: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 26. August 2004

Elevator Pitch

In der guten, schlechten alten Zeit lernte ich mal einen jungen Mann aus dem Risikokapitalgeschäft, dem VC Business, im Aufzug kennen. Das war Ende 2000, als noch niemand so recht an das Ende der New Economy glauben wollte. Vom Keller bis zum Erdgeschoss hatten wir Visitenkarten getauscht, ich sagte ihm, dass ich ein paar Investments kannte, er wollte bis zum ersten Stock wissen, wie ich sie fand, ich warf bis zum dritten Stock ein paar Usability-Brocken hin, und beim Aussteigen sagte er, ich solle ihn unbedingt nächste Woche anrufen, da geht sicher einiges, wir würden uns verstehen. Dann ging die Tür zu, und brachte mich in den 4. Stock.

Die Woche drauf trafen wir uns in einem der typischen VC-Cafes - nicht im Odeon in der Theresienstrasse, das erst in der Zeit nach dem Hype zum Treffpunkt für die "Szene" werden sollte, sondern in einem Laden, der es vor allem auf die Apanage junger BWL-Studenten abgesehen hatte, mit braunen Wänden, geschnörkelter Speisekarte und Pseudo-Art-Deco an der Bar. Wir sprachen ein Projekt durch, bei dem sie eine kleine Summe als Starthilfe investiert hatten. Das war ganz schnell gegangen; die Gründer hatten sie auch im Aufzug angesprochen, und die Idee war sofort verständlich: Das musste einfach ein Erfolg werden. Nur die Website sah noch ziemlich traurig aus. Ich solle doch mal was über die Probleme schreiben, zu den üblichen Tarifen, sie würden das dann mit denen umsetzen.

Ich bin ein sprunghafter Mensch. Ich schob alles andere beiseite, hackte die 20 Seiten Usability-Report in drei Tagen runter, schickte sie mitsamt Rechnung, bekam mein Geld, und alles war gut. Für mich. Angewendet wurden meine Erkenntnisse dann nicht mehr. Was die Gründer im Aufzug nicht mehr loswerden konnten, und dann auch nicht mehr erwähnten, war ein entscheidendes Problem: Für den Betrieb ihres Shops hätten sie Lizenzen benötigt, die sie nicht hatten. Die Post von den Rechteinhabern nahmen sie erst dann ernst, als es Gerichtsbeschlüsse gegen sie gab. Sie hätten rund 15.000 Euro mehr gebraucht, um die Anwaltskosten und die fälligen Rechnungen für den Betrieb zu zahlen. Sie gingen pleite, ohne auch nur jemals einen Cent verdient zu haben. Ziemlich genau eine Woche, nachdem ich meinen Bericht abgeschickt hatte. Der Investor versuchte im letzten Moment, sein Geld zu retten - keine Chance.

Man sagt, so eine Fahrt im Aufzug würde zumindest reichen, um den anderen einschätzen zu können. Es stimmt nicht. Im Aufzug reagiert man ganz anders als im realen Leben. Wollte man wirklich aussagekräftige Elevator Pitches machen, müsste man 220 Stockwerke nehmen - und zwar abwärts, im freien Fall nach unten, mit nur einem Fallschirm an Bord. Wer in dieser Situation den anderen den Fallschirm abquatschen kann, überlebt auch als Startup.

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Ratten

Mein Yahoo.de-Account klassifiziert Gmail Invitations als Spam. Clever. Aber nicht clever genug.

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Begin to beat

Wenn man diese Launchphase schon mal mitgemacht hat, sollte einen die Beschleunigung in den letzten Tagen davor nicht mehr überraschen. Alles ganz normal, die Hektik, die zusätzlichen Tasks, die Deadlines, die mit immer höherer Geschwindigkeit genommen werden müssen. Immer schön am Limit bleiben, dann passt es. Trotzdem nur ein Routine-Einsatz, denken die, die sowas noch nicht mitgemacht haben.



