Real Life irgentwaster.8.08 - Vorne, hinten, oben.

Vorne der See, die begrenzenden Berge und Hügel, darüber das grenzenlose Firmament und die Sonne; Wolken kommen erst ein paar Stunden später zum definitiven Sonnenuntergang; auch sie dünn und andeutungsweise wie eine Kurzgeschichte der Leipziger Literathurenschule, nicht störend und belanglos. Enten und Blässhuhner haben dich umzingelt, watscheln über das saftige Gras entlang der Ränder der Decken, picken im Boden und ignorieren dich weitgehend, als wären sie das Fäuleton des Delmenhortner Wochenblattes. Es ist warm, sehr warm, heiss eigentlich, und die Badehose stellt das perfekte Kleidungsstück dar. Es ist der Sommer, von dem man als Kind nie glaubt, dass er zu Ende gehen wird, mit all seinen Vergnügungen und Freuden, der Sommer im Wasser, im Spiel, im sicheren Leben.



Oder auch nicht. Sicher ist es durchaus bei so einem Papa wie der, der den Weg entlanggeht, in der üblichen Sommertracht der Besserverdienenden: Weisse Hose, gestreiftes Hemd, hellbeiger Pullover um die Schultern, weisse, vom Sand des Weges leicht staubige Schuhe, die sicher bald geputzt werden. Einer, der sicher nur das Beste will für sein Kind, dass sie mit vier bereits schreiben konnte, mit sechs englisch chattete und mit 22 fit für den globalen Markt ist, perfekt gestylt für den jeweiligen Auftritt. Jetzt ist sie vielleicht acht Jahre, schlank und blond hängt sie an seiner Hand, die orangen Flipflops sprechen für ihre Kindheit, aber das blauweissrote Dirndl, in das sie hier genötigt wurde, erzählt eine ganz andere Geschichte: Von einer Jugend als Teil einer Lebensplanung. Du kennst das, als du 10 Jahre alt warst, bedrängt Frau W. deine Mutter, dich fit zu machen für das Medizinstudium, und hätte dein Vater nicht andere Pläne mit dir gehabt, die zu leben dir auch nicht eingefallen wäre, dann wäre es alles ganz anders gekommen, und du würdest nicht hier liegen, die Sonne vor und den Edukationsabgrund hinter dir, und dich fragen, ob es eigentlich immer so sein muss.

Und ob es nicht trotzdem besser, sehr viel besser ist, als andernorts in anderen Schichten aufzuwachsen, denen man nur selten entkommt und die einen im Verharren prädestinieren, was gut, gerecht oder auch nur akzeptabel sein soll, in Systemen erzogen zu werden, die Wege verbauen und längst keine Anstrengung mehr unternehmen, das zu ändern, und damit freie Bahn lassen für die anderen, die schon oben sind und dafür Sorge tragen, dass sich an dieser Struktur auch nichts ändert. Beide Teile sind vermutlich notwendig, die Zukunft des Landes und der Fortbestand des Goldenen Zeitalters braucht besserverdienende Eliten und Deppen, die sich ungestört sozialabbauen lassen, und du würdest keinem wünschen, zum unteren Teil dieser ungleichen Rechnung mit unvermittelbarem Sozialrest zu gehören. Besser also, bei so einem Wetter ein Dirndl tragen zu müssen und nicht barfuss laufen zu dürfen, wenn Papa denkt, die Steine könnten Hornhaut auf die Füsse machen und einen zwingt, wieder die orangen Flipflops anzuziehen, die der einzige Stilbruch der besseren Idylle in der besten Lage sind, neben den Gedanken derer, die Entwicklungen sehen, aber auch keine Lösung haben. Es wird so sein, mit dem Auseinanderdriften werden die Abstossungseffekte grösser, die einen wollen nie fallen und die anderen werden wissen, dass sie es nie schaffen, und der Staat hat gelernt, das alles zu umklammern.



Über dir ist immer noch das ungerührte Blau des Himmels, der zu gross ist, als dass er sich mit diesen kleinen Fragen in diesem kleinen Land auseinandersetzen müsste, ein wenig blauer allerdings als anderswo, ein teures, exklusives Blau und dennoch ist es nicht voll am See, nicht jeder kommt hier einfach her, es ist eine Welt für sich und sowas wie die bessere Ecke der Zukuft, deren Teil deine Nachfahren zwecks Ausbleiben nicht sein werden, es geht dich nichts an, also nimmst du das Buch aus dem Korb und liest Pavese, während das Mädchen im Dirndl vielleicht schon wieder für das nächste Schuljahr büffelt, in einem hübschen Haus in dieser schönen Region am See. Irgendwann werden sich hier wieder Gletscher erstrecken und die Eisflut alles Gewesene wegräumen, in 30, 40.000 Jahren, es ist alles nicht so schlimm, der Moment zählt und vielleicht wird alles auch ganz anders.

