: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 1. August 2011

Heute, woanders in Europa

Wiedereinführung der politischen Schauprozesse in Ungarn. Gegen solche Leute ist Berlusconi ein Waisenknabe.

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Uneinig

Meine Erfahrung besagt ja, dass es gar nicht so leicht ist, grössere regionale Unterschiede zu unterbrücken. Sicher, der Preusse als ein solcher ist nicht zwingend niederträchtig wie der Bewohner von Neuburg an der Donau, aber doch: Die Unterschiede sind riesig. Allein schon bei der Sprache.

Der Mensch nördlich des Mains sagt nämlich Schtainpülz bis im hohen Norden in etwa ßteiinpiltz. Und wir in Bayern sagen Schdoahbuidsl. ßteiinpiltz und Schdoahbuidsl, ausser einen "i" gibt es für ein und die selbe Sache keine Gemeinsamkeit. Und während der ßteiinpiltz im Norden als Delikattes gilt, sind die Schdoahbuidsl in Bayern fast schon ein Unkraut, das in eine Tarte gefüllt wird, wei, statt der 150 Gramm Gorgonzola wurden es 250, und Schdoahbuidsl müssen schnell weg, sonst werden sie matschig:



Zu mehr hat es heute kaum gereicht. Sicher, draussen ist Sommer, aber der Tag war unplanbar zerhackt. Zwischendrin Silberputzen, Zeug abholen, Post verpassen. Ich habe nichts zu sagen, ausser: Mehr Steinpilze. Und Vorsicht bei den Neuburgern.

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Zwei Hinweise

Es gibt recht gute Nachrichten, zum ersten Mal seit zwei Monaten, und ich muss gleich ein paar Vorbereitungen treffen. Solange würde ich gern auf meinen Beitrag in der FAZ verweisen, in dem ich mit zwei japanischen Hipstern Zug fahre und über die Unsterblichkeit sinniere - und warum sie mir wurscht ist, weil gnua is gnua, sagt man in Bayern.

Und dann ist da noch ein spannendes Portrait der Arbeitsweisen der Bunten bei Meedia, das jeden schnell davon abhalten kann, irgendwas mit Medien zu tun haben zu wollen.

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Sonntag, 31. Juli 2011

Rote Recherche

am rechten Rand, heute Nachmittag:



Was ich erstaunlich finde ist, dass es den Islamhassern wirklich gelungen ist, unter der Aufmerksamkeitsschwelle vieler Analysen zum Thema Rechtsextremismus zu bleiben. Vielleicht nicht nur, weil diese Form von Hass so bürgerlich, so breit, so springer-spon-focuspassend daherkommt (man sollte nie vergessen: Die heftigsten Auritte hat sich Broder zu seiner SPON-Zeit geleistet). Vielleicht auch, weil Islamhass ein Phänomen ist, das sich vor allem im Internet in vielen verschiedenen Grüppchen und Richtungen von den Israelüberidentifizierten bis zu den Antideutschen austobt, und nicht wie die alten Nazis in Verbänden, Gruppierungen, Vereinen und Zeitungen. Sprich, wenn man nicht genau weiss, wo man was suchen muss, wird es schwierig, diese Szene zu überschauen. Von der Arbeit, die meist anonym agierenden Leute zu enttarnen, mal ganz zu schweigen, Man kann nur hoffen, dass sich das jetzt ändert.

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Schuhe


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Sonntag, 31. Juli 2011

Kreuzritter in Franken

Ich war in letzter Zeit - so ich denn Zeit hatte - ziemlich viel in alten Mauern unterwegs. Alten, schäbigen Mauern von mir selbst und anderen, die erheblich besser waren. Und ich sage es ehrlich: Tage auf dem Schloss können einen ziemlich versauen. Man denke an einen sparsamen Bordellgeher, der plötzlich eine Woche lang jedes Freudenmädchen haben kann, das er will (das einzige Freudenmädchen, das ich gern habe, kommt übrigens gerade wieder). Man stelle sich vor, ein Trüffelliebhaber, der bislang vorsichtig gerieben hat, bekommt einen 40 Gramm schweren Trüffel und muss ihn alleine verkochen. So in etwa geht es mir in Schlössern, und kaum bin ich daheim, kommt mir alles so klein, verhaut und billig vor.



