: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 16. Juli 2008

Wo wir wohnen

Gestern hatte ich einen Termin bei jemandem, der mit einem Bauvolumen von 300 Wohnungen bestimmt, wie wir wohnen - wenn er genug Geld zusammenbekommt. Wir, die eher nicht armen, durchaus im Leben stehenden und mobilen jungen Menschen einer Generation, die keine Nationen mehr kennt, sondern Companies und Flexibilität am Arbeitsplatz, die innerhalb von einer Woche nach Berlin gehen und bei einer anderen Entscheidung der Firma auch gerne mal nach Zürich, und natürlich noch irgendwo anders eine, oder auch zwei richtige Home Zones haben. Es ist nicht meine Aufgabe, Projektplanern gesellschaftliche Illusionen auszureden. Aber als Beispiel für dieses diffuse "Wir" herhalten zu müssen, das in den Verkaufsprospekten all der Media Cities - oder gar "Media City´s", leider konnte ich den Prospektentwurf nicht unauffällig ablichten - auftaucht, die Springer, die an vielen Orten zuhause sind und deshalb auch erklären, wo bittschön in den kriselnden Regionen des Nordens die vielen Käufer für die 3000+xEuro/m² Townhouses herkommen sollen - das war dann doch etwas viel.

Man muss sich diese Szene in etwa so vorstellen: Ein Raum voller Anwälte, Vertriebler, Bauheinis und Erbsenzähler, alle sind ihr ganzes Leben praktisch nicht länger als zwei Wochen südlich des Chiemsees gewesen, meint das Paradebeispiel für die Zielgruppe in ihrer Mitte zu haben, nur weil der Haifischfahrer genau dieses Leben mit 3, 4 Wohnungen anderthalb Jahre mitgemacht und gehasst hat. Die wissen nicht, wovon sie reden. Ich kenne keinen, der berufsbedingt mehr als zwei Wohnungen im Bundesgebiet hat und es nicht zutiefst hasst.



Eine der angenehmsten Bekannten in Berlin war eine junge Französin aus Strassburg, die ein ähnliches Schicksal hatte: Ein - letztlich unsicherer - Job bei einer Stiftung in Berlin, die meisten Freunde in Strassburg oder in Lyon, wo sie studiert hatte. Die konservative Stiftung, mit der ich ab und an zu tun hatte, sagte etwas gegen einen rotgrünen Minister, unvermutet lief die staatliche Projektförderung für die Stiftung aus, und das hochbegabte, mit besten Referenzen ausgestattete Mädchen hatte zwei Monate Gnadenfrist, die Dinge in Berlin geregelt zu bekommen und zu gehen. Wohnung auflösen, Transporte organisieren, Zwischenlösungen finden. Am Ende machte sie in der leeren Wohnung eine Party für ihre Berliner - eigentlich allesamt nichtberliner - Bekannten, und wir sangen mit den Kaiser Chiefs:

"Time on your side that will never render
The most beautiful thing you can ever spend
But you work in a shirt with your nametag on it
Drifting apart like a plate tectonic

Oh my God, I can´t believe it
I´ve never been this far away from home"

Ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die das Gefühl der Entwurzelung mögen. Das sind diejenigen, die den Ernstfall nicht kennen, und es für eine Art Internet in der Realität halten. Ein grosser Teil des Erfolgs des Netzes beruht auf einer zumindest zeitweisen, sebstgewählten Entwurzelung aus der Realität, aber das ist virtuell, es hat keine Konsequenzen. In der Realität ist die Gleichzeitigkeit diverser Wohnungen, möchten sie auch Bose Soundsystem haben und bar jedes Ortsbezuges sein, das Nomadentum als cool redefinieren und von einer globalen Elite schwärmen, für die Distanzen keine Rolle spielt, ein Alptraum: irgendetwas schimmelt nach zwei Wochen immer in unseren Kühlschränken, aus unseren Abflüssen riecht es komisch, unsere Briefkästen sind voller Werbemüll, es kotzt uns beim Ankommen an und beim Abfahren, weil die Akkus noch im Ladegerät auf unserem Schreibtisch stecken, und dazwischen tippen wir uns die Finger auf dem iPhone wund, um das soziale Leben vor Ort jenseits der Company, in der wir nicht fucken dürfen, wieder anzukurbeln, wo man nicht zwingend auf uns gewartet hat - es gibt ja auch noch andere, die man immer treffen kann. Wenn es klappt, erzählen wir irgendwelche Dinge von anderen Orten, die nicht halb so toll ankommen, wie wir glauben.

Nachdem sich das Einkaufen für einen normalen Küchenbetrieb nicht lohnt, gehen wir essen. Das ist teuer, aber es geht nicht anders. Weil es schnell gehen muss, fliegen wir auch mal, und dann sind wir plötzlich mit den ansonsten unbekannten Schrecken des Nahverkehrs konfrontiert. Wir nehmen das Taxi. Das ist teuer, aber es geht nicht anders. Wir haben zwar alles, aber in der anderen Wohung. Wir kaufen es halt nochmal. Das ist teuer, aber es geht nicht anders. Wir schaffen es, Marie ins Bett zu kriegen. Das ist dann auch etwas teuer geworden, aber es geht nicht anders. Wir nennen sie versehentlich Viola, und beim zweiten Mal geht sie. Das ist das einzige, was nicht teuer ist, aber dafür es geht auch nicht.