Dienstag, 19. August 2008, 13:50, von donalphons | |comment

 
Tröstlich?
"Irgendwann werden sich hier wieder Gletscher erstrecken und die Eisflut alles Gewesene wegräumen, in 30, 40.000 Jahren, es ist alles nicht so schlimm, der Moment zählt und vielleicht wird alles auch ganz anders."

Ja und nein. Du schaffst es auf jeden Fall ab und an mit solchen Texten einem sowohl den Tag zu retten wie auch zu versauen.

Danke!
?
!!

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So ein bisschen beruhigend ist ja, dass eben doch nicht alles im Leben planbar ist. Im Moment werden die Kinder der oberen Schichten zum Beispiel alle durch Chinesischkurse gejagt. Aber wer sagt denn, dass sich in 20 Jahren noch jemand für China interessiert? Vielleicht sind irgendwelche zentralafrikanischen Länder dann die angesagtesten Standorte. Ich erinnere mich noch an den Frust, den vor einigen Jahren etliche Japanologen schoben, nachdem sich ihre hochfliegenden Zukunftspläne verflüchtigt hatten.

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Haha,
genau aus der Überlegung heraus habe ich meiner Frau das Chinesischkurs-Ding für die Kleine auch ausgeredet.

1. Das machen jetzt alle, also isses kein großes Alleinstellungsmerkmal mehr.

2. Bis das positiv zum Tragen käme, wer weiß, ob China-Handel dann noch eine große Rolle spielt.

Ich denke aber - jetzt mal losgelöst von allen konjunkturell-karrieristischen Überlegungen - schon darüber nach, ob nicht die massive japanische Präsenz hier in der Nachbarschaft ein Ansatzpunkt sein könnte, der Kleinen interkulturell bisschen was mit auf den Weg zu geben.

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Deine Tochter mag sich bestimmt Animes im Original ansehen können. Spielerisch lernen! :)

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Im Moment
regiert da noch "Hello Kitty", die einzige Fernseherfahrung waren ein paar EM-Fußballspiele ("Mama, wann kommt wieder Fußball?"). Bis zu Mangas und Animes isses also hoffentlich noch ein bisschen hin

Aber zum Thema "spielerisch lernen": Im Moment steht hier nicht nur für die Kinder japanischer Eltern Matheförderung nach der Kumon-Methode hoch im Kurs. So ganz sind meine Restvorbehalte ja noch nicht ausgeräumt, dass es sich dabei um eine getarnte Rekrutierungsadresse der Aum-Sekte handelt. ;-)

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Hehe, nein, das nicht. Aber wie allen angesagten, im Trend liegenden Dingen sollte man sich vorher genau über die Qualität des Anbieters informieren. Gibt genügend windige Geschäftemacher und pädagogische Querschläger, die über das Anbieten entsprechender Kurse das schnelle Geld wittern und wesentlich mehr schaden als Deinem Kind etwas gutes tun.

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Im Übrigen frage ich mich aber, was aus diesen hyper-gebildeten Kindern überhaupt werden soll? Noch wird man ja als Erwachsener selbst in Akademikerkreisen schief angesehen, wenn man neben den Grundrechenarten auch Dreisatz und Prozentrechnung anwenden kann - von so schwierigen Dingen wie Zinseszinsrechnung oder Computerprogrammierung mal ganz abgesehen... Vermutlich müssen diese Kinder dann gleichzeitig auch noch die Fähigkeit vermittelt bekommen, sich dümmer zu stellen, als sie sind, damit sie unter älteren Kollegen nicht anecken.

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keine sorge. das lernen sie, sofern tatsächlich "hypergebildet", von ganz alleine.

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Eben,
und um "hypergebildet" wird es den wenigsten gehen. Was ich so mitkriege bei anderen Eltern im Kindergarten oder in der Nachbarschaft ist gar nicht mal so sehr elitärer Ehrgeiz, die Kids zu totalen Globalisierungsgewinnern zu trimmen, sondern einfach das Bestreben, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die man hat, um seinen Kindern später mal einen guten Start zu ermöglichen.

Dass bei manchem weniger vielleicht auch mehr wäre, ist sicher richtig. Entscheidend sollte vor allem bei den Kleinen doch sein, dass Spaß an der Sache da ist. Und was ich vom Kumon so höre, ist das eine gute Sache, um eh vorhandene Stärken auszubauen. Ein Kind, was sich mit Zahlen aber sowieso schon schwer tut, wird daran eher wenig Spaß haben, und dann ist es letztlich auch rausgeschmissenes Geld.

