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Mittwoch, 20. August 2008
Empfehlung heute - Über kurz oder lang, nah oder fern
Ich mag das hier, auch weil es ein Problem in einer Form treffend zusammenfasst, die diejenigen, die eine ähnliche Form zu beherrschen glauben, absolut nicht vertragen. Ich denke, wenn die Form extrem kurz ist, muss der Gedanke wirklich gross sein; "Wer, wenn nicht wir, wann, wenn nicht jetzt" etwa hat die nötige Tiefe und Bedeutung; wer es spricht, braucht eine gewisse Grösse und mehr als seinen klatschenden oder auch genervten Kegelclub.

Obwohl, natürlich kann es auch ganz anders sein. Fernsehen darf schliesslich auch 9live sein, Zeitung Bild und wer partout meint, sich ohne Schutz weitreichender Formulierungen und sprachlicher Arabesken, möchten sie auch noch so grob gearbeitet sein, der eigenen Nichtigkeit öffentlich versichern zu müssen - hey, das ist ein freies Land, es gibt wahrhaft Schlimmeres, nur wundere man sich bitte nicht, wenn hingeschluderte Wortbrocken jenseits der Folgergruppe nicht so gut ankommen wie durchkomponierte Erzählungen oder kluge Analysen.

Was natürlich bei Wortbrocken möglich ist: Das Deuten, das Überdeuten, das Hineinlesen. Amüsanterweise gibt es da eine Ähnlichkeit zu gern verhöhnten Literaturkritikern, die in ähnlich kurze Sätze Leipziger Literaturinstitutsprodukte so etwas wie Tiefe und Erkenntnis hineinlesen wollen; nicht wirklich unter Akzeptanz des Publikums, das dergleichen nach ein paar Monaten auf den Ramsch wandern lässt. Man kann es auch als Subkultur titulieren, als authentisch und anderes, was draussen vielleicht gut ankommt.

Oder auch nicht. Es ist auch nicht wichtig, und hätte sich heute nach dem grandiosen, in der Sonne beginnenden und von Wolken umtosten Aufstieg zum Neureuth nicht ein schweres Unwetter entladen, gäbe es auch diesen Beitrag nicht, von dessen Thema ich hoffe, dass die Bilder ein wenig die Diskrepanz aufzeigen zwischen dem, was ist, und dem, was Leute tun, wenn sie, ach, was interessiert es mich, warum, sollen sie, bitte.



donalphons, 01:11h
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Real Life irgentwaster.8.08 - Vorne, hinten, oben.
Vorne der See, die begrenzenden Berge und Hügel, darüber das grenzenlose Firmament und die Sonne; Wolken kommen erst ein paar Stunden später zum definitiven Sonnenuntergang; auch sie dünn und andeutungsweise wie eine Kurzgeschichte der Leipziger Literathurenschule, nicht störend und belanglos. Enten und Blässhuhner haben dich umzingelt, watscheln über das saftige Gras entlang der Ränder der Decken, picken im Boden und ignorieren dich weitgehend, als wären sie das Fäuleton des Delmenhortner Wochenblattes. Es ist warm, sehr warm, heiss eigentlich, und die Badehose stellt das perfekte Kleidungsstück dar. Es ist der Sommer, von dem man als Kind nie glaubt, dass er zu Ende gehen wird, mit all seinen Vergnügungen und Freuden, der Sommer im Wasser, im Spiel, im sicheren Leben.

Oder auch nicht. Sicher ist es durchaus bei so einem Papa wie der, der den Weg entlanggeht, in der üblichen Sommertracht der Besserverdienenden: Weisse Hose, gestreiftes Hemd, hellbeiger Pullover um die Schultern, weisse, vom Sand des Weges leicht staubige Schuhe, die sicher bald geputzt werden. Einer, der sicher nur das Beste will für sein Kind, dass sie mit vier bereits schreiben konnte, mit sechs englisch chattete und mit 22 fit für den globalen Markt ist, perfekt gestylt für den jeweiligen Auftritt. Jetzt ist sie vielleicht acht Jahre, schlank und blond hängt sie an seiner Hand, die orangen Flipflops sprechen für ihre Kindheit, aber das blauweissrote Dirndl, in das sie hier genötigt wurde, erzählt eine ganz andere Geschichte: Von einer Jugend als Teil einer Lebensplanung. Du kennst das, als du 10 Jahre alt warst, bedrängt Frau W. deine Mutter, dich fit zu machen für das Medizinstudium, und hätte dein Vater nicht andere Pläne mit dir gehabt, die zu leben dir auch nicht eingefallen wäre, dann wäre es alles ganz anders gekommen, und du würdest nicht hier liegen, die Sonne vor und den Edukationsabgrund hinter dir, und dich fragen, ob es eigentlich immer so sein muss.
Und ob es nicht trotzdem besser, sehr viel besser ist, als andernorts in anderen Schichten aufzuwachsen, denen man nur selten entkommt und die einen im Verharren prädestinieren, was gut, gerecht oder auch nur akzeptabel sein soll, in Systemen erzogen zu werden, die Wege verbauen und längst keine Anstrengung mehr unternehmen, das zu ändern, und damit freie Bahn lassen für die anderen, die schon oben sind und dafür Sorge tragen, dass sich an dieser Struktur auch nichts ändert. Beide Teile sind vermutlich notwendig, die Zukunft des Landes und der Fortbestand des Goldenen Zeitalters braucht besserverdienende Eliten und Deppen, die sich ungestört sozialabbauen lassen, und du würdest keinem wünschen, zum unteren Teil dieser ungleichen Rechnung mit unvermittelbarem Sozialrest zu gehören. Besser also, bei so einem Wetter ein Dirndl tragen zu müssen und nicht barfuss laufen zu dürfen, wenn Papa denkt, die Steine könnten Hornhaut auf die Füsse machen und einen zwingt, wieder die orangen Flipflops anzuziehen, die der einzige Stilbruch der besseren Idylle in der besten Lage sind, neben den Gedanken derer, die Entwicklungen sehen, aber auch keine Lösung haben. Es wird so sein, mit dem Auseinanderdriften werden die Abstossungseffekte grösser, die einen wollen nie fallen und die anderen werden wissen, dass sie es nie schaffen, und der Staat hat gelernt, das alles zu umklammern.

