Das Capital nach meinem Vater

Bei uns zuhause gab es zwei Formen von Capital: Mein in der 12. Klasse in der damaligen DDR, genauer im Brechthaus erworbenes Kapital von Marx, das sich angesichts des damaligen Zwangsunmtausches anbot und vom mitreisenden, die Grenze zu Ostberlin aber nicht überschreitenden CSU-Wirtschaftslehrer sehr verächtlich und öffentlich abgetan wurde. Der gleiche Mann hatte uns auch ermahnt, jeden Kontakt mit den VoPos zu meiden, das seien alle Mörder und deshalb würde er es nicht wagen können, da rüber zu gehen, weshalb wir es natürlich ausprobierten und die VoPos, die wir rund um den Fernsehturm fanden, mit allerbreitestem Bayerisch nach dem Weg zur Mauer fragten, was höflich, korrekt und ohne sofortige Hinrichtung beantwortet wurde.

Und es gab das Capital nach Gruner+Jahr, das meinem Vater zugeschickt wurde. Eigentlich bekam er alles, was die deutsche Wirtschaftspresse lieferte, und es war in den Zeiten vor dem Internet auch unerlässlich, das alles zu lesen. Allein das Capital ging aus unerklärlichen Gründen nicht an das Büro, sondern zu uns nach Hause. Ich las es in der 12. Klasse mit ähnlicher Langeweile wie des Marxens Kapital, das er wirklich besser in einer knackigen Kurzversion a la Kommunistisches Manifest hätte vorlegen sollen. Den ersten Satz aus dem Manifest kennt jeder. Der erste Satz des Kapitals - wie auch immer, ich hatte unter meinem Wirtschaftslehrer zu leiden, und der einzige Trost meines gedemütigten Schülerherzens war es, diesem angeblichen Verfechter eine "Was gut ist für die Wirtschaft ist gut für uns alle"-Doktrin im Unterricht aus dem Capital vorzulesen, welches Lobbyistenschwein welches dreckige Agreement bei den Schergen der Kohlkamarilla gekauft hat. Das stand alles im Capital. Man muss die Zeitschriften der Gegner lesen, sagte Sarah Wagenknecht mal, und auch, wenn ich sie hochgradig unsympathisch fand: Da hatte sie recht.

Ich verdanke dem Capital so einiges. Mein minimales Wissen von Wirtschaft, als es 1999 ernst wurde, und manche fragten, was ich von der New Economy hielt. Man kann über Capital viel schlechtes sagen, aber das waren nicht die Leute, die als die Lustknaben der New Economy in die Geschichte des deutschen Stricherjournalismus eingingen. Mir ist der reaktionäre Schraubenhersteller, der Gewerkschaftler anbrüllt, immer noch lieber als der pseudoliberale Volldepp, der seinen Mitarbeitern zur Bewältigung der 60-Stundenwoche und Psychostress angeischts einer Krise die Einnahme von Tabletten empfiehlt. Wenn Kapitalisten, dann bitte so, wie sie vom Capital vorgestellt wurden. Wenn Unternehmer, dann Persönlichkeiten, die auf eigene Immobilien für ihre Firma wert legen. Einer der bei Capital beliebten Herren war ein Münchner Unternehmer, in dessen Kantine ich einmal essen durfte. Ein Raum für alle. Alle hatten den gleichen Stuhl, das gleiche Geschirr, die gleiche Schlange, in der sie sich anstellen mussten. Mein Interview hatte etwas länger gedauert, der Mann war damals schon ziemlich gebrechlich, und trotzdem stellte er sich hinten an. Vieles von dem, was er sagte, fand ich schlecht. Aber in der Kantine zeigte er Charakter.

Womit wir bei einem seltenen Gut sind, und damit auch dessen Mangel, und aus diesem Grund müssen wir hier über die Financial Times Deutschland reden, die meines Erachtens moralisch fragwürdigste Wirtschaftspostille Deutschlands zusammen mit dem Manager Magazin (Spiegel-Gruppe) und der WiWo (Holtzbrinck, in unserem Puff kriegt jeder, was er braucht). Nicht nur, dass die FTD sich als Kampfblatt des Neoliberalismus positioniert hat, das haufenweise schmierigen Propagandisten Raum und Einfluss bot. Sie ist auch eine Zeitung von schreiender Inkompetenz. Ich hatte das Missvergnügen, diesen publizistischen Schmutz in der Spätzeit der New Economy lesen zu müssen, dieses Cheerleading von Firmen aus Hype- und Lügendreck, dieses lockere Nichtwissen um journalistische Standards, die Kumpanei auf den Podien und Foren, man machte sich wie das Managermagazin und die WiWo eins mit dem Gegenstand der Berichterstattung. Ich könnte mir tagelang Beschimpfungen für diese Blätter ausdenken, es würde mir nicht langweilig werden.