Das betrifft übrigens auch manches Schloss; so war ich im recht gut und weitgehend original erhaltenen Pommersfelden, und danach fällt das Deutschordensschloss in Ellingen schon etwas ab. Das Schloss wurde in den 1720er Jahren erbaut - also zu der Zeit, als auch bei mir die Innenwände eingezogen wurden - und danach erheblich verändert. Gerade das Biedermeier hat ziemlich schlimme Spuren in Form von unpassenden Tapeten und Vorhängen hinterlassen. Für sich gesehen durchaus hübsch, aber wenn man genau hinschaut, passt es nicht wirklich. Ellingen ist eines der Beispiele, in denen fast jeder stilistische Irrtum im Prunk ersäuft, aber der Kenner sieht die aufgedunsenen Wasserleichen in der Formenbrandung. Trotzdem sollte man es besuchen.



Die eigentlich witzige Geschichte ist nämlich nicht der Bau an sich oder der Deutschorden, und auch nicht der spätere Besitzer Wrede, der in den napoleonischen Kriegen politisch und räuberisch sehr wendig war. Sondern eher der Grund, warum man hier ein neues Schloss bauen musste: Davor hatte sich der deutsche Orden erst mal provisorisch wieder eingerichtet. Denn um 1630 waren hier die Schweden. Und brannten den Ort nieder. Mit Hilfe der einheimischen, dem Deutschorden hörigen Bevölkerung. Gelegenheit macht Plünderer.

Man ahnt es: So besonders beliebt waren die Verteidiger des christlichen Abendlandes damals schon nicht. Kein Wunder also, dass die neue Residenz dann so viel Selbstvertrauenspropaganda vorzeigt. Man sollte also besser aufpassen, wenn man dort historisch anknüpfen will. Wobei das Schloss natürlich immer noch schöner ist, als die Wohngelasse von Sarrazin, Broder und Herre, nehme ich an.

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Weisheit des Tages (und der Woche und darüber hinaus)

Geld ist bestenfalls bedrucktes Papier, oder eine abgepeicherte Zahl, an die mal mehr, mal weniger Menschen glauben.

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Freitag, 29. Juli 2011

Winterzimmer, früher

Es ist ha nicht so, dass ich nicht für alle Eventualitäten gerüstet wäre. Ich muss nur die kleine Sommerkanne gegen eine grosse Winterkanne austauschen und ein paar Kerzen aus dem Küchenschrank holen.



Und wenn es morgen ohnehin regnet, kann man vielleicht das hier über unseren tollen EU-Rettungsschirm lesen, denn der Tag ist eh schon schlecht, da kommt es auf einen Trübsinn mehr oder weniger auch nicht an.

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Draussen wütet ein Gewitter

Drinnen wüte ich nach zwei Tagen ohne Selbstversorgung in der Küche. Kochen macht mich zu einem glücklichen Menschen. Die Vorstellung, in einer Kantine essen zu müssen, macht mich krank. Meine Kantine macht das, was ich will, würzt es, wie ich es haben möchte, und vor allem: Sie serviert es so, wie es mir gefällt.



Grossbild

Zusammen mit dem frühen Aufstehen einer der wichtigsten Gründe, warum ich mich nie in einen normalen Redaktionsablauf einfügen werde. Ich fahre da hin, tue, was getan werden muss, und fahre wieder weg. So einfach. Danke, Internet. Wie würde ich nur ohne Dich leben?

(Die Foodpornsaison ist dieses Jahr etwas früher eröffnet)

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Yasni mal wieder

Viellleicht sollte man sich mal zusammenrotten und den Laden wegen Urheberrechtsverletzung wegen der verwendeten Bilder mit Klagen überziehen - damit sie mal die Medizin saufen müssen, die sie anderen verabreichen wollen. Und an einer Überdosis ist zwar schon manch einer gestorben, aber hey - das gehört dazu.

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Freitag, 29. Juli 2011

Wenn es rechtsaussen gegen Rechtsaussen geht

dann kommt so etwas wie in der FPÖ dabei heraus: Ein Trittbrettsagersager lässt sich zu Oslo ein, nachdem er vorher schon so Sachen mit Neonazis an der Backe hat, und die Partei kann jetzt nicht anders, und muss ihn rausschmeissen. Das nennt man vermutlich Schadensabwägung: Man verliert Potenzial ganz rechts und hofft, in der Mitte nicht als Massenmordvordenker da zu stehen.