Vor allem aber: Es ist eine Illusion zu glauben, dass solche Leute sofort in einer unbekannten Stadt sofort eine Wohnung kaufen. Gerade in Zeiten wie heute, da unsere kreativen Jobs in wenigen Tagen auch vorbei sein könnten. Schliesslich sind wir immer auf Achse und selten in der Zentrale, wer weiss, wer uns dort gerade als umsetzbare Synergie ausmacht. So reich, dass wir mal schnell einen Fehlkauf tätigen und und dann ein Jahr mit einem Verkauf rumschlagen, bei dem wir dennoch 1000 Euro/m² verlieren - das ist teuer, aber es geht nicht anders - sind wir nur in Ausnahmefällen.

Es ist ein modernes Konzept, diese spezifische multi location habitat, das eigentlich nur Pendeln in Überlänge und Überkosten ist, genauso modern wie die Snacks und Kerosinzuschläge der Billigfluglinien, der Transrapid, japanischer U-Bahn-Porno und das schlechte Englisch zwangsglobalisierter Vorzimmerdamen in Wanne-Eikel. Es wendet sich an Besserverdienende, die mehr als 150.000 Euro verdienen müssen, um damit halbwegs elegant über die Runden zu kommen. Es wurde erfunden, um die Anschlusstingelei an die 4 Auslandspraktika, die heute jeder hat, als schön und gut zu erfinden, und die hohen Kosten mit der Prahlerei der drei Wohnsitze glattzustellen. Letzte Woche in Berlin sagte unsere französische Bekannte, treffen wir uns doch übermorgen am Tegernsee, oder doch gleich in der Munich Area, wir können uns auch am Flughafen abholen. Wo wir nicht wohnen, aber zu oft sind. Nach Meinung derer, die darin Trendsetting sehen, ein Geschäftsmodell, und kein Elend.

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Empfehlung heute -

Hach.

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Oh. Sollte Vanity Fair

doch noch die Kurve von der belanglosen Promiverwurstung zum anspruchsvollen Magazin für nicht dumme Menschen kriegen?

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Dienstag, 15. Juli 2008

Sehr zu empfehlen - Energiesparlampenverhüter

Als regelmässiger Konsument von Einrichtungszeitschriften für gehobene Ansprüche hat man irgendwann das meiste in den meisten Variationen gesehen: Klostertische unter Maoplakaten, Sektempfänge bei Betrügern, für Waschbecken ausgesägte Altarkommoden der Qing-Zeit, Industriemüll mit Röntgenfakes, venezianische Spiegel mit Stahrohrsesseln. Alles scheint zu gehen, alles wird ausprobiert, und wenn man es damit in die besagten Zeitschriften schafft, ist man zufrieden und kann der eigenen Frau ("hat sich alles Sissi ausgedacht!") gleich eine Karriere als Innenarchitektin für ähnlich geschmacklose Bruntzen eröffnen, selbst wenn das Abgebildete von einer schlecht bezahlten Studentin entworfen wurde. Das alles geht, manchmal auch mit einer Anzeige oder Geschenken für die Redakteure, und doch findet sich in diesem Universum unbegrenzter Möglichkeiten ein schwarzes Loch, das hell erstrahlt und von allen gemieden wird:

Die Energiesparlampe, die lichtaussendende Mörderin von Glanz, Funkeln und Gleissen, die Verräterin des goldenen Schimmers und der weichen Schatten.



Nichts auf dieser Welt macht scheusslicheres Licht, nichts ruiniert so sehr den optischen Eindruck, es ist Lichtkotze der übelsten Sorte. Hat neon noch etwas Klassisches der 30er an sich, kann man Halogen noch irgendwie als vorletzte Mode akzeptieren, gehen die milchig-blassen Stäbe und Beutel absolut nicht. Es sind helle Ekzeme, die man natürlich anschaut und die alles, wirklich alles zerstören, angefangen vom Kronleuchter bis zu den Wandfarben. Energiesparlampen sparen vor allem mit dem Zauber des Lichts, sie erzählen nicht von Luxus, Glitter, Nichtigkeit und Überfluss. Sie sind der kosteneffizienteste Weg, die Wohnung unerträglich zu machen. Erst mit Energiesparlampen begreift man, wie wichtig für Räume, Wohlbefinden und Eindruck das Licht ist, und hier sind stromfressende Glühbirnen mit dem Leistungsgrad eines 1964er Amischlittens ideal. Und die meisten, die man darauf anspricht, betonen auch, dass sie lieber mehr zahlen, als sich das teure Interieur von sowas ruinieren zu lassen.

Tatsächlich gibt es kein ungeeigneteres Licht, in dem man eine Frau entkleiden möchte, kein Leuchten, in dem man weniger gerne ein gutes Buch lesen wollte. Kerzen schlagen alles, dann kommen Glühbirnen, danach sehr lange nichts - und Energiesparlampen kommen gar nicht. Oder?



Ich bin auch der Meinung, dass diese bleichen Gesellen nichts, absolut nichts auf einem funkelnden Kronleuchter verloren haben. Sollte man die Produktion von klassischen Birnen verbieten, würde ich für ein paar hundert Euro nochmal Vorräte für den Rest meines Lebens anlegen. Weil es ein heller Glühdraht sein muss, der die Kristalle entzündet. Wenn er es denn tut. Eigentlich tut er das so gut wie nie, die Kronleuchter sind sehr selten in Gebrauch, wie es auch früher üblich war. Meistens sind bei mir Stehlampen in halber Höhe die üblichen Lichtbringer. Und weil sie alle Lampenschirme haben, ziemlich dicke, alte Lampenschirme, die mit normalen Glühbirnen immer etwas arg bunt, düster und gedämpft ankommen - stecken da - ahem

energiesparlampen

drin. So ungeeignet sie als lediglich helle, direkte Lichtquelle sind - gemildert, abgelenkt, gewärmt indirekt durch Papier und Stoff erscheinend fällt es kaum jemandem negativ auf, dass es in meinen Wohnungen 60? 80? - ich habe sie nie gezählt - Kerzenbirnen an den Kronleuchtern gibt, die kaum je erstrahlen. Tatsächlich aber brennen hier alles in allem selten mehr als 60 energiesparende Watt. Das Bezaubende an solchen hilfreichen Lampenschirmen ist, dass man sie noch für wenig Geld auf den Märkten findet, während die Geschäfte schwerst hinlangen. Dieses Verhältnis wird sich bald ändern - wer sich mit den lahmen Gesellen in der Fassung nicht abfinden will, sollte sich also beeilen.

