Vom Boom betroffen

Es klingt paradox,aber für Vermieter sind Zyklen der wirtschaftlichen Überhitzung nicht gut. Vermieten ist ein gutes Geschäft,wenn Mieter zumindest ein paar Jahre bleiben, und das tun sie nur, wenn sich ihre Lebensumstände nicht zu sehr ändern. Wenn Firmen an diversen Standorten Ausftiegschancen bieten und hohe Flexibilität und Mobilität verlangen, ist das nicht gut für ein normales Bewohnen. Vier Wochen Abwesenheit ist schlecht für alle sanitären Einrichtungen, und je wichtiger andere Orte werden, desto mehr verwahllost das eigene Heim.

Ist dann erst mal der nächste Gehaltschritt da, kommt der Wunsch nach einer besseren Bleibe, der Mieter wird erst ungeduldig, weil er nicht mehr zufrieden ist, weil die Wohnung nicht mehr seinen Ansprüchen gereicht, und dann geht er. Meist recht schnell und überlässt dem Vermieter das Problem, zu ungünstiger Zeit einen neuen Mieter zu suchen. Nur, wenn in der Zeit die Mietpreise angezogen haben, kann man die durch Auszug, Renovierung und Neuvermietung entstehenden Verluste kompensieren. Die Folge: Vermieter rechnen die Geschichte durch, kalkulieren das Risiko häufiger Mieterwechsel mit ein und setzen bei allen, egal ob bleibend oder auf dem Sprung, die Miete hoch. Mobilität ist daher asozial.

Wenn dagegen die wirtschaftliche Entwicklung massvoll voranschreitet oder gar ein wenig schrumpft, wird der Umzug schnell unattraktiv. Schliesslich kostet der Umzug Geld, man weiss nie, wie neue Vermieter sind, das Risiko wandert in solchen Märkten eher zum Mieter, und es entsteht nicht diese grosskotzige Mentalität des "ich leiste mir das einfach", die globale Spieler so angenehm und freundlich erscheinen lässt, dass sie ein advanced Behaviour Coaching benötigen. Für Vermieter sind das goldene Zeiten: Verlässliche Geschäfte ohne grossen Aufwand. So gesehen sollte es gerade in der anstehenden mittelschweren Rezession eine angenehme Sache werden.

Wären da nicht ein Automobilhersteller und ein Rüstungsproduzent in der Stadt. Letzterer hat Verträge bis zum Tag des jüngsten Atomschlags, und ersterer baut nicht die Autos, die man braucht, sondern die Autos, die man will, wenn man zu der weit verbreiteten Klientel gehört, die mit der "Meine Firma leistet sich einfach einen besseren Dienstwagen"-Attitüde durchs Leben geht. Mit dem Ergebnis, dass die Kreditkrise in dieser Stadt der Vollbeschäftigung nichtexistent ist. Marken wie GM, Ford, Chrysler, BMW, Volvo, Renault und Citroen taumeln zwischen Pleite und Vollbermsung, hier braucht man dringend noch ein paar Hallen, und zwar am besten schon vorgestern. Andernorts streicht man Stellen, hier gründet man Entwicklerteams in Firmen aus, für die vor Ort schlichtweg kein Platz mehr ist. Und schickt die Leute Knall auf Fall nach Norden. Umzugswagen, die Mieten bis zum Ende der Kündigungsfrist, Sonderzahlung, alles kein Problem.



Nun habe ich noch Glück, dass mir die fragliche, betroffene Mitarbeiterin nicht mit einer Kündigung das Frühstück vergällt, sondern angesichts der Wohnungsnot in der Stadt sofort eine Freundin weiss, die hier einziehen möchte. Bei der letzten Wohnung gab es 20 Bewerber. Es ist immer noch angenehm, und besser, viel besser, als wenn man in einer entvölkerten Stadt des Ostens vermieten müsste. Es ist besser als Rüsselsheim, Köln oder Stuttgart. Es ist kein Vergleich zu dem, was ich aus dem Journalismus nebenbei höre, auch wenn ich selbst davon nicht betroffen bin.

Trotzdem fände ich eine gesamtgesellschaftliche Debatte wichtig, in der die negativen Effekte von Mobilität und Flexibilität aufgezeigt werden. Ohne dann Sesshaftigkeit und Vorstadttum ein Ideal ist, wäre zu überlegen, ob man statt Ansiedlungs- und Austauschspolitik nicht eher eine Bleibepolitik machen sollte , die ein kontinuierliches Wachstum fördert. Als Negativbeispiel fälllt mir gerade MTV ein, die erst alles nach München zogen, dann über den Gang nach Berlin die Mitarbeiter austauschten, in Kökn bei Viva rumholzten, jetzt in Berlin erneut auf die Kostenbremse treten und vermutlich längst auf der Suche nach einem neuen politschen Arschauswischer sind, der ihnen andernorts Millionenförderungen zuschiebt. MTV, die als cool gelten und ähnlich asozial wie jeder Hedgefond aus Dublin sind. Leerverkäufe mit Mitarbeitern, Leveraging mit staatlichen Mitteln.

Es wird auch ohne diese Verwerfungen noch genug Mobilität geben. Alte Zentren der überflüssigen Dienstleistungen wie Hamburg, Berlin und Frankfurt werden vergehen, industrielle Kernzonen bleiben bestehen, und die Provinz, das Kleinräumige steht vor einer grossen Wiederentdeckung. Kein Umzugunternehmer wird pleite gehen. Es geht nicht um die Wiedereinführung der Leibeigenschaft und der Dorfgestapo, sondern um die Frage, ob der deregulierte Umsiedlungsverkehr der Menschen für Sozialsysteme und Integration nicht ähnliche Probleme nach sich zieht, wie die unregulierte Zirkulation von Geld, Schulden und Derivaten.

Mittwoch, 29. Oktober 2008, 16:21, von donalphons | |comment

 
Du vergisst die individuelle Zwangsmobilität in den "alten" Berufen. Wir haben in meiner Kindheit an 6 verschiedenen Orten in Bayern gelebt, weil ein Arzt -- vor allem mit nichtdeutschem Namen -- halt nicht im Haus befördert wird. Der muß die Klinik wechseln, wenn er weiter kommen will. Und das hat nichts mit Wirtschaftspolitik zu tun.

Wenn du eine soziale Mobilität willst, mußt du mit geographischer Mobilität leben. Anders geht's nicht.