Irgendwie keine guten Zeiten für Leute mit übersteigertem Geltungsbedürfnis. Heute wurde bekannt, dass Frau Balci, die mit Herrn Sarrazin in Kreuzberg unterwegs war, ihren eventuellen Auftrag bei der ARD für einen ähnlichen Film verliert (hier die FAZ, hier die Antwort der ARD). Die Darstellungen gehen inhaltlich ziemlich auseinander und ergänzen sich gegenseitig, und vor allem die notlügende Produktionsfirma dazwischen sieht dabei richtig schlecht aus.



Wenn es so ist, wie die ARD es darstellt - und Frau Balci keinen direkten Vertrag hatte - hält sich aber auch mein Mitleid stark in Grenzen. Dass sie mit Sarrazin in Kreuzberg einen Eklat bekommt, den sie beim ZDF und Aspekte gut verwerten kann, ist die eine Sache. Dass sie den Eklat aber schon vorher bei Sarrazins Hofberichterstattern von der WELT raushaut, ohne dass bis dahin jemand den Film kennt, und dabei auch die Vorfälle übertrieben dargestellt hat, ist auf der anderen Seite schon recht grenzwertig. Und ich verstehe irgendwie, dass man bei Auftraggebern gerade bei so einem heiklen Thema vielleicht niemand an Bord haben will, der solche Aufträge in dieser Form zur eigenen Profilierung benutzt, und das dann auch noch bei so einem heiklen Thema bei einem Verlag wie Springer. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass diese Art der Publicity den Auftraggebern eher schadet, und wenn das vor dem Hintergrund eher lockerer Absprachen geschieht, kann man der Frau nicht helfen: Die plausiblen Gründe für die Absage - und es sind wahrlich keine schlechten - hat sie selbst geliefert.

Da wiederholt sich ein Muster, das man aus der gesamten islamophoben Szene mittlerweile gut kennt: Sie funktioniert nur mit der Befeuerung von neuen Skandalen und schärferen Aussagen. Auch dieses Thema ist ein Markt, auf dem ein gutes Dutzend bekanntere Autoren um die Plätze in Talkshows, Lesungen und Verlagen kämpfen; der Medienrummel braucht krasse Leute und will gar nicht in irgendwelche Detaildebatten einsteigen.Sarrazin ist ganz vorne, man kann entweder versuchen, in seinem Windschatten nach vorne zu kommen, oder immer noch eins drauf zu setzen. Das kann lange gut gehen, wenn man im Rahmen bleibt oder im Zweifwelsfall die jüdische Abstammungskarte zückt, aber diesmal hat es jemand mal übertrieben. Bevor der Sender nochmal eine schräge Nummer riskiert und eventuell Druck bekommt, verzichtet er eben auf eine Mitarbeiterin und ein Projekt. Das passiert laufend. Kein Grund zur Panik.

Allenfalls ein Grund, die Skandalisierung wegzulassen und zur Debatte zurückzukehren. Das ist dann für einen Sarrazin, eine Welt, einen Strache und einen Broder auch übel genug.

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Sweet 16

Erstmals in Deutschland zugelassen im Juli1995.

Zweiter Motortod im Juli 2011.

Und, auch das sei gesagt, nach menschlichem Ermessen zum dritten mal Totalschaden. Zweimal der Motor, einmal ein Ford von hinten.

Aber wer mit einem nach menschlichem Ermessen vernünftigen Opel Astra Kombi in Rostrot auf der Überholspur dümpelt, hat nicht genug Zeit, sich über solche Petitessen Gedanken zu machen.



Jetzt, wo sie wieder 200 geht. Doch, doch, meinte der Schrauber, das können sie schon gleich machen. Na dann. Noch 14 Jahre bis zum Oldtimerstatus, und die kriegen wir auch noch locker rum.



Es war, als hätte man mir einen Arm abgehackt. Es ist, als wäre er wieder angewachsen.

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Mittwoch, 27. Juli 2011

Danke, DB

Als ich in den Zug eingsteigen bin, dachte ich noch: Naja, wenn es bei dem Betrag für die Reparatur bleibt, dann ist es so lala, weil, neue Kupplung und so. Dann schlief ich ein.