Die FTD ist vom ersten Tag an - Februar 2000, kurz vor dem Crash der New Economy - ein Verlustbringer. Ich weiss nicht, wieviele Millionen verbrannt wurden; es muss inzwischen ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag sein, wenn man alles zusammenrechnet. Ich kann mir diese Vernichtung von Geld und ihre Fortführung nur erklären, wenn ich die neoliberale Propaganda der FTD mit dem neoliberalen Trendsetting der Bertelsmann-Stiftung und den politischen Zielen der Besitzerfamilie Mohn vergleiche. Wirtschaftlich müsste man das Ding sofort dicht machen, für eine pseudojournalistische PR-Schleuder sind die Verluste nachvollziehbar.

Jetzt kommt es aber noch schlimmer. Die FTD wird, wie alle anderen Medien und Blogkoofmichs auch, die Anzeigenkrise heftig spüren. Gruner+Jahr muss sparen. Aber statt den extrem teuren Fehlschlag endlich zu beerdigen und einzugestehen, dass einem zum Vorbild der Financial Times von den Autoren über die geistige Unabhängigkeit bishin zur Tradition alles fehlt, was einen Wert darstellen könnnte - killt man de facto alle Wirtschaftstitel, darunter auch Capital, macht einen Klumpen unter FTD-Leitung in Hamburg und lässt zentral Inhalte für alle Wirtschaftspublikationen produzieren.

Wenigstens war das Capital, das ich kannte, nicht mehr das Capital, das jetzt in den Hamburger Brei eingematscht wird - ein Brei, der jetzt übrigens 1/5 seiner Redakteure verliert, und 60 Mitarbeiter in die Schattenseite des allein selignmachenden Neoliberalismus entlässt, den zu propagieren sie sich nicht zu schade waren. Wir werden also weiter Jungossis Durchhaltebefehle schmieren sehen, wir werden Dummerchen keine Bilanz lesend erleben, es wird so weiter gehen, man wird immer weiter appeasen und die Krise und deren betroffene Schweine mit Lippenstift so schön wie möglich malen, denn irgendwann muss es wieder aufwärts gehen. Und dann wollen sie wieder dabei sein.

Ich empfehle übrigens Financial Times - FT Alphaville. Weil sie vedammt gut sind, schnell - und sich Gedanken um ihr Tun machen.

Mittwoch, 19. November 2008, 18:56, von donalphons | |comment

 
Sahra Wagenknecht hat nicht nur die Zeitschriften der Gegner gelesen, sondern sogar einen Geschäftsmann geheiratet - an einem 5. Mai, Marx' Geburtstag. Dass Du ihren Vornamen falsch geschrieben hast, fände sie wiederum sicherlich sehr unsympathisch.

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Der Geschäftsmann, war das der mit dem (mehrfach ?) versuchten (Millionen-)Betrug ? Wenn ich es richtig im Kopf habe, war Zumwinkels Steueroptimierung im Vergleich dazu eher als Mundraub zu bewerten.

Ich empfehle Wagenknecht-Anhängern eine offizielle Sprachregelung, die wie gewohnt nachzuplappern wäre:
"Ich habe nichts gegen Millionenbetrug. Im Gegenteil, ich setze mich dafür ein, daß auch die einfachen Arbeiter sich einen erlauben können."

... ich meine mich erinnern zu können, daß R. Andert einst eine originelle Beschreibung der Verheiratung der Sahra W. anzubieten hatte.

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Damit könnte ich gut leben, ich kann diese Pikiertheit nicht ab, wenn sie zusammen mit Proletarierbewusstsein auftritt. Wenn Prinzessin, dann richtig.