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22 Meter für Altötting an der Spree

Den nächsten Volltrottel, der München lächrlich macht, weil hier den Bonzen per Bürgerentscheid das Verschandeln der Stadt mit Hochhausmausolen wie dm Roland Berger Memorial küntig verboten hat, sobald sie höher als die Frauenkirche bauen wollen - den nächsten dergestalten Volltrottel verweise ich an die mit seinesgleichen bevölkerten, nördlichsten europäischen Favelas Monte de la Cruz und und Vico Frederico nahe Marzahn, in denen nun per Bürgerentscheid eine maximale Gebäudehöhe von 22 Meter nachhaltig empfohlen wird. 22 Meter ist noch nicht halb mal so hoch wie der Kirchturm von Gmund am Tegernsee, und um so niedrig zu werden, müsste ich bei meinen nun doch schon 408 Jahre alten Haus der Strahlenkranzmadonna auf dem Giebel die Strahlen absägen.


Berliner Boom, dortselbst aufgenommen im kalten März 2004.

Deshalb mein Vorschlag an die Slumbewohner: Im malerischen Altötting im schönen Niederbayern gibt es enorm viel Innufer, an denen man tolle Strandparties machen kann, krassere Geschichten wie Komasaufen, Messerstechereien und alkoholisierte Autorennen ab 16 gehören dort zur gelebten Tradition, einen Mediapark und anderes modernes Gerümpel will man dort auch nicht, und die lokalen Machthaber, mit denen man mit den 22 Meter offene Türen einrennt, sind genauso strukturkonservativ und wollen in ihrem von vielen abgezockten Wallfahrern am Leben erhaltenes, anachronistische Soziobiotop so leben, wie es schon ihre Eltern und Grosseltern getan haben. Das ist euer gelobtes Land. Altötting in Niederbayern. Do seids de Mehran.

(Wie hiess nochmal die Gruppe, die den passenden Titel dazu geschrieben hat "Ihr seid Altöttinger"?)

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Sonntag, 13. Juli 2008

Bayerisch St. Tropez

Es gibt in Tegernsee sogar einen Polizisten, der aussieht wie Cruchot alias Louis de Funes. Das ist insofern bemerkenswert, als ich Mitte der 80er nach Südfrankreich geradelt bin und irgendwie schon etwas enttäuscht war, dass die Polizisten in St. Tropez ganz anders aussahen. Ganz im Gegenteil zu Norditalien, wo es in den 70ern (und in Mantua auch noch heute) grobschlächtige, radelnde Soutanenträger a la Fernandel zu betrachten gibt.







Manchmal ist das alles wegen seiner harmlosen Oberflächlichkeit kaum zu ertragen. Manchmal wache ich aber auch nur auf und lache schallend, weil es so schön ist.

Übrigens: Das könnte ein spannendes Blog werden.

Und die FAZ gibt Ratschläge zum krisengestützten Booterwerb in den USA

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Empfehlung heute -Die spannende Frage.

Meines Erachtens werden wir - soweit wir, um hier nochmal meine Fassungslosigkeit ob der Leckmichhaltung weiter Teile der bloggenden und nichtbloggenden Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen, die Auslieferung des iPhone nicht für ein grösseres Problem und die Entwicklung einer Blogkarte für ein grosses Ding halten - werden wir also, die wir nicht nur etwas zu verlieren haben, und sei es auch nur die Transferleistung aus dem Westen für unser iPhone-Geschlonze in Mitte, sondern auch überlegen, wie das zu vermeiden ist, uns vor allem mit der Frage beschäftigen müssen, inwieweit sich der Euroraum und besonders Deutschland von den aus Amerika kommenden, vergifteten Früchte der Finanzkrise abkoppeln kann. Dazu möchte ich hier auf zwei Beiträge hinweisen, die man heute zwingend gelesen haben sollte:



Ein schicksalhaftes Wochenende von Weissgarnix, der sich fundiert mit den Optionen auseinandersetzt, die dem amerikanischen Finanzsystem bleiben, und welche Folgen die möglichen Optionen haben.

Und der Bericht des Wall Street Journal, der, wenn er zutrifft, die Entscheidung der US-Adminsitration für eine mittelgrosse und kurzfristige Intervention beschreibt, die das System der Kreditgeschäfte der Hypothekenversicherer Fannie Mae und Freddie Mac mit 15 Milliarden Dollar stützt, die beiden halbstaatlichen Firmen aber nicht übernimmt und die Aktionäre im Regen stehen lässt.

Meines Erachtens ist das alles nur ein Tropfen auf dem heissen Stein, eine "Rettung" für den morgigen Tag für relativ "kleines Geld", das nicht lange reichen wird, wenn die Hauspreise weiter fallen. Die Kapitalspritze reicht noch zwei, drei Monate vielleicht - vom Beginn der Krise bis Ende März haben die beiden Firmen Verluste von 11 Milliarden Dollar gemacht, April bis jetzt war eher nochmal blutiger. Nebenbei ist es natürlich auch das Eingeständnis, dass beide Firmen entgegen aller Beteuerungen tatsächlich de facto pleite sind, weil sie sich die dringend benötigten Mittel nicht mehr auf dem Kapitalmarkt beschaffen können. 15 Milliarden Dollar ist nicht allzu viel, wenn man ansonsten die Alternativen hat, die beiden Firmen pleite gehen und damit das globale Bankensystem explodieren zu lassen, oder 5 Billionen Hypotheken, die bei den beicden Firmen lagern, als zusätzliche Verschuldung in die Bilanz der USA zu übernehmen. Dass inzwischen kaum mehr jamnd Vertrauen in das amerikanische Banksystem und seinen Beteuerungen, alles sei prima, haben dürfte, ist da nur noch ein kleiner Nebeneffekt.