Routine, klar. Der Unterschied zwischen ihrer Sicht der Dinge und meinem Erleben ist in etwa so gross wie der zwischen Telefonsex mit Bandansage und Ficken. Routine ist Bullshit.

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Mittwoch, 25. August 2004

Tempo Revival

Herr ichichich vor dem Fehler seines Lebens. In Leipzig hingegen feiert man am 27. August das, was er weggeben will.

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Real Life 25.08.04 - Der Teufel ist ein Eichhörnchen

Der fundamentale Unterschied zwischen Journalisten und Autoren ist die Schwatzhaftigkeit. Grob gesagt, ist ein Journalist ein Mensch, der die Klappe nicht halten kann. Während Autoren kein Wort über die Modaltitäten ihrer Verträge verlieren, gehört das Protzen mit übermässigem Zeilengeld, Pauschalhonoraren und Nebeneinkünften gewissermassen zur Imagebildung des erfolgreichen Pressemenschen.

Insofern ist es dumm von Verlagen, Journalisten anzuheuern. Heute kam ein Anruf von einem Journalisten/angehenden Jungautor in spe, der von einem Verlag ein Angebot erhalten hatte. Es klang alles sehr vertraut, die Schliche, die Finten und die kleinen Hintertüren, die sich der Verlag offen gehalten hat. Ich hatte so einen Vertrag schon vor ein paar Monaten mal über Schleichwege in die Hände bekommen, und der Bitte eines Journalisten mit einigen Bauchschmerzen nicht entsprochen, ihm das Ding zu schicken, für einen Beitrag über die aktuellen Methoden gewisser Verlage.

Wie sich schnell herausstellte: Der identische Verlag. Auch diesmal: kein Forwarden. Ich mache mir die Hände nicht schmutzig. Aber ich informiere den angehenden Jungautor, dass er das Buch bei einem anderen Verlag machen soll. Mal schaun, ob er die Klappe hält. Ich richte solang meinem Verleger schon mal einen Altar ein und bringe Brandopfer dar.

Und nein, ich würde NIE Verträge als Word-Dokument verschicken.

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Also das überrascht mich jetzt nicht weiter



What Classic Movie Are You?
personality tests by similarminds.com

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Coffee2Leave,

noch gefüllt, ein vergessener Fahrradschlüssel, und dahinter ein Alfa, wahrscheinlich geleast.



Berlin im Sommer 2004 eben.

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Mittwoch, 25. August 2004

Bei wenigen Werbeagenturen kann ich es verstehen.

Dass ich ihre IPs hier finde. Bei vielen anderen überhaupt nicht. Das sind vor allem die "Marktführer", die im Netz so kreativ wie ein McK-Handout sind. Und die, die ich in meinem langen Dasein als Don Alphonso bei Dotcomtod immer wieder geboot habe. Nicht, dass ich Werbeagenturen hassen würde, auch nicht die grossen Netzwerke. Aber eigentlich dachte ich, dass der Cultural Clash zwischen ihrer psychotischen !!!-Ticke und meinem ziemlich nihilistischen Ansatz zu gross ist, als dass sie das hier als Entertainment Channel auffassen würden.

Zumal ich nichts über Werber schreibe, über ihre 24/7-Schaffenskrisen, ihre Afterwork-Löcher, über die internen Konkurrenzkampf und der naturprallen Egomanie, die man mitbringen muss, wenn man volle Leistung in einer Firma bringen will, wo eigentlich keiner weiss, wie das geht. Wo die Mörderfackel, eine beschissene Anhäufung von Creativ-Writing-Floskeln aud dem Highschool-Proseminar als Kultbuch gilt. Über die kreischenden Tussis, die auch nach 12 Stunden Arbeit beim Abendessen unter Kreativzwang stehen. Die sich bei jedem Topic erst mal selbst neu branden müssen.

