Der schwarze Weg

"Schwarze Bergwege sind schwierige Bergwege, sie sind lückenlos markiert, schmal, ganz oder zum Teil sehr steil angelegt, oft ausgesetzt und können bei schlechtem Wetter gefährlich sein. Diese Bergwege können auch längere versicherte Kletterpassagen aufweisen (das sind Stellen, die nur mit Gebrauch der Hände überwunden werden können) und sollten daher nur von absolut trittsicheren, konditionsstarken, absolut schwindelfreien, alpin erfahrenen Bergsteigern mit einer den Anforderungen des Weges entsprechenden Bergausrüstung begangen werden"



Wenn man vom Affenfelsen Rottach Richtung Schurkenstaat Österreich fährt, kommt man durch Kreuth. Links ist der schwarze Schlamm der CSU im Tal, rechts ein markanter, spitzer Berg, genannt der Leonhardstein, und mit 1461 Metern gar nicht mal so arg hoch.



Es ist eigentlich kein Berg, sonder ein Riff aus der Zeit, als sich hier noch ein Urmeer ausbreitete. Spätere Gletscher haben seine Form nicht beeinträchtigen können, und die letzten dreihunter Höhenmeter sind der schwarze Weg.



Das war heute für mich die Grenze, ich war nahe dran an der Aufgabe. Auf dem Hügel gleich rechts vom Gipfel ist die Neureuthalm, die 500 Höhenmeter über meiner Wohnung liegt. Es sind nur hundert Höhenmeter mehr auf den Leonhardstein. Aber kein Meter gleicht dem Waldboden weiter unten im Tegernseer Tal. Nur abgeschliffener Fels, Wurzeln, lose Steine, und alles ist noch glitschig und feucht.



Oben ist nur nackter Fels, eine sehr kleine Fläche und ein Abgrund hinunter nach Kreuth. Sonst nichts, keine Hütte, keine Kapelle. Es ist exrem einsam hier oben. Das alles sieht nachher sehr viel entspannter aus, als es tatsächlich war. Man merkt bei solchen Touren, was einem die restliche Welt teils gegen gutes Geld auszureden versucht: Dass man älter wird.



Warum man das macht, wenn man auch unten am See sitzen könnte, ohne Mühen und Rutschgefahr? Ich weiss es auch nicht. Der Berg ruft, sagt man, ich wollte da schon lang mal hoch, nur um dann zu sehen, dass da hinten von links nach rechts auch noch der Rofan ist, und der Unnütz, das Zugspitzmassiv und viele andere Berge, die noch etwas höher sind.

Aber meistens nicht so verdammt schwarz.

Sonntag, 3. August 2008, 03:33, von donalphons | |comment

 
Warum man dort hinaufgeht? Die Antwort hat doch (wahrscheinlich) dieser Herr schon gegeben: "because it is there".

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Ich habe immer leichte Bedenken bei einfachen Erklärungen - es könnten auch die Dümmsten sein.

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Genau diesen Gedanken
hatte ich auch angesichts dieses Satzes. Damit kann man nun mal alles (und nichts) begründen.

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Vielleicht gibt die Fragestellung auch weniger her, als es scheint. Braucht es denn immer einen Grund?

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well done!
da bekommt man gleich lust, wieder einmal zu klettern. es ist wie beim segeln: entweder du schaffst es oder du schaffst es nicht. der natur ist es egal, aber es fühlt sich gut an, wenn man sie bezwingt. und deshalb macht man es. zumindest auch.

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Es hat vor allem mich geschafft. Das ist einer der Wege, da ist der Abstieg in jeder Hinsicht unangenehmer als der Aufstieg. Und Spass war es auch nicht wirklich. Selten fühlte ich mich von einem Wald so ausgespuckt wie gestern.

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das eben ist aber das richtige gefühl. anders ausgedrückt: passt schon. (wünschte, mein wochenende wäre so gewesen.)

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Überrichtig. Die ein oder andere Qualstelle hätte es wirklich nicht gebraucht. Nichts gegen Anstrengung, aber wenn man sich überlegt, ob es wirklich noch der Gesundheit zuträglich ist, ist der Spass vorbei. Es ist ja nicht nur die Anstrengung. Ingendwann kommt auch die Angst.

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stimmt. ich hatte da mal quasi so ein nahtoderlebnis, allerdings nicht am k2 oder so, sondern in den tafelbergen der sächsischen schweiz. man braucht keine besonders hohen berge dafür, nur schwierige stellen und keine anseilung. mit der angst kommt auch sofort eine art muskelschwund, und das kann dann wirklich gefährlich werden, zumal an stellen, wo man nicht mehr zurück, sondern nur noch (über abgründe) nach vorne klettern kann. angst geht erheblich an die knochen. man lernt daraus aber auch, z.b. die tour das nächste mal besser zu planen. vor allem: niemals anspruchsvolle wege alleine gehen!

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Manchmal ist die Angst aber einfach überlebensnotwendig, weil sie Dich vor Deinem größten Feind bei solchen Aktionen bewahrt - dem Leichtsinn (na gut, vielleicht ist Angst das falsche Wort für das, was ich meine... eher wohl Respekt).

