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Freitag, 13. Juni 2008
Das Nachleben des Lasters
Von ihm gelangte eine Sammlung alter Pfeifen aus edelhölzern und Zigarrenzubehör in die Auktion - ohne Limit. Von ihr, eine Nummer danach, zwei zusammengehörende Paar Schlangenlederschuhe, eine passende Handtasche sowie zwei weitere Taschen - ebenfalls ohne Limit.

Und ich frage mich, welches der beiden alten Laster heute den höheren Preis finden wird. Pfeifen und Schlangenleder sind out, man kokst und kauft zehn Paar Schuhe im Jahr, für die Kindersklaven in Ostasien schuften. Schwein sein, ohne so auszusehen, moralisch verkommen, ohne mondän zu wirken, geräuschlos über Globalisierungsleichen steigen.
Ich fand das Nebeneinander dieser altmodischen Verfehlungen reizend, aber für mich wäre es nichts. Darunter jedoch war, ebenfalls ohne Limit, ein Degen des späten 18. Jahrhunderts, ebenfalls ohne Limit. Noch so eine schlechte Angewohnheit, Leute zu löchern. Allerdings eine, die nicht aus der Mode kommt. Da werde ich wohl mitbieten.

Und ich frage mich, welches der beiden alten Laster heute den höheren Preis finden wird. Pfeifen und Schlangenleder sind out, man kokst und kauft zehn Paar Schuhe im Jahr, für die Kindersklaven in Ostasien schuften. Schwein sein, ohne so auszusehen, moralisch verkommen, ohne mondän zu wirken, geräuschlos über Globalisierungsleichen steigen.
Ich fand das Nebeneinander dieser altmodischen Verfehlungen reizend, aber für mich wäre es nichts. Darunter jedoch war, ebenfalls ohne Limit, ein Degen des späten 18. Jahrhunderts, ebenfalls ohne Limit. Noch so eine schlechte Angewohnheit, Leute zu löchern. Allerdings eine, die nicht aus der Mode kommt. Da werde ich wohl mitbieten.
donalphons, 01:19h
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Mauscheln können sie, in Marl
Einen durch einen späteren Geschäftspartner und Freund in der Jury mitausgezeichneten Werber als jetzt Laudator hinstellen, das können sie. Den ebenfalls ausgezeichneten Niggemeier als Tranparenzvortäuscher haben sie auch.
Einen feigen Spammer für diesen Umstand, der zeitlich passend zur Preisverleihung aus seinem Loch kriecht, haben sie auch.
Ansonsten meinen sie, die Kompetenz zu haben, einen Online Award auszuschreiben. Versucht es in Zukunft mal mit einem Preis für gekaufte PR, Rektalkriechertum oder ganz einfach Freundesbegünstigung, möglicherweise hat Marl da mehr Kompetenz als beim Thema Internet.
Einen feigen Spammer für diesen Umstand, der zeitlich passend zur Preisverleihung aus seinem Loch kriecht, haben sie auch.
Ansonsten meinen sie, die Kompetenz zu haben, einen Online Award auszuschreiben. Versucht es in Zukunft mal mit einem Preis für gekaufte PR, Rektalkriechertum oder ganz einfach Freundesbegünstigung, möglicherweise hat Marl da mehr Kompetenz als beim Thema Internet.
donalphons, 13:37h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 11. Juni 2008
Im Angesicht mit der Bürokratie
Gestern war ich auf einem Podium mit einem Vertreter des hessischen Kultusministeriums und einen Datenschützer des Regierungspräsidiums, in Sachen Datenschutz, Schule und Medienkompetenz.
Um mit dem positiven Aspekten anzufangen: Ich bin mir sicher, würde es ein Gesetz zur Datensicherheit geben, das hohe Haftstrafen für all die Abzocker, Missbraucher und Schluderer da draussen vorschriebe, dann wären das die Leute, die kangsam und beständig wie der Zorn Gottes das Pack dahin brächte, wo es hingehört. Gott verzeiht, die Bürokratie nie.
Aber es gibt keine entsprechenden Gesetze. Es gibt nur Papiere, Tagungen, Schriftsätze, und selbst bei StudiVZ, wo es wohl öfters nah dran war, nicht mal Geldstrafen. Diese Leute arbeiten nachhalting und sauber in ihren Möglichkeiten. Möglichkeiten, die eine Politik definiert, die nichts begreift, die zu dumm ist zu verstehen, welche Nasen ihnen das Unternehmertum jeden Tag dreht, und das mit Hilfe von Medienkonzernen und angeheuerten Kreativen, deren einzige Sorge die Klickrate auf Werbung ist -
aber nicht ein Staat, der sich so knallhart für die Interessen und Rechte seiner Bürger einstzt, wie das ansonsten selbstverständlich ist. Gäbe es einmal einen Fall, in dem ein Datenschützer eine Klitsche mit hohen Bussgeldern ausknipst und offenlegt, warum das gerechtfertigt ist, wäre das vielleicht anders. So aber wird man beständig damit leben müssen, dass die schlechten Nachrichten zum Missbrauch stets die Nutzer betreffen.
Ich bin nach diesem Abend, offen gesagt, ziemlich ernüchtert und ratlos. Aber später schreibe ich mal, wie man problemlos an die geheimen Partybilder diverser Typen aus der Datenveruncherungsszene kommt. Anders geht es nicht.
Um mit dem positiven Aspekten anzufangen: Ich bin mir sicher, würde es ein Gesetz zur Datensicherheit geben, das hohe Haftstrafen für all die Abzocker, Missbraucher und Schluderer da draussen vorschriebe, dann wären das die Leute, die kangsam und beständig wie der Zorn Gottes das Pack dahin brächte, wo es hingehört. Gott verzeiht, die Bürokratie nie.
Aber es gibt keine entsprechenden Gesetze. Es gibt nur Papiere, Tagungen, Schriftsätze, und selbst bei StudiVZ, wo es wohl öfters nah dran war, nicht mal Geldstrafen. Diese Leute arbeiten nachhalting und sauber in ihren Möglichkeiten. Möglichkeiten, die eine Politik definiert, die nichts begreift, die zu dumm ist zu verstehen, welche Nasen ihnen das Unternehmertum jeden Tag dreht, und das mit Hilfe von Medienkonzernen und angeheuerten Kreativen, deren einzige Sorge die Klickrate auf Werbung ist -
aber nicht ein Staat, der sich so knallhart für die Interessen und Rechte seiner Bürger einstzt, wie das ansonsten selbstverständlich ist. Gäbe es einmal einen Fall, in dem ein Datenschützer eine Klitsche mit hohen Bussgeldern ausknipst und offenlegt, warum das gerechtfertigt ist, wäre das vielleicht anders. So aber wird man beständig damit leben müssen, dass die schlechten Nachrichten zum Missbrauch stets die Nutzer betreffen.
Ich bin nach diesem Abend, offen gesagt, ziemlich ernüchtert und ratlos. Aber später schreibe ich mal, wie man problemlos an die geheimen Partybilder diverser Typen aus der Datenveruncherungsszene kommt. Anders geht es nicht.
donalphons, 16:40h
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Ein Abendstunde
Immobilienkrise?

Benzinpreis?

Niedergang der Volksparteien?

Das hektische Rumhampeln der Elitesse von gegenüber, die noch lange ihren dicken Ordner durhwühlen wird und erkennbar Angst hat vor dem, was am nächsten Tag kommt?

Und wenn schon. Dazwischen ist immer noch ein sauberer Abgrund und eine hohe Fassade, das kommt alles nicht hier hoch. Danach Gewitter, Blitze, Sturmwinde. Man kann sich nicht alles aussuchen, aber solange ich mir die Dachterrasse aussuchen kann, ist eigentlich alles in Ordnung.

Benzinpreis?

Niedergang der Volksparteien?

Das hektische Rumhampeln der Elitesse von gegenüber, die noch lange ihren dicken Ordner durhwühlen wird und erkennbar Angst hat vor dem, was am nächsten Tag kommt?