Über dir ist immer noch das ungerührte Blau des Himmels, der zu gross ist, als dass er sich mit diesen kleinen Fragen in diesem kleinen Land auseinandersetzen müsste, ein wenig blauer allerdings als anderswo, ein teures, exklusives Blau und dennoch ist es nicht voll am See, nicht jeder kommt hier einfach her, es ist eine Welt für sich und sowas wie die bessere Ecke der Zukuft, deren Teil deine Nachfahren zwecks Ausbleiben nicht sein werden, es geht dich nichts an, also nimmst du das Buch aus dem Korb und liest Pavese, während das Mädchen im Dirndl vielleicht schon wieder für das nächste Schuljahr büffelt, in einem hübschen Haus in dieser schönen Region am See. Irgendwann werden sich hier wieder Gletscher erstrecken und die Eisflut alles Gewesene wegräumen, in 30, 40.000 Jahren, es ist alles nicht so schlimm, der Moment zählt und vielleicht wird alles auch ganz anders.

Oder auch nicht. Sicher ist es durchaus bei so einem Papa wie der, der den Weg entlanggeht, in der üblichen Sommertracht der Besserverdienenden: Weisse Hose, gestreiftes Hemd, hellbeiger Pullover um die Schultern, weisse, vom Sand des Weges leicht staubige Schuhe, die sicher bald geputzt werden. Einer, der sicher nur das Beste will für sein Kind, dass sie mit vier bereits schreiben konnte, mit sechs englisch chattete und mit 22 fit für den globalen Markt ist, perfekt gestylt für den jeweiligen Auftritt. Jetzt ist sie vielleicht acht Jahre, schlank und blond hängt sie an seiner Hand, die orangen Flipflops sprechen für ihre Kindheit, aber das blauweissrote Dirndl, in das sie hier genötigt wurde, erzählt eine ganz andere Geschichte: Von einer Jugend als Teil einer Lebensplanung. Du kennst das, als du 10 Jahre alt warst, bedrängt Frau W. deine Mutter, dich fit zu machen für das Medizinstudium, und hätte dein Vater nicht andere Pläne mit dir gehabt, die zu leben dir auch nicht eingefallen wäre, dann wäre es alles ganz anders gekommen, und du würdest nicht hier liegen, die Sonne vor und den Edukationsabgrund hinter dir, und dich fragen, ob es eigentlich immer so sein muss.
Und ob es nicht trotzdem besser, sehr viel besser ist, als andernorts in anderen Schichten aufzuwachsen, denen man nur selten entkommt und die einen im Verharren prädestinieren, was gut, gerecht oder auch nur akzeptabel sein soll, in Systemen erzogen zu werden, die Wege verbauen und längst keine Anstrengung mehr unternehmen, das zu ändern, und damit freie Bahn lassen für die anderen, die schon oben sind und dafür Sorge tragen, dass sich an dieser Struktur auch nichts ändert. Beide Teile sind vermutlich notwendig, die Zukunft des Landes und der Fortbestand des Goldenen Zeitalters braucht besserverdienende Eliten und Deppen, die sich ungestört sozialabbauen lassen, und du würdest keinem wünschen, zum unteren Teil dieser ungleichen Rechnung mit unvermittelbarem Sozialrest zu gehören. Besser also, bei so einem Wetter ein Dirndl tragen zu müssen und nicht barfuss laufen zu dürfen, wenn Papa denkt, die Steine könnten Hornhaut auf die Füsse machen und einen zwingt, wieder die orangen Flipflops anzuziehen, die der einzige Stilbruch der besseren Idylle in der besten Lage sind, neben den Gedanken derer, die Entwicklungen sehen, aber auch keine Lösung haben. Es wird so sein, mit dem Auseinanderdriften werden die Abstossungseffekte grösser, die einen wollen nie fallen und die anderen werden wissen, dass sie es nie schaffen, und der Staat hat gelernt, das alles zu umklammern.