In Nürnberg, als ich eine halbe Stunde warten musste, waren alle Sitze krumm. Da dachte ich mir schon: Nicht billig, aber wieder Ledersitze! Dann kam diese Familie, deren Tochter neben mir McDonalds-Zeug, nun, ass. Und sich dabei netterweise in Ermangelung von Manieren von ihren Eltern abwandte. Und mir zuwandte. Hm, dachte ich, so teuer ist das wirklich nicht. Sie hatten der Tochter wirklich viel gekauft. Der Zug wurde später dann getrennt, und ich musste am Bahnsteig von Teil 1 zu Teil 2 laufen, weil bei der Bahn die Teile D-F vorne und A-C hinten sind. Ach, passt schon, achte ich mir, und überlegte, wieviel Trinkgeld ich gebe.

Einen kaputten Stuhl, eine Familie mit daddelnden Kindern, ein aus der Papiertütesandwichindenmundpresser und viel Aussicht auf die Gegenwartskunst deutscher Sprayer später ruckelte der Zug dann durch Ecken von Frabnkfurt, die sogar ein Frankfurter als scheusslich empfinden dürfte. Ich halte den Schrauber für den nettesten Menschen der Welt, und wenn es auch für einen Motoreinbau nicht ganz billig ist: Für mein Seelenheil war es ein Sonderangebot. Und hätte man mich in Frankfurt nicht mit einer Barchetta abgeholt, hätte ich gar mit der S-Bahn fahren müssen: Dann würde hier der schon lange fehlende Beitrag über Jens Best und seine vergeigte Hausknipserei stehen. So aber: Alles wird gut. Nur noch morgen nach Würzburg.

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Die Blumen des Bösen

sind von Baudelaire. Die Blumen des Guten - über das lesen von Lenin in einem Park am Tegernsee - sind vielleicht ein wenig böse, aber natürlich nur dann empfehlenswert, wenn man gerade Baudelaire nicht zur Hand hat. In der FAZ.

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Mittwoch, 27. Juli 2011

Was immer auch passiert

Augen schliessen, einen Moment an diesen Blick denken und erinner, dass einem das keiner nehmen kann.



Die Verdammten, das sind die anderen.

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Redividus

"Könnten Sie bitte mal das Telefon hinhalten?"

önönönön kchrrwr WRWRÄNGÄNGÄNGW RAAHAHAHAMMMMM.

In 48 Stunden habe ich sie wieder.

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Eine Immobilie wird frei.

Gestern stand ich noch auf der Brücke in Gmund und blickte wohlgefällig auf den See, denkend: Wer hier lebt, hat es gut.

Und nun erfahre ich, dass der Neutegernseer Weimer, Chefredakteur vom Focus und hier wohnhaft ganz nah beim Verlagchef, geht. Nach einem Jahr. Wird er behalten? Wieder verkaufen? Es ist schön hier. Aber auch nicht immer nett, wie er erleben musste. Burda ist ja irgendwie nicht so der Laden, bei dem ich arbeiten wollen würde.

Nach meiner bescheidenen Meinung hat Weimer wenigstens mal das versucht, wozu in München keiner die Kraft hatte: Einen anderen Weg zu gehen. Ich hätte trotzdem NIE den Focus gekauft, das Blatt steht zu sehr für eine bestimmte Sorte Mensch, und es wäre mir peinlich, mit denen etwas gemein zu haben. Aber das heisst nicht, dass man diese Käufer nicht auch etwas hätte klüger machen können. Immer nur die reaktionäre Dummheit des Spiegeln nutzwertig zu unterbieten, kann auch keine Lösung sein. Und die Generation, die Markwort einst folgte, ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Der Focus, wie er ist, ist ein Blatt für Möchtegerns, die nicht lesen wollen. Das kann man problemlos im Internet abbilden. Das kommt nie mehr. Und deshalb denke ich auch, dass jeder andere Weg besser gewesen wäre, als die Rückkehr zu jenen Wurzeln, die sich nun vollziehen wird.

Markwort. OMG. Brrrr. Das tiefgelegte Golf Cabrio in Weiss mit Spoilern unter den Journalisten.