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"Ein Kind, was sich mit Zahlen aber sowieso schon schwer tut, wird daran eher wenig Spaß haben, und dann ist es letztlich auch rausgeschmissenes Geld."

Jepp, Kumon macht aus Zahlenlegastenikern wie zB. mir keine Nobelpreisträger in Mathematik. Allerdings kann es Kindern, die große Probleme in Mathe haben, helfen die Angst vor den Zahlen abzubauen, so dass Schule wieder etwas mehr Freude bereiten kann. Von solchen pädagogischen Methoden könnten deutsche Schulen sowieso eine Menge lernen ... wenn die Politik dieses Feld nicht ständig als Stellvertreterkrieg für ideologische Auseinandersetzung und persönliche Profilierung mißbrauchen würde. Aber dies nur dazu ...

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Im Zeit-Magazin
war grad was drinne, wo einer minutiös beschreibt, was er sich für nen Kopf macht, um seine Tochter auf die richtige Grundschule zu schicken. Abgesehen davon, dass das in unserer kleinen Verbundgemeinde nahe am Westpol nicht soo ein Problem ist wie in Berlin mit dem extremen Gefälle zwischen manchen Bezirken, würde ich schon sagen, dass es heutzutage ganz normal ist, dass man sich diese Gedanken macht. Aber die eigentliche Herausforderung ist halt (wie bei anderen Themen auch), sich nicht verrückt machen zu lassen.

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Schlimm ist ja, dass nicht nur die Wahl der Schule, sondern heutzutage vermutlich bereits die Wahl des Vornamens über die Zukunft eines Kindes entscheidet. Ein Kevin hat schlechte Chancen wegen erkennbare Unterschichts-Herkunft, ein Maximilian dagegen gute (soweit ich die Verhältnisse als Nicht-Mutter beurteilen kann).

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Kevin und Schackeline
sind sicher Extrembeispiele. Die meisten Vornamen sagen (sozial gesehen) nicht viel mehr aus als das Geburtsdatum. Nehmen wir z.B. 6Jährige namens Lara und Leon, diese Namen sind so häufig und quer durch die Schichten anzutreffen, dass daraus erst mal nur wenig über den sozialen Hintergrund abzuleiten ist. Erst wenn Du den Namen mit paar anderen Merkmalen (Wohngegend, Straße etc.) korrelieren kannst, rutscht die Hose auf Knöchelhöhe. Wer weiß, vielleicht zählt der Vorname ja auch schon im Schufa-Scoring mit, wenns um die Berechnung des individuellen Kreditausfallrisikos geht.

Ich warte angesichts der Schwemme von Emmas, Emils und Pauls in unseren Kreisen ja immer noch auf das Revival von Erna und Fritz. ;-)

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leider werden alle weiblichen kinder unserer akademischen generation "stella" heißen.

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Chinesischkurs? Ach je. Erinnert an manche russischen Adligen des 18. Jahrhunderts, die partout russisch statt französisch sprechen wollten. China ist keine kommende Macht, und sollte es das werden, ist es besser, der Kleinen den Umgang mit Verteidigung aller Art nahezubringen.

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seit ein paar wenigen wochen waren der himmel schön manierlich blau, die wiese nett grün un die deppen waren einfach mal woanders...mit anderen worten: die große depression war für mich vorüber. alles vorherige einbildung. elendiges hineinsteigern in dinge, die am ende doch gar nicht so sind, wie man am anfang dachte...und jetzt? alles wieder auf anfang! aber immerhin: das gute an einer depression ist: man schläft wenigstens aus!

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Auch das geht vorüber. Ich habe es immer gleichzeitig, manchmal reichen schon die unförmigen Treter eines Oberstudienrates in meinem Blickfeld, und ich habe eine halbe Stunde einen menschenfeindlichen Anfall.