Wiegesagt, kein Wort darüber hier. Ich kenne es, kann mich aber nicht reindenken. Ich kann die Denke eines VCs annehmen, ich kann Berater simulieren, ich kann McK-Partner-joval sein und markwortmässig fies. Ich habe so ziemlich alles gesehen, in allen möglichen Zuständen von depri bis zugekokst, aber Werber - ne. Nicht meine Welt.

Also, what the hell macht ihr hier?

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Real Life 24.8.04 - Die talentierten Mr. Ripleys

48 Seiten dick ist die Mappe., da da als Initiativbewerbung reingeflattert kommt.Alles hübsch knapp gehalten; könnte glatt ein Buch werden, ein Roman eines jungen Lebens, wenn es etwas ausgewalzt wäre. Ein Roman ohne Eigenschaften. Unfassbar, was da an Qualifikationen drin steht. Auch nur 9 Semester bis zum Abschluss; ich frage mich, wie das geht, wie man daneben noch gelebt haben will, und all die Dinge machen, von denen die Zeugnisse Auskunft geben. Alles atmet diese naturpralle "Best man for the job"-Attitüde. Ich frage mich, wer denen das beibringt. Und warum. So kriegen sie sicher einen Job bei einer Consultingfirma, wenn sie zu den 5% Glücklichen gehören, die im Auswahlverfahren durchkommen. Aber warum soll man jemanden einstellen, dessen Leistungsbereitschaft ihn früher oder später dazu bringen wird, nach meinem Stuhl zu spähen?

Auf der anderen Seite ist da eine junge Frau, der ich durch die Blume ein angeblich nicht existierendes, noch zu schaffendes Praktikum nahegelgt habe, Papierform unter aller Kanone, laut Selbstauskunft wankelmütig, Studienabbruch, unstetig, und nicht im Mendesten den Anforderunegn entsprechend. Eigentlich. Aber unglaublich talentiert.

Vor ihm und seinen 48 Seiten Qualifikation müsste ich als Nobrainer, der sich nur mit der falschen Behauptung, dass er es kann, auf die forderen Plätze geschoben hat, auf die Knie gehen und dankbar sein, dass er unter so jemandem arbeiten will. Es würde nicht gut gehen. Diese Jungs werden es nie akzeptieren, dass es auch ohne die 48 Seiten geht, die ihnen das Recht garantieren, den Posten zu bekommen, aufzusteigen und andere wiederum nach den 48 Seiten zu selektieren.

Deshalb werde ich der Studienabbrecherin in den nächsten Tagen, wenn das Praktikum bewilligt ist, nochmal eine Mail schreiben, sie soll sich mal für den Winter was überlegen. Ihre Unarten kenne ich ja schon, damit kann ich leben. Und arbeiten.

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23,5 x 16,5 x 3,2

ISBN 3-89602-600-3


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Dienstag, 24. August 2004

Und falls es mit dem Buch nicht klappt

werde ich mit meinem neuen Geschäftszweig eben auch am Verramschen verdienen.



In bester Lage, nahe Hellersdorf. So geht erfolgreiches Gründen, ihr Dotcom-Luschen.

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Bilder vom Tatort

Der Stream muss rechtlich noch geklärt werden, aber hier sind schon mal die Bilder aus dem alten Art Deco Funkhaus in Schöneberg. So eine ON AIR Lampe will ich auch...

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On Air today.

Der Interviewreigen beginnt. Ab 15.15 Uhr sitze ich im Studio in Berlin und werde nach Köln geschaltet. So gegen 15.30 wird das Interview dann live, ungeschnitten, und mit allen Ähs und Verhasplern in der Sendung “Corso” on Air gehen. So 10, 12 Minuten haben wir Zeit. Es werden die schnellsten 10, 12 Minuten des Jahres werden.

Der Deutschlandfunk ist auch über Internet zu empfangen.

Update: Herausgeber Kai Pahl hat eine sehr nette Art, mich als Medienhure zu bezeichnen. Das nächste Mal ist er am Drannsten...