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Dienstag, 26. Juli 2011

Einzeltäter

Ich glaube, ziemlich viele Leute werden im Moment so irgendwie gar nicht daran erinnert werden wollen, dass wir in Deutschland eine Weile recht nah daran waren, eine breit aufgestellte, islamophobe Szene im Internet zu bekommen. Das begann ungefährt mit dem Irakkrieg, als sich Vertreter verschiedener Gruppierungen, teilweise auch mit Unterstützung mancher Parteien, zusammentaten, um für das Ansehen der Bush-Regierung in Deutschland und gegen einen "Antiamerikanismus" ins Feld zu ziehen. Die eine Grundlage der Überlegung war, dass man den USA etwas schuldete, die wie schon bei Pearl Harbour grundlos angegriffen worden war, und sich nun verteidigte. Die andere Überlegung war, dass die Muslime dieser Welt tatsächlich in einem Kampf gegen die Werte des Westens waren. Diese Deutschen nun wollten, so würde ich das rückblickend sehen, in erster Linie tatsächlich so etwas eine eine transatlanische Solidarität und mehr Verständnis für die Bush-Regierung.



Was dieser Szene dann aber sehr schnell das Leben schwer machte, waren zwei gegenläufige Entwicklungen: Einerseits der katastrophal verlaufende Besatzungskrieg im Irak und in Afghanistan. Dann aber auch die nicht immer glatt verlaufende Suche nach Bündnispartnern, die in islamophoben Kreisen gefunden wurden. In dieser Zeit baute man sich in gegenseitiger Anregung ein neues Weltbild zusammen, das in weiten Teilen dem Buch "An End to Evil" der amerikanischen Politikberater David Frum und Richard Perle entsprach, und natürlich auch der Propaganda von Al Quaida: Ausgehend vom Streit um Israel über den Bürgerkrieg im Libanon, die Taliban, den Balkankrieg und bishin zu vielen Terroraktend habe sich ein an vielen Fronten geführter, bislang aber von uns ignorierter Krieg des Islams gegen den Westen entwickelt; Bush sei der erste, der die Herausforderung annehmen würde und nun unsere Zivilisation rettet. Je weniger sich diese Hoffnung aber erfüllte, je deutlicher die Probleme des "Krieges gegen den Terror" wurden, desto mehr rückten die Moslems in den Vordergund: Dieser schlecht verlaufende Krieg liess sich nur logisch begründen, wenn der Feind so gefährlich, radikal und omnipräsent wie nur irgend möglich war, Man sprach also weniger von den eigenen Misserfolgen, denn von den Erfolgen der Gegner beim Aufbau einer globalen Front.



Wer das nicht so sah - ich war einer davon - konnte sich auf einiges einstellen. In der deutschen Szene nennt man solche Leute Dhimmis und Appeaser, und um auch gleich deutlich zu machen, dass das hier Beihilfe im Drittem Weltkrieg ist, wurden aus dem Muslimen Islamofaschisten. Damit war das ideologische Grundgerüst fertig: Eine kleine Minderheit, die die Probleme erkennt, kämpft in Deutschland gegen jene, die den neuen Faschisten Tür und Tor öffnen. Dass die Definition für den verteidigten "Westen" nicht zwingend das ist, was man sonst so als Westen versteht, war egal: Der Westen war diese Gruppe. Alle anderen waren Ignoranten, oder Verräter, oder dekadente Zerfallserscheinungen. Man trat für Israel ein - wenn es Siedlungen baute. Man beschimpfte Israelis aber als Verräter, wenn sie Siedlungen räumten und Frieden wollten. Man hoffte endlich auf einen Krieg zwischen den USA und dem Iran. Wer den Westen nicht nach ihrem Gusto haben wollte und das schrieb, konnte sich auf etwas gefasst machen. Da wurde dann schnell das Widerstandsrecht des Grundgesetzes bemüht.