Ich denke, die US-Administration und ihre verschwendungssüchtigen Bürger - erinnert sich noch jemand an den wirkungslos verpufften, konsumanfeuernden Scheck an die Steuerzahler, mit dem sich die Regierung aus der Rezession feuern wollte? - finden die daraus entstehende Inflation kurzfristig weitaus weniger problematisch, als allzu viele Einschnitte in ihr Konsumverhalten. Inflation ist super, wenn man vor allem Schulden hat. Und was es für die restliche Welt bedeutet, geht den USA am Arsch vorbei - dem Körperteil, in das sich China dann seine 200 Milliarden Dollar für seinen Staatsfonds hinstecken kann.



Wäre ich die Bundesregierung, ich würde versuchen, meine Euro-Schulden jetzt in Dollar umzutauschen und sie dann in fünf Jahren für den Gegenwert einer Tasse Kaffee in der Bundestagscafete abzubezahlen. Wäre ich jedoch ein Bundesbürger und hätte viel Geld rumliegen, wird mir das nicht viel helfen - vermutlich wird der Euro nicht so viel mehr zum Dollar gewinnen, wie die Inflation auch hierzulande abknapsen wird. Vermutlich kann man als Deutscher in ein paar Jahren grössere Latifundien in England und den USA zum Sozialhilfesatz erwerben, aber wenn das grosse Ding kommt, würde man sicher nicht dort sein wollen - ganz offen, die dritte Welt ist in Madagaskar schöner.

Ich würde sukzessive umschichten in sowas wie da oben, restaurierungsbedürftig, grosses Grundstück, AAA-Lage in der fünftreichsten Gemeinde des viertreichsten Landkreises des am Ende vermutlich reichsten Flächenlandes der Erde, und genau so viel behalten, wie für Restaurierung und Unterhalt nötig ist. Grund ist begrenzt - und das Gegenteil von amerikanischen Geldnoten und der menschlichen Dummheit.

Nachtrag: Ebenfalls toll - die Financial Times (natürlich nicht die FTD) zum gleichen Thema.

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Samstag, 12. Juli 2008

Morgen dann ist es vorbei

Vielleicht dachte sich das schöne Wetter, noch einmal loslegen zu müssen, bevor der grosse Ansturm kommt. Die meisten Schilder zeigen zwar schon "belegt", aber die einen fahren, und die anderen kommen. Aber erst, nachdem das schöne Wetter einem Gewitter Platz gemacht hat, wie überall in Bayern sonst schon während der Nacht.



Es ist noch nicht viel los. Ein paar vereinzelte Gäste, halbvolle Ausflugsdampfer, fast wieder Vorsaison, denn die Tagestouristen aus München sind noch nicht da, oder bleiben ganz aus. Eine Mutter auf dem Weg über den Spielplatz brüllt nach Sarah, Maximilian und Kevin - was sonst - und stört mit ihrer Hektik den ein oder anderen, der im Schatten der Bäume döst.



Nur ein paar Schritte weiter ist es entgültig vorbei mit der Ruhe, denn es werden Zelte aufgeschlagen und Gatter montiert für sie Sportfraktion, die dachte, an einem 13. Juli könnte das Wetter auch mal schön sein. Das wird ein Massaker morgen, beim Triathlon, aber ich bin dann schon auf dem Heimweg.



Bis zur nächsten Schönwetterperiode.

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Das Märchen vom Seher

Und dann, liebe Kinder, geschah es genau so, wie der Seher Don Alphonso vorausgesagt hatte: Die Börsen der reichen Pfeffersäcke brachen zusammen, im fernen Morgenland verschwanden Industriereiche innerhalb weniger Tage, das Geld auf den grossen Inseln im Westen und Norden verlor seinen Wert, und die Banken der giftigen Zwerge mussten von den Königreichen künstlich am Leben erhalten werden. Die Herren der schwarzen Brühe und der zitternden Elektronen verlangten überall mehr Geld, wer konnte, rettete sich in Gold, Silber und Häuser, während die schwarzen Reiter der Finanzbehörden unbarmherzig durch die besseren Viertel peitschten. Die Zauberer der Synergien wurden von Oberzauberern wegsynergiert, und dann kam der schwarze, sturmumbrause Samstag Morgen, als die erste Säule der Grosskönige knickte und in sich zusammenstürzte.


Grossbild hier

Don Alphonso aber sass auf der Spitze des Berges inmitten seiner neu und sicher errichteten Mauern, wog in den Händen seine Silberschätze, liess die Kerzen erleuchten und wusste, dass die Krise ihm nichts würde anhaben können. Er wunderte sich etwas über die Dummheit mancher, ihre letzten Schekel für Technikschrott mit hohen Folgekosten auszugeben, und so ohne jede Not die Geldvernichtung zu betreiben, mit der ihnen andere schon bald das Leben versauern würden; er war etwas erstaunt, dass nicht mehr Leute seinen Empfehlungen gefolgt waren und ihre Dublonen weiterhin Häusern anvertrauten, die diese Kriminellen dringend für eigene, nicht gerade nette Zwecke brauchten. Wirklich froh machte ihn das alles nicht, weder die Nachrichten vom tiefen Sturz von 29.91 auf 0.11 Dollar, noch das Wissen um die 9% Realinflation, die ihm am Tag zuvor ein Höllenknecht unter Schmerzen gegeben hatte.

