Real Life 15.6.04 - Frau zu haben

Der Ukrainer, der Frauenhandel und die Prostitution organisierte, und als dessen Berliner Kunde ein gewisser Michel Friedmann bekannt wurde, muss für fast 5 Jahre in den Knast.



Ob es dann noch diese Galerie gleich neben der Volksbühne gibt, ist eine andere Frage. Kunst ist Luxus, den man sich leisten können muss, genauso wie schlechten Geschmack. Wenn beides zusammenkommt, gibt es keinen Rabatt, und deshalb auch nicht mehr Umsätze.

Keinen Rabatt auch gegenüber, hinter der Tür eines rot bemalten Erdgeschosses. Live Sex Erotic steht in den Fenstern, Frauenbeine zeigen eine Dynamik, die dem Bild in der Galerie gänzlich fremd ist. Zeigt der Hengst die kleinste Schwellung, geht die Stute gleich in Stellung, verkündet ein rotleuchtendes Laufband.

Gleich daneben ist Eggers und Landwehr, die Kneipe der Agenten, die Rechte an kaum volljährigen Mädchen verkaufen. Demnächst tingeltangelt hier Jana Hensel, noch so ein "junges Talent". Eine werbende Umschreibung, die sich der Ukrainer für die Wierderaufnahme seiner Geschäfte merken könnte.

Zwei seiner Landsleute kommen aus demn Cafe Burger, sturzbetrunken und stinkend. Sie torkeln Arm in Arm über die Strasse. Hinter ihnen hat ein Mädchen das Lokal verlassen, aber sie kommt nur ein paar Meter weit. Dann setzt sie sich auf den kaputten Berliner Asphalt, steckt die Beine aus und hält sich den Kopf. Sie hat zuviel. Zuviel Alkohol, schlechte Luft, zuviel Hoffnungen, dass es cool werden könnte und zuviel erlebt, als dass sie sich noch vormachen könnte, das hier wäre das tobende Leben.

Jemand sollte ihr ein Taxi beschaffen, damit sie sicher heim kommt. Ein Pulk grölender Fussballfans zieht achtlos an ihr vorrüber.

Mittwoch, 16. Juni 2004, 03:41, von donalphons | |comment

 
Sie kommen langsam auf den Geschmack.

Vor fünf Jahren bin ich aus einer kleinen, schwerreichen Provinzstadt hierher gekommen und hatte gleich Angst vor dieser Stadt, weil sie so scheußlich und kaputt und hip war und das Kaputtsein immer diesen besonderen Anspruch von Ehrlichkeit hatte, den niemand je einlöste.

Als ich dann Moritz von Uslars "Davos" gelesen hatte und die Sportfreunde Stiller auch immer erfolgreicher wurden, fing München an, mir weit unheimlicher zu sein. Diese Alpenschnuffigkeit ist überhaupt nicht zu durchschauen. In Berlin weiß man: Wer über dreissig ist und nicht den Straßenfeger verkauft, ist vermutlich beim Staat und verwaltet irgendwas, das es nicht mehr gibt, bei einem Amt, das selbst längst nicht mehr weiß, was es mit sich anfangen soll. Wer unter dreißig ist, ist Student, aber eigentlich Regisseur (oder so. Aber mindestens.)

Das ist alles sehr einfach. München dagegen... ich glaube, München ist gruslig komplex.

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Es ist ganz simpel.

Wer in Berlin kein Geld hat, schlägt sich durch.

Wer in München kein Geld hat, wird erschlagen.

München ist deshalb reich, Berlin ist - noch nicht mal arm. Nur ärmlich.

Und natürlich ist München in sich komplex, ethisch bankrott, und bezahlt den Föhn mit Stoibers und Markworts. Es ist eine Wüste voller Raubtiere. Gut zu denen, die schnell sind - auf Papier habe ich versucht, diese Komplexität darzustellen. Berlin ist dagegen Sumpf. Nichts für mich. Von mir kriegt, sorry to say, niemand ein Taxi. Weil es nichts ändern würde. Weil das Mädchen dann wieder reingegangen ist.

Es ist nicht mein Geschmack. Ich sehe es nur und gebe es wieder. Ihr Geschmack spiegelt sich im Text.