Nachtrag: Am Lustigsten war der Moment, als der Moderator Kai´s Namen nicht aussprechen konnte. Ab jetzt sage ich nur noch Kai "da fehlt ein Buchstabe" Pah(l) zu ihm.

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Orzechower See

Sie hat nach zwei Tagen schon wieder genug von Berlin, vom Rumlaufen, vom Schmutz, den Häusern und den Menschen. Sie will raus, ins Wasser, an einen See, weil es vielleicht der letzte heisse Tag ist. Aber sie will allein baden, ohne diese Horden hier, ohne kreischende Kinder und Grillgestank. Und ans Meer ist es zu weit für diesen angebrochenen Tag. Und überhaupt ist sie nicht einfach zufrieden zu stellen; sie erfordert die volle Pflege eines Luxusweibchens, ohne dass sie Luxus ausstrahlen würde. Aber vielleicht ist der sinnlose Aufwand der wahre Luxus?

Du sagst, du kennst diesen See, von dem sie träumt, sie soll ihren Ausweis mitnehmen, und dann fahren wir nach Polen. Sie ist erst ein wenig misstrauisch, aber als du sie raus aus der Stadt durch die Alleen der Mark Brandenburg fährst, als das Auto mit den gemächlichen 70 Stundenkilometern über Hügel und an den Radarfallen entlang der Bundesstrasse 158 vorbei gleitet, klaut sie dir die Sonnenbrille, schaut hinaus und entspannt sich. Es gibt hier zwar auch Ruinen wie in Berlin, aber die sind wenigstens eingegrünt. Der Fahrtwind streichelt ihr hübsches Gesicht, und sie summt schrecklich falsch Lieder im Autoradio mit.

mehr hier

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Montag, 23. August 2004

Countdown läuft

Heute Nacht, 0 Uhr, läuft die Sperrfrist für das Buch aus.



Exakt 5 Tage später trifft es beim Verlag, bei der Auslieferung und bei mir ein. Eine einjährige Phase geht damit dem Ende entgegen, haha, war nur ein Witz, sorry.

Nichts geht zu Ende. Bis hierher war es nur der Transfer ins Zielgebiet. Jetzt wird es ernst. An das seltsame Gefühl, jeden Tag auf die Rezensionen zu warten, den Aufstieg im Amazon-Ranking zu verfolgen, die Kontrollanrufe bei der Bodenstation im Verlag, die hektische Kooerdinierung der Daten und Orte, das alles kommt noch. Es gibt über 150 Vorbesteller, ein paar Dutzend Follow Ups werden noch kommen, und ich erkenne auf Anhieb 10 Feinde, die es hassen werden. Nicht nur, weil wir es geschafft haben, und sie noch immer auf ihren Manuskripten sitzen. Nicht nur, weil ich ihnen in meinem langen Dasein mehr als einmal begegnet bin. Sie werden es hassen, weil es anders ist. Und dann gibt es noch die Ignoranten, die pauschal alles niedermachen, was jung, neu und ungewöhnlich ist. Oder gar Internet, igitt wie kulturlos.

Man lebt da oben in der Kanzel des Bombers über dem Kulturbetrieb, beim Anflug auf dieses Zielgebiet von der Hoffnung, dass es die verbohrten, selbsternannten Kulturreinheitsfanatiker so oder so irgenwann erwischen wird, diese Offline-Luschen, für die das Netz nur bedrohung oder Kommerz sein kann. Und man ist - das lernt man beim ersten Einsatz, der bei mir jetzt 14 Monate her ist - dem Ganzen nicht schutzlos ausgeliefert. Zum einem ist ein Buch, dieses besondere Buch eine Offensivwaffe. Will sagen: Wir fliegen einen Angriff gegen ihre Reputation, ihre Dünkel, ihre Arroganz. Zum anderen sind die Verrisse wahrscheinlich ineffektiv. Journalisten haben einen miserablen Ruf, oft zurecht, das einzige was zählt ist die Awareness, und die Leser machen sich schon ihren eigenen Reim darauf.