Aber er erinnerte sich auch der Sekretärin des Höllenknechts, die er angesprochen hatte, warum zum Teufel sie eigentlich die armen, unschuldigen Pflanzen vertrocknen liesse, und an deren trockene Antwort: "Jeder muss selbst schaun, wo er bleibt". Nun, er wusste, wo er bleiben würde, und falls das Gewitter vor dem Fenster keinen grossen Berg auf den kleinen Berg des Don Alphonso hinabschickte und ihn dort begrub, lebt er noch heute, isst Kuchen und empfiehlt, für zwei, drei Jahre jeder Bank gründlich zu misstrauen.

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Freitag, 11. Juli 2008

6153

Auf diesem Niveau macht sich nun der DAX bereit zum Sprung in tiefere Regionen. Ausserdem meldet man Rekordpreise für Öl, und in England haben die Immobilienpreise innerhalb eines Monats 2% nachgegeben - was nicht so schlimm wäre, wären die Häuser nicht mit Konsumkrediten belegt.



Was die Kreditversicherer Fannie Mea und Freddie Mac angeht: Natürlich sind sie pleite. Natürlich kann man auch sagen, dass nur ein Bruchteil der 5 Billionen Kredite keine ausreichenden Sicherheiten in Form von Häusern hat. Nur sollte man sich dann bewusst machen; Ein Haus in Deutschland ist etwas anderes als die billigen, massengefertigten Bretterbuden, die man in Amerika fälschlicherweise als "Haus" bezeichnet. Jenseits der Wolkenkratzer sind die USA architektonisch ein Schwellenland, und so ein Holzhaus ist im Unterhalt - gerade, wenn es in der Insolvenz leer steht - möglicherweise teurer als das, was man nach Abzug aller Kosten bei einer Versteigerung noch erwarten kann.



Wie man es dreht & wendet, am Ende wird man überein kommen, dass die USA als Gesellschaft den ganzen Berg der Lasten übernehmen werden. Und da gibt es dann mehrere Optionen, sei es, dass sie wegen der Schulden und der "Stabilisierung" ihres Systems mit frischem Geld durch Inflation krepieren, oder sie gehen im Sinne eines Staatsbankrotts drauf, weil sie für das alles wirklich einstehen müssen, ohne dass sie reale Gegenwerte jenseits unverkäuflicher Spritschlucker und grosser Glotzen haben. Oder sie zahlen einfach die Schulden nicht, lassen ein paar dummen Staatsfonds anderer Länder die Luft raus und nuken ihre eigenen Banken, die so unkug sind, auf den Forderungen zu bestehen.



Dieses dritte Szenario, das man eventuell auch mit einer Revolution von oben durchführen könnte - Einmauerung der Wallstreet, "making a Guantanam0", ausserhalb der Gesetze stellen, wo sich die Nutzniesser des Systems ohnehin schon wähnten, eine Weile die freie Marktwirtschaft nur dort zulassen, wo Banken krepieren, ein wenig Sozialismus bei den Dingen, die zu den Grundbedürfnissen gehören und anschliessend als "New Deal reloaded" verkaufen - dieses dritte Szenario wäre vielleicht gar nicht so dumm.

Wenn man sich mal die Alternativen anschaut.

pardon, ich bin heute etwas von der rolle. am morgen hatte ich ein telefonat mit jemanden, der am nachmittag, als ich bei ihm in münchen war, mehr für sich und seine kunden verloren hat, als meine wohnung am tegernsee gekostet hat. und manchmal frage ich mich auch, was aus den angeblich so sicheren anlagen des führerbunkercchefs a.d. e.d. aus berlin geworden ist.

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Der Wetterbericht

Später Gewitter, Temperatursturz und morgen nur noch 16 Grad. Doch, wirklich, aus dem Gebirge dröhnt schon der erste ferne Donner.



Ich habe gerade mit jemandem die 10.000 Euro Frage diskutiert. Mal abgesehen davon, dass man sich diese Frage nicht mehr lang stellen muss - in Berlin etwa erhöht die GASAG die Preise gleich mal um 14%, da lacht der libaralisierte Energiemarkt rund um Vattenfall - ich wüsste momentan auch nicht, was ich mit 10.000 Euro tun würde, die rumliegen und angelegt werden sollen. Diese Frage füllt häufig die Seiten der Wirtschaftsmagazine, und Powerpointschubser raten zu Fonds, bei denen sie Provisionen einstreichen.

Also, was tun? Silber? Oder es nochmal ordentlich krachen lassen? Als Immobilienbesitzer würde ich raten, das Geld in Energiesparen zu investieren, da bringt es langfristig niedrigere Kosten und rentiert sich. Aber wenn man keine Wohnung hat? Schwierig. Kunst. Da hat man wenigstens seinen Spass beim Betrachten. Eventuell auch ein paar Luxusuhren oder ein wirklich feines Silberservice, und zwar unter Ausnützung der Schwäche der amerikanischen und britischen Währung. Man soll es nicht glauben, aber bei Ebay in den Staaten kosten wirklich ordentliche Longines- und Omega-Uhren umgerechnet nur ein, zweihundert Euro.