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Naja, aber das hat sich doch inzwischen in Bayern auch eingerenkt. Ausserdem geht es hier nicht um Leute, die eigentlich bleiben sollen, sondern um diejenigen, denen man eine Ideologie des Ortswechsels eintrichtert. Und die das dann auch noch gut, richtig und erstrebenswert finden.

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In meiner Stadt sind "Staffelmieten" sehr beliebt: Am Anfang ist die Wohnung noch halbwegs bezahlbar, im Zwei-Jahres-Rhythmus wird die Miete aber automatisch laut Vertrag jeweils kräftig erhöht. Irgendwann wird es dann für den Mieter fast unbezahlbar. Ich habe mir sagen lassen, dass ich richtig Glück hatte, in meiner Wohnungs-Finde-Not damals bei meinem Herzug nicht an so einen Vermieter geraten zu sein.

Sowas finde ich durchaus unsozial. Zumindest wird die Tatsache gezielt ausgenutzt, dass Leute kurzfristig denken: Sie brauchen dringend eine Wohnung (meist wegen Umzugs aus beruflichen Gründen), nehmen sie, weil sie ja preislich noch gerade eben in Ordnung ist, und denken, in zwei Jahren kann ich ja wieder umziehen. In zwei Jahren haben sie dann entweder den Stress und die Kosten des Umzugs, oder sie zahlen zähneknirschend doch Miete in einer Höhe, die sie nie zahlen wollten.

Ich frage mich aber auch, warum diese Staffelmieten aus Sicht der Vermieter so toll sein sollen, wo sie doch den ständigen Wohnungswechsel (der auch für den Vermieter Stress und Risiko bedeutet) geradezu herausfordern.

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Stimmt, Staffelmieten sind ein unerfreuliches Thema, und quasi eine Umschiffung des Verbots von zu starken Preissteigerungen, und auch nur in machen Zentren möglich. Es hängt halt davon ab, was man machen will: Hohe Renditen in Nutzgebäuden einfahren, oder ein Haus vermieten, um es am Leben zu erhalten. Das Haus hier ist reine Liebhaberei und Hobby, man darf keine Renditeberechnung machen, sonst kommt man nur auf dumme Gedanken. Die Belohnung ist in anderer Form. Es ist meins, von vorn bin hinten, ich habe hier alle Freiheiten.

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Gegen einen solchen Staffelmietvertrag
kann man selbst dann wenig ausrichten, wenn der Mietzins weit über die ortsübliche Vergleichsmiete hinausgeht. Ich hatte es diesbezüglich mal auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Lief dann auf nen Vergleich raus, obwohl man es mit bisschen gutem Willen schon als Mietwucher hätte ahnden können.

Wie auch immer, diese Halsabschneidergesellschaft (die auch noch einen unwirksamen Rahmenvertrag mit einem Makler hatte, der sozusagen erst hinterher dazwischengeschaltet wurde) hat dann das Haus verkauft, und mit dem neuen Eigentümer kamen wir sehr schnell überein, dass wir das mit der Staffelmiete bleiben lassen.

Und abgesehen von den äußerst unerfreulichen Erfahrungen mit dieser Halsabschneiderfirma (die beim Mieterverein auch einschlägig berüchtigt war) kann ich über meine bisherigen Vermieter nicht viel schlechtes sagen.

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Vorschlag
P.M. hat gerade einen Vorschlag rausgebracht, wie man (vorerst mal) die Schweiz umbauen müsste, um wieder auf den Boden zu kommen, will heissen, damit sich der Energieverbrauch bei einem umwelt- und sozialverträglichen Mass einpendelt. Dies bedeutet nicht nur eine Optimierung der Transportwege, sondern auch wieder kleinräumige, lokal verankerte Lebenszentren.

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Da spielt wohl auch ein wenig die Schweizer "gute alte Zeit" des Bündnertums mit hinein. Ich persönlich hätte vor dem Kaff, dem richtigen Kaff und nicht dem im Kaff enstandenen Millionärsghetto schlichtweg Angst vor zu viel Nähe und erzwungener Unterordnung.

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Zu klein dürfen solche Nachbarschaften nicht sein, sonst ist eben zu wenig anonym und man geht sich auf den Wecker. Das Kraftwerk1, wo auch der Autor wohnt, ist etwas unter der unteren Grenze.

Aber eine nicht mehr bezahlbare (in jeglicher Hinsicht) Pendel-Mobilität könnte uns dazu zwingen, eben Lebens- und Arbeitsräume wieder zu verdichten.

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Ich glaube das Häufig Mobilität mit Vorankommen verwechselt wird. Dabei ist Mobilität genau wie Wachstum ein zweischneidiges Schwert. Bei Pflanzen kennen wir den Riesenwuchs, bevor sie eingehen. Notblüten und Notfrüchte.

So ähnlich geht es den Menschen. Ein guter Freund von mir ist von Berlin nach München gezogen. Er wollte beruflich vorankommen. Ist er auch.

Der Titel auf der Visitenkarte wuchs, das Einkommen und der Dienstwagen auch. Allerding war das große Haus in Schmargendorf viel billiger als die enge Mietwohnung in München.

Man rieb sich aneinander erwärmte sich aber nicht mehr. Das wenige mehr auf dem Konto fraßen die Münchner Mieten und sonstige Preise. Die Kinder waren im Hort statt im Garten. Abstieg im Aufstieg.

Es kam wie es kommen musste. Sie kehrte nach Berlin zurück. In eine Mietwohnung mit den Kindern. Ihn bremst nun nichts mehr. Nur der Geldmangel. Die Wohnung kleiner, im Büro läuft es auch nicht so. Die Unterhaltszahlungen. Nun zeigt er das, was er Härte nennt und doch nur Unmenschlichkeit ist.

Menschen brauchen Wurzeln. Wer Menschen entwurzelt, enthemmt sie. Eine Gesellschaft der Neoliberalen enthemmt alle. Die Folgen werden bald sichtbar werden.

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Ich weiss nicht, ob in solchen Fällen die Wohnsituation nicht nur ein Vorwand ist. München ist zwar teurer, aber in vielen Aspekten sehr viel lebenswerter, angefangen bei der Sicherheit über das Wetter und das Umland - es ist nur eine halbe Stunde in die Berge! - bishin zur Mentalität der Bewohner. Man lebt in München einfach mehr in der Stadt selbst, die ist dafür eingerichtet, und man ist auch sehr schnell draussen.