Kein Grund zum Klagen. Wir wollten das so. hey, this is gonna be big fun, und runter kommen wir alle irgendwann. Die Motoren laufen rund, es ist laut, es ist aufregend, was will man eigentlich mehr.

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Alles nur Fassade

Nur Stuck. Was ein ordentlicher Maurer ist, haut das in einer Stunde runter, verputzt neu, und malt am nächsten Tag drüber. So schnell geht das.



Ein Relikt aus den Zeiten, als man glaubte, eine gewisse Zukunft wäre für diese Gesellschaft in Stein gemeisselt, und bräuchte entsprechend dauerhafte Zeichen in der Architektur. Auch nicht neu. In Italien gibt es eine Reihe von Gebäuden, auf denen sich maximal niedrige zweistellige Ziffern befinden, und dahinter die Buchstaben E. F..

New Economy und italienischer Faschismus - das wäre mal ein interessanter Systemvergleich.

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Sonntag, 22. August 2004

Real Life 21.8.04 - Paradies mit beschränkter Haftung

Der Nachbar meiner Eltern hat für seine Tochter in Berlin eine Wohnung gekauft, und ist dort manchmal zu Besuch. Letzte Woche kam er wieder zurück, sichtlich genervt von all dem Dreck und den Belästigungen, und meinte, man würde bei ihnen im Paradies leben.

Da wusste er noch nicht, dass im gesamten Viertel nach den Hochwassern der letzten Jahre jetzt das Grundwasser zugeschlagen hat. Nebenan kann man nur noch mit Gasmasken ins Haus, weil der gesamte Keller verschimmelt ist. Bei meinen Eltern halten sich die Schäden noch in engen Grenzen. Aber es macht einen seltsamen Eindruck, in diesem perfekten Stadtviertel mit all seinen gepflegten Autos, grossen Gärten und repräsentativen Häusern Menschen mit Gasmasken zu sehen.

Möglicherweise wird das Haus abgerissen, und das schmiedeiserne Tor mit dem Rautenwappen und den Löwen wird dann auch verschwinden. Was in den späten 70ern als Ansiedlung junger, erfolgreicher Familien begann, ist inzwischen eine Rentnerkolonie, und jetzt, da die Keller morsch und schimmlig werden, ahnen sie, dass diese ihre Welt im Verschwinden begriffen ist. Ich glaube, sie haben vielleicht zum ersten Mal Angst, in einem Dasein, in dem Hartz IV oder Praxisgebühr nicht wahrgenommen werden. Sie befürchten nicht den Abstieg, dazu sind sie zu wohlhabend, aber das Ende ihres Wertesystems, in dem das eigene Haus einen zentralen Stellenwert einnahm.

Und was sie von ihren Kindern hören, ist auch nicht dazu angetan zu glauben, dass ihre Welt noch in Ordnung ist. Es ist vielleicht ganz gut, dass mein Vater nicht mit dem Internet umgehen kann. So bekommen sie die Lektionen hier aus dem Slum Berlin a.d. Spree nur stark gefiltert ab.

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Back from Bayreuth

and now for something completely different:



Nachdem der Skandal mit den weissen Schwänen auf dem grünen Hügel nicht wirklich funktioniert hat, geht es jetzt bei Church of Fear mit Altbewährtem weiter. Mindestens eine 80-jährige wurde schon dabei beobachtet, wie sie beim Anblick dieses Staff Cars die Strassenseite wechselte. Pudel Wolfi hat sogar heldenmütig gegen den Reifen gepinkelt.

Gar nicht so leicht heute, Trotzkis Idee der permanenten Revolution zu leben. Vielleicht hätte es der Glaubwürdigkeit von Bürgerschreck S. geholfen, wenn er nicht ausgerechnet bei Illies´Monopol publiziert hätte. Reicht doch, wenn schon Maxim bei Cicero den Biller vom Dienst macht.