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so war es immer und so wird es immer sein. vor 100 jahren hat man einen bauerssohn mit acht zum kartoffelklauben auf den acker gestellt, mit zwölf wusste er spätestens, was er werden würde: nämlich bauer.

ich war eines der wenigen "kinder", die an der uni nichtakademische eltern hatten. alle akademikerkinder studierten in der regel dasselbe wie ihre eltern und geschwister. ich erlebte reine lehrer- und theologenfamilien, und bei so viele dachte ich mir, mensch, du passt da so wenig rein wie ne auster in buttermilch.
meine freundin, eine großartige künsterlin und querdenkerin, wurde grundschullehrerin und hat jetzt nach ihrem referendariat schlechte noten wegen mangelnder anpassung. nicht mal ein angestelltenverhältnis kann sie nun eingehen. sie hat sich nur immer einem angepasst: ihrer familie (alles grundschullehrer). diese familie füttert sie materiell bis zum platzen. jetzt ist sie 30, arbeitslos und ohne träume und perspektiven. aber ein sattes kind mit von mutti finanzierter wohnung und auto.
ich war nicht viel besser. das studium hatte ich durchgesetzt, obwohl meine eltern eine ausbildung favorisierten, weil sie dann nichts bezahlen hätten müssen. das ziel lehrerin jedoch hatte ich, weil meine eltern sagten, wenn ich nicht vorher exakt sagen kann, was nachher bei rauskommt, lassen sie mich nicht. ich ließ mich irritieren, wusste es nicht besser und traute mich nicht weiterzudenken. erst jetzt beginne ich, meine träume zu leben. fast zu spät - ganz unschuldig bin ich an meiner unsäglichen situation der gnadenlosen unterbezahlung also auch nicht.
das elternhaus ist mächtig. als lehramtsstudierende habe ich mich sehr viel mit den sozialen schichten und bildungschancen beschäftigt. in mehr als 80 prozent der fälle gibt es keine bewegung zwischen den schichten. vor allem die unterschicht bleibt in der regel unter sich. das leigt daran, dass unterschichteneltern kein bewusstsein dafür haben, dass bildung wichtig sein könnte. und wenn, sind sie oft zu stolz, ihren kindern den schlüssel zu welt zu geben. meine eltern seufzen noch heute über die "fehlinvestition" meines studiums.
bei akademikerelternhäusern ist es nicht anders, nur eben in die andere richtung.
das problem ist so alt wie die bücher, mit denen ich studieren musste: 30-40 jahre. vielleicht liegt da schon das erste problem...

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es ist noch älter. das problem.

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Ja, an dieser Beobachtung ist einiges dran. Ich kenne auch überraschend viele hochintelligente Leute aus nicht-akademischen Elternhäusern, die mit gutem Erfolg studiert haben und dann doch überraschend große Probleme hatten, im Berufsleben Fuß zu fassen. Es hat - bei den Beispielen, die ich kenne - immer geklappt, allerdings mit Umwegen, Rückschlägen, geplatzten Träumen und meist einem Durchschnittsgehalt am Ende.

Die oft leistungsmäßig schlechteren Kinder aus den Familien der oberen Mittelschicht warenw währenddessen karrieretechnisch schon auf der Überholspur unterwegs. Viele haben von vornherein die beruflichen Weichen vermutlich klüger gestellt, weil sie aus dem privaten Umfeld mehr Expertise nutzen konnten. Vitamin B und das richtige Auftreten taten ein Übriges. Wenn das erste Studium das falsche war, dann finanzierten die Eltern eben noch ein zweites, ein Aufbaustudium, eine Weiterbildung, einen Auslandsaufenthalt, ein unbezahltes Praktikum, ein prekariatäres Arbeitsverhältnis für den Einstieg, oder was auch immer gerade angebracht erschien.

Und wer einfach nur in die Fußstapfen seiner Eltern tritt, dem bleiben natürlich auch all die lästigen (Selbst-)Zweifel am richtigen Weg erspart, die denjenigen Menschen, die ihre Umwelt weniger einseitig wahrnehmen, das Leben manchmal so schwer machen.

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was ist so schlecht daran, mittelmäßig zu verdienen? und was ist so gut daran, in die fußstapfen seiner besserverdienenden eltern zu treten? like taking over the family pub. haben solche leute keine selbstzweifel?

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Oha, da hätte ich wohl konkreter werden sollen. Ich finde "mittelmäßig verdienen" nicht schlecht (betrifft mich schließlich auch). Einer dieser Bekannten ist Historiker, hat als solcher aber keinen Job gefunden, heute schreibt er Bedienungsanleitungen für Industrieanlagen - und scheint mir mit dieser Aufgabe, komplexe Sachverhalte verständlich darzustellen, im Großen und Ganzen zufriedener zu sein als viele Schmalspur-Karriereristen mit ihrem hohen Gehalt. Aber es ist schon auffällig, dass die Kinder aus feinen Familien meist ganz automatisch in hochbezahlten Jobs landen.

Und das mit den "lästigen Selbstzweifeln" war durchaus ironisch gemeint.