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Es ist ja so eine Sache mit der Entwurzelung. Zum Beispiel gibt es in abgelegenen Gegenden so manch sumpfigen Boden, aus dem man seine Wurzeln gerne mal zieht, um sie in nährstoffreicheren Untergründen neu zu verankern.

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Das
ist fraglos richtig; besserr als Verkümmern ist das allemal. Die Ideologie jedoch behauptet, dass der Boden egal ist und man letztlich immer und überall sein kann, und sich seinen Boden passend macht, insofern der Boden irrelevant ist. Da bin ich dann doch anderer Meinung.

Und wie man an Bayern sehen kann: Auch schlechte Böden können erträglich werden, wenn sie nur die richtigen Leute ansiedeln.

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Mal ehrlich, wird' denn so arg schlimm sein?
Ja, ich bin's noch mal... hielt ich's doch nicht aus...
Täglich lese ich nun hier über die drohenden apokalyptischen Plagen, die über uns kommen werden. Die Beschreibung der Fahrt in die Schweiz vor diesem Hintergrund ist einfach phantastisch geschrieben, Kompliment.
Wenn alles das, was unser aller Leben im "Business" in den letzten Jahrzehnten bestimmt hat, wegfällt — bitte: Was wird uns dann fehlen? Wurde es denn nicht immer schriller, härter, kälter und menschenverachtender? Bestimmte nicht der Sachzwang, sprich, die Rendite, jede Entscheidung? Sei es die eigene — die eingeforderte und in regelrechter Putativ-Notwehr vorab angebotene Flexibilität und Mobilität, die letztendlich jegliches Zusammenleben unverbindlich machte? Oder der Druck, immer größere Turnover zu generieren und auch immer mehr persönliche Verantwortung dafür tragen zu müssen? Für "die paar Kröten" im Endeffekt? Ja, ich weiß, "die paar Kröten" sind relativ. Für mich so sehr, daß ich schon seit einigen Jahren viel weniger davon brauche, ohne daß ich meinen Lebensstil sonderlich habe einschränken müssen. Ich habe nur trennen gelernt zwischen dem, was mir wirklich wichtig ist und dem, was mir als notwendig aufgeschwätzt wurde von Leuten, die auch nur ihren Umsatz steigern mußten.

Laßt uns doch zufrieden und dankbar sein, daß der liebe Herrgott (oder wer auch immer) uns ein bißchen Hirn eingesät hat, mit dem wir unseren Lebensunterhalt auf eine Art und Weise verdienen können, die uns Freude bringt. Freude, nicht Spaß, bitte.

Jede Veränderung bietet auch immer neue Optionen für Euer leben. Ihr müßt sie nur erkennen und nutzen.

In diesem Sinne...
Ich muß jetzt prüfen, ob eine ca. 100 Jahre alte Holzlettern Fraktur-Schrift vollständig ist. Mit der wurden Plakate für die Mobilisierung 1914 gedruckt. Und zur Revolution aufgerufen vier Jahre später... Genau diese Lettern hielt ein Kollege damals in Händen. Das ist doch einfach... ja, ich weiß nicht... phantastisch.

Preuße

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@preusse

DANKE !
(Das i des amoi zu am Preissn sog...)

Otaku und Konsorten mögen mit Ihren Untergangs- und Kannibalismusprophezeiungen vielleicht (?!) Recht haben - dann kann ich mich immer noch umbringen wenn es soweit ist !
Aber bis dahin behalt ich mir noch ein bisserl Optimismus, sonst macht ja gar nix mehr Spass !

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mmh... der grad der flexiblen heimatlosigkeit sinkt reziprok zum ausmaß der geschichtsregression.

aber die faszination für (falsche) idole kann eigentlich beidem anhaften.

ich habe einen kollegen, der in gesprächen und besprechungen vor allem damit auffällt, dass er wie ein papagei die meinungen und markigen sätze von stereotyp-verkäufern wie spiegel, focus, schmidt & pocher und diversen polittalks im fernsehen wiederholt (die namen vergesse ich immer, weil ich sie selber nicht sehe). das ist so etwas. je markiger, je autoritativer, je schnoddriger und je schicker die sätze, desto mehr unsicherheit in den eigenen überzeugungen ist dahinter. manche haben überhaupt keine.

der kollege stammt aus mecklenburg-vorpommern, hat in münchen bwl studiert, ist dann für drei jahre nach texas gegangen, hat dort merkwürdigerweise nicht einmal ordentlich englisch gelernt, und landete schließlich bei uns.

auf dem lande im osten entwurzelt. in münchen zu zeiten der NE ausgebildet. in einem mit fast allen jobs und existenzzusammenhängen kompatiblen fach, bwl. in einer chip-bude in texas nach drei jahren nicht einmal halbwegs sozial integriert, daher fast keine amerikanischen sprachkenntnisse. zurück in deutschland erst eine weile in süddeutschland irgendwo, dann als controller in berlin arbeitend, alleinstehend und deswegen an den wochenenden nach mecklenburg zu den eltern fahrend. so kann man auch vierzig werden.

was ich aber eigentlich sagen wollte, war: es gibt stakeholder, die genau diese heimatlosigkeit interessiert, vor allem natürlich die heimatlosigkeit im geiste, die sich daraus ergibt, denn man bleibt ja nirgendwo so lang verwoben, dass sich aus den eigenen erfahrungen überzeugungen bilden könnten. und im gegensatz zur bürgerlich-gebildeten traditionspflege ist diese art der heimatlosigkeit ein massenmarkt.

p.s. schöne skulptur übrigens. zwar haarscharf am absolut knietiefen kitsch vorbeigeschrammt, aber so ganz weiß ist es ok, das sujet ist tatsächlich sehr ansprechend, und es passt zum thema.

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@itha
Im Mittelalter starben die meisten Menschen schon mit Ende dreißig. Glück für Ihn, dass die Menschen heute meist älter werden. Denn so wie sich das liest, hat der wohl bis jetzt sein komplettes Leben mit Bedeutungslosigkeiten verplempert. Ich hoffe er hat noch ein paar Jahre, um wenigstens noch einen Baum pflanzen zu können.
Sonst wäre das alles recht traurig.

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Was für einen Menschen Bedeutung hat und was nicht, ist doch höchst individuell, oder? Hätte der angesprochene Kollege bedeutungsvoller gehandelt, wenn er in der Heimat geblieben wäre und sich dauerhaft mit seinen Eltern verkracht hätte? Wer weiß, vielleicht telefoniert er ja auch jedes Wochenende mit texanischen Freunden und erzählt es nur nicht breit rum?