Und wenn schon. Dazwischen ist immer noch ein sauberer Abgrund und eine hohe Fassade, das kommt alles nicht hier hoch. Danach Gewitter, Blitze, Sturmwinde. Man kann sich nicht alles aussuchen, aber solange ich mir die Dachterrasse aussuchen kann, ist eigentlich alles in Ordnung.
donalphons, 15:52h
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Empfehlung heute - Ausnahmsweise die FAZ.
Aber mit einem wirklich feinen Beitrag über Ferien in China.
donalphons, 14:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 10. Juni 2008
StudiVZ wollte nicht kommen
Wie ich den Laden und deren Nervosität aber kenne, werden sie sicher jemanden vorbeischicken, wenn ich morgen Abend in Frankfurt an der Freiherr-von-Stein-Schule das eine oder andere zu ihnen, zum Datenschutz, Virtualität, selbstkonstruktion und dem Umgang mit sozialen Netzen zu sagen habe.
donalphons, 18:00h
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Die Erdbeeren der besseren Gesellschaft
Man kann natürlich den Quark - oder wie in diesem Fall, österreichischen Topfen, was aber das gleiche ich - einfach mit Zucker, geschmolzener Butter und Erdbeeren vermischen. Es ist gut so, geschmacklich ist daran nichts auszusetzen, zumal, wenn die Erdbeeren gerade selbst frisch gepflückt wurden.
In Familien jedoch, die eine gewisse Tradition mitbringen, lernen es die Kinder anders. Erdbeerquark ist ja so ziemlich eine der ersten Dinge, die man einem Balg beibringen kann, sobald es ein Messer zu führen in der Lage ist und dabei nicht den Hamster zu Filet verarbeitet. Frau M. jedenfalls, damals das letzte Exemplar der "jungen Witwe", das man aus den Gesellschaftsromanen vergangener Zeiten kennt, hatte eine hohe Rente und zwei wohlgeratene Töchter, B. und V., und klar umrissene Vorstellungen davon, wie das Leben zu sein hat. Es war dort schon bei Kindergeburtstagen unmöglich, einfach zu den Plätzen zu stürmen: Der Herr geleiten die Dame zum Stuhl und schiebt ihr denselben hin. Neben dieser alten Ansichten kamen aber auch neumodische Überzeugungen zum Thema Gleichberechtigung zum Tragen, weshalb ich mich auch irgendwann in Frau M.s Küche einfand und lernte, wie man Erdbeerquark richtig macht.

Grossbild hier, Mittelbild hier
Man wirft nicht einfach alle Erdbeeren in eine Plastikschüssel und schüttet den Quark drüber. Man nimmt den Quark aus dem Kühlschrank, wartet eine halbe Stunde, schneidet die Erdbeeren, zuckert sie mit 4 Teelöffeln, lässt sie Saft ziehen, schmilzt am Herd 40 Gramm Butter, mischt dann Quark und Butter und füllt das über die Erdbeeren in eine Terrine, bis auf 2 Beeren, idealerweise eine hellere und eine dunklere. Die schneidet man in feine Scheiben, legt sie auf den fertigen Quark oben drauf, stellt das Ganze in für 20 Minuten in den Kühlschrank und serviert es. Dann sieht es nämlich auch nach was aus.
Dazwischen hat man noch viel Zeit, die Sache mit dem Einschenken einzustudieren. Hätte ich Kinder, würde ich es vermutlich nicht so machen, aber ganz offen: Es hat mir sicher nicht geschadet, und für so einen Quark erschienen mir die Mühen des richtigen Einschlagens der Flasche in die Serviette gering. Und B. und V. waren ohnehin Mädchen, die man gerne bediente.
In Familien jedoch, die eine gewisse Tradition mitbringen, lernen es die Kinder anders. Erdbeerquark ist ja so ziemlich eine der ersten Dinge, die man einem Balg beibringen kann, sobald es ein Messer zu führen in der Lage ist und dabei nicht den Hamster zu Filet verarbeitet. Frau M. jedenfalls, damals das letzte Exemplar der "jungen Witwe", das man aus den Gesellschaftsromanen vergangener Zeiten kennt, hatte eine hohe Rente und zwei wohlgeratene Töchter, B. und V., und klar umrissene Vorstellungen davon, wie das Leben zu sein hat. Es war dort schon bei Kindergeburtstagen unmöglich, einfach zu den Plätzen zu stürmen: Der Herr geleiten die Dame zum Stuhl und schiebt ihr denselben hin. Neben dieser alten Ansichten kamen aber auch neumodische Überzeugungen zum Thema Gleichberechtigung zum Tragen, weshalb ich mich auch irgendwann in Frau M.s Küche einfand und lernte, wie man Erdbeerquark richtig macht.

Grossbild hier, Mittelbild hier
Man wirft nicht einfach alle Erdbeeren in eine Plastikschüssel und schüttet den Quark drüber. Man nimmt den Quark aus dem Kühlschrank, wartet eine halbe Stunde, schneidet die Erdbeeren, zuckert sie mit 4 Teelöffeln, lässt sie Saft ziehen, schmilzt am Herd 40 Gramm Butter, mischt dann Quark und Butter und füllt das über die Erdbeeren in eine Terrine, bis auf 2 Beeren, idealerweise eine hellere und eine dunklere. Die schneidet man in feine Scheiben, legt sie auf den fertigen Quark oben drauf, stellt das Ganze in für 20 Minuten in den Kühlschrank und serviert es. Dann sieht es nämlich auch nach was aus.
Dazwischen hat man noch viel Zeit, die Sache mit dem Einschenken einzustudieren. Hätte ich Kinder, würde ich es vermutlich nicht so machen, aber ganz offen: Es hat mir sicher nicht geschadet, und für so einen Quark erschienen mir die Mühen des richtigen Einschlagens der Flasche in die Serviette gering. Und B. und V. waren ohnehin Mädchen, die man gerne bediente.
donalphons, 16:48h
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Real Life 9.6.08 - Blau
Und Rot. Rot sind die Dächer und die Erdbeeren. Blau ist der Himmel, blau ist das Fahrrad, und blau ist auch Iris. Dunkelblau von aussen dank eines Kostüms, und standhaubitzenblau von innen wegen dem Sekt. Sekt und Erdbeeren hatten schon bei "Brideshead revisited" ernste Folgen, und du weisst weder, wie du sie in diesem Zustand die enge, steile Treppe hinunterbekommst, und wie du den Zustand später, so es ohne Knochenbrüche gelingt, ihren Eltern erklärst.

Ganz einfach, sagt Iris. Die Tarte ist zu dunkel gewesen und ungeniessbar, es waren zu wenig Erdbeeren und den Sekt habe ich in Erwartung besagter Tarte getrunken, die ich nicht essen konnte, und deshalb.
Das wäre aber gelogen, stellst du fest. Nicht die Tarte ist verbrannt, sondern es bremste das Verlangen die Information, dass die darin befindlichen Auberginen vorher in Öl geschwenkt wurden. Auberginen in Öl sind nur eine Zutat, es folgen Lauchzwiebeln, zwei Eier, Parmesan, Zucchini und Egerlinge, das alles ist ein italienisches Rezept, aber mit Auberginen für Iris ungeniessbar.
Iris ignoriert deine Erläuterung, denn sie war ja dabei und weiss, dass sie nicht tapfer war und das Essen verweigert hat. Statt dessen nimmt sie noch eine wirkungslose Erdbeere ins Visier der Gabel und sticht prompt daneben. Es wäre jetzt eine gute Gelegenheit zu fragen, was das eigentlich für ein Jungfrauenbereiter ist, den sie da mitgebracht hat, und woher man ihn bekommt, man weiss ja nie, wozu man ihn brauchen kann, aber das wäre etwas unschicklich.
Erinnerst du dich noch an die F.s?
Natürlich. Marmorflur, Doppeltür, Gemälde der alten Fabrik, offener Kamin aus Naturstein, Freitreppe und Steinwayflügel in der Halle und der Sohn, der an seinem 18. Geburtstag, gerade vor einer Woche aus der Psychiatrischen entlassen, mit der Zigarette im Mund höhnisch grinsend bar jeder Pianistenkunst irgendetwas in die Tasten haute, was trotzdem gut klang. Genie, Wunderkind, ideale Eltern, reich, gebildet, global daheim, perfekt, zu perfekt, Desaster, goldene Jugend in Theorie und eine Praxis zum Verrücktwerden.
Weisst du noch, wie wir alle eingeladen waren, als wir die Grundschule hinter uns hatten? Frau F. hat für uns das Beste von den Reisen ihres Mannes serviert, und wir sassen am langen Tisch vor dem Panoramafenster zum Garten. Rückblickend müssten wir Frau F. dankbar sein, sie hat damals die Tür zu neuen kulinarischen Welten aufgestossen, aber als Herr F. erzählt hat, was diese kleinen, schwarzen Kugeln aus Persien sind -
bist du aufs Klo und hast gekotzt. Ich weiss, Iris. Schon damals warst du Gegenstand unvergesslicher Abende.
Gar nichts weisst du. Ich habe mir damals geschworen, nie wieder etwas zu essen, was mir eklig vorkommt. Nie. Schlazige Auberginen, allein die Vorstellung. Hicks.
Ich komme leider gerade vom See und bin schon wieder auf dem Sprung nach Frankfurt und dann wieder München und dann die Vorbesichtigung in Fürth. Ich habe wenig daheim, allenfalls könnte ich Dir noch Gnocchi mit frischen Kräutern machen. Mit Butter, ohne Öl.
In die Küche mit dir, Bursche! Die langzinkige Silbergabel spiesst gleich drei Erdbeeren auf, und Iris schafft das Kunststück, sie zusammen ohne Verluste und ein rotes Desaster auf ihrem blauen Kostüm in den Mund zu verbringen.

Neben ihr steht das unfertige Rabeneick und hofft, dass du es morgen fertig machst. Draussen verfällt der Tag in tiefes Blau wie all die Erinnerungen an eine Zeit, deren unausgesprochene Schrecken und unwiederbringlicher Überfluss gleichermassen durch den Abstand der Jahre matt und glanzlos werden, aber immer noch so deutlich fortdauern, dass ihr es zwar sicher besser machen könntet, aber es keinesfalls tun werdet. Aussterben ist gar nicht so schlecht, relativ gesehen.