Über dir ist immer noch das ungerührte Blau des Himmels, der zu gross ist, als dass er sich mit diesen kleinen Fragen in diesem kleinen Land auseinandersetzen müsste, ein wenig blauer allerdings als anderswo, ein teures, exklusives Blau und dennoch ist es nicht voll am See, nicht jeder kommt hier einfach her, es ist eine Welt für sich und sowas wie die bessere Ecke der Zukuft, deren Teil deine Nachfahren zwecks Ausbleiben nicht sein werden, es geht dich nichts an, also nimmst du das Buch aus dem Korb und liest Pavese, während das Mädchen im Dirndl vielleicht schon wieder für das nächste Schuljahr büffelt, in einem hübschen Haus in dieser schönen Region am See. Irgendwann werden sich hier wieder Gletscher erstrecken und die Eisflut alles Gewesene wegräumen, in 30, 40.000 Jahren, es ist alles nicht so schlimm, der Moment zählt und vielleicht wird alles auch ganz anders.
donalphons, 13:50h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 18. August 2008
Tegernsee Telegraph/Gesellschaft
[...] Neben dem Fussballstar und seinem Gschpusi wurde nun aber auch der Porsche seiner Ehefrau in Bad Wiessee gesehen - die baldige Abreise aller scheint uns möglich. Weiterhin anwesend bei uns ist der junge Porcamadonna mit Begleiterin, der bislang noch zaudert, den Alpenhauptkamm in Angriff zu nehmen. Auf Anfrage liess er uns wissen:
DAP: Nun, es ist auch in den Bergen einigermassen heiss, so dass uns ein Transfer nach Meran momentan noch nicht geraten scheint. Ausserdem sahen wir uns heute erst mal veranlasst, in Österreich die Vorräte und Bestellungen aus weniger begünstigten deutschen Regionen zu besorgen, ausserdem dort zu tanken - wie andere Schurkenstaaten, Iran und China etwa, hat diese Bergregion sehr gute Benzinpreise - und ein wenig die Berglandschaft zu bewundern.
TT: War es nicht zu heiss für einen Shoppingtrip?
Nicht wirklich, zum einem sind wir natürlich offen unterwegs, zum anderen haben wir um die Mittagszeit eine kleine Tour an ein Altschneefeld unternommen. Sehr angenehm, so etwas, mitten im Sommer.

TT: Aber erkälten Sie sich dort nicht? Was werden die Eltern Ihrer Copilotin sagen?
DAP: Mittelfristig ist so ein Schneefeld natürlich zu kalt. Auch der Achensee erschien uns, nun, etwas sehr frisch, weshalb wir nun, nach einer leichten Sommertorte mit Bisquit und Sahnefüllung im Tegernsee schwimmen gehen werden, und danach am Strand ein wenig lesen, Junger Mond von Cesare Pavese.

TT: Und Ihre weiteren Pläne?
DAP: Wie man hört, soll es hier am Mittwoch fast so scheussliches Wetter wie in Berlin geben - entschuldigen Sie dieses schmutzige Wort, aber am Achenpass musste ich einen Trödler von dort überholen, die besten Kurven hat er ruiniert - und da werden wir wohl den Weg nach Süden antreten; Meran soll weiterhin beständig schön sein.
In Weissach soll der bekannte Spritzen- und Sportarzt Heribert v. [...]
DAP: Nun, es ist auch in den Bergen einigermassen heiss, so dass uns ein Transfer nach Meran momentan noch nicht geraten scheint. Ausserdem sahen wir uns heute erst mal veranlasst, in Österreich die Vorräte und Bestellungen aus weniger begünstigten deutschen Regionen zu besorgen, ausserdem dort zu tanken - wie andere Schurkenstaaten, Iran und China etwa, hat diese Bergregion sehr gute Benzinpreise - und ein wenig die Berglandschaft zu bewundern.
TT: War es nicht zu heiss für einen Shoppingtrip?
Nicht wirklich, zum einem sind wir natürlich offen unterwegs, zum anderen haben wir um die Mittagszeit eine kleine Tour an ein Altschneefeld unternommen. Sehr angenehm, so etwas, mitten im Sommer.

TT: Aber erkälten Sie sich dort nicht? Was werden die Eltern Ihrer Copilotin sagen?
DAP: Mittelfristig ist so ein Schneefeld natürlich zu kalt. Auch der Achensee erschien uns, nun, etwas sehr frisch, weshalb wir nun, nach einer leichten Sommertorte mit Bisquit und Sahnefüllung im Tegernsee schwimmen gehen werden, und danach am Strand ein wenig lesen, Junger Mond von Cesare Pavese.

TT: Und Ihre weiteren Pläne?
DAP: Wie man hört, soll es hier am Mittwoch fast so scheussliches Wetter wie in Berlin geben - entschuldigen Sie dieses schmutzige Wort, aber am Achenpass musste ich einen Trödler von dort überholen, die besten Kurven hat er ruiniert - und da werden wir wohl den Weg nach Süden antreten; Meran soll weiterhin beständig schön sein.
In Weissach soll der bekannte Spritzen- und Sportarzt Heribert v. [...]
donalphons, 19:06h
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Der Bergurlauber lässt wissen:
Zugegeben, es ist schon etwas fragwürdig, um 8 Uhr morgen vom Rattern einer Marmorpoliermschine im Hausgang geweckt zu werden. Aber immer noch besser so, als von den frühmorgendlichen Besoffenen in der Provinz, oder noch schrecklicheren Belästigungen andernorts.

Zum Glück jedoch rattert die Marmorpoliermaschine seltener als der Partyhool auf die Wege kotzt, und manchen Morgen sollte man auch nicht verschlafen, um zu geniessen, was ist, oder besser gesagt, was hier ist.
(Dontmentiontheberlin)

Zum Glück jedoch rattert die Marmorpoliermaschine seltener als der Partyhool auf die Wege kotzt, und manchen Morgen sollte man auch nicht verschlafen, um zu geniessen, was ist, oder besser gesagt, was hier ist.
(Dontmentiontheberlin)
donalphons, 12:57h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 17. August 2008
Das ganze Land
Sommer am See.