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Ich muß jetzt prüfen, ob eine ca. 100 Jahre alte Holzlettern Fraktur-Schrift vollständig ist. Mit der wurden Plakate für die Mobilisierung 1914 gedruckt. Und zur Revolution aufgerufen vier Jahre später... Genau diese Lettern hielt ein Kollege damals in Händen. Das ist doch einfach... ja, ich weiß nicht... phantastisch.

ernsthaft, preusse?

glückwunsch.

es haben also nicht nur bücher sondern auch schriften ihre schicksale.

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"Im Mittelalter starben die meisten Menschen schon mit Ende dreißig."

Im Durchschnitt. Wer die schwierige Phase nach der Geburt überlebte, hatte sehr gute Chancen, über 50 zu werden. Immer noch wenig, aber besser als 30.

Die Skulptur... ein Fundstück, über das ich wenig weiss, ausser Tschechoslowakei, späte 30er oder 40er Jahre. Ist vermutlich aber nicht ganz von schlechten Eltern.

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Da werden zwei Dinge miteinander verknüpft, die getrennt analysiert gehören.

Für einen Vermieter ist Mobilität schlecht. Daher vermieten wir lieber ein paar Euro billiger und wählen die Mieter nach der Wahrscheinlichkeit aus, dass sie länger als 2 Jahre bleiben - was nicht immer klappt...

Die individuellen Mobilität ist komplex. So im Lebenslauf: In vielen Fällen bestimmen die ZVS oder verfügbare Studienplätze den Umzug. Dann soll ein Student möglichst interessante Praktika machen und ein Auslandsemester zusätzlich - bedeutet Umzug und Mobilität. An Berlin sieht man ja am deutlichsten, dass das Kleben am ehemaligen Studienort tendentiell im Präkeriat endet. Also Umzug. Da steht nun der frischgebackene Akademiker und könnte zum ersten Mal selber die Mobilität wählen. Vorteil, wenn er aus einer Region kommt, die wirtschaftliche Chancen bietet (z.B. München, Rhein-Main, Köln/Dü'dorf). Dann wird es ihn eher wieder dorthin verschlagen. Für den Rest entscheidet der Arbeitgeber den neuen Wohnort. Ist auch für den Arbeitgeber besser, da er nun einen komplett entwurzelten Mitarbeiter hat, der nicht durch übermässig viel Privatsachen abgelenkt wird und den man weiter durch das Land schicken kann. Freut auch die Konkurrenz, die von der Mobilität profitiert, wenn der Headhunter anruft.

Das wird alles nett und modern verkauft, geht aber an den persönlichen Wünschen vorbei. Ich habe im Frühjahr nach 20 Jahren zum ersten Mal meinen Abiturjahrgang wiedergesehen. Ich war überrascht, wieviele dort in der Region leben - meist wieder leben, wenn sie endlich mal selber den Lebensmittelpunkt bestimmen konnten. Aber das klappt nur in einer wirtschaftstarken Region. Wer hier im Norden als junger Mensch erst einmal weg ist, wird nie wieder kommen.

Wie da die gesellschaftliche Debatte eingreifen kann, ist mir nicht klar. Es gibt wirtschaftliche Zwänge zur Mobilität, die man möglicherweise gesellschaftlich reduzieren kann. Aber es gibt auch das Interesse der Menschen an der Mobilität. Das Kennenlernen von Orten und Dingen, die man durch Medien und Internet sieht und Personen mit denen man problemlos Kontakt über weite Entfernungen halten kann.

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Die Freizeit-Mobilität,
lieber strappato, würde ich mit dem beruflichen Thema nicht vermengen wollen, das sind zwei paar Stiefel. Aber Deine Beobachtung, dass viele, sobald sie es sich aussuchen können, wieder in die Heimatregion gehen, deckt sich mit meinen Beobachtungen.

Ich sehe auch eher nicht, dass eine gesellschaftliche Debatte an den real existierenden Sachzwängen zu erhöhter Mobilität viel ändern kann. Aber die Anregung, zumindest auch mal die nicht so erfreulichen Folgen ins Auge zu fassen, ist nicht verkehrt. Ich bin in den zwei Jahren hier am Niederrhein nicht wirklich angekommen, und ich weiß nicht mal, ob ich es erstrebenswert finden soll. Denn wenns dumm läuft, sind wir grad wieder auf dem Sprung. Da sind die zum Teil virtualisierten Kontakte zu Nachbarn am früheren Wohnort oder mit einstigen Kolleginnen und Kollegen, die über die ganze Republik verstreut leben, mindestens genauso (oder noch mehr) bedeutsam wie der Treppenhaus-Smalltalk oder das Gedöns mit anderen Eltern zum Tag der offenen Tür im Kindergarten.

Und in der Gesamtwürdigung will ich auch nicht verschweigen, dass nicht zuletzt auch lokale Kontakte, die sich übers Bloggen angebahnt haben, sowas wie eine intakte Nachbarschaft geworden sind.

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Stadt der Vollbeschäftigung?
Mit dem Ergebnis, dass die Kreditkrise in dieser Stadt der Vollbeschäftigung nichtexistent ist.

Ich bin da leider nicht so optimistisch. Warten wir mal ab, was da noch kommt. Wenn es die vier Ringe auch erwischt, wird es für die Nebelmetropole doppelt schmerzhaft, weil die Monostruktur hier noch ausgeprägter ist als in Stuttgart oder München. Höchstens Wolfsburg oder Dingolfing sind da in einer ähnlichen Situation. Und die Gewerbesteuern aus der Rüstung fließen in den Landkreis PAF!

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Es gibt auch noch den Umzug innerhalb einer Stadt (oder Region), der sich aus dem schleichenden Verfall eines Viertels (Ortes) ergibt, oder aus der Egal-Haltung von Vermietern, die es mit ihren Pflichten nicht allzu ernst nehmen. Aber mit je drei Umzügen in Bonn und Düsseldorf bin ich hier vermutlich ohnehin die Ausnahme.

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Die Ausnahme nach unten? Wenn ich mal zähle: 9x bin ich in den letzten 22 Jahren umgezogen.

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Ja, das ist ein strammes Pensum! Aber ich vermute, das Gefühl der Entwurzelung hielt sich in Grenzen...?

