Harte Tage für harte Männer

Vieles in meiner alten Wohngegend hat sich zum Schlechteren verändert. Das La Boheme: Weg. Der türkische Imbiss mit dem selbstgebackenen Brot: Weg. Das nette Antiquariat in der Schellingstrasse: Weg. Der Türkendolch: Weg. Statt dessen ein Lokal, das Soda heisst. Sehr viele Kleiderläden für anämische Globalclone. Studenten wohnen hier kaum noch, und die Kochschule ist immer rappelvoll. All die Probleme, die mit der 1a-Lage in einer zu teuren Stadt vermutlich unvermeidlich sind. Insofern ist es angenehm, dass in der Nordendstrasse/ Ecke Bauerstrasse mit Heckmüller ein Fachgeschäft für Kindermoden und Herrenwäsche existiert, das bruchlos aus den 60er Jahren stammen könnte. Dort kam ich gestern vorbei und sah die Pullis mit der Aufschrift Monza, neben den heute wieder todschicken, in meinen Augen aber eher BWL-spiessigen Rautensweatshirts.



Ich dachte an heute, an die Schneeberge auf den Pässen und den eisigen Wind in den Höhen, betrat alsdann den Laden und sprach: "Ich werde morgen auf einer Passhöhe in den Alpen in meinem offenen Wagen vermutlich erfrieren, und würde das gerne in einem dieser weissen Monza-Pullover tun; haben Sie ihn in Grösse L vorrätig?" Sie hatten, ich probierte und kaufte in der festen Überzeugung, mit der Monza-Aufschrift längst über das Alter hinaus zu sein, in dem man noch sowas wie Midlifecrisis haben kann und Torheiten wie Pässe im Schnee grundlos macht - vielmehr habe ich durchaus rationale Gründe, warum ich heute in Regionen anzutreffen sind, die andere längst auf Skiern betreten und in Rettungshubschraubern verlassen. Um nur mal den geringsten Grund anzuführen:



Ich muss meine einerseits neuen und ungetragenen, andererseits schon ziemlich vintage anmutenden und unverschämt günstigen Autohandschuhe einfahren. Die gerieten heute in einem Antikmarkt in meine Hände, waren noch zusammengenäht und aus dickem Hirschleder gefertig, das über die Jahre hart und unflexibel wurde. Kenner dieses Blogs werden vielleicht anmerken, dass es von mir Bilder mit mindestens vier Paar anderer, weicher und anschmiegsamer Handschuhe für offenes Fahren gibt, und sie haben recht: Aber die neuen Handschuhe sind nicht nur für das Fahren geeignet. Sie sind die einzigen, mit denen man auch den Wagenheber bedienen, Zentralverschlüsse aufschlagen oder ohne grosse Sorgen den heissen Motor anfassen könnte.

Abgesehen davon passen sie perfekt zum Pullover. Oder andersrum. Und das kann man so nicht am See tragen, also muss ich in die Berge. Weitere rationale Gründe kann ich mir ja heute zwischen Innbruck und Vorarlberg einfallen lassen. Sage solange bitter keiner, dass sich Herrenwäsche und Mode für grössere Kinder nicht ausschliessen würden.

Freitag, 7. November 2008, 04:25, von donalphons | |comment

 
Monza?! Diese Sachen machst Du doch auch nur, um mich endgültig fertig zu machen :D

... link  

 
Har Har Har. Viellleicht finden wir auch einen vom Nürburgring :-)

... link  


... comment
 
Das Antiquariat in der Schellingstraße: weg?! ...

Ich hoffe sehr, daß es sich da nicht um das 'Kitzinger' handelt -- die ergiebigste Fundgrube (unter modernen Antiquariaten), die ich je besucht habe.

... link  

 
Nein, ich meinte das vordere, in dem jetzt das 14386. chillige Cafe ist. Kitzinger wird noch die Bücher verkaufen, die beim jüngsten Gericht anfallen.

... link  

 
Um den da oben
ist es nicht schade (wenn es sich um den kurz vorm Eckcafé handelt). Der hat einem Bekannten von mir aus Büchern herausgetrennte Drucke als wertvolle Originale verkauft. Zwar hat er sie dann zurückgenommen, aber was blieb ihm schon übrig. Die Buchauswahl war auch dürftig.

Aber noch ein Café, neben noch einem Klamottenladen, ich weiß nicht ...

... link  

 
Ich meinte nicht den Besagten, sondern ein eher modernes Antiquariat. Der Besagte ist allerdings auch weg.

... link  


... comment
 
"anämische Globalclone"

Köstlich, einfach nur köstlich.

... link  

 
Ist doch wahr. Fahr im Sommer einfach mal daran vorbei, da sind wirklich alle so.

... link  


... comment
 
Strellson
Monza? Mhmm ... ich hätte jetzt bei Dir auf die schönen Rolli von Strellson getippt, wegen dem großen Schweizer Kreuz auf der Brust. Dieses wird auch gerne von der Frauenwelt umgedeutet und mit einem schmachtenden Rette mich quittiert. :)

Monza, da muss ich immer an Opel denken.

... link  

 
Nein, nicht Strellson, und mit Schweiz-Logo würde ich auch nicht rumlaufen. Noch nicht mal Graubünden. Bei Nationendingen habe ich immer einen Horror. "Monza" sagt eher "Steig ein und lass uns ein paar Kurven fahren".

... link  

 
Wer, wie ich, noch immer um Wolfgang Graf Berghe von Trips trauert, tut sich mit Monza schwer.

... link  

 
Die Parabolica war auch das Ende für Jochen Rindt.

... link  

 
zu sehr "in your face"

... link  

 
Dezent bin ich oft genug.

... link  


... comment
 
bevor ich mich jetzt bei dem saukalten arschwetter umsonst auf den weg nach schwabing mach, darf man nach dem preis fragen?

... link  

 
Mittlerer zweistelliger betrag, also wirklich in Ordnung. Warm ist er auch.

... link  


... comment
 
Womit man die Abwesenheit des Hausherrn überbrücken kann. Z.B. mit dem Habermas-Gespräch der ZEIT Nach dem Bankrott. Oder mit der Serie The Reckoning der New York Times. Diesmal zu Merrill Lynch. Oder mit Niall Fergusons Wall Street Lays Another Egg (Vanity Fair, December 2008).

... link  

 
Bin wieder da!

... link  


... comment