Real Life 9.6.08 - Blau
Und Rot. Rot sind die Dächer und die Erdbeeren. Blau ist der Himmel, blau ist das Fahrrad, und blau ist auch Iris. Dunkelblau von aussen dank eines Kostüms, und standhaubitzenblau von innen wegen dem Sekt. Sekt und Erdbeeren hatten schon bei "Brideshead revisited" ernste Folgen, und du weisst weder, wie du sie in diesem Zustand die enge, steile Treppe hinunterbekommst, und wie du den Zustand später, so es ohne Knochenbrüche gelingt, ihren Eltern erklärst.
Ganz einfach, sagt Iris. Die Tarte ist zu dunkel gewesen und ungeniessbar, es waren zu wenig Erdbeeren und den Sekt habe ich in Erwartung besagter Tarte getrunken, die ich nicht essen konnte, und deshalb.
Das wäre aber gelogen, stellst du fest. Nicht die Tarte ist verbrannt, sondern es bremste das Verlangen die Information, dass die darin befindlichen Auberginen vorher in Öl geschwenkt wurden. Auberginen in Öl sind nur eine Zutat, es folgen Lauchzwiebeln, zwei Eier, Parmesan, Zucchini und Egerlinge, das alles ist ein italienisches Rezept, aber mit Auberginen für Iris ungeniessbar.
Iris ignoriert deine Erläuterung, denn sie war ja dabei und weiss, dass sie nicht tapfer war und das Essen verweigert hat. Statt dessen nimmt sie noch eine wirkungslose Erdbeere ins Visier der Gabel und sticht prompt daneben. Es wäre jetzt eine gute Gelegenheit zu fragen, was das eigentlich für ein Jungfrauenbereiter ist, den sie da mitgebracht hat, und woher man ihn bekommt, man weiss ja nie, wozu man ihn brauchen kann, aber das wäre etwas unschicklich.
Erinnerst du dich noch an die F.s?
Natürlich. Marmorflur, Doppeltür, Gemälde der alten Fabrik, offener Kamin aus Naturstein, Freitreppe und Steinwayflügel in der Halle und der Sohn, der an seinem 18. Geburtstag, gerade vor einer Woche aus der Psychiatrischen entlassen, mit der Zigarette im Mund höhnisch grinsend bar jeder Pianistenkunst irgendetwas in die Tasten haute, was trotzdem gut klang. Genie, Wunderkind, ideale Eltern, reich, gebildet, global daheim, perfekt, zu perfekt, Desaster, goldene Jugend in Theorie und eine Praxis zum Verrücktwerden.
Weisst du noch, wie wir alle eingeladen waren, als wir die Grundschule hinter uns hatten? Frau F. hat für uns das Beste von den Reisen ihres Mannes serviert, und wir sassen am langen Tisch vor dem Panoramafenster zum Garten. Rückblickend müssten wir Frau F. dankbar sein, sie hat damals die Tür zu neuen kulinarischen Welten aufgestossen, aber als Herr F. erzählt hat, was diese kleinen, schwarzen Kugeln aus Persien sind -
bist du aufs Klo und hast gekotzt. Ich weiss, Iris. Schon damals warst du Gegenstand unvergesslicher Abende.
Gar nichts weisst du. Ich habe mir damals geschworen, nie wieder etwas zu essen, was mir eklig vorkommt. Nie. Schlazige Auberginen, allein die Vorstellung. Hicks.
Ich komme leider gerade vom See und bin schon wieder auf dem Sprung nach Frankfurt und dann wieder München und dann die Vorbesichtigung in Fürth. Ich habe wenig daheim, allenfalls könnte ich Dir noch Gnocchi mit frischen Kräutern machen. Mit Butter, ohne Öl.
In die Küche mit dir, Bursche! Die langzinkige Silbergabel spiesst gleich drei Erdbeeren auf, und Iris schafft das Kunststück, sie zusammen ohne Verluste und ein rotes Desaster auf ihrem blauen Kostüm in den Mund zu verbringen.
Neben ihr steht das unfertige Rabeneick und hofft, dass du es morgen fertig machst. Draussen verfällt der Tag in tiefes Blau wie all die Erinnerungen an eine Zeit, deren unausgesprochene Schrecken und unwiederbringlicher Überfluss gleichermassen durch den Abstand der Jahre matt und glanzlos werden, aber immer noch so deutlich fortdauern, dass ihr es zwar sicher besser machen könntet, aber es keinesfalls tun werdet. Aussterben ist gar nicht so schlecht, relativ gesehen.
Ganz einfach, sagt Iris. Die Tarte ist zu dunkel gewesen und ungeniessbar, es waren zu wenig Erdbeeren und den Sekt habe ich in Erwartung besagter Tarte getrunken, die ich nicht essen konnte, und deshalb.
Das wäre aber gelogen, stellst du fest. Nicht die Tarte ist verbrannt, sondern es bremste das Verlangen die Information, dass die darin befindlichen Auberginen vorher in Öl geschwenkt wurden. Auberginen in Öl sind nur eine Zutat, es folgen Lauchzwiebeln, zwei Eier, Parmesan, Zucchini und Egerlinge, das alles ist ein italienisches Rezept, aber mit Auberginen für Iris ungeniessbar.