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wäre anders auch komisch gewesen. ich kenne niemanden, den nicht manchmal der zweifel packt angesichts dessen, was man gut oder weniger gut bezahlt tut. eigentlich: die bezahlung ist dafür egal.

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Ich denke halt, dass es den meisten Leuten (vor allem natürlich den konservativ orientierten) schon eher unangenehm ist, ihre Eltern sehr in Frage zu stellen, wenn sie über die Pubertät hinaus sind. Wenn also jemand einen Vater hat, der schon Topmanager ist, dann werden die schlechten Nebeneffekte und ethischen Zweifelhaftigkeiten dieses Berufs weniger kritisch hinterfragt, als wenn man solch ein Familienmitglied nicht hat. Und die unschönen (moralisch fragwürdigen) Dinge, die man oft tun muss, um auf diesen Posten zu kommen, werden als notwendiges Übel aufgefasst und nicht als echtes Hindernis. Scheint mir zumindest oft so zu sein.

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ich glaube, der druck ist in solchen peer-group-verhältnissen so groß, dass man schlecht rauskommt. schaffen aber trotzdem manche. viele von denen sind übrigens publizistisch unterwegs. (eine weiterführende frage wäre, warum sie gerade dort unterwegs sind.)

das mit dem drehbuch stimmt natürlich trotzdem. denn man verhält sich (auch in der art und weise, wie man "ausbricht") immer noch drehbuchgemäß. (damit meine ich die "familiensaga" - hat ja jeder, zwangsläufig.) zum schluss macht man doch haargenau das, was die eltern angedacht haben. hatten wir ja schonmal, das thema;)

es gibt einige interessante "ausnahmen", die auf den ersten blick verwirrung stiften.

(sie ist übrigens mit einem fds-politiker verheiratet. ob glücklich, weiß ich allerdings nicht.)

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Ich würde aber behaupten, dass die Arbeiterkinder (und solche aus vergleichbaren Verhältnissen) da generell sogar ein wenig freier sind. Die Eltern scheinen es früher aufzugeben, ihnen da hereinzureden - zumindest nach meinem Eindruck. Oder der Emanzipationsprozess hat einfach schon stattgefunden, wenn die Entscheidung für das Studium gefallen ist.

Umgekehrt gibt es hochintelligente Arbeiterkinder (kenne da auch jemanden), deren Doktorarbeit auf unbestimmte Zeit unvollendet bleiben muss, weil ein halbes Jahr vor deren Abschluss das Stipendium auslief und deswegen schnell eine Festanstellung her musste. Bei Kindern aus gut situtieren Familien wäre dieses halbe Jahr überhaupt kein Problem gewesen.

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ja, es gibt einfach alles. das eine und das andere. so ist die zeit heute.

ich kenne eine frau, die in berlin auf der straße groß geworden ist (als waisenkind in den 70ern, bahnhof zoo usw., das übliche halt) und heute pferde in einem nordfriesischen kaff züchtet.

und ich kenne einen chirurgen, divisionsleiter bei siemens, in dessen elternhaus der soziale beruf des arztes als non-plu-ultra angesehen wurde. weshalb er auch ein von den eltern finanziertes medizinstudium absolvierte. er selbst machte im gespräch einen interessanten unterschied zwischen "arzt" und "mediziner". er ist letzteres geworden. heimlich verstecktes anderes interesse im geerbten sozialen anspruch.

man wird nicht zufrieden, wenn man dem drehbuch nicht genügt. hat man keines, bastelt man sich selbst eins, aber ohne sowas geht das leben nicht.

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Ein Extrembeispiel der ganz oberen Schicht, das im Übrigen die Theorie von der durchlässigen Gesellschaft ziemlich ad absurdum führt, ist dieses hier:
www. manager-magazin.de/koepfe/portraets/0,2828,515656,00.html

Der "Ausbrecher" dieser Familie ist übrigens der Verlagsgründer Karl Blessing. Auch "publizistisch unterwegs", könnte man sagen.

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Man muss vielleicht auch eingestehen, dass viele Kinder auch einfach das sichere Leben der Eltern genau so wollen; ja, dass eine Nachfolge sogar so etwas wie Veranlagung ist. Wasauchimmer in der dritten Generation wird gerne als Werbespruch gebraucht, und ich kenne jetzt nicht allzu viele, die aktuell im Alter 40+ den Rappel kriegen und denken, dass es was ganz anderes hätte sein müssen.

Es läuft eher andersrum: Ich habe da eine Bekannte, die ihre Schule absolut gehasst hat, und die dort hineingezwungen wurde. Heute ist sie soweit, dass sie ihre Kinder ebenfalls dorthin schickt.

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