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das kapital gab es auch als taschenbuch bei ullstein. sogar die setzten ende sechziger/anfang siebziger auf die linke konjunktur - ullstein materialien hiess die reihe, glaube ich. und mit den damit (und vor allem den bei bild) gemachten geldern wurde die welt weiter am leben gehalten.

capital war damals sowas wie der versuch, das mittlere management sexy zu schreiben und für das mittlere management sexy zu schreiben. war ja auch die zielgruppe fürs heft und die reklame drin.

kann es sein, dass denen im zug von globalisierung und finanzkrise ganz einfach die leser abhanden gekommen sind? irgendwo muss schliesslich weiter eingespart werden. lebenshilfe vom schlag gekündigt und was nun? hat man bislang ja eher bei der super-illu vermutet.

bloss, wenn jetzt am content gespart wird, damit bringe ich die leser erst recht dazu, sich die info dort zu holen, wo sie noch verfügbar ist. glanzpapierformate als werbeumfeld kann es in zukunft doch auch nicht sein.

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Capital hat vor 20 jahren funktioniert
Und die Leser haben die heute noch. Aber die wurden schon immer an einer xtrem kurzen Leine geführt. Die lassen sich den Webauftritt von ein paar PHP Hanseln (Studenten) zusammenstricken, weil dafür kein Geld da ist. Dass die jetzt unter das Dach der FTD gehen, weil die so ein tolles Webangebot haben, ist ja eine ulkige Begründung. Die FTD dürfte für das Webangebot das 50fache wenn nicht gar noch mehr ausgegeben haben ...

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Das Kapital von Karl Marx ist ein wunderbares Buch. Es vermittelt, neben der Sozialgeschichte des 19. Jhs., einen Kapitalbegriff, der es einem leicht macht, sowohl das Bonussystem als auch den Biosphärenschwund als Aneignungsmaschinen gesellschaftlichen Reichtums zu verstehen. Mit hundert Seiten am Tag ist man in einer Woche durch.

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die prinzessin hat ein fdp-mitglied geheiratet. aber nun. wenn sie sich doch lieben?

so einen lehrer gab es bei uns auf der schule auch. bei dem war lernstoff, dass die DDR "kein staat" sei. trug man im test etwas anderes vor und belegte seine these mit auch noch mit detailliertem wissen über verfassung und parteiensystem, bekam man dafür eine fünf (ich z.b.). er verlangte auch, dass wir angaben, und als "deutsche" zu fühlen. eine schulfreundin behauptete statt dessen, sie empfinde sich als "europäisch". das war dann ebenfalls eine fünf.

ich finde, das kapital ist wissenschaftlich gesehen so vage, ja eigentlich literarisch geschrieben, dass man "zu viel" im sinne von "alles mögliche" damit erklären kann. die tradierte exegese verläuft dann auch eher nach dem muster, dass man etwas in der realität hernimmt und damit das kapital erklärt. was nicht heißen soll, dass es historisch gesehen kein wesentliches buch wäre.

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Tja die Sahra...
hatte mal eine Begegnung im Ostbahnhof, bei dem sie vor die Schlange trat und die Fahrkartenfrau nach der (nicht vorhandenen) VIP-Lounge fragte. Da ich dann als nächster dran war sahen die Fahrkartenfrau und ich uns nur an und begannen gleichzeitig mit dem Kopf zu schütteln.

So als bewegte werktätige Minimasse, sozusagen...

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Für den Anlagebetrug ging er in den Knast. Was ihn aber nicht davon abgehalten hat, später zu versuchen, ein "Ölgemälde" von da Vinci zu verkaufen. Dummerweise war der Interessent keine Rotlichtgröße, sondern ein Reporter vom Stern.

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Naja,
ich weiß nicht, ob man Capital für die Zurückhaltung in Sachen New Economy-Berichterstattung wirklich vorbehaltlos loben kann, wenn man sich vor Augen hält, dass für das junge, hippe Wirtschaftsgeschehen ein Ableger namens "Bizz" gestartet wurde, der es in Sachen NE-Begeisterung weit schlimmer trieb als die Wiwo.

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In jedem Fall hat die NE-Begeisterung gelangt, um das Heft von monatliche auf 14-tägige Erscheinungsweise umzustellen.

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Gut, Bizz war entsetzlich. Aber die Capital, über die ich schreibe, existierte in den 80er und frühen 90er Jahren.

A propos Bizz: Die Park Avenue aus dem Exhause von Schönburg geht auf der Autobahn zur Zeitschriftenhölle.