Es ist, nachträglich betrachtet, ein grosses Glück gewesen, dass diese Szene nach dem Karikaturenstreit in mehrere Fraktionen zerfallen ist. Amerikafreunde, Libertäre, Islamhasser, Tea-Party-Vorläufer, Überidentifizierte mit jüdischen Namen, sie alle hatten zwar eine gemeinsame Basis und mitunter auch Leute, bei denen alle nickten - Broder und Sarrazion stehen für diesen Konsens der Islamophobie - aber intern ging es dann auch schnell um die Meinungsführerschaft. In dem Moment, da sich Politically Incorrect als Zentralorgan der Szene mit den meisten Lesern etablierte. war es auch schon wieder vorbei mit der Einheitsfront. PI wurde zur Stimme der grossen, lautstarken Randgruppen, andere aus diesen Kreisen der Transatlantiker eigener Definition verschwanden (Statler und Waldorf), wurden irrelevant (Fact Fiction, Antibuerokratieteam), oder tauchen immer wieder mal in Medien auf (Welt und Focus).



Insgesamt, langfristig, haben sie gewonnen. Die SPD muss sich schämen, einen Vordenker wie Sarrazin in ihren Reihen zu haben, uund man sollte den deutschen Sozis in Berlin ins Gesicht spucken dafür, dass sie nicht den Mut hatten, diese Figur davonzujagen. Die Vorstellung, dass es tatsächlich so etwas wie eine geplante Übernahme des Westens gibt, wurde von all jenen dauerventiliert, die sich im Wettkampf um Aufmerksamkeit stets überbieten mussten, und nach Sarrazin haben sich diese Theorien fast schon in den normalen Politikbetrieb hinein verselbstständigt. Darunter muss man als Islamkritiker gar nichtg mehr anfangen. Anders gesagt: Das, was um 2003/4 noch die Meinung von ein paar Irren war, ist heute die Meinung von sehr vielen Irren. Es wird gar nicht mehr in Frage gestellt. Und wenn man 10 Jahre in dieser Szene ist und einerseits sieht, dass die eigene Meinung Mainstream wird, aber andererseits irgendwie nichts vorangeht im Krieg, rechnet man vielleicht auch damit, dass man vollstreckt, was "grausam, aber notwendig" ist. Das Potential derjenigen, die einer islamfeindlichen Partei ihre Stimme geben, liegt auch hierzulande bei 20%. Das ist viel. Bei 20% der Bevölkerung kann man nicht mehr von verwirrten Einzeltätern sprechen. Und wenn ich mir die Hassmails von damals anschaue, ist es auch nicht überraschend, dass sich die Gewalt gegen jene richtet, die als Verräter in den eigenen Reihen betrachtet werden. Es geht um die Säuberung des Westens, damit er so Westen sein kann, wie sie ihn haben wollen. PI und andere beliessen es bei Kampagnen gegen einzelne Politiker, Journalisten und Blogger. Es war Krieg, sie sahen keine andere Wahl, es steht ja so auch bei der Welt und bei Spiegel Online, wo Broder früher arbeitete, es ist Krieg, da kann man keine falschen Rücksichten nehmen, es ist Krieg, da heisst es eben, man selbst oder der andere.



Ich glaube nicht, dass man in einer Welt, in einem Internet mit derartigen Massenangeboten wie Little Green Football, der Tea Party, Gates of Vienna, den Rechtsauslegern bei der Welt und PI überhaupt so etwas wie ein verwirrter Einzeltäter sein kann. Das Gedankengerüst, die Ideologie, die Verblendung, der Glaube an einen Krieg, sei es nun über Terror oder die Geburtenrate oder Eugenik, ist nicht zu unterscheiden. Man kann eine Tat als Einzelner durchführen, aber die Verwirrung, die einen dazu bringt, haben viele. Millionen. Und wenn Millionen so etwas glauben, und sich darin bestärken, und damit Karriere machen und Aufmerksamkeit bekommen und reich werden, dann bauen halt die einen ihre alte Nazipartei zu etwas um, was der heutigen Strachepartei in Österreich entspricht. Und andere machen Jagd auf Dhimmis. Islamophobie ist sicher der neue Rechtsextremismus, und das wirkt besser als Antisemitismus, man fliegt damit noch nicht mal aus der SPD, man ist endlich wieder dort, wo man seit 45 nicht mehr ist: In der Mitte der Gesellschaft. The Weapon of Choice, wenn man so will. Ein Volltreffer. Sie sagen, der Islam würde den Westen vernichten wollen.

Dass dabei der Westen der anderen in Intoleranz, Hass und Rassismus zugrunde geht, wird gern in Kauf genommen. Da sind sich die Einzeltäter alle einig.

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