Als ich heute beim Supermarkt war - ab und an muss auch ich dorthin - war vor mir an der Kasse eine Mittsechzigerin, mit sandfarbener Guccijeans, rosa Lacostepolo mit grossem Schriftzug auf dem Rücken, Chanelbrieftasche und einem Haufen Conveniencefood im Korb. Besonders auffallend: Vorgeschnittene Tomate-Mozarella mit Kräutern, Öl und Essig in Plastik. Haben Sie eine Punktekarte, fragte der Kassierer nach Überreichen der Rechnung und Entgegennahme eines 200-Euro-Scheins. Keine Antwort, nur ein Grunzen. Sammeln Sie Herzen? insistierte der Kassierer. Grunzen, die Frau stand unbeweglich da und studierte die Rechnung. Dann sagte Sie, mit der Rechnung wedelnd: Tschuldigung, ich hab Sie nicht verstanden, ich bin noch ganz schockiert von den Preisen hier - nahm sie ihr Wechselgeld und ging kopfschüttelnd ab zu ihrem SL, der draussen schwarz funkelte.

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Donnerstag, 10. Juli 2008

Empfehlung heute -Einfach lesen

Das ist einer der Beiträge, wie ich ihn nie im Handelsblatt oder der FTD lese. Überhaupt, das ist einrichtig gutes Wirtschaftsblog. Da können Medien was von lernen.

(Kann sich jemand vorstellen, wie verrückt das alles ist, wenn man es hier in der heilen Welt auf einem Berg über dem See liest, und nebenan stehen die Kühe auf der Wiese? Und dass dieser Irrsinn trotzdem bis hierher Einfluss hat?)

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Wie ich beinahe mal unter die Blogwerber gegangen wäre

Das war heute. Vor nicht mal anderthalb Stunden. Da stand ich auf der Mangfallbrücke, gleich neben dem Denkmal für Thomas Mann und seinen Hund, der hier nach dem ersten Weltkrieg sommerfrischte und auch "Herr und Hund" hier zu schreiben beliebte. Da stand ich dumm feixend, und machte eine dieser lächerlich einfachen Aufnahmen von etwas so lächerlich Schönem, bei dem ich immer daran denken muss, wie es jetzt woanders gerade sein sollte.


Grossbild hier

Es sind diese Momente, in denen ich dem Schicksal danken möchte, mich aus Berlin weggeführt zu haben zu einem Investor, der gerade Geld dringender brauchte als einen weiteren Wohnort am See. Es sind diese Momente, in denen ich zwar nicht reich, aber qua Ort und Möglichkeiten extrem privilegiert bin, ich kann da hingehen und einfach dumm grinsen über dieses Glück. Weil ich geknausert habe, weil ich meine Zeit nicht mit sinnlosen Projekten verplempert habe, weil ich nicht zu meinem Blog muss, das auf dem Rechner unter dem schattigen Baum auf mich wartet, um für die Vermarktung durch Blogwerbung einen möglichst klickträchtigen Zwangsbeitrag zu verfassen. Natürlich gehe ich wieder hoch, natürlich frühstücke ich und schreibe auch darüber. Weil ich kann, weil ich will, aber nicht, weil ich muss. Ich ging also in die Küche, schnitt die handgemachten Brezenzöpfe auf füllte sie mit frischen Tomaten und Mozarella, deckte den Tisch, machte dieses Bild


Mittelgrosser Foodporn hier, extrem grosser Foodporn hier.

und dachte mir:

Eigentlich müsste ich jetzt für ein paar Euro bei Adnation former known as adical Werbung schalten. Mit diesen Bildern. Und dem Claim:

BLOGWERBUNG BRINGT NICHTS!

Es gibt verdammt gute Gründe, warum es solche Bilder beim Werbefeind Don Alphonso gibt. Und nicht bei den Adnation-Teilnehmern, Trigamisten und anderen Vermarktungsfreunden.
Aber dann dachte ich, es könnte ja sein, dass es gerade mein Geld ist, mit dem dann so einer die Grundlage für eigenes Vermögen legt, Erfolg hat und am Ende vielleicht noch hier Urlaub macht, an meinem Zaun vorbeiläuft und mir auf den Teller gafft. Da tanke ich dann lieber meine Barchetta und fahren ein paar Pässe in Österreich.

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Das Richtige tun

Indirekte Bestätigung für meine Thesen zum Urlaub bekomme ich gerade per Mail. Ich habe - unverlangt - den Newsletter eines auf Flugreisen spezialisierten Internetreisebüros, das mich wegen zweier Langstreckenflüge wohl für einen Global Jetter hält und mich alle zwei Wochen mit Flügen zu exotischen Destinationen unterhält, Tahiland, USA, Mittlerer Osten, Südamerika, Karibik - man kennt das. Dazu üblicherweise Leihauto, Party, Shuttle, Strand. Heute kamen die neuesten Angebote - bitte schliessen Sie die Gurte, stellen Sie den Sitz aufrecht und schalten Sie alle elektronischen Geräte ab, es wird ruppig bei der fliegenden Klasse:
Radeln Sie los! Entdecken Sie die Schönheiten der Landschaft vom Fahrradsattel aus und lernen Sie nach Lust und Laune Land und Leute kennen. Unsere Radtouren führen durch die grünen Hügel des Saarlandes, entlang der romantischen Weinberge im Breisgau und an den Ufern der Etsch entlang vom Vinschgau bis nach Verona. [...] Radeln Sie auf unserer Schlemmertour durch die reizvolle Hügellandschaft und genießen Sie die erstklassige Küche und die guten Weine des Saarlandes. [...] Am Oberrhein liegt Deutschlands sonnenreichste Region [...] Entlang der Etsch geht es durch die Obstgärten und Weinberge Südtirols, der Gardasee wird passiert und die Altstädte von Bozen, Trient und Verona können bestaunt werden.
Da ändert sich gerade was. Da brechen Strukturen auf, da werden ganz alte Regionen neu entdeckt. Und das finde ich nicht im Mindesten schlecht.