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Berlin ist auch komplex. West-Berlin war einfach. Das war Provinz. Entweder war man Tourist oder Berliner. Man traf sich innerhalb des Mauergefängnisses immer wieder. Mit einem Schlag war dann die auf soziale Kontrolle beruhende Zivilisation vorbei. Und damit auch die Zivilisation. Bis jetzt hat die Stadt keine adäquaten alternativen soziele Mechanismen gefunden.

Als es mir 1992 zu komplex und zu unzivilisiert wurde, bin ich in die norddeutsche Provinz gezogen.

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Perspektivwechsel
@ Hella: Du hast völlig recht. London, Paris, Rom, Barcelona, Sevilla, Kairo, Tunis sind und waren immer Weltstädte, Berlin war erst zwei Halbstädte (die eine krankes Ghetto, aber auf gewisse Weise beschaulich, in Sachen Kunst trotz allem Weltstadt, aber mit einem "bei uns im Viertel-Lebensgefühl", die andere langweilige, graue und öde Ost-Kapitale) und ist jetzt zu keiner Weltstadt geworden, sondern einem amorphen, sich ständig verformenden Moloch. Mit München kann man Berlin gleich gar nicht vergleichen. Der Maßstab wären Städte wie Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt. Jenseits des Mains, spätestens der Donau beginnt ein Kulturrraum, der mit Nord-West und Mitteldeutschland nichts zu tun hat. Wien, Genf, Bern, Zürich wären hier die Vergleichsstädte. Nordwestdeutschland hat mit Dänemark und Benelux mehr gemein als mit Oberbayern.

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Halbestadt
Kollege, darf ich daran erinnern, dass Berlin durchaus schon existierte, bevor daraus zwei halbe Provinzstädte gemacht wurden? Und das dieses Berlin auf der internationalen Metropolenbühne mit London und Paris tanzen und singen durfte? Und natürlich koksen. Und poppen. Leider gab es dabei, wie mein Opi erfahren musste, schon mal die Syphilis.

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Die Weltstadt-Zeit war ja recht kurz. Vor 1871 war Berlin preussische Provinzresidenz. Dann kamen die Gründerjahre und Berlin wuchs innerhalb von 30 Jahren von 800.000 auf 2 Millionen Einwohner, die zum grossen Teil in kleinen Wohnungen in Mietskasernen mit bis zu 6 Hinterhöfen unter erbärmlichen Verhältnissen leben mussten. Gross-Berlin gibt es erst seit der Eingemeindung von Charlottenburg, Wilmersdorf, und anderen Städten und Landgemeinden im Jahr 1920.

Da gibt es Städte, die eher Weltstädte genannt werden dürfen. Wenn ich da beispielsweise nur an Hamburg und die jahrhundertelange Hansetradition denke. Die haben Geschäfte mit fremdem Ländern schon zu einer Zeit gemacht, in der Berlin die ärmliche Residenz eines armen Kurfürsten war und die Ritter des Deutschen Ordens sich durch ostpreussische Sümpfe schlagen durften.

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Eins zwei drei und Zwischenspiel
..... so könnte man die Patchwork-Biografie von Berlin titulieren.

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Ich weiß nicht, ob es stimmt, nicht einmal, ob sie zuständig ist: Eine befreundete Keltologin erzählte mir, daß "Berlin" tatsächlich "Sumpfloch" bedeutet. Das verzweifelte Ringen um das Ehrenprädikat "Weltstadt" hätte etwas Rührendes, wenn Berlin nicht immer auf die eigene Propaganda hereinfiele. Siehe Bankgesellschaft und Mädchen vor dem Kaffee Burger.
Die Stadt ist so ein Monstrum. Ein paar Jahrzehnte deutschen Parvenutums, mehr war nicht, dann haben nacheinander zwei sieche Staaten, DDR und Berliner Republik, vor allem dran herumgebaut, um Geister zu exorzieren, die nicht weggehen wollten und wollen.
Aber Berlin ist vorn bei dem, was wirklich passiert: Im Niedergang. Weil man hier nichts hat, um sich noch eine Weile festzuhalten. Nicht die schönen Wälder Thüringens, nicht die bayerische Selbstgewißheit, nicht die Kraftmeierei Schwabens, nicht einmal eine große proletarische Industriegeschichte wie der Mittelwesten. Hier fliegt eine Kultur auf die Schnauze, die sich überschätzt und Gestus mit Substanz verwechselt. Sie hängen Milchglas in die von Zombies bevölkerten Bahnhöfe und denken, damit könne man das Jetzt einholen. Die Schwaben und Bayern bauen noch immer Autos und Waffen; erwirtschaften genug Geld, um in der Hauptstadt Fassaden sanieren zu lassen.
Aber es hilft nichts. Die eitrige Leere quillt aus allen Ritzen. Berlin ist die erste unter den Pestbeulen, gelb und reif. Man muß nur mit einer Nadel ihren Nukleus, die Christiansenblase, anpieken, schon platzt das Ding auf und die eklige Suppe schwappt runter bis an die Alpen, daß nur ein paar Zwiebeltürme und der Fernsehturm noch oben herausschauen.