Ganz einfach, sagt Iris. Die Tarte ist zu dunkel gewesen und ungeniessbar, es waren zu wenig Erdbeeren und den Sekt habe ich in Erwartung besagter Tarte getrunken, die ich nicht essen konnte, und deshalb.
Das wäre aber gelogen, stellst du fest. Nicht die Tarte ist verbrannt, sondern es bremste das Verlangen die Information, dass die darin befindlichen Auberginen vorher in Öl geschwenkt wurden. Auberginen in Öl sind nur eine Zutat, es folgen Lauchzwiebeln, zwei Eier, Parmesan, Zucchini und Egerlinge, das alles ist ein italienisches Rezept, aber mit Auberginen für Iris ungeniessbar.
Iris ignoriert deine Erläuterung, denn sie war ja dabei und weiss, dass sie nicht tapfer war und das Essen verweigert hat. Statt dessen nimmt sie noch eine wirkungslose Erdbeere ins Visier der Gabel und sticht prompt daneben. Es wäre jetzt eine gute Gelegenheit zu fragen, was das eigentlich für ein Jungfrauenbereiter ist, den sie da mitgebracht hat, und woher man ihn bekommt, man weiss ja nie, wozu man ihn brauchen kann, aber das wäre etwas unschicklich.
Erinnerst du dich noch an die F.s?
Natürlich. Marmorflur, Doppeltür, Gemälde der alten Fabrik, offener Kamin aus Naturstein, Freitreppe und Steinwayflügel in der Halle und der Sohn, der an seinem 18. Geburtstag, gerade vor einer Woche aus der Psychiatrischen entlassen, mit der Zigarette im Mund höhnisch grinsend bar jeder Pianistenkunst irgendetwas in die Tasten haute, was trotzdem gut klang. Genie, Wunderkind, ideale Eltern, reich, gebildet, global daheim, perfekt, zu perfekt, Desaster, goldene Jugend in Theorie und eine Praxis zum Verrücktwerden.
Weisst du noch, wie wir alle eingeladen waren, als wir die Grundschule hinter uns hatten? Frau F. hat für uns das Beste von den Reisen ihres Mannes serviert, und wir sassen am langen Tisch vor dem Panoramafenster zum Garten. Rückblickend müssten wir Frau F. dankbar sein, sie hat damals die Tür zu neuen kulinarischen Welten aufgestossen, aber als Herr F. erzählt hat, was diese kleinen, schwarzen Kugeln aus Persien sind -
bist du aufs Klo und hast gekotzt. Ich weiss, Iris. Schon damals warst du Gegenstand unvergesslicher Abende.
Gar nichts weisst du. Ich habe mir damals geschworen, nie wieder etwas zu essen, was mir eklig vorkommt. Nie. Schlazige Auberginen, allein die Vorstellung. Hicks.
Ich komme leider gerade vom See und bin schon wieder auf dem Sprung nach Frankfurt und dann wieder München und dann die Vorbesichtigung in Fürth. Ich habe wenig daheim, allenfalls könnte ich Dir noch Gnocchi mit frischen Kräutern machen. Mit Butter, ohne Öl.
In die Küche mit dir, Bursche! Die langzinkige Silbergabel spiesst gleich drei Erdbeeren auf, und Iris schafft das Kunststück, sie zusammen ohne Verluste und ein rotes Desaster auf ihrem blauen Kostüm in den Mund zu verbringen.

Neben ihr steht das unfertige Rabeneick und hofft, dass du es morgen fertig machst. Draussen verfällt der Tag in tiefes Blau wie all die Erinnerungen an eine Zeit, deren unausgesprochene Schrecken und unwiederbringlicher Überfluss gleichermassen durch den Abstand der Jahre matt und glanzlos werden, aber immer noch so deutlich fortdauern, dass ihr es zwar sicher besser machen könntet, aber es keinesfalls tun werdet. Aussterben ist gar nicht so schlecht, relativ gesehen.
donalphons, 02:41h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 9. Juni 2008
Die Rettung des Raben Teil 1
ich verstehe, dass manche mich nicht verstehen: Ein Kilo Erdbeeren kostet draussen im Feld 1,70 Euro, imVergleich zu 4 Euro beim Gemüsehändler. Und ich bin nicht so versessen darauf, dass ich in diesem Sommer mehr als 10 Kilo bräuchte. Macht also 23 Euro Gewinn, wenn wir den Genuss des Selberpflückens und die Auswahl der Schönsten gegen den Zeitverlust rechnen. Dazu kommen noch 10 Kilo Zwetschgen von Wegesrändern im Spätsommer, womit ich - unter gleichen Bedingungen - 30 Euro spare. 40 Euro nun hat der blaue Rabe gekostet, mit dem ich diese Touren unternehmen möchte. Das wären dann 13 Euro Gewinn, wenn ich nicht schon ein paar Räder hätte. Und wäre da nicht die Arbeitszeit, die ich in das praktisch fahruntüchtige Stück deutscher Wirtschaftswundergeschichte stecke. Sagen wir grob: 15 Stunden. Würde ich diese Zeit nehmen und darin kluge Sachen über den grauen Kapitalmarkt schreiben, und einmal Haifische zu einer Gesellschafterversammlung fahren, würde ich auch nach Steuern genug Geld haben, um mich an Erdbeeren und Zwetschgen mit Lieferservice totzufressen. Aber.

Da ist einmal der Arbeitsplatz. Auch das werden manche vielleicht nicht verstehen, aber es ist allein schon befriedigend, hier oben zu sitzen, etwas zu polieren und dabei diesen Ausblick zu haben. Man kann das nicht aufrechnen, das ist so idiotisch wie Blogleser in Tausenderkontaktpreisen zu verhökern. Diese Stunden sind nicht irgendwas, sie stehen für sich selbst, sie sind. Und ich lerne dabei. Ich lerne etwas über Licht am Fahrrad; ein Thema, das bislang immer nur im Zusammenhang mit dem Verb "wegschrauben" auftauchte. Normalerweise halte ich am Rad Gepäckträger, Schutzbleche, Ständer, Licht und überhaupt alles, was nicht direkt dem Fahren, Lenken und Bremsen dient, für überflüssiges Gewicht. Entsprechend puristisch sieht dann auch der restliche, erdbeeruntaugliche Fuhrpark aus. Einen Moment habe ich natürlich auch überlegt, den Raben radikal bis auf die Schutzbleche zu strippen, aber das wäre eine Schande. Statt dessen lasse ich ihn so original wie möglich. Denn jedes Teil erzählt Geschichte.

Wie dieser Bosch-Dynamo. Das fängt schon beim Typenschild an, das auf französisch verkündet: "Importe d´Allemagne". Möglicherweise noch eine Spätfolge der Besatzung Südwestdeutschlands durch die Franzosen nach dem zweiten Weltkrieg; ein West vor dem Germany fehlt noch. Vielleicht kommt auch das Material vom Krieg: Denn der Dynamo ist aus Aluminium, das damals in grossen Mengen zur Verfügung stand. Die Besatzer verschrotteten nicht nur die deutsche Luftwaffe, sondern auch ihre eigenen, im Düsenzeitalter mittlerweise obsolet gewordenen Propellermaschinen. Bosch baute mit seinem RL/WQ2 eine Lichtmaschine für die Ewigkeit: 4 Spulen, 4 Anker, kein einziges Teil, das nicht aus Metall ist, komplett zerlegbar und oben mit einer Schraube versehen, um das Gleitlager - noch so eine Eigenheit des zweiten Weltkriegs, besonders unter Rüstungsminister Albert Speer wurde die Nazi-Wirtschaft angewiesen, möglichst wenig Kugellager zu verwenden, nachdem die Alliierten gezielt die Kugellagerfabriken bombardiert hatten - zu ölen. Der Dynamo ist nicht leicht, aber er ist nach 56 Jahren wie neu und dreht sich vermutlich noch, wenn all die modernen Entsprechungen aus Taiwan mitsamt der daran hängenden Räder schon verschrottet sind. Weil die Konstrukteure in Produktzyklen dachten, die heute mit den jährlich in Modefarben produzierten Rädern unvorstellbar sind. Und daran, dass die Kunden dauerhaft besitzen und nicht nur mit einem billigen Trumm das Recht zum jährlichen Werkstattbesuch leasen wollten. Wer sowas wegmacht, zieht vermutlich auch nach Berlin, testet für Geld Opel Astra, macht sich mit seinem Gestotter für Zoomer und Watchberlin zum Deppen, wirbt für die Büttel chinesischer Mörder, und würde mit dem Bericht über den Kapitalmarkt hudeln, um dann zum pablik viuing zu gehen.
Man kann natürlich so rechnen. Ich nenne es die Rechnung der armen Schweine.