Diese Kirche hier steht an der Inntalautobahn, und jeden Tag fahren ein paar Zilliarden Autos daran vorbei. Dort gibt es einiges zu sehen, würde man nur mal anhalten wollen. Das kommt auch, früher oder später. Anhalten ist das neue Fortfahren.

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Donnerstag, 10. Juli 2008

Würde ich

Würde ich mit schlechter Bezahlung beim Trashportal Zoomer.de arbeiten müssen, wäre heute der Tag, ab dem ich mich intensiv nach einer beruflichen Alternative umschauen würde. Mehr als eine "Neuausrichtung" gibt es in der Regel bei Holtzbrinck nicht, bevor sie ein Projekt in den Eimer treten, in dem schon News Frankfurt und Business News sind.



Würde ich generell bei einem Medium der Mecom-Holding arbeiten, würde ich versuchen, irgendwas dort zu kapern - am besten die Netzeitung - und mir Helfer suchen, um es Montgomery mal richtig zu zeigen. Und sei es nur, um ihm und seinen Aktionären einen Kurseinbruch zu bescheren. Mehr als gefeuert werden kann man dafür auch nicht, und das passiert ohnehin.



Würde ich was mit Medien in einer weniger gut aufgestellten Region machen, würde ich versuchen, dort wegzuziehen, nachdem ich gehört habe, welche Bremsspuren im Bereich Werbung eines grossen Bankhauses zu erwarten sind. Sie sagten, das machen jetzt alle so. Die Durststrecke dauert mindestens anderthalb Jahre. Und was Springer mit dem Projekt "Humanglobaler Zufall" macht, ist auch nicht hübscher als das "Übergeben an die Community", mit dem die Agentur Knallgrau ihr Vorzeigeprojekt Mindestens Haltbar loswerden will.



Würde ich bei Vanity Fair Deutschland arbeiten, würde ich mich fragen, warum man nicht auf diejenigen gehört hat, die sich dem Konzept "Oberschicht" anders angenähert hätten, ohne Gbrüll, Tittenschwingen und D-Promis, die es nie auch nur in die Nähe der überwucherten Gärten am Leeberg schaffen werden - höchstens, wenn sie mal gegenüber in Wiessee auf Entzug sind. Und würde ich Kinder haben, würde ich sie eher auf den Bau schicken, als in die Medien. Zynische Dreckschweine gibt es auch bei Immobilienfonds, aber dann ist es wenigstens kein Hungerleiderjob.

Aber ich habe keine Kinder, bin nicht in Berlin und habe eine Arbeit, die ich auch am Spitzingsee machen kann, oder in der Dämmerung am Ufer, solange der Akku reicht.

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Sehr zu empfehlen - Leben im Alten

Es gab in den letzten Tagen viele Momente, da mir, pathetisch gesagt, das Herz aufging, und ganz besonders bei diesem Bauernhof im Inntal zwischen Schwaz und Hall, bei dem man tagsüber die Türe nicht geschlossen hält.



Ich liebe diesen natürlichen Umgang mit dem Alten, die unregelmässige Schönheit der verwitterten Fassade, die alte Tür mit dem schmiedeisernen Fensterstock darüber, die Oleander, das Holz für den Ofen im fernen Winter, oder vielleicht auch für den alten Herd in der Küche, und den Umstand, dass der Waschtisch ohne Bedenken im Flur als Garderobe gebraucht wird, statt auf dem Müll zu landen. Da wohnen welche, die das Alter nicht als Makel, sondern als normalen Zustand begreifen.

(Tut mir leid, wenn Rebellen ohne Markt in letzter Zeit für manche etwas zu kitschig bebildert sein sollte, aber das sieht hier wirklich fast überall so aus - und ich habe noch nicht mal die Bilder aus Innsbruck bearbeitet.)

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Empfehlung heute - Fernes Grauen

Langsam,die verschiedenen Konsistenzen auskostend, senken sich die Bronzezinken durch Marzipan, Sahne, Schokolade und ganz unten angekommen, hauchzart über dem Boden, durch eine Schicht Himbeermarmelade.



in ganzer Pracht und Grösse auch noch hier zu finden

Da muss doch, wird der Leser vielleicht sagen, irgendwo ein lyncheskes Grauen versteckt sein, das leise metallische Ticken der Gabel beim Durchbrechen des Bodens könnte nur die Konzentration anstacheln, das Abgründige zu entdecken, nichts darf so sein ohne Widerpart, der im Dunkeln lauert. Und es stimmt, denn auf dem Notebook ist die feine Seite Knaeckeboot aufgeschlagen, ein Photoblog aus dem fernen Berlin, das aus der grossen Entfernung und ästhetisch abgelichtet, genau so viel Grauen in diese Welt entlässt, wie für einen angenehmen Schauer im sicheren Wissen um die trennenden, ja fast unüberbrückbaren Welten nötig ist (würde ich Berlin nicht kennen, ich könnte das alles nicht glauben).

Fast genauso fern liegt mir der Gedanke, sowas wie ein deutschen Blogportal für gute Geschichten zu machen, aber falls es doch mal sowas geben sollte, müsste es viele solche Photoblogs haben, die jeden Tag einen Überblick über das Land liefern, von Nord nach Süd, von Reich bis Arm.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 8. Juli 2008

Sieben sommerliche Lügen zum Dienstag

Liebste Frau Mama!

Sollte Ihre Freundin Frau P. wirklich morgen kommen und die nächsten Tage bleiben wollen, so bin ich natürlich gern bereit, meinen Aufenthalt hier zu beenden. Frau P. wird sicher ohne Unfall durch all die holländischen Staus hier angelangen, und so schlimm ist es auch nicht, wenn ihre Rosen vertrocknen - sie hat eh zuviel von dem Unkraut. Ich weiss, ich habe versprochen, ihren Stadtgarten zu giessen, aber leider habe ich hier schon entsetzlichen Heuschnupfen. Frau P. wird es aber sicher besser überleben als die Rosen. Und Lilien. Und Asparagi. Und was da sonst noch den praktischen Golfrasen verhindert. Also, wenn sie will: Sie kann gerne kommen!