(Ah, neoexpressionistisches Pathos, das darf sein, das muß schon sein. "Terrordrom" ist ja auch sehr gut.)

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Wie sagten doch die Ärzte so schön im Interview?
"Wir wollen, daß der Regenwald endlich abgeholzt wird, damit wir Sting nicht mehr sehen müssen."

Und ich bin dafür, daß das marode Berlin endlich wieder in seine alten Bezirke unterteilt und dann in Einzelteilen bei eBay versteigert wird, oder meinentwegen komplett abgerissen und mit mehreren Millionen Kubikmetern Morast und importierten Anopheles-Mücken in ein Malariagebiet verwandelt (Arbeitskräfte vor Ort sind genug vorhanden, Sklaventreiber auch) oder zur Fußball-WM 2006 von holländischen Extremisten mit waffenfähigem Tilsiter für Jahrhunderte unbewohnbar gemacht --- wenn, ja wenn ich dann endlich dieses ganze neoimplosionistische Niedergangsgeleier nicht mehr hören muß! :-P
("Neo-Expressionismus" - auch das noch! Ich fand schon den Expressionismus peinlich. Das nur nebenbei...)

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Jenseits von (Rolf) Eden
Don sei von meiner Invektive mal ausgeklammert, denn der ist wirklich ein echter "Zwangsberliner" - aber eines, was ich über Berlin gelernt habe, ist, daß Pro- wie auch Contra-Äußerungen über diese Stadt (wie auch über andere, aber Berlin im Besonderen) die häßliche Eigenschaft haben, sehr schnell ins Peinliche abzugleiten.
Weiß auch nicht, warum.
Vielleicht, weil Berlin das Talent hat, peinliche Peinlichfinder anzuziehen, die sich dann von der peinlichen Eigenschaft ihres Angezogenseins rein waschen müssen. Das sind insbesondere die archetypischen Berlinjammerer, die aber leider in keine andere deutsche Stadt mehr ziehen können, weil Deutschland ja noch mehr scheiße ist, sondern sich dann schon gleich ins Ausland absetzen müssen - aber dies komischerweise dann doch nicht tun.

Leider.

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Meine Theorie und Erfahrung (Berlin 1980-1992 und beruflich immer mal wieder):

Berlin ist anstrengend. Schnell, laut, wach, schreiend, herausfordernd. Das kann zur Droge werden. Man ist nur mit dem eigenen Überleben in der Stadt beschäftigt und nimmt andere Dinge/Städte nicht mehr wahr. Wenn man meint, nirgendwo anders hinziehen zu können, dann, weil man die Fähigkeit verloren hat, sich andere Lebensumstände vorzustellen und weil man meint, nicht die Kraft dafür zu haben.

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Ja.

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Ich bin heute sehr zornig und hab mich hinreißen lassen. Verzeihn's mir. Ich nehm die defensive Rolle aber gern an, das ist nur gerecht:

An die Drogentheorie glaube ich nicht, ich habe mich zwar einst für die Stadt entschieden, aber ohne sie zu kennen, und jetzt muß ich hier fertig machen, bevor ich wegkann. Gegen eine hübsche Ecke mit nicht gar so verbitterten Menschen, auch in Deutschland, hätte ich nichts einzuwenden.