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Rattensportarten

Schlechte Zeiten? Es gibt keine schlechten Zeiten. Personalberater verdienen im Hype als Recruiter, in der Stagnation als Optimierer und im Downturn als Sensemänner für das feige Management. Und wenn sie mit der Arbeit fertig sind, schreiben sie noch einen lustigen Wettbewerb aus. Für Zeiten wie diese, wo man es sich leisten kann, andere ein paar Monate hängen zu lassen:

Im Moment passt es nicht, vielleicht aber in den kommenden Monaten. Dann wäre es schön, auf den Bewerber wieder zukommen zu können.

Vielleicht findet sich bis dahin auch was Besseres. Oder er geht mit seinen Gehaltsvorstellungen runter. Alles Aspekte, die man berücksichtigen sollte, wenn man den Preis der Sklavenhalterinnung auf der Fachmesse für Personalwesen will.

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Freitag, 20. August 2004

Don´t blame me.

Ein Waschsalon ist nicht New Economy, sondern 80ies - wir alle erinnern uns noch an den Film "Mein wunderbarer Waschsalon", ein Film über das Gründen und Sex. Sex war in der New Economy kaum vorhanden, statt dessen galt das Motto "Oversexed & Underfucked". However, Jim wollte es so. Bitte.



Eigentlich wollte ich mit dieses Bild des im Fenster eines Waschsalons sitzenden Mädchens für Restaur.antville aufheben, aber was soll´s.

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Note to Princess A.

Ich sehe es, wenn Du da bist.

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Real Life 20.8.04 - Neue Armut 24

Alex Wolf ;) (Minusvisionär und former known as seosite.info) hat ein neues, altes Blog über das Leben eines Startuppers des Jahres 2004 in Berlin: Neue Armut 24.

Dazu noch schnell ein Bild aus Mitte: Neben dem Leihamt, und damit sehr praktisch, haben sich viele Startups, Crea-Läden und Werbeleute angesiedelt. Für das leibliche Wohl sorgte im Vorderhaus ein brasilianisches Restaurant. Offenbar waren die Jungdynamiker von hinten keine gute Kundschaft - das Lokal hat dicht gemacht, die Räume sind zu vermieten, und falls noch Rechnungen offen sind, kann man das Mobiliar im gleichen Haus versetzen. Sehr praktisch organisiert.

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Lange nach dem Krieg

Im Jahr 2000 und 2001 gab es einen hässlichen und mit allen Mitteln ausgetragenen Konflikt zwischen mir und einer Allianz, in der Mitarbeiter einer öffentlichen Institution, einer privat finanzierten Tochter und ein externes Startup versuchten, aus einem non-profit-Projekt einen Goldesel zu machen. Das Startup hatte grosse Pläne mit dem Projekt, als Plattform zur Selbstdarstellung und gleichzeitig als Contentlieferant. Auf der anderen Seite standen ein paar wenige Leute, ein Gewerkschaftler, zwei Teilhaber am Projekt, meine Person und eine Anwaltskanzlei, die es in sich hatte. Die Gegenseite wusste zwar in groben Zügen, wer ich war und was ich damals getan habe, aber sie haben es unterschätzt.

Es wurde eine sehr bittere Schlacht; bitter vor allem deshalb, weil sie vollkommen überflüssig war. Damals war absehbar, dass die Weltherrschaftsträume des Startups unrealistisch waren. Die formaljuristisch übermächtigen Verflechtungen der Gegenseite konnten nicht verhindern, dass ich gezielt interne Informationen sammelte, und die Schäbigkeit des Business Plans den eventuell Einsichtigen der Allianz dargelegt habe. Aber die Gier und die Dummheit waren stärker als jeder Nachweis, dass das Startup keinerlei Basis für sein geplantes Geschäft hatte. Das Internet, da waren sie sich sicher, werde alle anderen Medien und Geschäftsmodelle in wenigen Jahren vernichtet haben.