Da ist einmal der Arbeitsplatz. Auch das werden manche vielleicht nicht verstehen, aber es ist allein schon befriedigend, hier oben zu sitzen, etwas zu polieren und dabei diesen Ausblick zu haben. Man kann das nicht aufrechnen, das ist so idiotisch wie Blogleser in Tausenderkontaktpreisen zu verhökern. Diese Stunden sind nicht irgendwas, sie stehen für sich selbst, sie sind. Und ich lerne dabei. Ich lerne etwas über Licht am Fahrrad; ein Thema, das bislang immer nur im Zusammenhang mit dem Verb "wegschrauben" auftauchte. Normalerweise halte ich am Rad Gepäckträger, Schutzbleche, Ständer, Licht und überhaupt alles, was nicht direkt dem Fahren, Lenken und Bremsen dient, für überflüssiges Gewicht. Entsprechend puristisch sieht dann auch der restliche, erdbeeruntaugliche Fuhrpark aus. Einen Moment habe ich natürlich auch überlegt, den Raben radikal bis auf die Schutzbleche zu strippen, aber das wäre eine Schande. Statt dessen lasse ich ihn so original wie möglich. Denn jedes Teil erzählt Geschichte.

Wie dieser Bosch-Dynamo. Das fängt schon beim Typenschild an, das auf französisch verkündet: "Importe d´Allemagne". Möglicherweise noch eine Spätfolge der Besatzung Südwestdeutschlands durch die Franzosen nach dem zweiten Weltkrieg; ein West vor dem Germany fehlt noch. Vielleicht kommt auch das Material vom Krieg: Denn der Dynamo ist aus Aluminium, das damals in grossen Mengen zur Verfügung stand. Die Besatzer verschrotteten nicht nur die deutsche Luftwaffe, sondern auch ihre eigenen, im Düsenzeitalter mittlerweise obsolet gewordenen Propellermaschinen. Bosch baute mit seinem RL/WQ2 eine Lichtmaschine für die Ewigkeit: 4 Spulen, 4 Anker, kein einziges Teil, das nicht aus Metall ist, komplett zerlegbar und oben mit einer Schraube versehen, um das Gleitlager - noch so eine Eigenheit des zweiten Weltkriegs, besonders unter Rüstungsminister Albert Speer wurde die Nazi-Wirtschaft angewiesen, möglichst wenig Kugellager zu verwenden, nachdem die Alliierten gezielt die Kugellagerfabriken bombardiert hatten - zu ölen. Der Dynamo ist nicht leicht, aber er ist nach 56 Jahren wie neu und dreht sich vermutlich noch, wenn all die modernen Entsprechungen aus Taiwan mitsamt der daran hängenden Räder schon verschrottet sind. Weil die Konstrukteure in Produktzyklen dachten, die heute mit den jährlich in Modefarben produzierten Rädern unvorstellbar sind. Und daran, dass die Kunden dauerhaft besitzen und nicht nur mit einem billigen Trumm das Recht zum jährlichen Werkstattbesuch leasen wollten. Wer sowas wegmacht, zieht vermutlich auch nach Berlin, testet für Geld Opel Astra, macht sich mit seinem Gestotter für Zoomer und Watchberlin zum Deppen, wirbt für die Büttel chinesischer Mörder, und würde mit dem Bericht über den Kapitalmarkt hudeln, um dann zum pablik viuing zu gehen.
Man kann natürlich so rechnen. Ich nenne es die Rechnung der armen Schweine.
donalphons, 01:49h
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Eine Frage des Stils
Ein Kauf war gut, wenn man auf dem Weg vom Flohmarkt zum Auto angesprochen wird, ob man es nicht verkaufen möchte. Manche erkennen es erst, wenn ein anderer es fortträgt, wenn es befreit ist, von der manchmal skurrilen oder gar bedauerlichen Umgebung, aber dann begreifen sie. Heute ist mir das fünf mal passiert, zweimal in München und dreimal beim photographieren daheim. Ich werde ein Schloss brauchen.
Um Stil zu begreifen, sollte man keinesfalls Berliner Modeblogs anschauen, oder Hochglanzzeitschriften, oder amerikanische Serien. Stil hat ein Zuhause, und es befindet sich ziemlich genau unter den Sonnenschirmen der Bar Venezia inmitten der Altstadt von Mantua, von wo aus die Arkaden ihren Anfang nehmen. Dort setzt man sich hin, bestellt einen Eistee und schaut zu, was da kommt. Es kommt vieles, es kommt oft mit dem Rad, und machmal ist es besser als jede Modenschau.

Das Mysterium besteht darin, dass es nur Alltag und dennoch wie ein inszeniertes Theater, und dass sie nicht so verkleidet sind, sondern es einfach leben. Während man in München jederzeit damit rechnen muss, von einem blankkeputzten Mountainbike plattgewalzt zu werden, geht es hier langsam zu, und die Leute schaffen diesen Stil vollkommen problemlos mit dem alten Hollandrad von Oma. Gerade mit diesen Rädern. Während die meisten Fiat 500, Lancia Aprilia und Alfa Giulias in ihren Bonbonfarben, dem celeste, dem rosso und biancho längst von den Schrottpressen zerdrückt wurden, haben sich viele alte Räder von Bianchi, Legnano und Battaglin in Quietschbunt über die Jahrzehnte gerettet und tragen heute noch dazu bei, dass Italiens Innenstädte ruhig und voller schöner, nicht zu schneller Menschen sind.
Das schmerzt natürlich. Weil man in Deutschland weder diese Ruhe, noch diesen Stil und natürlich auch nicht diese Räder in diesen Farben hat. Omaräder gibt es in Schwarz, Schwarz mit weissen Streifen und Schwarz mit grauen Streifen. Wenn überhaupt. In Deutschland versteht man sich vor allem auf das Wegwerfen. Und würde man nicht ohnehin schon leiden, kommt dann noch ein Herr und stellt einem das hier vor die Nase:

Das ist nicht nett. Das tut weh. Noch schlimmer als das Celeste-Blau, das der Kundige auch als Bugatti-Blau kennt und schätzt, noch schlimmer als all das Leder und das Täschchen hinten ist das Wissen, dass es zu diesen Repliken auch Originale gibt. Man kommt in Versuchung, sich so etwas zu, nun, sagen wir mal borgen, aber ich habe natürlich "Ladri di biciclette" von Vittorio de Sica gesehen, ich kenne das neorealistische Ende und würde dergleichen nicht tun. Die Copilotin hatt dagegen so ein unheilvollen Zucken in der Hand, und am Ende standen wir in Salurn und versuchten, einem Händler ein ähnliches, originales Exemplar abzuschwatzen, das leider nur zur Reparatur dort stand. Die Bemühung ist um so verständlicher, als das radeln mit einem für mich Rennradpiloten ungewöhnten 1-Gang-Rad mit Körberl und quietschendem Sattel neu, aber auch sehr spassig war. Ja, auch ich muss zugeben: Für kleinere Strecken, zum See oder zu den Erdbeeren, wäre so ein himmelblaues Herrenrad mit Chrom ganz wunderbar, man müsste es nur finden und über die Pässe bringen. Denn in Deutschland gibt es solche Räder nicht.
Ausser im Keller eines mittelalten türkischen Herren, der ein Rabeneick Modell 59 von 1952 von seinem Schwiegervater geerbt hat, wo es nun schon Jahrzehnte vor sich hingammelte, und nun endlich raus sollte. Er hatte keinen Platz mehr, also ab damit auf den Flohmarkt.

Es kommt zwar nur aus Bielefeld, aber es ist in diesem wunderbar optimistischen Strand- und Wirtschaftswunderblau, mit weiss und vielen verchromten Details, rostig, aber bis auf den Satten und die Reifen original, mit Heckflossenornamenten am Sportschutzblech und Schnellspannschrauben mit Firmenlogo. Mit grau marmorlierten Bakelitgriffen und einem gigantischen Bosch-Scheinwerfer, der auch noch geht. Mit verchromtem Werkzeugkastendeckel und Schutzblechen, die den Namen verdienen. Dieses Rad stand einen halben Tag am Stand herum, keiner wollte es haben, und als ich es dann für - nun wirklich läppische 40 Euro - gekauft hatte, begannen die Fragen. Woher, was kostet, sie würden mir auch 50. Und so weiter. Was fehlt, sind Weisswandreifen, ein neuer Ledersattel - beides daheim im Fundus - und eine ordentliche Putz- und Poliereinheit, sowie neue Bremsgummis.

Ich stand heute morgen vor dem Flohmarktbesuch auch vor einem Bitter CD, einem dem Ferrari 400 nachempfundenen Sportwagen auf Opelbasis, den mir jemand vermitteln wollte. Vielleicht das letzte hübsche Auto, das jemals mit dem Namen Opel in Verbindung zu bringen war. Er wäre gar nicht teuer gewesen, ich hätte auch ein paar Parkplätze am Tegernsee, aber 20 Liter auf 100 Kilometer ist dann doch etwas zu viel, und brauche ich einen geschlossenen Zweitwagen?
Zumal, wenn ich so ein Rad habe. Detailphotos im Kommentar.
Um Stil zu begreifen, sollte man keinesfalls Berliner Modeblogs anschauen, oder Hochglanzzeitschriften, oder amerikanische Serien. Stil hat ein Zuhause, und es befindet sich ziemlich genau unter den Sonnenschirmen der Bar Venezia inmitten der Altstadt von Mantua, von wo aus die Arkaden ihren Anfang nehmen. Dort setzt man sich hin, bestellt einen Eistee und schaut zu, was da kommt. Es kommt vieles, es kommt oft mit dem Rad, und machmal ist es besser als jede Modenschau.