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Ich habe gemerkt, dass dieses Gefühl später kommt. Z.B. Wenn es schwierig wird, dem Sohn zu zeigen, wo man herkommt, was einem prägt. Wo ich aufwuchs, bin ich mit 18 weg.

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20 Jahre
Vor 20 Jahren habe ich ein kleines Dorf in der Oberpfalz zu meiner Heimat erkoren. Ich bin dort zwar immer noch der Preuße, aber der Bauer vom Ort hat schon damit gedroht mich am Ort auf dem Gottesacker zu verscharren - wirklich ein Zeichen der Zuneigung in dieser Gegend. Den Kontakt zu meinen Freunden muss ich allerdings intensiv pflegen. Aber dank der Mobilität, heute kein Problem mehr. Ich habe hier Wurzeln geschlagen ,und ich werde dem Wunsch des Bauern wohl nachkommen.

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statt mobilität zu vermeiden, könnte sich die "gesellschaftliche debatte" auch darum drehen, wie man mit der mobilität umgeht. dass viele nach ihrer odyssee, sofern es die wirtschaftlichen umstände erlauben, wieder in ihre heimatgebiete zurückkehren, zeigt ja, dass es ein kollektives bedürfnis nach heimat gibt. der begriff ist ja in deutschland schwierig, auch darum müsste es gehen.

die zweite sache, die auch nicht mehr eindeutig zu beantworten ist: reisen, in anderen ländern arbeiten usw. kann bilden, es gibt leute, deren erfahrungsschatz, toleranz, bildung usw. gerade daher rührt. aber es gibt auch ein wirtschaftliches nomadentum, das so stukturiert sind, dass keine erfahrungen der andersartigkeit mehr gemacht werden. ich kenne das aus eigener anschauung. wenn arbeitsverhältnisse zu ständigem reisen zwingen, man am jeweiligen ort aber keine zeit oder möglichkeiten hat, persönliche verknüpfungen herzustellen (nicht nur mit menschen, auch mit dem ort - mit sprache, essen, musik, vieles andere kulturelle gehört dazu) und einem das gefühl des zuhauseseins rauben, muss man sich natürlich schon fragen, ob es das wert ist. unter umständen entspricht die bemessung, also das gehalt, nicht dem wert, den man sich davon verspricht. insofern ist der vergleich mit modernen finanzprodukten schon recht pfiffig.

das internet ist auch so ein ding, das in diese richtung schlägt. sind kontakte im internet, emails, chats, foren, blogs und dergleichen, wirkliche soziale interaktion? ich bezweifle das stark. es ist alles sehr solipsistisch.

in meinem haus wohnt unten parterre ein typ, der tagsüber schläft und nachts im internet unterwegs ist. er hat drei monitore, die ständig an sind: zwei computer und einen fernseher. wenn ich morgens zur arbeit gehe, sitzt er meist noch vor dem pc. ich bin sicher, er kommuniziert die ganze zeit mit irgendwem via internet, aber realiter ist er der einsamste mensch hier. je mehr internet, desto einsamer. und der pc könnte irgendwo stehen, er sieht nicht den herbst, ob es regnet oder die sonne scheint, es gibt buchstäblich keine verortung. es ist also beides, das zu viele reisen und das immer am eigenen pc sein, was zur heimatlosigkeit führt. auch ist die stadt in wahrheit zunehmend eine ortlosigkeit. das merkt man z.b. daran, wenn man anderen aus berlin, rom, london, paris, madrid oder helsinki etwas schönes mitbringen will: es gibt überall nur dasselbe!

drop me in any european capital, and i tell you where i am: in europe.

(letzteres liegt übrigens an einem ganz simplen sachverhalt, der sich durchaus beeinflussen ließe. und zwar daran, dass es nur einige wenige sehr große immobilienfirmen gibt, die europaweit - neuerdings auch im osteuropäischen raum - shopping malls bauen. die haben angestammte geschäftspartner im retail-bereich: H&M, mcdonalds, burgerking, C&A, bodyshop, etliche modefirmen usw., mit denen sie verträge haben, und so sind die innenstädte der metropolen und auch die der anderen städte alle gleich bestückt. also, sowas ließe sich sehr leicht ändern. da müsste die kommune nur mal auf andere ideen kommen bei der veräußerung von öffentlichem raum. was übrigens ebenfalls ein thema ist, das damit zusammenhängt: der schwund an öffentlichem raum, denn es ist ja alles privatisiert mittlerweile. man ist also in wahrheit nur als konsument zugelassen, nicht als bürger. gleichzeitig gaukelt es einem sowas wie öffentlichkeit vor, alle mit geld können "freizügig" in die arkaden gehen, man kann sich "demokratisch" mit der EC-karte jederzeit in den bankraum einloggen usw. - aber als penner wird man legal rausgeschmissen, denn jemand hat das "hausrecht", darf also entscheiden, wer da sein darf und wer nicht.)

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Shopping-Malls - ECE. Ein Thema für sich. Die Kommunen meinen zum einen, dass es zu einer modernen Stadt dazu gehört. Zum anderen ist z.B. ECE mit den Kommunalpolitikern, insbesondere einer Partei, gut "connected". Und die Bürger? Die freuen sich auf die "Ankermieter" wie H&M oder geiz-Markt, ohme zu merken, was sie dafür verlieren.

Ich war im Frühhar mal wieder in Polen. Auch da eine ECE-Shopping-Mall. Mit den gleichen Geschäften wie in Deutschland. Nur "Peek&Cloppenburg" heisst dort "van Graaf".

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sie merken es, aber sie führen es nicht auf H&M usw. zurück. statt dessen suchen sie kontakte, verortung, nähe, kommunikation, eigentümlichkeit usw. da, wo es das unter umständen gar nicht gibt: im internet.

iphone. das ist das hyper-symbol, in materieller form, für diesen romantizismus. mobil und trotzdem connected. oder twitter. auch das ist sowas.

auch blogs. mal eben schnell was bedeutungsvolles posten und so. in wahrheit haben wir aber alle bloß keinen sozialen zusammenhang, der uns gar keine zeit, kein bedürfnis und keine veranlassung für dieses derivatverhalten lassen würde.

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es gibt überall nur dasselbe

Es ist sogar noch viel Schlimmer. Es gibt nämlich nichts mehr, was es nicht auch an allen anderen Orten gibt.