Ich bin nicht fasziniert von Reichtum. Reichtum ist ein relativer Zustand und, wenn man sich am See mit dem nicht seltenen Thema Demenz beschäftigt, obendrein banal, wie auch Armut, der ich auch keine romantischen Seiten abgewinnen kann. Mir geht der Neid auf andere ab, wenn ich, was oft passiert, bei einer Auktion verliere, ich freue mich ganz unschuldig über jeden alten Roadster, der meinen Weg kreuzt, ich bin bis an die Grenze der Abergläubigkeit hilfsbereit und manchmal auch extrem naiv, was Menschen in unschönen sozialen Lagen angeht. Ich glaube gerne an einen Sozialismus, den dessen Begünstigte mit ihrem Verhalten ad absurdum führen, und auch damit kann ich umgehen, in der ruhigen Hoffnung, dass es sich lohnt, auf die zu warten, die anders sind und das Werk vollbringen werden.
Was mich aber immer wieder fassungslos zurücklässt, was ich eigentlich nicht sehen will und trotzdem gerne dargestellt sehen möchte, sind extreme soziale Unterschiede am selben Tag, im gleichen Land mit seinen angeblich identischen Voraussetzungen für alle, die darin leben.



Ich bin nicht fasziniert von Reichtum. Reichtum ist ein relativer Zustand und, wenn man sich am See mit dem nicht seltenen Thema Demenz beschäftigt, obendrein banal, wie auch Armut, der ich auch keine romantischen Seiten abgewinnen kann. Mir geht der Neid auf andere ab, wenn ich, was oft passiert, bei einer Auktion verliere, ich freue mich ganz unschuldig über jeden alten Roadster, der meinen Weg kreuzt, ich bin bis an die Grenze der Abergläubigkeit hilfsbereit und manchmal auch extrem naiv, was Menschen in unschönen sozialen Lagen angeht. Ich glaube gerne an einen Sozialismus, den dessen Begünstigte mit ihrem Verhalten ad absurdum führen, und auch damit kann ich umgehen, in der ruhigen Hoffnung, dass es sich lohnt, auf die zu warten, die anders sind und das Werk vollbringen werden.
Was mich aber immer wieder fassungslos zurücklässt, was ich eigentlich nicht sehen will und trotzdem gerne dargestellt sehen möchte, sind extreme soziale Unterschiede am selben Tag, im gleichen Land mit seinen angeblich identischen Voraussetzungen für alle, die darin leben.
donalphons, 23:52h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 17. August 2008
Kreuzweise
Seit drei Wochen schiebe ich hier einen Beitrag vor mir her, den ich nicht schreiben möchte. Ein Beitrag, der persönlich ist und sehr gut aufzeigt, wie verkommen dieses Land der Bayern ist, wie wenig es dem vorgetäuschten Bild entspricht, das die CSU entwirft, und wie gnadenlos das Gute weggeräumt wird, weil man am Ende eben doch vor Brüssel und Berlin im Staub kriecht. Es kann urbayerisch sein und mit der Erde verwurzelt, es kann die Seele des Landes sein und das Beste für die Menschen: Trotzdem wird das Kleine und Feine ruiniert, und das Billige und Schlechte erhält freie Bahn. Ich habe drei Wochen mit diesem Land und seinen ausführenden Organen gehadert, das es mal wieder gewagt hat, meinen Lebenskreis zu stören, und ich habe mir drei Wochen überlegt, mit welcher Methode ich mich wehre.
Da haben wir also eine Frau, die von der Rationalisierung des Staates in nicht allzu jungen Jahren betroffen ist. Andere in diesem Alter würden sich arbeitslos melden, ein paar Zwischenqualifikationen machen, dann mal in Kur gehen und somit eine Frührente anstreben. In diesem Fall ist es anders, denn die Frau kann nicht anders als aktiv sein, sie muss etwas tun, und wenn der Staat keine Arbeit vermitteln kann, schafft sie sich eben selbst eine Arbeit und produziert etwas, das viel zu meiner Küche, den kulinarischen Freuden und meinem Foodporn beiträgt. Wenn hier Gäste sind, bekommen sie oft etwas von diesem Produkt mit, und manchen Journalisten erklärte ich damit, was Bayern für mich ausmacht: Diese Frau, ihr Anpacken und das Ergebnis. So schmeckt dieses Land.
Nun gibt es aber auch so etwas wie eine Gewerbeaufsicht. Und der ist es vollkommen egal, das die Frau mit ihrer Arbeit einen Teil der Landschaft bewahrt, dass sie selten gewordene Pflanzen hütet und pflegt, dass sie das, was sie tut, mit Erfahrung und Liebe macht, dass sie seit langen Jahren ausschliesslich zufriedene Kunden hat und obendrein eine Zierde des Marktes ist. Sollte es sowas wie gute Feen geben, müssten sie exakt so aussehen. So etwas gibt es aber nicht bei den Sesselfurzern in Brüssel und auch nicht bei den Arschkrampen der Lobbyvereinigungen, die für einen angeblichen Verbraucherschutz irrwitzige Markteintrittshürden aufbauen - oder damit Menschen, die seit Generationen für Qualität und Erfahrung stehen, rausdrängen.
Feen kennen auch nicht die Dreilochamtsschimmel in den Stellen des Staates, die dergleichen dann in Landesgesetze packen und durchreichen bis hinunter in die unterste Ebene, die nach vielen Jahren und vielen zufriedenen Kunden plötzlich nicht nur eine Probe wollen, sondern auch einen angemessenen Arbeitsraum. Und einen Nirostatisch. Und noch ein Waschbecken, und einen speziellen Herd und eine Dusche, und sonst nichts, alles andere muss raus, und ausserdem muss alles, was drin ist, in exakten Prozentangaben vermerkt sein. Das heisst nicht einfach mischen, was da ist, da muss exakt, exakt gewogen werden, als würde hierzulande irgendwer, der auch nur halbwegs kochen kann, irgend etwas wiegen. Oh, das Produkt ist natürlich toll, keine Frage, aber wenn es nicht angepasst wird, darf es auch nicht verkauft werden. Oder die Frau schafft alles an, zahlt die 10.000 Euro und kann schauen, wie sie das wieder in den nächsten Jahren hereinholt, nachdem sie den Staat jahrelang durch ihre Tätigkeit entlastet hat. So ist das, in Bayern. Bayerische Entscheidungen von Leuten, bezahlt mit bayerischen Steuern, und morgen fressen wir dann alle den Gendreck von Monsanto, oans, zwoa, Hauptsache der Schein stimmt in unserem gottmitdirigen Hinteroaschloching im Soachtal am Brunzlweiher, ganz weit weg vom idyllischen Foodporningen.