Das Mysterium besteht darin, dass es nur Alltag und dennoch wie ein inszeniertes Theater, und dass sie nicht so verkleidet sind, sondern es einfach leben. Während man in München jederzeit damit rechnen muss, von einem blankkeputzten Mountainbike plattgewalzt zu werden, geht es hier langsam zu, und die Leute schaffen diesen Stil vollkommen problemlos mit dem alten Hollandrad von Oma. Gerade mit diesen Rädern. Während die meisten Fiat 500, Lancia Aprilia und Alfa Giulias in ihren Bonbonfarben, dem celeste, dem rosso und biancho längst von den Schrottpressen zerdrückt wurden, haben sich viele alte Räder von Bianchi, Legnano und Battaglin in Quietschbunt über die Jahrzehnte gerettet und tragen heute noch dazu bei, dass Italiens Innenstädte ruhig und voller schöner, nicht zu schneller Menschen sind.
Das schmerzt natürlich. Weil man in Deutschland weder diese Ruhe, noch diesen Stil und natürlich auch nicht diese Räder in diesen Farben hat. Omaräder gibt es in Schwarz, Schwarz mit weissen Streifen und Schwarz mit grauen Streifen. Wenn überhaupt. In Deutschland versteht man sich vor allem auf das Wegwerfen. Und würde man nicht ohnehin schon leiden, kommt dann noch ein Herr und stellt einem das hier vor die Nase:

Das ist nicht nett. Das tut weh. Noch schlimmer als das Celeste-Blau, das der Kundige auch als Bugatti-Blau kennt und schätzt, noch schlimmer als all das Leder und das Täschchen hinten ist das Wissen, dass es zu diesen Repliken auch Originale gibt. Man kommt in Versuchung, sich so etwas zu, nun, sagen wir mal borgen, aber ich habe natürlich "Ladri di biciclette" von Vittorio de Sica gesehen, ich kenne das neorealistische Ende und würde dergleichen nicht tun. Die Copilotin hatt dagegen so ein unheilvollen Zucken in der Hand, und am Ende standen wir in Salurn und versuchten, einem Händler ein ähnliches, originales Exemplar abzuschwatzen, das leider nur zur Reparatur dort stand. Die Bemühung ist um so verständlicher, als das radeln mit einem für mich Rennradpiloten ungewöhnten 1-Gang-Rad mit Körberl und quietschendem Sattel neu, aber auch sehr spassig war. Ja, auch ich muss zugeben: Für kleinere Strecken, zum See oder zu den Erdbeeren, wäre so ein himmelblaues Herrenrad mit Chrom ganz wunderbar, man müsste es nur finden und über die Pässe bringen. Denn in Deutschland gibt es solche Räder nicht.
Ausser im Keller eines mittelalten türkischen Herren, der ein Rabeneick Modell 59 von 1952 von seinem Schwiegervater geerbt hat, wo es nun schon Jahrzehnte vor sich hingammelte, und nun endlich raus sollte. Er hatte keinen Platz mehr, also ab damit auf den Flohmarkt.

Es kommt zwar nur aus Bielefeld, aber es ist in diesem wunderbar optimistischen Strand- und Wirtschaftswunderblau, mit weiss und vielen verchromten Details, rostig, aber bis auf den Satten und die Reifen original, mit Heckflossenornamenten am Sportschutzblech und Schnellspannschrauben mit Firmenlogo. Mit grau marmorlierten Bakelitgriffen und einem gigantischen Bosch-Scheinwerfer, der auch noch geht. Mit verchromtem Werkzeugkastendeckel und Schutzblechen, die den Namen verdienen. Dieses Rad stand einen halben Tag am Stand herum, keiner wollte es haben, und als ich es dann für - nun wirklich läppische 40 Euro - gekauft hatte, begannen die Fragen. Woher, was kostet, sie würden mir auch 50. Und so weiter. Was fehlt, sind Weisswandreifen, ein neuer Ledersattel - beides daheim im Fundus - und eine ordentliche Putz- und Poliereinheit, sowie neue Bremsgummis.

Ich stand heute morgen vor dem Flohmarktbesuch auch vor einem Bitter CD, einem dem Ferrari 400 nachempfundenen Sportwagen auf Opelbasis, den mir jemand vermitteln wollte. Vielleicht das letzte hübsche Auto, das jemals mit dem Namen Opel in Verbindung zu bringen war. Er wäre gar nicht teuer gewesen, ich hätte auch ein paar Parkplätze am Tegernsee, aber 20 Liter auf 100 Kilometer ist dann doch etwas zu viel, und brauche ich einen geschlossenen Zweitwagen?
Zumal, wenn ich so ein Rad habe. Detailphotos im Kommentar.
donalphons, 17:36h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 8. Juni 2008
7 Tage Regen
Wenn das Gespräch peinlich, unanständig oder aggressiv wird, sprich über das Wetter.
Ratschlag meiner beim Rommé gewohnheitsbetrügenden Tante Mammi, die ein eigenes Blog wert wäre und als anerkannte Herrin über die Putzmacherinnen der besseren Gesellschaft sehr genau wusste, wie man sichin allen Lebenslagen (ausser Rommé) zu verhalten hat.
Ich vermute, dass die durchschnittlichen Regentage und Tage mit einer Temperatur von unter 16° Celsius für diesen Sommer am Tegernsee vorbei sein dürften, so nah war stets der feuchte Schauer jedem noch so zaghaften Sonnenschein. Es ballt sich schnell zusammen in den Bergen, da kommt das eine zum anderen, und prompt ergiesst es sich über Wiese und See, klatscht an Mauern und trieft die Markisen herab.

Aber es mag mir immer noch besser erscheinen, das Vergnügen hier ist immer noch grösser, drüber lacht die Sonne und darunter ich, weil, und das will ich an dieser Stelle doch nicht verheimlichen, dass ich eine ganze Menge Leutefast schon bemitleide, denen ich keinesfalls die Hand geben wollte und das auch ohne diese hier beschriebene schäbige Aktion von diversen schäbigen Leuten; dass ich tatsächlich dazu tendiere, mir lieber den Regen anzuschauen, als deren belanglose Versuche, irgendwas mit einer Software zu reissen, die ich auch verwende, für Sätze jenseits von Konstruktmoral und Auftrag. Ich mag mein Blog, ich mag viele andere Blogs, ich lese hier gern gute Geschichten, anderes überblättere ich, besonders die Kranken, die nicht damit fertig werden, dass es halt nicht klappt, dass die kritische Masse nicht erreicht wird und auch nie wieder kommt, weil sie irgendwann den Spagat zwischen dem Leben, das interessieren könnte, und dem Aktionismus, den sie sich in der Glotze und beim Broder abgeschaut haben, nicht mehr hinbekommen. Soweit sie überhaupt sowas wie Leben haben. Haben sie? Oder klatschen sie nur irgendwas im netz, damit es weiter geht? Damit sie andere treffen, die auch nicht klarkommen?

Aber - reden wir wieder über daas Wetter, das eintönige Wasser aus allen Richtungen, das den See und die Mangfall anschwellen lässt, das die Segler vergrault und die Touristen trist durch Pfützen stapfen lässt. Reden wir vom Blei des Himmels und nicht vom Blei der Beschränktheit, reden wir von den kostbaren Momenten und dem, was man auch im Grau an Abstufungen finden kann, immerhin hält es die Tagestouristen draussen und die Auswahl beim Konditor gross. Man kann wunderbar im Regen arbeiten, es geht leicht von der Hand, früh erglimmen die Kerzen und mit einer Panoramascheibe vor dem Sessel und der Kanne lässt sich dem allem auch etwas abgewinnen, wenn man es nur versteht.
Es ist vielleicht nicht schön.
Aber hässlich, liebe Leserschaft, hässlich ist es woanders.
Ratschlag meiner beim Rommé gewohnheitsbetrügenden Tante Mammi, die ein eigenes Blog wert wäre und als anerkannte Herrin über die Putzmacherinnen der besseren Gesellschaft sehr genau wusste, wie man sichin allen Lebenslagen (ausser Rommé) zu verhalten hat.
Ich vermute, dass die durchschnittlichen Regentage und Tage mit einer Temperatur von unter 16° Celsius für diesen Sommer am Tegernsee vorbei sein dürften, so nah war stets der feuchte Schauer jedem noch so zaghaften Sonnenschein. Es ballt sich schnell zusammen in den Bergen, da kommt das eine zum anderen, und prompt ergiesst es sich über Wiese und See, klatscht an Mauern und trieft die Markisen herab.