Die Uhr für Vanity Fair dürfte vernehmlich ticken.

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Capital-Redaktion nach HH?
Das ist ja mal ein Ding. Ich habe seinerzeit als Atex-Projektleiter das Redaktionssystem in Köln installiert. Die damalige CvD, Frau Müller, war noch so richtig Journaille vom alten Schlag. Und immer, wenn die Verantwortlichen von G+J aus Hamburg kamen, knisterte es in der Redaktions-Atmosphäre. Daß diese Individualisten-Truppe jetzt zentral von einer Hamburger Redaktion ersetzt werden soll (ich kann mir nicht vorstellen, daß viele von Köln nach HH wechseln), also das wird nicht funktionieren. Der Stil des Blattes wird sich gewaltig verändern. Und das nicht zum Vorteil, befürchte ich.

Als echter Düsseldorfer bin ich natürlich immer nur stracks zur Aachener Straße in Köln-Lövenich und retour. Diese große schwarze Kirche, die man von dort fast schon sehen konnte, habe ich selbstverständlich ignoriert.

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Mit einem kleinen bisschen Glück....
...machen's die fähigen Capital-Bestandteile wie der Rest vom seligen eingestampften ECONY - nämlich selber. Kann nicht schaden, wenn brand eins Konkurrenz bekommt.

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Im Print sind die Kosten beim Anlauf so extrem hoch, das ist ein zu grosses Risiko. Ich würde mir eine Nische im Netz suchen, und die Lahmheit von FTD und Handelsblatt ausnützen. Es gibt kaum ein grösserer Thema, das ich nicht ein, zwei Tage davor schon woanders lese.

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Ist das mit der "Nische im Netz" denn wirklich eine realistische Alternative? Ich habe den Eindruck, dass es bis heute immer noch sehr viel schwieriger ist, Werbung in Netzpublikationen zu verkaufen als in Printprodukten mit vergleichbarer Zielgruppe - vor allem dann, wenn man nicht mit hohen Page-Impressions-Zahlen beeindrucken kann. Bei Zeitschriften scheint das immer noch relativ einfach zu sein, wenn man sich die hohe Zahl an Fach- und Nischenprodukten anschaut (die inhaltlich doch oft eine sehr, na ja, unterschiedliche Qualität aufweisen).

Abo-Lösungen für ein Nischenpublikum im Internet kranken wiederum daran, dass private Nutzer meist wenig zahlungswillig sind - während Unternehmen ganz gerne dann nur ein einziges Abo abschließen, weil sich die Inhalte auf elektronischem Wege ja doch recht fix und ohne Zusatzkosten im ganzen Haus verbreiten lassen. Oft läuft das ja auch über Pressespiegel.

Mir fallen bislang jedenfalls keine erfolgreichen Beispiele ein, wie dieses Problem gelöst werden könnte.

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Ich denke, man muss überlegen, ob "Weiter wie bisher" eine Alternative ist. Die World of Interior zum Beispiel macht absolut nichts online, um sich den Markt nicht zu zerstören. Und, was bringt es? Nichts.

Was ich mir vorstellen könnte, wäre eine extrem schnelle und kompetent gemachte Weltwirtschaftsseite, die einen grösseren Markt abdeckt und nicht nur von deutschen Anzeigenkunden abhängig ist. Weg vom Bauchnabel, hin zum Portal zur Welt, das aber dann auch wirklich unabhängig und witzig geschrieben. Nicht nachkauen, sondern vorkauen. Ich kann wirklich nur raten, solche Geschichten wie FTAlphaville genau zu studieren.

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Mag sein,
dass da Nischen sind im Netz. Aber tatsächlich sehe ich da auch mehr Möglichkeiten, eine Wirtschaftszeitung wie Handelsblatt oder FTD zu substituieren (die gedruckt der Aktualität nicht mehr so recht hinterherkommen) als Monatszeitschriften, von denen man sich eher Vertiefung und nutzwertigere Aufbereitung von Informationen verspricht.

Ich weiß nicht, ob Zeitschriften wirklich schon so tot sind, dass man sich aus Verlagssicht Reanimationsmaßnahmen ganz sparen kann. So pauschal kann man das wohl nicht sagen, und speziell die G + J-Wirtschaftstitel sind in den letzten Jahren nicht gerade mit frischen Ideen und guten Ansätzen der Produktpflege verwöhnt worden.