Mittelbild und Grossbild
Aber offensichtlich haben auch andere keine Lust, in Hinteroaschlochingen die Lederhose runterzulassen, und diese Leute wissen auch, dass sich Brüssel auf den Rüssel reimt. Und obendrein ist es auch so, dass zwar im anderen Landkreis zwar Vorschriften zur Produktion gemacht werden können, aber der Markt in diesem Kreis hier ist. Und es deshalb auch allein Sache dieses Marktes ist, was hier verkauft werden darf, und was nicht. Weil, da könnt ja jeder kommen. Das nächste Mal verbieten sie freilaufende Hühner, weil die Rasen nicht der Futterverordnung entsprechen. Oder sie verbieten Eigenbautomaten, weil sie zu klein sind. Oder die Jahrhunderte alten Zwetschgensorten, weil sie in Brüssel nicht gelistet werden. Das könnte denen alles einfallen, wenn sie erst mal in dieser sache ihren Willen reingedrückt haben. Do leckt´s mir, denkt da ein jeder, und zwar kreuzweise, bis hinauf zu dem, der hier das sagen hat.
Und der sagt nun nach einem Gespräch mit der Frau und drei Wochen nach dem Schmarrn von den anderen, dass es ihm scheissegal ist, ob die Produktion den Standards der anderen genügt, das Produkt jedenfalls ist für den Markt hier in Ordnung. Und soll bleiben. Wo samma denn. Des is wias is, es woa scho imma a so, und der nächste EU-Abgeordnete, der auf die Rechnung der Lobby frisst, den soll beim Scheissen der Blitz treffen. Kreuzweise.
Da haben wir also eine Frau, die von der Rationalisierung des Staates in nicht allzu jungen Jahren betroffen ist. Andere in diesem Alter würden sich arbeitslos melden, ein paar Zwischenqualifikationen machen, dann mal in Kur gehen und somit eine Frührente anstreben. In diesem Fall ist es anders, denn die Frau kann nicht anders als aktiv sein, sie muss etwas tun, und wenn der Staat keine Arbeit vermitteln kann, schafft sie sich eben selbst eine Arbeit und produziert etwas, das viel zu meiner Küche, den kulinarischen Freuden und meinem Foodporn beiträgt. Wenn hier Gäste sind, bekommen sie oft etwas von diesem Produkt mit, und manchen Journalisten erklärte ich damit, was Bayern für mich ausmacht: Diese Frau, ihr Anpacken und das Ergebnis. So schmeckt dieses Land.
Nun gibt es aber auch so etwas wie eine Gewerbeaufsicht. Und der ist es vollkommen egal, das die Frau mit ihrer Arbeit einen Teil der Landschaft bewahrt, dass sie selten gewordene Pflanzen hütet und pflegt, dass sie das, was sie tut, mit Erfahrung und Liebe macht, dass sie seit langen Jahren ausschliesslich zufriedene Kunden hat und obendrein eine Zierde des Marktes ist. Sollte es sowas wie gute Feen geben, müssten sie exakt so aussehen. So etwas gibt es aber nicht bei den Sesselfurzern in Brüssel und auch nicht bei den Arschkrampen der Lobbyvereinigungen, die für einen angeblichen Verbraucherschutz irrwitzige Markteintrittshürden aufbauen - oder damit Menschen, die seit Generationen für Qualität und Erfahrung stehen, rausdrängen.
Feen kennen auch nicht die Dreilochamtsschimmel in den Stellen des Staates, die dergleichen dann in Landesgesetze packen und durchreichen bis hinunter in die unterste Ebene, die nach vielen Jahren und vielen zufriedenen Kunden plötzlich nicht nur eine Probe wollen, sondern auch einen angemessenen Arbeitsraum. Und einen Nirostatisch. Und noch ein Waschbecken, und einen speziellen Herd und eine Dusche, und sonst nichts, alles andere muss raus, und ausserdem muss alles, was drin ist, in exakten Prozentangaben vermerkt sein. Das heisst nicht einfach mischen, was da ist, da muss exakt, exakt gewogen werden, als würde hierzulande irgendwer, der auch nur halbwegs kochen kann, irgend etwas wiegen. Oh, das Produkt ist natürlich toll, keine Frage, aber wenn es nicht angepasst wird, darf es auch nicht verkauft werden. Oder die Frau schafft alles an, zahlt die 10.000 Euro und kann schauen, wie sie das wieder in den nächsten Jahren hereinholt, nachdem sie den Staat jahrelang durch ihre Tätigkeit entlastet hat. So ist das, in Bayern. Bayerische Entscheidungen von Leuten, bezahlt mit bayerischen Steuern, und morgen fressen wir dann alle den Gendreck von Monsanto, oans, zwoa, Hauptsache der Schein stimmt in unserem gottmitdirigen Hinteroaschloching im Soachtal am Brunzlweiher, ganz weit weg vom idyllischen Foodporningen.