Der Niedergang allerdings ist ziemlich greifbar. Nicht so sehr der ökonomische - das Dauergekrisel haben Briten und Japaner und weißderteufelwer ja auch schon hinter sich und niemand wohnt in Höhlen deswegen. Aber es ist nicht nur eine wohlfeile kulturpessimistische Pose, darauf hinzuweisen, daß hier einiges implodiert. Ihre Gelassenheit, booldog, ist natürlich souveräner. Ich werde nur langsam paranoid, wenn ich ab und zu den Fehler mache, Christiansen einzuschalten oder einen frisch nach Berlin gezogenen Musiksender. Oder U9 fahre. Oder versuche, eine Bibliothek zu benutzen. Es ist schon so, daß da Dinge ins Rutschen geraten sind.

(Und tun Sie dem Expressionismus nicht unrecht. 's war auch gar nicht prätentiös gemeint. Rolf Eden ist so ein alter Typ, der gern so wär wie dieser Herausgeber vom Playboy, oder? Auch ein Schicksal, aber... ähm? Erklären Sie mir, was soll der hier?)

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Rolf Eden oder Georg Gafron sind die typischen Protagonisten des Mauer-Berlins. Damals hat man in Berlin gut von fremden Geldern gelebt und fühlte sich als grosse Nummer, weil immer mal ein US-Präsident vorbei kam. Alles Fassade. Die Fassade ist 1989 gefallen. Genau wie Eden oder Gafron (die, wie viele der immer noch Ton angebenden Meinungsführer und Lokalpolitiker aus der Vor-Mauerzeit, es noch immer nicht kapiert haben, dass der Laden nun anders läuft).

Mal ein andere Gedanke von mir: Das Elend in Berlin ist auch besonders augenfällig, weil es sich nicht versteckt. Keiner macht sich die Mühe, illegalen Sperrmüll schnell wegzufahren, niemand verdeckt leerstehende Läden durch grossspurige Werbeplakate, nirgendwo wird versucht, ein Mindestmass an Bürgerlichkeit zu bewahren. Da ist nicht nur was ins Rutschen gekommen, es rutscht schon gewaltig und ich zweifele daran, dass es noch aufzuhalten sein wird.

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"Jenseits von Eden" bezieht sich auf eine nach unten offene Peinlichkeitsskala.
Nein - das Elend ist wirklich augenfällig und mir noch ziemlich frisch http://rebellmarkt.blogger.de/stories/84347/ präsent.
Und auch das lebende Klischee vom "Wir kriegen das gechillt" sagenden Möchtegern-Regisseur im Waschsalon am Rosenthaler Platz. Nur ist es so augenfällig, daß es eigentlich nicht mehr ständig thematisiert zu werden braucht.
Vielleicht bin ich auch nur zu sehr enntäuscht, daß alles nicht mehr wie Anno 2001 dort ist. Aber 2001 war auch ein Fake, wie wir alle wissen.

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Gut - Zustimmung. Darum ging's ja gar nicht, das sind so Dinge, die sind eher amüsant in ihrer unwahrscheinlichen Klischeehaftigkeit. Die Waschsalonlöwen und Eckbrillenträger auf den Stufen der Volksbühne etc, naja. Wie gesagt. Sehr einfach, das. Die haben auch wenig mit dem Niedergang zu tun, die sind in den 60ern ja in Schwabing gesessen.

Was fehlt, im Berlin/Anti-Berlin-Diskurs, ist: Was bedeutet's eigentlich? Die Frage ist doch nicht: Ist die Stadt toll oder nicht, ist man dafür oder dagegen und ist es peinlich, eine Meinung dazu zu haben? Das ist tatsächlich alles ziemlich egal. Es ist nur 'ne Stadt, d'accord. Und man muß auch nicht mehr rausfinden, ob's nun in Wirklichkeit eine Weltstadt oder ein Sumpfloch ist. Meinetwegen.

Interessant dagegen ist, was in dieser Stadt passiert. Drum seh' ich gerne zu, so schäbig es ist. Die Ratlosigkeit, immerhin core asset in diesem Blog, ist hier so dick und lastend wie nirgends sonst, und daher ja auch diese Berlin-Einträge, nehme ich an.
Die berühmten Spexbrillenträger schauen in der Volksbühne halt Castorf und Schlingensief dabei zu, wie sie verkünden, auch nicht zu wissen, was jetzt, und ersatzweise ihren Schauspielern Möhren in den Arsch stecken.