Mit den jüngsten Anstrengungen könnte es aber durchaus gelingen, das Printportfolio der G +J-Wirtschaftspresse so gründlich zugrundezurichten, dass man sich langfristige Zukunftsüberlegungen sparen kann.

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Ich würde Zeitungen und Zeitschriften auch nicht abschreiben, zumal manches auch nur im Print geht. Bilder im Netz sind immer noch stark limitiert in ihren Möglichkeiten, und daran wid sich auch nichts ändern. Das Risiko ist, dass Zeitungen sind so kaputt sparen, dass Leistung und Preis in einem indiskutablen Verhältnis sind. Dann kommt der zeitpunkt, dass es einfach für viele viel zu teuer wird, und dann ist wirklich schluss.

Obwohl ich kein Freund von PR bin, wird sich die Alternative im Netz eher in einem Bereich der mäzenierten Angebote herausbilden. Mit dem Mercedes Mixtape und anderen gibt es dort schon ein paar Ansätze, über die man nachdenken könnte. Irgendwas zwischen Kultursponsoring, Erlebnis und Qualitätsunterhaltung für die jeweilige Zielgruppe.

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Ich für meinen Teil habe mich zum großen Teil aus der kurzfristigen Nachrichtenwelt zurückgezogen, da die Qualität extrem zurückgegangen ist.
Gerade Fachzeitschriften sind extrem vom Qualitätsverlust betroffen und ich finde es wirklich Schade das eher an der Qualität gespart wird, anstatt gute Information kosten deckend anzubieten.
Bei mir hat sich jetzt der Weg ganz weg von Zeitschriften hin zu guten Blogs und vermehrt Fachbüchern durchgesetzt.
Ich stelle auch fest das gute Onlineangebote mittlerweile zunehmend zweigleisig fahren. Einmal kostenloses solides Angebot und ein kostenpflichtiges Angebot mit ein wenig mehr Komfort und teilweise auch mehr Infos.
Anfänglich konnte ich mich nicht dafür erwärmen für auch kostenpflichtige Angebote zu bezahlen, aber gerade durch das verschwinden anderer guter Quellen sind diese Hemmungen gewichen und ich bin gern bereit für den Erhalt der Informationsquelle meinen Anteil beizusteuern.
Ich denke das in Zukunft auch im Internet mit guter Information gutes Geld zu verdienen ist.

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Der S & P 500 gilt unter Charttechnikern als Maß aller kapitalistischen Dinge. Im Verlauf der neoliberalen Ära hat er eine gewaltige Doppelspitze ausgebildet, die in linearer Darstellung stark an den Kölner Dom erinnert. Der linke Turm erreichte (auf Schlusskursbasis) seine Spitze am 1. September 2000 mit 1520.77, der rechte am 9. Oktober 2007 mit 1565.15. Charttechniker mögen das, wenn der zweite Turm den ersten ein bisschen überragt. Um das Chartsignal der Doppelspitze zu vollenden, muss der Absturz vom zweiten Turm den Tiefpunkt zwischen den Türmen nachhaltig schneiden. Dieser Tiefpunkt lag am 23. Juli 2002 bei 797.70.

Am 19. November 2008 schloss der Index bei 806.58. Durchbräche er, gern nach einem scheinbaren Abpraller, die Widerstandslinie bei 797.70, sieht das Lehrbuch Verluste im Abstand von Hoch- und Tiefpunkt vor. Das sind (vom linken Turm aus gemessen) 763,68 Punkte. Kursziel wäre 74,63 (immer noch besser, als was die Deutsche für GM ausgibt).

Alle relevanten Indizes mit Ausnahme des Nikkei bilden vergleichbare Doppelspitzen aus. Der Nikkei hat die neoliberale Börsenblase bereits anfangs der 90er Jahre abgebaut und das Land mit Dauerstagnation bezahlt. Von daher kann man annehmen, dass der Nikkei, sollte die globale Talfahrt anhalten, die übrigen Indizes outperformt.

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Was wird das denn jetzt hier?
Ein special interest-Magazin für "Malen nach Zahlen"?