Mittelbild und Grossbild
Aber offensichtlich haben auch andere keine Lust, in Hinteroaschlochingen die Lederhose runterzulassen, und diese Leute wissen auch, dass sich Brüssel auf den Rüssel reimt. Und obendrein ist es auch so, dass zwar im anderen Landkreis zwar Vorschriften zur Produktion gemacht werden können, aber der Markt in diesem Kreis hier ist. Und es deshalb auch allein Sache dieses Marktes ist, was hier verkauft werden darf, und was nicht. Weil, da könnt ja jeder kommen. Das nächste Mal verbieten sie freilaufende Hühner, weil die Rasen nicht der Futterverordnung entsprechen. Oder sie verbieten Eigenbautomaten, weil sie zu klein sind. Oder die Jahrhunderte alten Zwetschgensorten, weil sie in Brüssel nicht gelistet werden. Das könnte denen alles einfallen, wenn sie erst mal in dieser sache ihren Willen reingedrückt haben. Do leckt´s mir, denkt da ein jeder, und zwar kreuzweise, bis hinauf zu dem, der hier das sagen hat.
Und der sagt nun nach einem Gespräch mit der Frau und drei Wochen nach dem Schmarrn von den anderen, dass es ihm scheissegal ist, ob die Produktion den Standards der anderen genügt, das Produkt jedenfalls ist für den Markt hier in Ordnung. Und soll bleiben. Wo samma denn. Des is wias is, es woa scho imma a so, und der nächste EU-Abgeordnete, der auf die Rechnung der Lobby frisst, den soll beim Scheissen der Blitz treffen. Kreuzweise.
donalphons, 01:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 16. August 2008
In den Grotten


Chronos stutzt Amor die Flügel. Manchmal. Und das ist gar nicht so schlecht. Andere Enttäuschte fallen als alte Keifen in die Grube, ohne die Ruhe einer Parkbank zu kennen. Komisch, dass man das im Internet explizit betonen muss, aber so ist das wohl.
donalphons, 01:56h
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Empfehlung heute - "We will all sleep in the park"
Ich wünschte, deutsche Wirtschaftsmedien würden endlich anfangen, die Krise nicht mehr zu verharmlosen, die Lügen von banken nachzuplappern und Dinge zu schreiben wie diesen Beitrag über etwas Kommendes, das man bei uns erst lesen wird, wenn es mal wieder passiert ist.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich nach Mainz, wo ich über die angesichts der Krise nicht wirklich freudige Zukunft der Medien diskutieren darf.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich nach Mainz, wo ich über die angesichts der Krise nicht wirklich freudige Zukunft der Medien diskutieren darf.
donalphons, 10:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 14. August 2008
Meine kleinen Hedgefonds gegen Euro und Dollar
Die hier schon bekannte Mrs. Murdock aus Pasadena hat ein Problem: Sie will im Roman "Das hohe Fenster" ihre entlaufene Schwiegertochter Linda Conquest kostenneutral loswerden und verdächtigt sie, ihr eine wertvolle Münze gestohlen zu haben. Gegenüber Marlowe zählt sie all den Luxus auf, mit dem sie diese Frau ihres Sohnes dummerweise überhäuft hat; ein stahlgrauer Mercury etwa, ein wolkiges Bernsteinarmband mit Brilliantschliesse und eine Longines-Uhr aus Platin, womit die junge Mrs. Murdock für ihre Zeit bestens ausgestattet war. Dass die Schweizer Uhrenmarke Longines zu dieser Zeit in den USA ein Begriff für Exklusivität war, lag an der Flucht europäischer Luxushersteller aus dem kriegszerstörten Kontinent in die damals wirtschaftlich Tritt fassenden USA, denn dort war das Geld und die Kundschaft und auch die Bereitschaft, sich endlich wieder etwas zu leisten. Longines war von allen europäischen Luxusherstellern derjenige, der die Chancen am schnellsten begriff und umzusetzen wusste, so dass die am amerikanischen Geschmack orientierten Uhren in den USA fast schon als amerikanische Marke gesehen wurden. Mit Wittnauer hatte Longines sogar einen Vertriebspartner in den Staaten, der auf Schweizer Werke zurückgriff.
60 Jahre später liegen die USA darnieder, und dem Euroraum geht es auch nicht mehr so gut. Es riecht nach Weltwirtschaftskrise, und es scheint mir deshalb an der Zeit, die Schweizer Flüchtlinge der 50er und 60er Jahre heimzuholen.