Aber es mag mir immer noch besser erscheinen, das Vergnügen hier ist immer noch grösser, drüber lacht die Sonne und darunter ich, weil, und das will ich an dieser Stelle doch nicht verheimlichen, dass ich eine ganze Menge Leutefast schon bemitleide, denen ich keinesfalls die Hand geben wollte und das auch ohne diese hier beschriebene schäbige Aktion von diversen schäbigen Leuten; dass ich tatsächlich dazu tendiere, mir lieber den Regen anzuschauen, als deren belanglose Versuche, irgendwas mit einer Software zu reissen, die ich auch verwende, für Sätze jenseits von Konstruktmoral und Auftrag. Ich mag mein Blog, ich mag viele andere Blogs, ich lese hier gern gute Geschichten, anderes überblättere ich, besonders die Kranken, die nicht damit fertig werden, dass es halt nicht klappt, dass die kritische Masse nicht erreicht wird und auch nie wieder kommt, weil sie irgendwann den Spagat zwischen dem Leben, das interessieren könnte, und dem Aktionismus, den sie sich in der Glotze und beim Broder abgeschaut haben, nicht mehr hinbekommen. Soweit sie überhaupt sowas wie Leben haben. Haben sie? Oder klatschen sie nur irgendwas im netz, damit es weiter geht? Damit sie andere treffen, die auch nicht klarkommen?

Aber - reden wir wieder über daas Wetter, das eintönige Wasser aus allen Richtungen, das den See und die Mangfall anschwellen lässt, das die Segler vergrault und die Touristen trist durch Pfützen stapfen lässt. Reden wir vom Blei des Himmels und nicht vom Blei der Beschränktheit, reden wir von den kostbaren Momenten und dem, was man auch im Grau an Abstufungen finden kann, immerhin hält es die Tagestouristen draussen und die Auswahl beim Konditor gross. Man kann wunderbar im Regen arbeiten, es geht leicht von der Hand, früh erglimmen die Kerzen und mit einer Panoramascheibe vor dem Sessel und der Kanne lässt sich dem allem auch etwas abgewinnen, wenn man es nur versteht.
Es ist vielleicht nicht schön.
Aber hässlich, liebe Leserschaft, hässlich ist es woanders.
donalphons, 00:07h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 6. Juni 2008
Zum ersten Mal
jemanden, den ich sonst respektiere und gern lese, von der Blogroll gelöscht, weil ich die ungefragt von selbst loslaufende und sich trotz Nichtklickens von "Wiederholen?"erneut startende Werbung in Auslieferung von Adical Nads so nervt, dass ich inzwischen fast sowas wie Verständnis für andere Firmen aufbringe, wenn sie mit denen nicht verwechselt werden wollen.
Edit 18.50: Oh. Jetzt ist die Werbung wieder verschwunden. Da hat möglicherweise der Verschmutzungsbeauftragte von Adic äh Nads Handlungs- aber keinen Kommunikationsbedarf gesehen. Erinnert an Korrekturen von Bild online.
Edit 19.10: Jetzt ist der Dreck wieder da, und läuft wieder durch. Wie verzweifelt müssen die eigentlich sein, um dieses Zeug zu schalten?
Edit 19.00 am Folgetag: Wieder weg. Ts. Sie bezeichnen es als "Professionalisierung der Blogosphäre".
Edit 18.50: Oh. Jetzt ist die Werbung wieder verschwunden. Da hat möglicherweise der Verschmutzungsbeauftragte von Adic äh Nads Handlungs- aber keinen Kommunikationsbedarf gesehen. Erinnert an Korrekturen von Bild online.
Edit 19.10: Jetzt ist der Dreck wieder da, und läuft wieder durch. Wie verzweifelt müssen die eigentlich sein, um dieses Zeug zu schalten?
Edit 19.00 am Folgetag: Wieder weg. Ts. Sie bezeichnen es als "Professionalisierung der Blogosphäre".
donalphons, 18:39h
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Die schlecht genähte Brieftasche.
Und das Geld fällt, prasselt auf den Boden, rollt unter Koffer, Kisten und Fahrradteile, und dazu ertönt ein "Hoid! So fui wui I ah ned", und dazu Gelächter. Es ist mal wieder passiert, beim Kauf eines neuen Pralinenstuhls. Denn nach nunmehr 21 Jahren, mehr als die Hälfte meines Lebens, löst sich mein Geldbeutel in seine Bestandteile auf. Das Deckleder ist zerrissen, die Seitenwand des Geldfachs hat keine Naht mehr, und wenn ich die Brieftache zu schnell ziehe, ergiesst sich ein Münzregen über den Boden. Langsam wird es zu einer teuren Angelegenheit, denn nicht alles findet sich wieder. Aber - seit 21 Jahren habe ich ihn nun, er war damals schon extrem teuer, so teuer, dass selbst Ralph Lauren, die ihn damals hergestellt haben, so etwas heute nicht mehr anbietet. Er hat lange gehalten, alles mitgemacht, und ich habe ihn nie verloren. Ich würde ihn reparieren lassen, wenn ich Ersatz hätte, aber so eine Brieftasche habe ich seit langem nicht mehr gesehen.
Sie brachan a neis Bortmönäh, sagt die Frau der Stuhlverkäufers, und ich erzähle ihr die Geschichte, warum ich nicht vorhabe, mich davon zu trennen. Weil ich keinen Ersatz habe, den ich verwenden könnte, solange meine Brieftasche beim Schuster ist. Do hed i oan, meint die Frau, an ganz nein von meim Obba, dea hodn nia bnutzt, dea woa spoasam und hod imma ois aufghom, schans amoi, sagt die Frau, wühlt in einer Kiste, findet eine flache, aufklappbare hellbraune Ledertasche, die meiner vom Funktionsprinzip nicht unähnlich ist, sieht man davon ab, dass er natürlich noch keinen Platz für Plastikgeld hat. So aus den 60er Jahren dürfte er sein, er ist tatsächlich neu, noch immer ist das Platzhalterpaier für den Personalausweis drinnen, kostet nur ein Euro und wird mir aufgedrängt.
Ich nehme ihn, und mein Geld prasselt noch dreimal über den Boden, bis ich heute morgen beschliesse, endlich mal umzuräumen. Ich fülle die Münzen in das Münzfach - und die Enttäuschung ist gross: Man hat das Fach unten nicht zugenäht, das Geld rutscht durch auf die andere Seite der aufklappbaren Tasche und verschwindet. Pfusch. Ich klaube mühsam die Münzen aus dem hintersten Winkel hervor, und fühle noch etwas Papier, und siehe -

Opa war sparsamer, als letztlich gut für ihn und seine Erben war. Baujahr 1960, fast neu, drei Erinnerungen an eine Zeit, als 50 Mark noch sehr viel mehr war, als 25 Euro heute sind. Liebesgrüsse aus der Wirtschaftswunderzeit.
Das war einmal sehr viel Geld.
* * *
Ich habe gestern mal geschaut, welche der Wohnungen, die ich mir vor dem Kauf meiner Bleibe zu Gemüte führte, heute noch im Angebot sind. Ausser den ganz schlechten und extrem überteuerten Objekten ist alles weg, der Markt hier am See ist leergefegt. Die Bekannten meiner Eltern bringen ihr Geld in Sicherheit, man sucht Stabilität und flieht die Inflation, es geht nicht mehr um Rendite, sondern nur noch um Werterhalt. Schlagzeilen wie 20% Steigerung bei den Mieten weisen den Weg. Zumindest in Deutschland. In den USA dürfte es bald sehr billig werden: Gestern wurden die beiden Monoliner Ambac und MBIA im Bonitätsranking um zwei Stufen runtergesetzt, zusammen versichern sie Kredite von 1,5 Trillionen Dollar - eine Versicherung, die faktisch nichts mehr wert ist.
* * *
D-Mark fühlen sich übrigens schöner an als Euro.
Sie brachan a neis Bortmönäh, sagt die Frau der Stuhlverkäufers, und ich erzähle ihr die Geschichte, warum ich nicht vorhabe, mich davon zu trennen. Weil ich keinen Ersatz habe, den ich verwenden könnte, solange meine Brieftasche beim Schuster ist. Do hed i oan, meint die Frau, an ganz nein von meim Obba, dea hodn nia bnutzt, dea woa spoasam und hod imma ois aufghom, schans amoi, sagt die Frau, wühlt in einer Kiste, findet eine flache, aufklappbare hellbraune Ledertasche, die meiner vom Funktionsprinzip nicht unähnlich ist, sieht man davon ab, dass er natürlich noch keinen Platz für Plastikgeld hat. So aus den 60er Jahren dürfte er sein, er ist tatsächlich neu, noch immer ist das Platzhalterpaier für den Personalausweis drinnen, kostet nur ein Euro und wird mir aufgedrängt.
Ich nehme ihn, und mein Geld prasselt noch dreimal über den Boden, bis ich heute morgen beschliesse, endlich mal umzuräumen. Ich fülle die Münzen in das Münzfach - und die Enttäuschung ist gross: Man hat das Fach unten nicht zugenäht, das Geld rutscht durch auf die andere Seite der aufklappbaren Tasche und verschwindet. Pfusch. Ich klaube mühsam die Münzen aus dem hintersten Winkel hervor, und fühle noch etwas Papier, und siehe -

Opa war sparsamer, als letztlich gut für ihn und seine Erben war. Baujahr 1960, fast neu, drei Erinnerungen an eine Zeit, als 50 Mark noch sehr viel mehr war, als 25 Euro heute sind. Liebesgrüsse aus der Wirtschaftswunderzeit.
Das war einmal sehr viel Geld.
* * *
Ich habe gestern mal geschaut, welche der Wohnungen, die ich mir vor dem Kauf meiner Bleibe zu Gemüte führte, heute noch im Angebot sind. Ausser den ganz schlechten und extrem überteuerten Objekten ist alles weg, der Markt hier am See ist leergefegt. Die Bekannten meiner Eltern bringen ihr Geld in Sicherheit, man sucht Stabilität und flieht die Inflation, es geht nicht mehr um Rendite, sondern nur noch um Werterhalt. Schlagzeilen wie 20% Steigerung bei den Mieten weisen den Weg. Zumindest in Deutschland. In den USA dürfte es bald sehr billig werden: Gestern wurden die beiden Monoliner Ambac und MBIA im Bonitätsranking um zwei Stufen runtergesetzt, zusammen versichern sie Kredite von 1,5 Trillionen Dollar - eine Versicherung, die faktisch nichts mehr wert ist.
* * *
D-Mark fühlen sich übrigens schöner an als Euro.
donalphons, 16:06h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 6. Juni 2008
Empfehlung heute - Welt heilen
Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, sich erst mal diese angenehm grüne Bilderserie vom lieblichen Tal der Mangfall anzuschauen.