Vermutlich hat hella Recht und es ist alles einfach nur die sich beschleunigende Selbstaufgabe des Bürgertums, vor der wir da kopfschüttelnd stehen.

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Markt ohne Rebellen
"Selbstaufgabe der Bürgertums" - allerdings.
Ich sehe meine Berliner Freunde mit M.A. langsam auf den Hund kommen. Keine Perspektive. Nichts. Kriegswinter ohne Aussicht auf Wirtschaftswunder. Durchwursteln.

Was mich am meisten erschreckt, ist das offensichtliche Desinteresse an den Zuständen und Verhältnissen, die die eigene Situation mit herbeigeführt haben. Man macht halt das unbezahlte Praktikum bei der Netzeitung, kassiert dafür weiter Stütze (die ab nächstes Jahr weniger wird), läßt sich verwalten, demütigen und abfertigen wie Schlachtvieh, ohne sich auch nur einmal zu fragen, wer - gerade in Berlin - offenkundig zu den Gewinnern der Misere zählt. (Vgl. http://www.freitag.de/2003/48/03481501.php .) Grunewald liegt halt außerhalb vom eigenen Kiez.

Ich frage mich ernsthaft, ob man sich nächstes Jahr die Möhre unter Behördenaufsicht selber einführen muß, um weiter Leistungen zu beziehen. Und - wer es dann tut, und wie man (es) sich selber verkauft und verklärt.

Dann wird neben Schlaghosen und Schlafanzugoberteilen der grüne Puschel hintenraus der neue Mitte-Chic.

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@ booldog: Dafür ist aber die netzeitung operativ in den schwarzen Zahlen.

@ spalanzani: Das Core Assets dieses Blogs sind die Menschen, die glaubten, eine Revolution zu machen und nun feststellen, dass es nur eine Rebellion war, für die es keinen Markt mehr gibt - obwohl es der Markt war, für den sie alles getan haben.

Dass die Geschichten hier im Moment um Berlin gehen, liegt nur daran, dass man mich gebeten hat, einen leitenden Posten eines kleinen US-Unternehmens kurzfristig zu übernehmen, was sich aber langsam zu einer unendlichen Geschichte auswächst. Wenn das vorbei ist, rückt wieder die Munich Area in den Blickpunkt.

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@ hella: Na denn, willkommen in der Spiesserversion von Bladerunner City, wo vertierte Prols und kaputte Spiessbürger nur noch überfahrbare Karosseriebeschmutzer für die Happy Few sind, die zum Wochenende sonstwohin raus aus dem Slum jetten.

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Im Westen Nix Neues
@ booldog: "Ich sehe meine Berliner Freunde mit M.A. langsam auf den Hund kommen. Keine Perspektive. Nichts. Kriegswinter ohne Aussicht auf Wirtschaftswunder. Durchwursteln." - so ging es meinen Göttinger, Bremer, Hamburger Freunden schon 1993, das war schon 1986 das, was ich selber vom Ende meines Studiums erwartete, auch wenn es dann anders kam.
Vorher, in den 70ern, sorgte Berufsverbotsterror dafür, dass Leute mit einer anständigen Gesinnung mit Langzeitarbeitslosigkeit rechnen mussten.

Da machen Ingenieur- und Informatikstudiengänge nur eine Erfahrung durch, die für uns Geisteswissenschaftler schon immer da war. Eine einzige Tatsache hat sich geändert: Die Perspektive "Wenn alle Stricke reißen, gehe ich zu VW ans Band" existiert nicht mehr.
Ist Berlin eine Stadt? Das alte Berlin, das ich kannte, bestand aus Vierteln, wie Kreuzberg, Wedding oder Charlottenburg, und wer nicht aus dem eigenen Viertel ist, ist ein Ausländer. Der Dortmunder war doch dem Kreuzberger näher als der Charlottenburger. Ich kann nicht beurteilen, wie das jetzt ist. Die schönsten Städte Deutschlands sind eh Hamburg und Bremen. Und den statistisch höchsten Grad an Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Stadt hat Osnabrück.

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