Iris ignoriert deine Erläuterung, denn sie war ja dabei und weiss, dass sie nicht tapfer war und das Essen verweigert hat. Statt dessen nimmt sie noch eine wirkungslose Erdbeere ins Visier der Gabel und sticht prompt daneben. Es wäre jetzt eine gute Gelegenheit zu fragen, was das eigentlich für ein Jungfrauenbereiter ist, den sie da mitgebracht hat, und woher man ihn bekommt, man weiss ja nie, wozu man ihn brauchen kann, aber das wäre etwas unschicklich.
Erinnerst du dich noch an die F.s?
Natürlich. Marmorflur, Doppeltür, Gemälde der alten Fabrik, offener Kamin aus Naturstein, Freitreppe und Steinwayflügel in der Halle und der Sohn, der an seinem 18. Geburtstag, gerade vor einer Woche aus der Psychiatrischen entlassen, mit der Zigarette im Mund höhnisch grinsend bar jeder Pianistenkunst irgendetwas in die Tasten haute, was trotzdem gut klang. Genie, Wunderkind, ideale Eltern, reich, gebildet, global daheim, perfekt, zu perfekt, Desaster, goldene Jugend in Theorie und eine Praxis zum Verrücktwerden.
Weisst du noch, wie wir alle eingeladen waren, als wir die Grundschule hinter uns hatten? Frau F. hat für uns das Beste von den Reisen ihres Mannes serviert, und wir sassen am langen Tisch vor dem Panoramafenster zum Garten. Rückblickend müssten wir Frau F. dankbar sein, sie hat damals die Tür zu neuen kulinarischen Welten aufgestossen, aber als Herr F. erzählt hat, was diese kleinen, schwarzen Kugeln aus Persien sind -
bist du aufs Klo und hast gekotzt. Ich weiss, Iris. Schon damals warst du Gegenstand unvergesslicher Abende.
Gar nichts weisst du. Ich habe mir damals geschworen, nie wieder etwas zu essen, was mir eklig vorkommt. Nie. Schlazige Auberginen, allein die Vorstellung. Hicks.
Ich komme leider gerade vom See und bin schon wieder auf dem Sprung nach Frankfurt und dann wieder München und dann die Vorbesichtigung in Fürth. Ich habe wenig daheim, allenfalls könnte ich Dir noch Gnocchi mit frischen Kräutern machen. Mit Butter, ohne Öl.
In die Küche mit dir, Bursche! Die langzinkige Silbergabel spiesst gleich drei Erdbeeren auf, und Iris schafft das Kunststück, sie zusammen ohne Verluste und ein rotes Desaster auf ihrem blauen Kostüm in den Mund zu verbringen.
Neben ihr steht das unfertige Rabeneick und hofft, dass du es morgen fertig machst. Draussen verfällt der Tag in tiefes Blau wie all die Erinnerungen an eine Zeit, deren unausgesprochene Schrecken und unwiederbringlicher Überfluss gleichermassen durch den Abstand der Jahre matt und glanzlos werden, aber immer noch so deutlich fortdauern, dass ihr es zwar sicher besser machen könntet, aber es keinesfalls tun werdet. Aussterben ist gar nicht so schlecht, relativ gesehen.
donalphons, 02:41h
Dienstag, 10. Juni 2008, 02:41, von donalphons |
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weltenweiser,
Dienstag, 10. Juni 2008, 11:07
Was ist denn
bitte schön ein Jungfrauenbereiter? Ist das ein Beitrag zum Google Kegeln? Du bist immerhin laut Google der einzige, der dieses Wort benutzt.
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donalphons,
Dienstag, 10. Juni 2008, 15:26
So nannte man in meiner Jugend Alkoholika, die Jungfrauen bereit machen - für was, das überlasse ich der geneigten Phantasie der Leserschaft, möchte aber betonen, dass die neue Mieterin zwar wunderschön und Single ist, ich aber meine Grundsätze habe. Und eine Liebste.
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amelia,
Dienstag, 10. Juni 2008, 18:30
Bei mir hatte dieses Mittel aber nie den erwähnten Effekt, eher im Gegenteil. Möglicherweise, weil ich mich mit zunehmendem Alkoholspiegel unsicher und irgendwie der Umgebung ausgeliefert fühle - bis heute, übrigens. Vor gut einem Jahrzehnt gab es mal jemanden, dem ich in einer solchen Situation auf die Schuhe gek... habe (und weiter ist nichts passiert). Ich glaube, das war eigentlich nicht das, was er im Sinn hatte, als er mir ein Bier nach dem anderen verabreichte.
Ansonsten neige ich im angeheiterten Zustand eher zu dem Versuch, sinnlose abstruse Diskussionen über irgendwelche logischen oder philosophischen Fragen anzuzetteln (zum absoluten Desinteresse meiner Umgebung, in aller Regel).
Ansonsten neige ich im angeheiterten Zustand eher zu dem Versuch, sinnlose abstruse Diskussionen über irgendwelche logischen oder philosophischen Fragen anzuzetteln (zum absoluten Desinteresse meiner Umgebung, in aller Regel).
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