: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 17. August 2008

Kreuzweise

Seit drei Wochen schiebe ich hier einen Beitrag vor mir her, den ich nicht schreiben möchte. Ein Beitrag, der persönlich ist und sehr gut aufzeigt, wie verkommen dieses Land der Bayern ist, wie wenig es dem vorgetäuschten Bild entspricht, das die CSU entwirft, und wie gnadenlos das Gute weggeräumt wird, weil man am Ende eben doch vor Brüssel und Berlin im Staub kriecht. Es kann urbayerisch sein und mit der Erde verwurzelt, es kann die Seele des Landes sein und das Beste für die Menschen: Trotzdem wird das Kleine und Feine ruiniert, und das Billige und Schlechte erhält freie Bahn. Ich habe drei Wochen mit diesem Land und seinen ausführenden Organen gehadert, das es mal wieder gewagt hat, meinen Lebenskreis zu stören, und ich habe mir drei Wochen überlegt, mit welcher Methode ich mich wehre.

Da haben wir also eine Frau, die von der Rationalisierung des Staates in nicht allzu jungen Jahren betroffen ist. Andere in diesem Alter würden sich arbeitslos melden, ein paar Zwischenqualifikationen machen, dann mal in Kur gehen und somit eine Frührente anstreben. In diesem Fall ist es anders, denn die Frau kann nicht anders als aktiv sein, sie muss etwas tun, und wenn der Staat keine Arbeit vermitteln kann, schafft sie sich eben selbst eine Arbeit und produziert etwas, das viel zu meiner Küche, den kulinarischen Freuden und meinem Foodporn beiträgt. Wenn hier Gäste sind, bekommen sie oft etwas von diesem Produkt mit, und manchen Journalisten erklärte ich damit, was Bayern für mich ausmacht: Diese Frau, ihr Anpacken und das Ergebnis. So schmeckt dieses Land.

Nun gibt es aber auch so etwas wie eine Gewerbeaufsicht. Und der ist es vollkommen egal, das die Frau mit ihrer Arbeit einen Teil der Landschaft bewahrt, dass sie selten gewordene Pflanzen hütet und pflegt, dass sie das, was sie tut, mit Erfahrung und Liebe macht, dass sie seit langen Jahren ausschliesslich zufriedene Kunden hat und obendrein eine Zierde des Marktes ist. Sollte es sowas wie gute Feen geben, müssten sie exakt so aussehen. So etwas gibt es aber nicht bei den Sesselfurzern in Brüssel und auch nicht bei den Arschkrampen der Lobbyvereinigungen, die für einen angeblichen Verbraucherschutz irrwitzige Markteintrittshürden aufbauen - oder damit Menschen, die seit Generationen für Qualität und Erfahrung stehen, rausdrängen.

Feen kennen auch nicht die Dreilochamtsschimmel in den Stellen des Staates, die dergleichen dann in Landesgesetze packen und durchreichen bis hinunter in die unterste Ebene, die nach vielen Jahren und vielen zufriedenen Kunden plötzlich nicht nur eine Probe wollen, sondern auch einen angemessenen Arbeitsraum. Und einen Nirostatisch. Und noch ein Waschbecken, und einen speziellen Herd und eine Dusche, und sonst nichts, alles andere muss raus, und ausserdem muss alles, was drin ist, in exakten Prozentangaben vermerkt sein. Das heisst nicht einfach mischen, was da ist, da muss exakt, exakt gewogen werden, als würde hierzulande irgendwer, der auch nur halbwegs kochen kann, irgend etwas wiegen. Oh, das Produkt ist natürlich toll, keine Frage, aber wenn es nicht angepasst wird, darf es auch nicht verkauft werden. Oder die Frau schafft alles an, zahlt die 10.000 Euro und kann schauen, wie sie das wieder in den nächsten Jahren hereinholt, nachdem sie den Staat jahrelang durch ihre Tätigkeit entlastet hat. So ist das, in Bayern. Bayerische Entscheidungen von Leuten, bezahlt mit bayerischen Steuern, und morgen fressen wir dann alle den Gendreck von Monsanto, oans, zwoa, Hauptsache der Schein stimmt in unserem gottmitdirigen Hinteroaschloching im Soachtal am Brunzlweiher, ganz weit weg vom idyllischen Foodporningen.


Mittelbild und Grossbild

Aber offensichtlich haben auch andere keine Lust, in Hinteroaschlochingen die Lederhose runterzulassen, und diese Leute wissen auch, dass sich Brüssel auf den Rüssel reimt. Und obendrein ist es auch so, dass zwar im anderen Landkreis zwar Vorschriften zur Produktion gemacht werden können, aber der Markt in diesem Kreis hier ist. Und es deshalb auch allein Sache dieses Marktes ist, was hier verkauft werden darf, und was nicht. Weil, da könnt ja jeder kommen. Das nächste Mal verbieten sie freilaufende Hühner, weil die Rasen nicht der Futterverordnung entsprechen. Oder sie verbieten Eigenbautomaten, weil sie zu klein sind. Oder die Jahrhunderte alten Zwetschgensorten, weil sie in Brüssel nicht gelistet werden. Das könnte denen alles einfallen, wenn sie erst mal in dieser sache ihren Willen reingedrückt haben. Do leckt´s mir, denkt da ein jeder, und zwar kreuzweise, bis hinauf zu dem, der hier das sagen hat.

Und der sagt nun nach einem Gespräch mit der Frau und drei Wochen nach dem Schmarrn von den anderen, dass es ihm scheissegal ist, ob die Produktion den Standards der anderen genügt, das Produkt jedenfalls ist für den Markt hier in Ordnung. Und soll bleiben. Wo samma denn. Des is wias is, es woa scho imma a so, und der nächste EU-Abgeordnete, der auf die Rechnung der Lobby frisst, den soll beim Scheissen der Blitz treffen. Kreuzweise.

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