Menschen und anderes im Hotel

Meine Haltung zu Hotels hat sich in den letzten Jahren doch etwas gewandelt. Einerseits habe ich so eine Art Ferienwohnung, wo ich das Notebook schliesse, und sofort bin ich de facto in Urlaub. Und dann waren da noch die Reisen des Jahres 2006 im Rahmen diverser Bloggeschichten , wo ich in, sagen wir mal, sehr unterschiedlichen Hotels nächtigen durfte. Nicht alles war so furchtbar wie das Luxushotel des evangelischen Kirchentags oder das Radisson in Berlin - aber seitdem bin ich etwas, sagen wir mal, für den modernen Hotelkomfort verloren.



Ich kann Klimaanlagen nicht leiden, und diese dünnen Mauern aus Rigips. Ich mag diese unehrlichen Raumkonzepte nicht, die möglichst gross und edel wirken sollen, bei geringstem Raumverbrauch und minimalen Kosten. Ich mag das Publikum dort nicht, und ich hasse Rollkoffer, diese Fussfesseln der Moderne. Mir machen im Gegenzug ein paar Risse in der Wand nichts aus, und es kann auch gerne ab und zu ehrlich angeschabt, ja sogar gewachsen sein. Ich finde es schön, wenn da ein Kachelofen von 1797 steht.



"Stylish" ist in meinen Augen unehrlich. Ich hatte mal mit einem Fall eines Hotels zu tun, bei dem den Investoren eine "exclusive" Inneneinrichtung versprochen und abgerechnet wurde. Am teuersten war die Innendesignerin, die die Frau des Initiators war. Die Möbel waren gar nicht mal so teuer, und kamen aus der Firma ihrer besten Freundin. Es war in der Konsequenz billigster Müll, nach ein paar Jahren runtergekommen und nicht mehr zu ertragen. Wenn man das kennt, macht einem ein wenig Patina nichts mehr aus. Man lernt aber den Geruch der Sauberkeit und der Putzmittel der 70er Jahre zu schätzen.



Ich zahle ungern für etwas, das nicht da ist. Zu meinem Unglück kann ich ungefähr erkennen, was echt und was Fassade ist, wo man mit Stilversuchen Mängel überdecken will, und wo viel Geld für Nichts verlangt wird. Ich komme mir, selbst wenn es jemand anderes zahlt, sehr dumm vor. Dann lieber Grandezza im Verfall, und die Ahnung, dass es hier mal was Gutes gab, wie man an Dezails immer noch erkennen kann.



Wellness und Lifestyle, das sind die Worte, bei denen mir die Galle hochkommt. Convenience Hotels. Premium. Keine Deckchen, aber dafür sieht alles so aus, als wäre Celophan drüber gespannt. Trainiertes Personal im immer gleichen Look, die immer gleichen Geschäfte und Buffets, uniform wie der Urlaub in der DDR, nur nicht so schäbig, sondern teuer. Heute ist das Wetter in Meran nicht ganz so toll. Aber wir haben ja die Suite.

Freitag, 31. Juli 2009, 14:28, von donalphons | |comment

 
Irgendwann hat man sie einfach über, diese ewiggleichen Marriotts und Holiday Inns.

Das Stichwort "Grandezza im Verfall" erinnert mich an ein kleines Hotel in einem verwunschenen Schlösschen im Berliner Grunewald. Die genaue Adresse habe ich leider verloren, aber angeblich wurden dort (u.a. im Frühstücksraum) ein paar Szenen des Romy-Schneider-Films "Die Spaziergängerin von Sans-Soucssi" gedreht. Ich hab da mal während eines Kongresses genächtigt, und für die kleinen Abstriche an weltmännischem Komfort haben mich die Atmo und die Freundlichkeit des Personals mehr als entschädigt. Ich glaube, das wäre (wenn es noch so ist) durchaus eine Anlaufadresse für Dich.

Nachtrag: Ich bin jetzt unsicher, ob die Herberge, die ich meine, das später von Karl Lagerfeld gepimpte "Schlosshotel Grunewald" ist. Dann wäre es natürlich nicht mehr die charmante, aber leicht runtergekommene Alternativ-Adresse...

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Lag nicht wenigstens noch eine FAZ im Kofferraum?

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Hotel Graf von Meran:

"In diesem Haus wurde der Freiheitskämpfer und Tiroler Nationalheld Andreas Hofer am 28. Januar 1810 als Gefangener von General Huard verhört"

...mich wundert ja, dass hier noch niemand Bezug genommen hat - ist ja geradezu ein Fest der Assoziationen. Oder noch nicht gewußt ?

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Nun, für einen Bayern verbietet sich da manches unkluge Wort; bei Hofer gehen die Emotionen hoch, wie bei uns wegen der Sendlinger Mordweihnacht.

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Was mich allerdings an den Mann im Stadtpark von Bozen erinnerte, der mir erzählte, eine Vereinigung mit Bayern... jederzeit, mit Nordtirol nie und nimmer.

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Tiroler sein ist nicht gerade ein leichtes Schicksal, stimmt.

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Klimaanlagen
Klimaanlagen können ein Graus sein - aber auch ein Segen. Habe beides schon erlebt. Es ist immer eine Frage der Qualität, also des Besitzers des Hotels. Ist er an dem Wohlergehen des Gastes interessiert oder sieht er die Klimaanlage nur als notwendiges Übel, das sich selber überlassen bleibt? Dann kann aus dem Vergnügen der Kühle der Horror der Nacht werden.

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...uneingeschränkte (!) Zustimmung zu diesem Artikel.

Es ist zwar schön alles zu erkennen. Man möchte niemals tauschen. Man macht auch wenig falsch. Auch ist man Vielem/Vielen voraus. Es fehlt fast nichts im Leben. Alles wurde erfüllt, kann erfüllt werden....doch was ewig fehlt ist die Leichtigkeit.
Oder, lieber Don, hast Du ein Wundermittel entdeckt, welches denkenden & instinktbewussten Gestalten den Zugang zur Leichtigkeit ermöglicht? Wenn ja, dann nichts wie raus damit !

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