Der Begriff Heimat wird meiner Erfahrung nach nur da schwierig, wo die Heimat ganz Deutschland sein soll.

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ja, und es gibt natürlich in zusammenhängen, die kleiner sind als stadt, immer auch den beschränkten horizont von leuten, mit dem man dann zu kämpfen hat. wie gesagt, wissen oder weltläufigkeit geht umgekehrt proportional mit "geschichtlichem" heimatempfinden.

zwei dinge, die mir dazu einfallen: nirgendwo sonst als im "ausland" merkt man an sich selbst, wie "deutsch" man im grunde ist. und zweitens: aus irgendeinem grund haben immer nur leute probleme mit "ausländern", wo im grunde überhaupt gar keine ausländer sind.

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Vermieter
Nicht so leicht wie Wohn-Vermieter haben es Gewerbe-Vermieter, v.a. wenn es ein Ladesgeschäft ist. Wenn man Pech hat gibts alle Jahre wieder eine saubere Insolvenz und die letzten drei Monatsmieten kann man getrost abschreiben. Das nur als Ergänzung.

So. Dafür musste ich nur einmal in meinem Leben umziehen, während Studium und darf jetzt wieder hier wohnen, mitten im Oberpfälzer Wald, wo in den letzten 200 Jahren wohl niemand mehr verhungert ist, auch in den größten Hungers- und Krisen-Zeiten. Gut, erfroren sind schon ab und zu welche, auf dem Weg heim vom Wirtshaus nach der 7ten Mass.

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Mobilität ist asozial, weil die Vermieter dadurch mehr Stress haben und höhere Mieten verlangen. Wenn ich das so richtig verstanden habe, halte ich das für eine ziemlich abstruse Theorie.

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@nm: ich glaub', da hast du nur etwa 5% von dem verstanden, was dons text angesprochen hat. somit also, für ein verstandesorientiertes lesen gesehen: gar nichts;) 5% sind 0% beim verstehen von literarischen texten. und auch die BWL ist eine sozialwissenschaft, es ist also auch dort nicht alles bloß mathematik!:)

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Ich denke nicht,
dass der erhöhte Stress und Hassel für den Vermieter der entscheidende Punkt sind, warum die Mieten höher angesetzt werden. Wenn Du als Vermieter 30 Jahre lang die gleichen Leute in der Bude sitzen hast, hast Du zwar u.U. weniger Hassel, aber auch deutlich weniger Einnahmen als wenn da in der Zwischenzeit drei oder vier mal die Mieter gewechselt hätten, denn bei neuem Vertrag kannst Du ja (sofern die ortsübliche Vergleichsmiete etc. es hergibt) mehr zulangen als bei Erhöhungen bei laufendem Vertrag.

Ich weiß nicht, ob Vermieter ihr Mietniveau nach der Erwartung der Mietdauer kalkulieren, ich hätte jetzt eher vermutet, man nimmt halt, was man kriegen kann und was der Markt hergibt, oder?

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Fluktuation ist auch mit Leerstand verbunden. Wenn die Bude 2 Monate nicht vermietet wird, so alle 2 Jahre, sind das schon mal 10% Einnahmeverlust. Ganz abgesehen vom Stress und den Renovierungen, die bei wechselnden Mietern auch häufiger sind. Wer nimmt, was er kriegen kann, zahlt
als Privatvermieter schnell drauf - im Vergleich zu einer niedrigeren Miete, aber sichereren Mietern.

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@mark: mmh, nee, eine hohe fluktuation ist eigentlich immer defizitär. zumindest auf einem mietermarkt. aber in einem verkäufermarkt dürfte die fluktuation auch eher gering sein.

wie wäre es damit: das beispiel wurde nur als aufhänger benutzt, um eigentlich etwas anderes zur diskussion zu stellen, nämlich die eigentliche unzumutbarkeit von mobilität.

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Das denke ich kaum, ich habe nämlich (bis mir jemand anderes erklärt) 100% von den 5% verstanden, auf die ich mich beziehe, nämlich exakt die ersten beiden Abschnitte des Textes.
Und den Rest habe ich auch 1A verstanden, nur eigentlich nichts zu kommentieren. Fragen stellen ist ja erlaubt. Die ich mit Nein beantworten würde, aber unabhängig von der Frage überwiegt in meinem Fall die Neigung, Fragen erst dann zu beantworten, wenn ich mir eine halbwegs sinnvolle Begründung überlegt habe. Du siehst das ja offensichtlich anders. :P

"Ich denke nicht, dass der erhöhte Stress und Hassel für den Vermieter der entscheidende Punkt sind, warum die Mieten höher angesetzt werden."
Also wenn man - höchst unsozialwissenschaftlich natürlich - "Auszug, Renovierung und Neuvermietung entstehenden Verluste" mit Stress bezeichnet, dann schon. Steht zumindest da oben. Mir fehlt nur irgendwie der Link zum asozialen.

"nämlich die eigentliche unzumutbarkeit von mobilität."
... für den Vermieter.

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der punkt ist: das ist eigentlich eher irrelevant, zumindest nach meinem verständnis des textes.

und 100% von 5% bleiben immer noch 5%, nach _deiner_ definition. aber ergo 0% vom literarischen lesen nach _meiner_ definition, und die ist von mir aus gesehen richtig! man muss in diesen dingen auch mal apodiktisch sein. als spieler macht man das ja auch, ständig.

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Beispiel einer ETW in einer mittleren nordbayerischen Stadt: ich bekomme problemlos 8 Euro pro qm kalt, würde ich selber nicht bezahlen wollen. Mir kam immer mal wieder der Gedanke an einen Verkauf der Wohnung, seltsamerweise läuft da nichts über 700/qm. Das ist irre bei einer fast neuen, absolut ruhigen Innenstadtlage.

Das heißt: die Renditeerwartungen potentieller Käufer liegen jenseits von gut und böse. Und die Leute bezahlen lieber hohe Mieten, als sich mit einer Immobilie an einem Ort festnageln zu lassen.

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Wenn ich um diese Zeit
noch lesen kann, ist das "asoziale Element" die steigende Miete.

@itha
Sie neigen aber auch zum Geschichten erzählen, gell? Was ist bitte die literarische Definition von Prozenten, oder wie ist da gegenwärtig der Wechselkurs zu mathematischen Prozenten? Kann ich da irgendwie Wetten drauf abschliessen?