Untertänigst

Euer liebender Sohn.



Liebe Mieter des Stadtpalastes,

leider habe ich daheim einige Unterlagen für die Abrechnung auf einem USB-Stick vergessen, so dass Ihr noch etwas warten müsst. Angesichts der leider mal wieder gestiegenen Kosten für Gas und Strom verschönt Euch mein Missgeschick noch die folgenden Tage - zu gern hätte ich diese Arbeit jetzt schnell hinter mich gebracht. Ihr wisst ja, ich mag diese Aufschieberei absolut nicht.

Bis dann,

Don



Hallo A.,

das ist natürlich blöd, wenn es bei Euch an der Nordsee regnet. Aber mach Dir nichts draus, hier ist es auch manchmal bewölkt.

Alles Liebe und Sonne im Herzen

Don



Liebe Frau F.,

vielen Dank für Ihre Einladung, als Ersatz für die blöde, geldgeile Sau den geachteten, aber verhinderten Onlineprofi P. fast kostenlos nach Berlin zu fahren und dort vor führenden Arschkrampen und PR-Strichern Kommunikationsprofis in dieser vergammelten Vertreterabsteige diesem exklusiven Rahmen einen Vortrag über Anzugarschficken Web2.0 zu halten. Leider kommt ihre Anfrage etwas kurzfristig, und mein Terminplan lässt - wie so oft in diesem arbeitsreichen Jahr - diese Wahrnehmung dieser Gelegenheit leider nicht zu. Darf ich Ihnen raten, sich an den vergammelten Ritalinfresser Herrn Soundso zu wenden? Der ist Spezialist für diese Themen und macht es ebenfalls sicher gern umsonst, wegen der glänzenden Business Opportunities.

Mit freundlichen Grüssen

Don Alphonso Porcamadonna (nach Diktat verplant)



Liebe Susi,

jederzeit wieder, aber ganz ehrlich: Ulli und ihre Kinder werden sich hier zu Tode langweilen, das hier ist absolut ungeeignet für alle unter 30, nur alte Knacker, also, wenn Du Ulli einen Gefallen tun willst, lass sie daheim und komm allein hierher. Es ist nicht wegen meiner nordischen Klassikeroriginale, die mir die Blagen ruinieren würden, es ist nicht, weil ich Dich in Ruhe vernaschen will oder weil ich Kinder hasse, ich meine es einfach nur gut. Das hier ist Altersheim.

Und nun eile!

Don



Liebe Frau H.,

ich habe schon gehört, dass der andere Don abgegeben hat, und mir fehlen wegen diverser familiärer und privater Zwischenfälle nur noch 10.000 Zeichen. Ich schwöre, dass ich morgen fertig bin!

Tief beschämt, Ihr pralinenmitschickender

Don



Lieber Herr Prof. Dr. Nachbar,

ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Ihr Wagen ist schlecht für die Umwelt und frisst Ihnen mit seinen 6 britischen Zylindern und Ihrem Akademikergehalt die Haare vom Kopf. Hellblau ist unmodern, und über den Luftwiderstand der Speichenräder brauchen wir erst gar nicht zu reden. Als Einstand in dieser Anlage biete ich ihnen hiermit 1000 Euro Übernahmeprämie an, die ihnen beim Erwerb eines Opel Astra helfen können; ich werde ihr vorsintflutliches Monster derweilen einmotten und nur ab und zu bewegen, weil für die Schrottpresse, das gebe ich zu, ist es doch zu schade.

Mit besten Empfehlungen an die Frau Gemahlin, die sicher genug Pannen erlebt hat,

Ihr - sagen Sie Donnie zu mir - Porcamadonna



Immer diese Schreibarbeit im Urlaub, als ob die Markisenkurbelei nicht schon genug Stress wäre, und dann die Lauferei über das Strandbad zum Konditor - nun zu Tee und Kuchen.

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Einsparpotenziale

Derzeit werden die Daumenschrauben im Journalismus noch etwas weiter angezogen. Was unter der Ägide von Mecom bei der Berliner Zeitung und der Netzeitung geschieht, ist nur ein mildes Vorspiel für das, was der ganzen Branche droht: Ein Wegbrechen der Anzeigenerlöse, Kostenreduktion, Entlassungen. Dabei könnte man es sich ganz einfach machen, und dabei garantiert keinen Falschen erwischen:



Ich bin der Meinung, dass jeder Journalist, der in den letzten drei Monaten die Subprimekrise für abgehakt, überwunden, an ihrem Tiefpunkt angelangt oder sonstwie bewältigt erklärt hat, sofort seinen Job verlieren sollte. Und fünf Jahre Berufsverbot für verschärfte Dummheit, Rechercheunfähigkeit und nachweisliche Unfähigkeit, eine banale, allumfassende Krise zu erkennen. Dito mit den Leuten, die behauptet oder unkritisch "Studien" zitiert haben, eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke würde die Strompreise, die die Stromkonzerne eben erst erhöht haben, für die Verbraucher signifikant sinken lassen. Das sind zwei Beispiele von journalistischem Komplettversagen angesichts einfach in Erfahrung zu bringender Informationen, solche Leute verdienen keinerlei Presseprivilegien, sondern als Ergänzung zur Kriminalität der weissen Krägen ein paar Jahre die Pflicht, den Dingen sauber auf den Grund zu gehen. Den Grund, der sich in Toiletten unterhalb des AbwasserSpiegels befindet, und das gerne auch an der Reeperbahn.

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