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Die Print-Presse...
...litt schon vor 15—20 Jahren darunter, daß einzelne Publikationen einen hervorragenden Ruf genossen, daß deren Redaktionen aber tagtäglich im eigenen Haus vorgerechnet wurde, daß sie Verluste einfahren und daß die Einnahmen allein über den Anzeigenverkauf generiert werden. Die Übernahmen der vielen Zeitungshäuser in Mitteldeutschland, vor allem durch Springer und die WAZ, hat das Problem für eine Weile übertüncht, aber es ist den Verlagen nie wirklich gelungen, Alternativen zum Print-Markt aufzubauen. Ausnahme: Bertelsmann, zu denen ja auch G+J gehört.

Virtuelle Presse-Produkte empfinde ich als hochinteressant, nutze sie auch fleißig, weil sie naturgemäß viel aktueller sind als die Print-Ausgaben, aber da sehe ich zum einen weniger journalistische Qualität und andererseits: Welches online Zeitungs-/Zeitschriften-Portal wirft denn Gewinn ab? Mir ist keines bekannt.

Ich glaube, der Nachrichten-Markt — und der stellt doch die Basis einer Zeitung dar, egal, ob Print oder Virtual, verändert sich noch stärker als bisher in Richtung der USA-Formate: kürzer, knapper, oberflächlicher. Dafür reicht dann ein Online-Portal, die Print-Produkte werden eingestellt werden bzw. zum Nischenprodukt schrumpfen, sobald die Anzeigenschaltungen längere Zeit wegbleiben. Das ist jetzt natürlich aktuell der Fall, aber die Anzeigenschaltungen sind in Jahresverträge eingebunden. Laufen die aus, brechen die Einnahmen weg.

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Der Salonmarxologe erklärt
"Ich las es in der 12. Klasse mit ähnlicher Langeweile wie des Marxens Kapital, das er wirklich besser in einer knackigen Kurzversion a la Kommunistisches Manifest hätte vorlegen sollen. Den ersten Satz aus dem Manifest kennt jeder. Der erste Satz des Kapitals"

lautet:

"Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine 'ungeheure Warensammlung', die einzelne Ware als seine Elementarform."

Der Unterschied zum ersten Satz des "Manifest": "Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus" besteht in dessen längst abgeschlossener Verwesung, während der erste Satz des "Kapital" bereits klarmacht, dass die Analyse des Kapitalismus ihre perennierende Aktualität von dessen Fortexistenz bezieht.

Kurzfassungs- und Vereinfachungswünsche begleiten die Marxsche Theorie von Anbeginn. Man ging bereits Marx selbst damit auf den Zeiger. Marx vermochte dem jedoch nicht zu willfahren, da der vorliegende Text (3 Bände) bereits die einfachst- und kürzestmögliche Art der Darstellung ist. Mit Schaudern erinnere ich die Marxzusammenfassungen der K-Gruppen der 70er Jahre. Wir nannten das damals "die Schmutz- und Schundhefte". Ich mag nicht glauben, dass dergleichen Don begeistert hätte.

Der Unterschied von "Manifest" und "Kapital" ist der von Politik und Wissenschaft, von Agitation und Kritischer Theorie. Marx schreibt im Vorwort zur französischen Ausgabe des "Kapital":

" … es ist zu befürchten, daß das französische Publikum, stets ungeduldig nach dem Ergebnis und begierig, den Zusammenhang zwischen den allgemeinen Grundsätzen und den Fragen zu erkennen, die es unmittelbar bewegen, sich abschrecken läßt, weil es nicht sofort weiter vordringen kann.
Das ist ein Nachteil, gegen den ich nichts weiter unternehmen kann, als die nach Wahrheit strebenden Leser von vornherein darauf hinzuweisen und gefaßt zu machen. Es gibt keine Landstraße für die Wissenschaft, und nur diejenigen haben Aussicht, ihre lichten Höhen zu erreichen, die die Mühe nicht scheuen, ihre steilen Pfade zu erklimmen."

Dabei hat er auch den Don scharf angesehen.

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ach was. die aktualität von dessen fortexistenz ist auch schon wieder passé. insgesamt ist der marxismus inzwischen in so weiten teilen wissenschaftlich anerkannt, dass er selbst dem neoliberalismus keinen einschneidend neuen stoff mehr liefern konnte. aber marx sagt ja eh nur, was ist (und dafür eben ist er gut) - aber wie es gehen könnte, wäre doch die entscheidende frage, und darauf hat der marxismus auch keine antwort.

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