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ein Medienphilosoph behauptete, dass ein Wohnmobil den heutigen Umständen gerechter wäre:)

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@all: no. es gibt ein leben und ein verstehen jenseits der mathematik und auch jenseits des monetären gewinns, und ich fürchte, es ist real.

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Ich muss da leider
zart widersprechen. Ein wirkliches Verstehen gibt es wohl nicht mal _in_ der Mathematik, zumindest nicht seit Gödel, soweit ich das verstanden und behalten habe. Also bitte, wie soll es das _jenseits_ der exakten Wissenschaft(en) geben, ist das der Kern einer neuen Transzendenz? Die monetäre Seite der Gleichung kann ich dann selber lösen, wenn Sie mich bitte aufklären ;-)

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ja, mit transzendenz hat es tatsächlich etwas zu tun, da liegen sie gar nicht mal so falsch. es braucht dafür aber keine religion, sondern bloß intuition, und diese gründet sich auf erfahrungen. was glauben sie, wie viele ihrer persönlichen meinungen und handlungen auf intuition beruhen und wie viele dagegen auf mathematik? dabei scheint intuition aber keine ganz so abgrundtief falsche strategie zu sein, da sie sich immerhin seit jahrtausenden biologisch bewährt.

ich will hier überhaupt nicht einer abkehr von wissenschaftlichen methoden das wort reden. mir ging's nur darum, dass man einem text womöglich nicht gerecht wird, wenn man sich ein unwesentliches detail herausnimmt und jenseits des kontexts interpretiert. der autor hätte seine betrachtungen auch mit der behauptung einleiten können, dass er als vermieter an der mobilität seiner mieter gut verdient oder damit, dass er als mieter aufgrund von mobilität geld verliert. am eigentlichen inhalt hätte das nicht viel geändert, wäre nur weniger DA-like und wohl auch langweiliger zum lesen gewesen.

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Meine Güte, was tun mir die Vermieter leid. Tja, die Besitzenden haben's auch nicht immer leicht mit den eher Unwohlhabenden.

Ich glaub, ich geh mich mal ein bisschen erbrechen.

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Es ist ein Geschäft, von dem beide Seiten was haben. Schliesslich sprechen wir hier nicht über überfüllte Speicherkammern, in denen man TBC bekommt, sondern 1A-Lagen, bei denen man alle Vorteile eines historischen Altbaus hat, ohne sich um die Nachteile kümmern zu müssen, angefangen bei den Belangen des Denkmalschutzes bis zum Schneeräumen im Winter. Das geschäft ist gut für beide Seiten, und es existiert nicht, weil die einen reich und die anderen arm sind, sondern weil es einfach viele gibt, die flexibel sein wollen und keine Lust haben, sich um Eigentum zu kümmern.

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Es ist in der Tat...
...ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, aus dem im Idealfalle beide Parteien einen Vorteil ziehen: Ich z.B. als Mieter, weil ich Gründerzeitprunk in guter Innenstadtlage preiswert genießen, fast alle Besorgungsgänge zu Fuß erledigen und mein übrigbleibendes Geld anderswo anlegen kann. Mein Vermieter hingegen freut sich über einen Insassen, der auf das Haus achtgibt, kleinere Reparaturen ohne Federlesens selbst erledigt, bevor größere Schäden draus werden und der zudem das eigene Nest unbeschadet der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse hegt und pflegt. Solche semi-symbiotischen Verhältnisse auf gleicher Augenhöhe zu gegenseitigem Nutz' und Frommen sind eine feine Sache, die sollte man nicht mit dem latent klassenkämpferischen Konstruieren eines sozialen Oben-Unten-Gefälles grundsätzlich in Frage stellen...

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Wie jetzt? Jeder ist seines Glückes Schmied, und wer kein Haus besitzt, der hatte keine Lust sich um Eigentum zu kümmern? Hört sich nach dem spezialdemokratischen Parteiprogramm der frühen Siebziger an.

Schwamm drüber. Ich werde die Bourgeoisie und ihr Denken, Fühlen und Handeln eh nie verstehen. Mein Vater war aussem Osten, kam nach acht Jahren als gelernter Maurer aus der Kriegsgefangenschaft und wollte Aufsteiger ins Bürgertum werden. Der frühe Tod mit 43 an den Folgen einer kriegsbedingten Malaria hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. So hat sich nichts zum Erben ansammeln können. Das ersparte es mir, mich um Eigentum kümmern zu müssen. Da ich zeitlebens mein Geld mit ehrlicher Arbeit verdienen musste, bin ich über einen schwachen Bausparvertrag nicht hinausgekommen. Weil ich nicht draußen in den Vorstädten verblöden wollte und Bewohner meiner Stadt bleiben wollte, hat der nur einmal fast gereicht. Mann, bin ich froh, dass ich kein Immobilienbesitzer und Vermieter geworden bin. Ehrlich, jetzt.

Jetzt merk ich's grad: Das war ja latent klassenkämpferisches Konstruieren, was ich da eben betrieben habe. So sorry...

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Es mag
ein klein wenig am Thema vorbeischrammen, aber ich sah das Wort "Bleibepolitik" in Deinem Artikel. Voraussetzung dafuer ist in meinen Augen auch ein entsprechendes Wohnumfeld, das in den Staedten der frueheren Jahre gegeben war. Mit Einkaufsmoeglichkeiten naemlich, die zu Fuss erreichbar waren. Aber in der heutigen Zeit der "Mobilitaet" hat ja jeder seinen fahrbahren Untersatz, um zum Supermarkt auf der gruenen Wiese ausserhalb der Stadt zu fahren und sich dort fuer die Woche einzudecken.
Gerade dieser Mangel an kleinen Geschaeften fuer den taeglichen Bedarf in den Schlafstaedten, die sich um die Arbeitsstaedte angesiedelt haben, verurteile ich. So als Nebenprodukt.

Hier in der Golfregion ist das seltsamerweise anders. Jeder Stadtteil hier in dieser auf Flaeche und nicht auf Hoehe gebauten Stadt, in der inzwischen mehr als eine Million Einwohner leben, bietet eine Unzahl an Shops und Geschaeften fuer die Gueter des taeglichen Bedarfs an. Und diese sind preislich denen in den drei grossen Supermaerkten gleich. Dies zaehle ich auch zu den Faktoren, die ein grosses Umziehen, eine Mobilitaet, nicht notwendig machen. Im Prinzip ist diese Stadt eine Ansammlung von kleinen, autarken Doerfern.