Neben den üblichen juristischen Kniffen ging ich dann anders vor - ich gab gewissen Leute gewisse Hinweise, dass man sich Geschäftsbeziehungen mit dem Startup gut überlegen sollte. Die Firma, auf die das Startup seine Hoffnungen im Vertrieb setzt, ging schnell pleite. Den Rest besorgte die drohende Veröffentlichung einiger Vorgänge innerhalb des Startups, was die gegnerische Koalition zum Einsturz brachte.

Der Krieg ging mit einem Kompromiss zu Ende, der die andere Seite das Gesicht wahren liess. Sie wurden nicht unbedingt klüger; die unbelehrbare Elite-Absolventin, die das ganze geplant hatte, versuchte sich nach dem erzwungenen Ende der Allianz im Bereich Charity Aktionen. Das ging aufgrund von grössenwahnsinnigen Dimensionen so gründlich schief, dass sie und der im Kern Verantwortliche ihren Hut nehmen mussten, um die Verantwortlichen in der öffentlichen Institution dahinter zu schützen. Man kann, und das war die Lehre aus der Geschichte, ein erfolgreiches Projekt nach jahrelanger Arbeit mit einer einzigen Marketing-Aktion an den Abgrund bringen.

Die Elite-Absolventin wurde schwanger und heiratete, und ihr Chef ... keine Ahnung, vergessen, uninteressant, vorbei, bis gestern, als eine Mail kam. Inzwischen ist er selbstständig und hat einen kleinen Papierladen in der tiefsten Provinz übernommen, wo er Kugelschreiber, Büromaterial und die Bildzeitung verkauft.

Und ich? Nichts, eigentlich. Keine Genugtuung, kein Mitleid, nur ein Gefühl der Leere. Die New Economy hat wie eine Bombe Lebensentwürfe zertrümmert, so viele meiner früheren Gegner sind durch ihr eigenes Versagen für die nächsten Jahre, vielleicht sogar für ihr Leben ausser Gefecht. Was sie von 1998 bis 2002 gemacht haben, im grossen, geplanten Vernichtungskrieg der New Economy, wird noch lang an ihnen kleben. Die alte Wirtschaft kennt keine Entversagerisierung. Höchstens Zwangsarbeit ganz unten in den Strukturen.

Also, Ladenbesitzer in der Provinz... Ruhe in Frieden, das ist alles, was mir dazu einfällt.

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Idealzustand

Manche Räume entfalten ihre Schönheit erst durch Licht und Leere.



Es wäre schade, diese Leere zu vernichten, sie mit billigen, weissen Resopalmöbeln zu füllen, Flipcharts aufzustellen und Monitore zu patzieren, und dahinter vielleicht noch ein paar hektische, überarbeitete Kreativkreaturen.

Noch ist das nicht zu befürchten. Die Miete ist zu hoch, und es gibt reichlich Alternativen, bei denen man nicht auf dem Präsentierteller im Erdgeschoss sitzt, an einer lauten Strasse in Berlin Mitte. Der Raum bleibt am späten Nachmittag den Sonnenstrahlen zum Spielen überlassen, ein Geschenk an Licht und Schatten.

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Restaur.antville Profil

Autor: Don Alphonso Porcamadonna

Mitte 30, geboren in Bayern, Vorfahren kamen aus Böhmen, Österreich, der Oberpfalz, dem Elsass und Franken.

Tätigkeit: Journalist, Autor

Wohnorte: München, Ingolstadt, Berlin

Idealorte: St. Valier de Tiers (ein Dorf bei Grasse, Provence), Urbino (Italien), die Region Mantua (Italien), Matala (Kreta), Pappenheim (Mittelfranken), Ingolstadt (Oberbayern)



Facilities: Gerne Gebrauchtwaren, Dinge mit Geschichte, Unikate und Handwerk. Von der Mehrheit missachteter Reichtum wie Orientteppiche, Silber, Porzellan, Messing, Kristall. Klassisches, Praktisches, Bewährtes, Robustes, heimische Materialien wie Nussbaum oder Kirschholz, Kleidung italienisch, Technik historisches, das an die goldenen Zeiten der New Economy erinnert. Erhebliche Erfahrungen im Umgang mit weiblichen Shopping-Touren durch alle Preislagen.