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ich weiß immer nicht so recht, ob ich das auch könnte - wahrscheinlich fehlt mir dafür einfach auch der alpine hintergrund. ich habe bisher erst einmal eine bergtour gemacht, den touriklassiker auf die zugspitze. ein wenig fühlt man sich doch betrogen, wenn man abgekämpft da oben aufschlägt und alles ist voller tagestouristen mit badelatschen, die sich darüber beklagen wie kalt es doch dort oben ist. da bekam ich ganz unüblicherweise einen kurzen aggressionsschub. davon scheint man an diesem hier gezeigten ort wirklich gnadenvoll verschont zu bleiben. die verbrecher können ja nicht überall eine seilbahn abwerfen.

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Sagen wir mal so: Wenn man nicht jeden Schritt sehr genau aufpassen muss, was man tut, kann so eine Tour sehr entspannend sein. Gerade, wenn man nachdenken will. Das war gestern aber ganz anders.

Wegen der anderen muss man sich nichts denken. Die meisten Touristen am Tegernsee liegen am Ufer, im Pool, im Wellnesshotel, oder kaufen in Rottach die Geschäfte leer. Die einzige grössere Seilbahn ist am Wallberg und weiter hinten in Österreich am Rofan, aber nur ein paar Meter abseits hat man auch wieder seine Ruhe. Der Trend in die Berge ist mehr ein Trend zum pinkdirndligen Lifestyle im Tal, denn zum Besteigen der Berge.

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ja, sowas stellte ich auch fest: ab 1200 meter wird bayern erst wirklich senstionell.
(oder wie ein freund, gebürtiger emsländer, mir seit jahren immer wieder versucht, das besagte bundesland ans herz zu legen:
bayern ist schön! - nur die leute stören...;-)

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Auf der Suche nach der besten aller Welten oder einer Antwort auf die Frage warum man sich solchen Mühen und Gefahren aussetzt … ähh … sagt man in dem Zusammenhang nicht auch:

"Auf den Gipfeln wohnt die Freiheit – in den Tälern herrscht der Neid."

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Kondition wäre weniger das Problem, Schwindelfreiheit um so eher. Es ist schon enorm und der Ausblick selbst wäre wünschenswert, wenn auch für mich wohl unereichbar. Eindrucksvolle Bilder übrigens, aber war da jetzt oben der Selbstauslöser am Werk oder ein ächzender Begleiter?

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Bevor ich da hoch bin, habe ich so viel trainiert, dass ich den harten Weg auf die Neureuthalm auch bei hohen Temperaturen 15 Minuten schneller als die angegebene Zeit und ohne Mühen geschafft habe. Ich bin also nach menschlichem Ermessen für einen Wanderer trainiert, aber das Ding ist brutal. Allein schon wegen all der Steine auf dem Weg, die einem die Kondition schon im flachen Stück angreifen. Es hat also einfach nicht gereicht, obwohl ich inzwischen wieder sehr schnell regeneriere. Schwindelfreiheit ist da oben wirklich nötig, denn auch auf dem Weg geht es schon mal 20 Höhenmeter ohne Unterbrechung von Material grösser als ein paar mannshohe Steinspitzen nach unten. Wer da ausrutscht, nun.

Generell aber: Es gubt gleich daneben noch drei angenehme und noch höhere "Hatscherer", wo man auf breiten Feldwegen in drei Stunden auf 1700 Meter kommt. Da ist der Blick auch nicht schlechter, und das vollkommen ohne Dummheit Risiko. Ich bin allein hinauf und war als letzter oben, was nochmal zwei wenig weise Dinge sind.

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ein wenig fühlt man sich doch betrogen, wenn man abgekämpft da oben aufschlägt und alles ist voller tagestouristen mit badelatschen, die sich darüber beklagen wie kalt es doch dort oben ist
Ein überlaufener Berg ist eine Plage. Wenn man sich aber an Bergwanderungen gewöhnt hat, und die richtige Strecke dazu, dann ist das wunderschön.

Ein anderer Aspekt: Ich bin auch nie Menschen so schnell nahe gekommen, wie auf einer Bergwanderung. Selbst, wenn man sich stundenlang nicht gesagt hat, schafft das eine tiefe Verbindung.

Bergwanderungen sind toll.
- Pssst! -

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Scharz = blauweiss ?
Ich kenne nur die Farbcodes für Schweizer Wanderrouten und österreichische, gehe aber mal davon aus, dass es sich um alpine Steige, so in der Region T3 und T4 (vielleicht teilweise T5) bewegen müsste. Das ist wirklich nicht ohne und erfordert neben Schwindelfreiheit und Kondition vor allem gutes Schuhwerk. Das mit dem zu spät losgehen kann echt in die Hose gehen. Wir haben letztes Jahr uns am Saulakopf (http://www.alpine-wandergruppe.de/saula.htm) versucht und mussten vor dem Gipfel abbrechen, weil wir einfach nicht mehr rechtzeitig runter gekommen wären.
Dieses Jahr war es besser, auch die Kondition - allerdings sind wir kurz nach der Schneeschmelze hoch (Gipfel liegt auf 2517m) und die Sicherungen (lange Strecken ausgesetzter Weg und mit Seilen gesichert) waren größtenteils im bescheiden Zustand (dran festhalten nicht möglich). Was hab ich Blut und Wasser geschwitzt - aber wir wollten ja unbedingt da hoch!
Gut, geschafft - aber der Grund? Weil er halt da ist, der Berg. Klingt blöd, ist aber so :)

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