Sicher, Don, die Gewinner dieser Krise werden die Vermieter sein. Unter der Praemisse, dass sich die Mieter dies auch noch eine Weile leisten koennen.

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"preislich denen in den drei grossen Supermaerkten gleich" - das geht nur, wenn die Gewinnspannen einigermassen sind.

In Deutschland haben wir bekanntlich sehr günstige Lebensmittelpreise, was vom Handel zum Anlass genommen wird, über die schlechten Margen zu jammern. 2%-4% sollen es sein, selbst wenn da ein wenig Selbstmitleid dabei ist - da ist was dran. Die 5 grossen Lebensmittelkonzerne haben 70-80% Marktanteil. Wenn Kommunalpolitiker "Nahversorger" planen, finden sie oft keinen Investor oder Betreiber. Die Konzerne sind der Ansicht, dass sich nur grosse Flächen lohnen. Was man angesichts der niedrigen Margen nachvollziehen kann.

Änderungen bei der Mobilität sind tiefgreifend.

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Also, das neue Grosszentrum vor der Stadt wird gerade vom nächsten Landkreis ausgebremst, und im nächsten Kaff gibt es jetzt wieder ein sehr gut laufendes Feinkostgeschäft aka Lebensmittelladen neben der Bäckerei von 1634. Möglicherweise ändert sich da gerade was in der Einstellung der Leute.

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Wenn
ich die Preise hier mit denen in Deutschland vergleiche, dann kaufe ich hier vieles guenstiger ein. Und das, obwohl eigentlich alle Waren importiert werden. Obst, Gemuese aus Aegypten und dem Libanon, Aepfel aus China(!) und Suedafrika. Rindfleisch aus Argentinien, Australien und Neuseeland, Tiefkuehlpizza aus Brasilien, Butter aus Daenemark und Milch aus Deutschland und Saudi-Arabien.

Gerade bei Rindfleisch kann man die Preise recht gut vergleichen, so kosten Steaks etwa 10 Euro pro Kilo. Und Nutella 4 Euro 50 das 750g-Glas. Hergestellt in Italien.

Wie geht das nun, wenn ich zusaetzlich zur Marge noch den Transport rechnen muss?

{edit}: das wuerde ich begruessen, Don. Auch, wenn es nur kleine Aenderungen sind und diese auch nur, im Vergleich mit einem Riesensupermarkt, wenige Arbeitsplaetze schafft.

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Transport eines Nutella-Glases fällt kaum ins Gewicht. Das ist ja auch ein Problem der Globalisierung.

Bei uns habe ich letztens ein 440g-Glas im Angebot für 1,11 Euro bekommen. Ich habe in der WiWo gelesen, dass die Handelskonzerne an Ferrero fast nichts verdienen. Ferrero-Produkte kann keiner ohne Kundenunmut rausschmeissen, was das Unternehmen gnadenlos ausnutzt.

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Das geschäft ist gut für beide Seiten, und es existiert nicht, weil die einen reich und die anderen arm sind, sondern weil es einfach viele gibt, die flexibel sein wollen und keine Lust haben, sich um Eigentum zu kümmern.

Es ist nicht unbedingt Faulheit, die einen davon abhält sich eine Wohnung zu kaufen. Sie ist schlichtweg nicht zu finanzieren, ausser, es ist einem egal, ob man sich sonst nichts mehr leisten kann. Am ehesten wären 2-3 Zimmerchen an der Peripherie oder ausserhalb der Stadt möglich, aber das ist keine Alternative.

Flexibel sein wollen und flexibel sein müssen, sollte man auch auseinander halten.

Wenn man als Mieter auszieht, muss man die Wohnung doch renovieren oder habe ich das falsch verstanden? Zur Sicherheit hat mein Vermieter hierfür eine Summe, die ich jetzt nicht im Kopf habe, verlangt, die auf einem Konto liegt und verzinst wird. Ob er die ganz einstreichen darf, weiss ich nicht mal. Aber es ist ja noch Zeit das herauszufinden, bis ich München eines schönen Tages den Rücken kehre.

Ich kenne übrigens 2 Leute, die ihre Wohnung, bzw. ihr Haus in München nicht so schnell und gut verkaufen konnten, wie sie dachten. Klar, das eine war in Berg am Laim und das andere in Feldkirchen. Aber sie wollten unbedingt was eigenes.

Auch im Chiemgau hat ein Bekannter sein Haus nur mit Verlust verkaufen können. Anscheinend hat er seinerzeit zuviel bezahlt.

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Das Chiemgau ist eine versteckte Problemregion: Zu weit weg von München mit einer Stunde Fahrzeit, zu gross, zu viele Angebote und heftiges Neubauen. Ausserdem gibt es ein Chiemgau am See und eines mit einer halben Stunde zum Wasser. Ich würde das Chiemgau keinem raten, es sei denn, er wäre Segler, das Boot 20 Meter lang und könnte sich ein Haus am Ufer leisten.

München ist ein Spezialfall, in jeder Hinsicht. Auch kein Spass. Die hohen Preise sind nur zu erklären, wenn man die Wertsteigerung betrachtet. Meine Münchner Wohnung würde heute in Euro das kosten, was sie vor 18 Jahren in Mark gekostet hat, und wir fanden das damals schon extrem. Aber von der Delle um 2001 mal abgesehen, sind die nicht reduplizierbaren Lagen immer nur teurer geworden. Berg am Laim ist nicht schlecht, aber wenn man nicht nur zum wohnen, sondern auch zum Werterhalt kauft, bleiben nur Maxvorstadt, Lehel, Südschwabing, Klenzeviertel und teilweise Bogenhausen übrig. Da ist München plötzlich nicht mehr so arg gross.

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Es war schon nah am See.

Es ist nicht leicht einzuschätzen, wie viel ein Haus oder eine Wohnung eigentlich kosten darf.

Ich hatte mir mal, wenig ernsthaft, ein kleines Häuschen auf dem Land angeschaut, 15 km zum nächsten grösseren Ort. Es hatte klaustrophobisch niedrige Decken, einen reizlosen Garten und war stark renovierungsbedürftig.

Der Verkäufer dachte sogar, man müsse ihm seine hässliche Schrankwank mit abkaufen. 280 000 DM wollte er kurz vor dem Euro dafür. Ein totaler Witz. Aber er ist es losgeworden. An eine Familie, die anscheinend unbedingt Wohneigentum wollte.

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