sein. Sie verbanden einige der Gebäude.




Der Garten mit den alten Wegen und Stahltreppen über die Rohre ist völlig verwildert. Seit einigen Jahren dürfte er wohl nicht mehr gepflegt worden sein.




An der Plattenstrasse zur Fabrik steht ein dreigeschossiges Wohnhaus aus den 60er Jahren. Auch hier ist kein Leben mehr. Alle Fenster, bis in den dritten Stock hinauf, wurden eingeworfen.




Das Hauptgebäude der Fabrik hat starke Bezüge zur Bauhausarchitektur; innen muss es sehr hell gewesen sein. Und tatsächlich ist Dessau nicht weit von Vockerode entfernt.




Allerdings scheinen die architektonischen Qualitäten keine Rolle zu spielen. Vermutlich wird das Gebäude irgendwann abgerissen.

Zu Teil 1 und Teil 2.

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Real Life 27.08.04 - Amazoten

Wirklich nett: Ein Buch erscheint im September. Anfang September ist erst die Presse-Präsi. Bislang ist es bei Amazon nicht zu kaufen. Trotzdem haben sich schon mal drei Jubelrezensionen eingefunden; von "Lesern", die zum ersten mal auftauchen. Die erste Rezensentin ging bei Amazon mit ihrer Besprechung am 22.8. online, das heisst, sie müsste das Buch so gegen den 15.8. bestellt haben, wenn alles extrem schnell ging - quasi bestellen, lesen, Rezension schreiben, abschicken, Amazon hätte es sofort veröffentlicht. Na, sie wird es wohl doch eher schon Anfang August gehabt haben - wenn es sie denn wirklich gibt.

Der Autor des Buches ist Startup-Unternehmer, btw. Und Amazon wollte aufpassen, dass es keine Fake-Besprechungen mehr gibt. But hey, it´s New Economy, Baby. Alles virtuell.

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