Sights: Am Besten das, was andere nicht sehen, weil sie zu schnell sind, das Nahe verachten oder der Mehrheit folgen. Mikrokosmen, Bedeutungsvolles, Symbolisches, Beruhigendes, das unbeweglich im Zeitstrom steht. Landschaften, die Kunstgeschichte schreiben könnten. Berge, Hügel und Täler sind wichtig, Gegenden ohne vertikale Dimension ein Gräuel.



Food: Als Vegetarier und Antialkoholiker begrenzt, aber alles andere als protestantisch-karg. Ich stamme aus einer grandiosen Essenslandschaft. Prinzipiell liegt mir das Deftige mehr als das Verhungerte, das Ländliche mehr als das Verfeinerte, das Würzige mehr als das Lasche, das Traditionelle mehr als das Neuartige, die Spezialitäten mehr als das Importierte, und der Süden mehr als der Norden. Viel ist gut, wenig ist schlecht, der Preis ist dann nicht so wichtig. Ich koche selbst gern und habe feine Rezeptoren, was Gewürze angeht. Auf einer fünfteiligen Scala Connaisseur - Gourmet - Bonvivant - Gourmand - Gargantua würde ich mich zwischen Gourmand und Gargantua einordnen.

Places: Das Morbide hat seinen Reiz wie das Warme, das Alte, Gewachsene ist immer dem Geschichtslosen vorzuziehen. Designte Perfektion langweilt mich wie das Nagelneue. Orte, deren Geschichte schaudern lässt, und die die Mehrheit vergessen möchte. Süden.



Modus vivendi:

Contra Deum terramque.
Freigiebigkeit ist eine Tugend, Enthaltsamkeit ein Laster.
Genuss ist Lebenszweck.


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Donnerstag, 19. August 2004

Ikea wird sterben

Ikea hat im Kern nur zwei Argumente: Es ist billig, und man kann es ohne Reue nach 2 Jahren wieder wegwerfen. Nach jedem Umzug kauft man eben neues Zeug von Ikea. Ikea ist applied social Downturn in seiner buntesten, unauffälligsten Form.

Aber Ikea hat auch ein Problem: In Zeiten von Hartz IV fällt es der klassischen Zielgruppe schwer, ihr Geld noch auf die grüne Wiese zu fahren. Dazu bräuchte man das Auto, das man aufgegeben hat, und Geld. Beides nimmt, zumindest in den schlechteren Regionen dieses Landes, rapide ab.

Die Gewinner der Käuferkrise von Ikea sehen anders aus:



Hier das Möbelangebot in der Zehendicker Strasse: Ein kleiner, kompakter Kühlschrank, ideal für die kleine Küche und genug Platz für die paar Pillen, drei Dosen und die Bierflaschen, aus denen die typische Mahlzeit der Ikeakäufer besteht. Ausserdem ein flacher, sehr loungiger Sessel im Stile des Art Deco. In rot neu bezogen, stiehlt er Bräkna, Florinsk und Ole die Show.

Weitere Objekte, etwa einen Schrank, finden Sie einfach die Choriner Strasse runter. Stühle gab es zumindest gestern noch in einem Container an der Lottumstrasse. Vermutlich sind hinter dem Wellblech, auf dem Trümmergrundstück weitere Einzelstücke zu einem Preis, bei dem auch Webdesigner sich ihren Traum vom coolen, trauten Heim erfüllen können. Und wenn das Angebot in Mitte mal ausgerauft sein sollte: Im Wedding und Prenzlauer Berg finden sich weitere Horte von Möbeln im Retro-Design.

Ikea wird sterben. Keine Frage.

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