Das hier sind zwei Admiralmodelle von Longines mit wasserdichten Gehäusen und sehr feinen Calibern. Aus Sicht der deutschen 50er Jahre waren sie praktisch unbezahlbar, für diese beiden Uhren hätte man 2/3 eines VW Käfer kaufen können, und sollte es mit dem Benzinpreis so weitergehen, wird man dereinst für eine Uhr einen ganzen Schrottplatz bekommen. So richtig billig waren sie auch in den USA nicht, ganz im Gegenteil; 1961 machten sich Opa und Oma auf den Weg und kauften für den Enkel etwas wirklich Gutes zum Abschluss der Highschool, das sich der betreffende Herr damals selbst nie hätte leisten können. Allerdings scheint er auch nicht allzu begeistert gewesen zu sein, denn getragen wurde die Uhr praktisch nicht, die auch heute, nach 47 Jahren so gut wie neu ist:

Es war die Zeit der Babyboomer, und wie mir der Enkel dieses vor kurzem verschiedenen Absolventen schrieb, hatte er sich wohl bald danach ein paar klobige Uhren im Stil der 70er Jahre gekauft, die man eventuell noch in den USA behalten möchte; sollte man aber erneut den Internetkommerz bemühen, würde man mich vorher gerne informieren. Die Longines aber wurde auserkoren, die klamme Familienkasse über Ebay aufzubessern, und bei einem Dollarkurs von knapp 1,60 konnte ich eigentlich nichts falsch machen. Der reiche Onkel aus Deutschland, sicher eine ganz neue und ungewohnte Erfahrung für die Amerikaner. Bei uns jedoch wäre eine bessere Swatch teurer gewesen, auch teurer als das andere Exemplar mit guillochiertem Zifferblatt im Stil der Calatrava:

Es ist nicht viel Geld, das ich damit auf meiner Seite des Atlantiks Rezession und Inflation entzogen und in Sachwerte verschoben habe, auf ein anderes Desiderat warte ich noch, und vielleicht fällt mir auch noch mehr ein, was ich tun könnte, um mich gegen den kommenden Fall zu wappnen. Es sind meine kleinen, persönlichen Hedgefonds mit nicht erneuerbaren Assets, die nun entkoppelt sind vom Abwärtstrend der Währungen und desolaten Wirtschaftszahlen, und die Rendite ist vorerst nur das beruhigende Wissen, dass diese Symbole einer lang vergangenen Zeit wohl so schnell nicht mehr so billig zu haben sein werden. Ich weiss nicht, was die Verkäufer mit dem Geld machen - vielleicht füllen sie den Pickup mit Benzin und fahren in die Shopping Mall, vielleicht werfen sie es auch nur einer gierigen Bank in den Rachen oder verspekulieren es an der Börse. Ich denke, sie haben so oder so ein schlechtes Geschäft gemacht, nicht so schlecht wie das Geschäft, das uns allen gerade aufgebürdet wird, aber ihr Fehler ist am Ende mein Richtiges im Falschen, wenngleich ich auch zuversichtlich bin, dass die kommende Flut nicht mehr als meine Zehen umspielen wird, und mein Leben ansonsten so wasserdicht wie das Gehäuse einer Longines Admiral ist.
Und nun reise ich nach Frankfurt, dummerweise im offenen Wagen und hoffend, dass das Luftraum unter den Türmen halbwegs frei von tieffliegenden Bankern ist, die vorher hoffentlich die Uhren abgelegt haben.
60 Jahre später liegen die USA darnieder, und dem Euroraum geht es auch nicht mehr so gut. Es riecht nach Weltwirtschaftskrise, und es scheint mir deshalb an der Zeit, die Schweizer Flüchtlinge der 50er und 60er Jahre heimzuholen.

Das hier sind zwei Admiralmodelle von Longines mit wasserdichten Gehäusen und sehr feinen Calibern. Aus Sicht der deutschen 50er Jahre waren sie praktisch unbezahlbar, für diese beiden Uhren hätte man 2/3 eines VW Käfer kaufen können, und sollte es mit dem Benzinpreis so weitergehen, wird man dereinst für eine Uhr einen ganzen Schrottplatz bekommen. So richtig billig waren sie auch in den USA nicht, ganz im Gegenteil; 1961 machten sich Opa und Oma auf den Weg und kauften für den Enkel etwas wirklich Gutes zum Abschluss der Highschool, das sich der betreffende Herr damals selbst nie hätte leisten können. Allerdings scheint er auch nicht allzu begeistert gewesen zu sein, denn getragen wurde die Uhr praktisch nicht, die auch heute, nach 47 Jahren so gut wie neu ist:

Es war die Zeit der Babyboomer, und wie mir der Enkel dieses vor kurzem verschiedenen Absolventen schrieb, hatte er sich wohl bald danach ein paar klobige Uhren im Stil der 70er Jahre gekauft, die man eventuell noch in den USA behalten möchte; sollte man aber erneut den Internetkommerz bemühen, würde man mich vorher gerne informieren. Die Longines aber wurde auserkoren, die klamme Familienkasse über Ebay aufzubessern, und bei einem Dollarkurs von knapp 1,60 konnte ich eigentlich nichts falsch machen. Der reiche Onkel aus Deutschland, sicher eine ganz neue und ungewohnte Erfahrung für die Amerikaner. Bei uns jedoch wäre eine bessere Swatch teurer gewesen, auch teurer als das andere Exemplar mit guillochiertem Zifferblatt im Stil der Calatrava:

Es ist nicht viel Geld, das ich damit auf meiner Seite des Atlantiks Rezession und Inflation entzogen und in Sachwerte verschoben habe, auf ein anderes Desiderat warte ich noch, und vielleicht fällt mir auch noch mehr ein, was ich tun könnte, um mich gegen den kommenden Fall zu wappnen. Es sind meine kleinen, persönlichen Hedgefonds mit nicht erneuerbaren Assets, die nun entkoppelt sind vom Abwärtstrend der Währungen und desolaten Wirtschaftszahlen, und die Rendite ist vorerst nur das beruhigende Wissen, dass diese Symbole einer lang vergangenen Zeit wohl so schnell nicht mehr so billig zu haben sein werden. Ich weiss nicht, was die Verkäufer mit dem Geld machen - vielleicht füllen sie den Pickup mit Benzin und fahren in die Shopping Mall, vielleicht werfen sie es auch nur einer gierigen Bank in den Rachen oder verspekulieren es an der Börse. Ich denke, sie haben so oder so ein schlechtes Geschäft gemacht, nicht so schlecht wie das Geschäft, das uns allen gerade aufgebürdet wird, aber ihr Fehler ist am Ende mein Richtiges im Falschen, wenngleich ich auch zuversichtlich bin, dass die kommende Flut nicht mehr als meine Zehen umspielen wird, und mein Leben ansonsten so wasserdicht wie das Gehäuse einer Longines Admiral ist.
Und nun reise ich nach Frankfurt, dummerweise im offenen Wagen und hoffend, dass das Luftraum unter den Türmen halbwegs frei von tieffliegenden Bankern ist, die vorher hoffentlich die Uhren abgelegt haben.
donalphons, 16:01h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 13. August 2008
Problemluxus
Die Immobilienblase in den USA und England war nicht ausschliesslich schlecht. Es genügt, ein paar ältere Ausgaben meiner Lieblingszeitschrift "World of Interiors" durchzublättern, um in den Anzeigen den Wandel beim Einrichtungsniveau zu erkennen. Dominierten um 2001 noch glatte Flächen und gerade Linien; wurden damals Naturmaterialien ausgeschlossen und glänzende Metalle verbaut, so wandelte sich mit den anziehenden Haupreisen und der Verwendung von Häusern als Garantie für immer neue Kredite die Ansprüche. Spätestens seit der Dolce & Gabbana-Anzeigenserie von 2003, als Modelle auf Perserteppichen und unter Kronleuchtern zu sehen waren, gab es kein Halten mehr. Venezianische Leuchter, schwere Damaststoffe, Posamenten, Strass, pompöse Antiquitäten, Kronleuchter auch in Küche und Bad, antike Teppiche, edle Hölzer, und als sei das nicht genug, kamen Firmen wie Rolex und Patek trotz saftiger Preissteigerungen gar nicht mit dem produzieren nach. In Florida boomte das Bootsgeschäft, in Russland wurden Bugattis ausgeliefert, und Chinesen plünderten besinnungslos auch unverkäufliche Vorvorjahresbestände von Vuitton. Der Luxus hatte von 2003 bis anfang 2008, vom Ende der New Economy bis zur Kreditkrise, fünf extrem fette Jahre.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.
donalphons, 17:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 13. August 2008
Empfehlung heute - Kreditkrisenfreuden
Man muss die Krisen feiern, wie Dollar und Hauspreise fallen. Da war zum Beispiel diese nette Silbersauciere mit Holzgriff, die im gebeutelten Neuengland keinen Platz mehr fand und nun zum kleinen Abendessen - Gnocchi mit Pfifferling-Gorgonzola-Lauch- Sauerrahmsauce (feat. französische Meersalzbutter) beitragen darf, nebst einigen anderen Dingen, die der Amerikaner nach dem Ende des Eigenheimbooms nicht mehr brauchen kann. Im Gegensatz zu harten Euros.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.
donalphons, 01:19h
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Das Haus und sein Hüter
Jeden Sonntag gehe ich nach dem Konzert in den Hof, öffne das Waschhäusl, das mit nur 12 Quadratmeter das kleinste eigenständige Gebäude des Komplexes darstellt, hole Wasser, räume die Erdhalbkreise um die Weinstöcke vom Müll der letzten Nacht frei, giesse und binde neu gewachsene Äste hinauf. Manchmal gehe ich auch zur Seite, wenn Touristen ein Photo ohne Hausbesitzer machen wollen, und es freut mich, wenn das Erhalten durch diese Anerkennung belohnt wird. Manchmal ist es aber auch anders; so wie vorgestern. Da kam die auch nicht gerade seltene Argumentation der Neubaufetischisten: So ein altes Haus, so viel Aufwand, das kann sich doch gar nicht lohnen, da hat man nur Arbeit damit, das soll man doch verkaufen, viele Reiche suchen das heute, um Steuern zu sparen, aber so hätte das alles keinen Sinn - grad so, als wären wir selbst auf der Brennsuppn dahergschwumma und wüssten nicht, wie man die Erhaltungskosten steuerlich geltend macht.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.
donalphons, 13:34h
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