Dann verträgt man die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen und der Pharmaindustrie im Besonderen besser. Ich will auch so ein Belohnungsrecht für Skandalaufdecker.

Dann verträgt man die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen und der Pharmaindustrie im Besonderen besser. Ich will auch so ein Belohnungsrecht für Skandalaufdecker.
donalphons, 01:57h
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Real Life 5.6.2008: Eine Frage des Respekts
Vom Himmel fällt Wasser, als wäre es die amerikanische Notenbank, die einen Geldregen auf die Kriminellen an der Wallstreet niedergehen lässt. Der erste 1000er ist keine zwei Kilometer entfernt, aber du siehst ihn nicht, die Wolken schaffen es nicht mal knapp über Seehöhe, und schon auf der ersten Anhöhe über dem See schüttet es schon seit Stunden. Das Wetter ist schlecht; würde man im Hotel wohnen, hätte man sich längst in den sonnigen Norden verabschiedet. Aber da ist ein gutes Buch - die Liebestaten des Vicomte de Nantel von Crebillon d. J., in Form eines Privatdrucks des Kala Verlag Krohn KG, erschienen 1964, nummeriert 604, mit Bütten und Halbleder einer der letzten Höhepunkte der libertinen Privateditionen zur Subskription, bevor Porno mit den 68ern normal, holländisch und vulgär wurde. Da ist eine gute Tasse Tee, ein bayerischer Hefezopf mit Weinberln, dazu italienische Pfirsichmarmelade und hin und wieder der entzückende Anblick von in Plastik gehüllten Menschen, die draussen mit hohen Verlusten versuchen, dem Wetter etwas abzugewinnen. "Crebillon in den Bergen" wäre ein schöner Titel für einen leichten Sommerroman. Irgendwo wird mal wieder gerated, in München zittert die Staatskanzlei vor neuen Löchern bei der Landesbank, und Akten gehen auf Reisen in die Keller von Sekretärinnen, man weiss nie, was kommt, also gilt es, den Augenblick zu geniessen -

der justament durch Geklingel gestört wird. Du gehst zur Tür, draussen ist eine ältere Dame, die sich als Frau Dr. T. vorstellt und dir mitteilt, welche Wohnung, genauer Sommerwohnung in diesem Komplex die ihre ist. Hier geht es noch zu wie früher, man lässt niemanden draussen stehen, also bittest du sie herein und zeigst ihr die Wohnung, von der sie dank der Tratscherei im Ort ohnehin schon alles wissen dürfte, angefangen vom Muster der Teppiche bis zu dem Teil deiner Lebensgeschichte, den du für zumutbar hältst. Frau Dr. T. jedoch ist vorsichtig, sehr, sehr vorsichtig, lehnt auch Tee und Kuchen ab, und setzt dann behutsam an.
Es sei nämlich so, dass sie jetzt ein paar Wochen hier sind, und sie hofft, es würde dich nicht allzusehr stören, ihre Kinder kämen auch ab und an vorbei, und dann könnte es, nun ja, die Tochter hat einen Hund, also, der könnte bellen. Das täte ihr sehr leid.
Das ist jetzt schon die dritte Hausbewohnerin, die bei dir in Frage von bellenden Hunden vorspricht. Die anderen beiden fraglichen Exemplare, Dackel Moritz und der ältliche Hund der Familie, die meistens ohnehin in Ibiza ist, waren alles andere als laut. Also erzählst du von Hermes, dem aufgerichtet 2,10 Meter grossen Golden-Retriever-Bernhardiner-Mischling, den du bestens kennst und den du trotz seiner Neigung, lautstark Harleys zu jagen, für absolut tolerabel und zumutbar hältst, Hunde seine gar kein Problem und Sabinchen, die Hunde verhaut, kommt eh nicht mit, also alles kein Problem.
Wir werden auch sonst versuchen, Lärm zu vermeiden, betont Frau Dr. T., und langsam wirst du etwas unsicher, ob das nicht eine Anspielung auf eigenes Verhalten ist - vielleicht Nachts geduscht? Crebillons Vorschläge lautstark praktisch umgesetzt? Der Auspuff hat ein Loch? Dir fällt absolut nichts ein, kaum klingt das Klappern der Thinkpad-Tastatur durch das Schlafzimmer, und Bütten blättert sich sehr leise. Du, das ist sicher, warst es nicht. Und um der Situation die Gezwungenheit zu nehmen, berichtest du leutseelig von daheim und dem Krach, den die Elitessen bei ihren Grillversuchen im Hof machen, und dass du überhaupt keinen Anlass siehst, in dieser nun wirklich ruhigen, dezenten Anlage irgendetwas zu bemängeln. Im Gegenteil, du hoffst, dass die Umbauarbeiten nicht zu laut waren.
Und - also - was hat ihnen eigentlich der Vorbesitzer gesagt, fragt Frau Dr. T. verlgen, und langsam wunderst du dich, ob es da nicht noch irgendeinen Knaller hinter der Fassade gibt, ein privater Folterkeller vielleicht oder sonst einen Haken, der keine Erwähnung fand beim zügig durchgeführten Notverkauf im März.
Nichts, alles in Ordnung, und du lässt die ganze Geschichte des abrupten Besitzerwechsels Revue passieren, soweit der Verkäufer dabei mit seinen Spekulationen im Nebel des grauen Kapitalmarkts, die ihn am Ende zum Verkauf brachten, nicht zu schlecht wegkommt.
Ahhh, sagt Frau Dr. T., plötzlich gar nicht mehr so dezent und zurückhaltend, aha! Sie sind also nicht mit ihm verwandt oder befreundet? Und er hat ihnen nichts erzählt?
Nun aber erzählt sie. Seit dem Tod seiner Tante habe die Hausgemeinschaft unter diesem Mann gelitten, ein Scheusal sei das gewesen, wegen jedem Bellen hätte er die Polizei geholt, wenn er mal da war, Prozesse hätte er geführt wegen kleinster Vorteile, eine Delle in einem Ferrari hätte zu übelsten Verdächtigungen geführt, wo er war, sei Krieg gewesen, man habe sich gefürchtet und sei Wandern gegangen, wenn er kam, sein Sohn wäre genauso gewesen, und nach dem, was im Hause gemunkelt wurde, hätte er die Wohnung an einen Geschäftspartner der gleichen Sorte weiterverkauft, der mit ähnlichen Praktiken die Sonne über dem schönen Leben am See auch so verdunkeln würde.
Äh - nein, sagst du, die Quelle des Respekts erkennend und gleichzeitig negierend, die in den letzten Wochen diese Sturzbäche von Respekt und vorsichtigen Fragen über dich hat hereinstürzen lassen. Du redest noch etwas über erfolgreiches Konfliktmanagement im heimischen Stadtpalast, Konditoreien und den Umstand, dass du hier keinesfalls als knallharten Haifischtransporteur, sondern eher als Schriftsteller gesehen werden möchtest, und fängst dir damit auch gleich das Angebot ein, dich in Tegernsee bei der Gestaltung einiger literarischer Veranstaltungen einzubringen, sie kennt da nämlich Frau Prof. Dr. F., die macht das und ist sicher begeistert, wenn die junge deutsche Literatur hier auch etwas repräsentiert ist, neben Heimatdichtern und Dorfchronisten. Ob du denn auch sowas mit dieser Imail machst?
Mit dem Verprechen, das allseits verhasste Namensschild (mit Wappen) des Vorbesitzers an der Tür zu entfernen, um das es übrigens auch einen Rechtsstreit gab, verabschiedest du Frau Dr. T. und hoffst, dass der vergangene Krieg keinen auf die Idee bringt, Ungleiches nun mit Gleichem zu verbinden. Die Tage des Respekts jedenfalls sind jetzt vorbei.

der justament durch Geklingel gestört wird. Du gehst zur Tür, draussen ist eine ältere Dame, die sich als Frau Dr. T. vorstellt und dir mitteilt, welche Wohnung, genauer Sommerwohnung in diesem Komplex die ihre ist. Hier geht es noch zu wie früher, man lässt niemanden draussen stehen, also bittest du sie herein und zeigst ihr die Wohnung, von der sie dank der Tratscherei im Ort ohnehin schon alles wissen dürfte, angefangen vom Muster der Teppiche bis zu dem Teil deiner Lebensgeschichte, den du für zumutbar hältst. Frau Dr. T. jedoch ist vorsichtig, sehr, sehr vorsichtig, lehnt auch Tee und Kuchen ab, und setzt dann behutsam an.
Es sei nämlich so, dass sie jetzt ein paar Wochen hier sind, und sie hofft, es würde dich nicht allzusehr stören, ihre Kinder kämen auch ab und an vorbei, und dann könnte es, nun ja, die Tochter hat einen Hund, also, der könnte bellen. Das täte ihr sehr leid.
Das ist jetzt schon die dritte Hausbewohnerin, die bei dir in Frage von bellenden Hunden vorspricht. Die anderen beiden fraglichen Exemplare, Dackel Moritz und der ältliche Hund der Familie, die meistens ohnehin in Ibiza ist, waren alles andere als laut. Also erzählst du von Hermes, dem aufgerichtet 2,10 Meter grossen Golden-Retriever-Bernhardiner-Mischling, den du bestens kennst und den du trotz seiner Neigung, lautstark Harleys zu jagen, für absolut tolerabel und zumutbar hältst, Hunde seine gar kein Problem und Sabinchen, die Hunde verhaut, kommt eh nicht mit, also alles kein Problem.
Wir werden auch sonst versuchen, Lärm zu vermeiden, betont Frau Dr. T., und langsam wirst du etwas unsicher, ob das nicht eine Anspielung auf eigenes Verhalten ist - vielleicht Nachts geduscht? Crebillons Vorschläge lautstark praktisch umgesetzt? Der Auspuff hat ein Loch? Dir fällt absolut nichts ein, kaum klingt das Klappern der Thinkpad-Tastatur durch das Schlafzimmer, und Bütten blättert sich sehr leise. Du, das ist sicher, warst es nicht. Und um der Situation die Gezwungenheit zu nehmen, berichtest du leutseelig von daheim und dem Krach, den die Elitessen bei ihren Grillversuchen im Hof machen, und dass du überhaupt keinen Anlass siehst, in dieser nun wirklich ruhigen, dezenten Anlage irgendetwas zu bemängeln. Im Gegenteil, du hoffst, dass die Umbauarbeiten nicht zu laut waren.
Und - also - was hat ihnen eigentlich der Vorbesitzer gesagt, fragt Frau Dr. T. verlgen, und langsam wunderst du dich, ob es da nicht noch irgendeinen Knaller hinter der Fassade gibt, ein privater Folterkeller vielleicht oder sonst einen Haken, der keine Erwähnung fand beim zügig durchgeführten Notverkauf im März.
Nichts, alles in Ordnung, und du lässt die ganze Geschichte des abrupten Besitzerwechsels Revue passieren, soweit der Verkäufer dabei mit seinen Spekulationen im Nebel des grauen Kapitalmarkts, die ihn am Ende zum Verkauf brachten, nicht zu schlecht wegkommt.
Ahhh, sagt Frau Dr. T., plötzlich gar nicht mehr so dezent und zurückhaltend, aha! Sie sind also nicht mit ihm verwandt oder befreundet? Und er hat ihnen nichts erzählt?
Nun aber erzählt sie. Seit dem Tod seiner Tante habe die Hausgemeinschaft unter diesem Mann gelitten, ein Scheusal sei das gewesen, wegen jedem Bellen hätte er die Polizei geholt, wenn er mal da war, Prozesse hätte er geführt wegen kleinster Vorteile, eine Delle in einem Ferrari hätte zu übelsten Verdächtigungen geführt, wo er war, sei Krieg gewesen, man habe sich gefürchtet und sei Wandern gegangen, wenn er kam, sein Sohn wäre genauso gewesen, und nach dem, was im Hause gemunkelt wurde, hätte er die Wohnung an einen Geschäftspartner der gleichen Sorte weiterverkauft, der mit ähnlichen Praktiken die Sonne über dem schönen Leben am See auch so verdunkeln würde.
Äh - nein, sagst du, die Quelle des Respekts erkennend und gleichzeitig negierend, die in den letzten Wochen diese Sturzbäche von Respekt und vorsichtigen Fragen über dich hat hereinstürzen lassen. Du redest noch etwas über erfolgreiches Konfliktmanagement im heimischen Stadtpalast, Konditoreien und den Umstand, dass du hier keinesfalls als knallharten Haifischtransporteur, sondern eher als Schriftsteller gesehen werden möchtest, und fängst dir damit auch gleich das Angebot ein, dich in Tegernsee bei der Gestaltung einiger literarischer Veranstaltungen einzubringen, sie kennt da nämlich Frau Prof. Dr. F., die macht das und ist sicher begeistert, wenn die junge deutsche Literatur hier auch etwas repräsentiert ist, neben Heimatdichtern und Dorfchronisten. Ob du denn auch sowas mit dieser Imail machst?
Mit dem Verprechen, das allseits verhasste Namensschild (mit Wappen) des Vorbesitzers an der Tür zu entfernen, um das es übrigens auch einen Rechtsstreit gab, verabschiedest du Frau Dr. T. und hoffst, dass der vergangene Krieg keinen auf die Idee bringt, Ungleiches nun mit Gleichem zu verbinden. Die Tage des Respekts jedenfalls sind jetzt vorbei.
donalphons, 15:41h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 4. Juni 2008
Ich schwanke noch.
Gnädig gesehen könnte das, was bei uns hier gut sichtbar an den Laternenpfählen über der Brücke hängt, auch ein Platzhalter für elitenändernde Aktivitäten während der nächsten Weltrevolution sein.

Ich denke aber, dass es zwar nicht übel gemeint, aber letztlich doch ein Zeichen für den Umstand sind, dass wir zwar alle formal in einem Staat namens Deutschland leben, dieser Staat aber mit höchst unterschiedlichen Realitäten aufwartet.
Denn ich wohne an einer Anliegerstrasse. Hier kommt keiner vorbei, der nicht hier wohnt. Damit das so bleibt, gibt es auch massive Strassenrandvorsprünge, 10 Meter lang und zwei Meter breit. Auch die hat der Ort komplett durchbeblumt, zur Freude der paar Dutzend Anwohner, von denen ein Drittel im Sommer ohnehin auf Ibiza, Mallorca oder Florisa weilt. Es gibt in diesem Land Orte, die sich Gedanken machen über den Blumenschmuck auf halber Höhe ihrer Laternenpfosten, was man da pflanzt und welcher Gemeindearbeiter an sonnigen Tagen dort das Wasser bringt. Es gibt aber auch ganz viele ganz andere Orte, in denen weggeworfene Kühlschränke und Hundekot den Strassenrand säumen.
Und vermutlich dennoch keine Weltrevolution. Weil jeder auf seine Art mit und ohne Blumen ruhig schläft und zufrieden ist, und es gar nicht anders kennt.

Ich denke aber, dass es zwar nicht übel gemeint, aber letztlich doch ein Zeichen für den Umstand sind, dass wir zwar alle formal in einem Staat namens Deutschland leben, dieser Staat aber mit höchst unterschiedlichen Realitäten aufwartet.
Denn ich wohne an einer Anliegerstrasse. Hier kommt keiner vorbei, der nicht hier wohnt. Damit das so bleibt, gibt es auch massive Strassenrandvorsprünge, 10 Meter lang und zwei Meter breit. Auch die hat der Ort komplett durchbeblumt, zur Freude der paar Dutzend Anwohner, von denen ein Drittel im Sommer ohnehin auf Ibiza, Mallorca oder Florisa weilt. Es gibt in diesem Land Orte, die sich Gedanken machen über den Blumenschmuck auf halber Höhe ihrer Laternenpfosten, was man da pflanzt und welcher Gemeindearbeiter an sonnigen Tagen dort das Wasser bringt. Es gibt aber auch ganz viele ganz andere Orte, in denen weggeworfene Kühlschränke und Hundekot den Strassenrand säumen.
Und vermutlich dennoch keine Weltrevolution. Weil jeder auf seine Art mit und ohne Blumen ruhig schläft und zufrieden ist, und es gar nicht anders kennt.
donalphons, 19:25h
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Und der Engel sprach:
So stehet auf, erhebet die Glieder und gehet hinüber an die Blogbar,

wo verkündet wird der Stand dessen, was manche für die Professionalisierung der Blogosphäre gehalten haben in der Hoffnung, die Worte würden nicht in ihren Mäulern verfaulen.
(Jubelperserengel in der Pfarrkirche zu Schwaz, linker Seitenaltar, XVIII. Jahrhundert)

wo verkündet wird der Stand dessen, was manche für die Professionalisierung der Blogosphäre gehalten haben in der Hoffnung, die Worte würden nicht in ihren Mäulern verfaulen.
(Jubelperserengel in der Pfarrkirche zu Schwaz, linker Seitenaltar, XVIII. Jahrhundert)
donalphons, 16:17h
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