Verschwende in der Zeit

dann hast Du gute Sachen in der Not. Immerhin: Flohmärkte bleiben wohl erst mal mehrwertsteuererhöhungsfrei, und dorthin kann ich auch auf Landstrassen fahren. Ausserdem muss ich mir nur begrenzt sorgen machen: Die pissegelbe Einfärbung der deutschen Politik trifft vermutlich viele, aber mich eher nicht, dazu bin ich nicht im betroffen werdenden Teil der Bevölkerung. Insofern:



Eine Alabasterschale mit Weinlaub und Delphinfüssen, so um 1830 herum entstanden? Prima, nehme ich gerade jetzt zur Weinernste am Haus gerne, kann ich bestens brauchen. Wollte ich schon immer, war gar nicht so teuer. Ich habe einen feinen Katalog über die Tischkultur römischer Kardinäle, da ist etwas ganz ähnliches abgebildet.

Oder eine Totenmesse von 1774, wunderbar in Augsburg gedruckt, mit Noten und Kupfern: Warum nicht, das Leben der anderen kann ja auch reichlich kurz sein, wenn man zwar nicht an den Kosten der Ärzte, sehr wohl aber an den tatsächlichen Ausgaben für die Gesundheit der Patienten spart. Oder Rente ab 70 einführt. Oder gleich fastgesamtgesellschaftliche Sklaverei für die Raubbanken und Finanziers der Liberalalas.

Und dann war da noch ein grausiger Fund; ein mittig durchnittenes Christuskind mit Lamm - aber eine sehr feine Arbeit. Wie es immer so ist: Das steht stundenlang unbeachtet am Boden, aber sobald es jemand über den Markt trägt, kommen die Kundigen aus den Löchern und fragen, wieviel und woher und aber hallo und geben einem die Adressen von Restauratoren - könnte man machen, aber eigentlich habe ich es gekauft, weil es zerschnitten wurde. Erst das macht für mich den Reiz aus: Die Kunst und der Hass, der jemanden dazu bringt, so etwas zu zerstören. Glaubenseifer? Dazu ist es eigentlich zu jung, in der 2. Hälfte des 17. jahrhunderts hat man das nicht mehr getan. Okkultisten, Satanisten? Wenn ja: Ein Dreck gegen die Verhehrungen der Sekte der Hirnfreien, die in dieer Lage auch noch FDP und CDU wählen. Spielende Kinder? Die Anmutung jedenfalls ist schaudrig-schön, und es findet sich sicher ein Platzerl. Vielleicht bringen die nächsten Jahre auch Anlässe, eine satanistische Kapelle einzurichten. Wenn schon die Aufklärung versagt.

Ansonsten habe ich mir wiedergeholt, was mir diese elende Ärztepartei vielleicht doch wegnehmen wird: In einer Kiste waren vier Ukiyo-e. Pfaffenhofen ist angesichts des Unwissens der Händler immer ein guter Platz für Asiatika, aber hier waren die Holzschnitte nicht nur bestens gerahmt, sondern auch mit Aufschriften versehen: Kaufdatum von 1976, Herkunft eine bekannte Galerie in Wiesbaden, der damals schon hohe Preis und, für Nichtswisser die Information, dass es Exemplare von Hokusais 36 Ansichten des Fuji sind (was man eigentlich auch so wissen müsste, als halbwegs gebildeter Kunsthistoriker). Stammen aus einem aufgelösten Ärztehaushalt, meinte der Verkäufer. Kosten 5 Euro das Stück. Was mich heute schlagartig zum Besserverdiener machte.

Das kann mir keiner mehr nehmen. Angesichts eines Raubstaatsregimes im Besitz von Raubbanken keine schlechte Sache, würde ich meinen.

Sonntag, 27. September 2009, 23:43, von donalphons | |comment

 
boah. auf die ukiyo-e bin ich jetzt mal wirklich neidisch. *seufz*

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36.

ich finde, was an den schnitten von hokusai immer wieder erstaunt, ist die lebendigkeit, die er mit dem einfließenlassen von alltagssituationen in dieses topos vom fuji erreicht. er ist schon ein ganz großer, und ich mag auch die selbstironische bescheidenheit, die man auch heute noch beispielsweise bei japanischen bestsellerautoren findet. in der zeit gibt es auf unserer seite nur vergleichbares bei wilhelm busch, natürlich auf einer sowohl handwerklich als auch weltanschaulich sehr viel seichteren ebene.

aus diesem grund mag ich ommayagashi yori ryōgoku-bashi yūhi mi noch viel lieber als die mannen-brücke.

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Oder 46. wenn man die späteren Exemplare dazurechnet.

Ja, die kleinen Wäscher auf dem Bild, die haben schon was. Aber bei der Mannenbrücke mag ich die geometrische Form und das Gewimmel.

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5 Euro für einen Hokusai? *schluck*
"Neidisch" würde die passenden Gefühle in unzureichende Begriffe fassen. Ich glaube langsam, daß sich die Reisekosten nach Pfaffenhofen auf jeden Fall bezahlt machen. Für die Hokusais hätte man einen Privathubschrauber nehmen können und hätte immer noch ein Geschäft gemacht. Ich trau mich gar nicht zu fragen. Aber sind Sie sicher, daß die echt sind und keine Offsetdrucke?

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Klingt in der Tat nach einem sensationellen Geschäft. Sollte für einen dicken Neuwagen reichen. Aber ob Flohmarkthändler wirklich so dämlich sind?

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Das Reispapier hat unregelmässige Altersflecken. Und die Galerie, von der das kommt, ist jetzt nicht ganz entsetzlich schlecht. Aber man darf auch nicht übersehen, dass es schon im 19. Jahrhundert viele Nachdrucke gab. Ich habe aber, wie erwähnt, aus sicherer Quelle zwei etwas frühere, kleinformatige Originale. Sagen wir so: Im schlechtesten Fall eine gebrauchte Barchetta mit Motorschaden. Würde man einen Käufer finden - der Markt für Holzschnitte ist, was man so hört, ziemlich eingebrochen.

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Das sind in der Tat gute Indizien. Meine Güte! Wenn ich daran denke, was ich alleine für den Hokusai-Bildband bezahlt habe, dann überkommt mich eine Art wildes Gelächter. Ich wundere mich allerdings über den Flohmarkthändler. Die Bilder waren doch gerahmt? Er hätte wenigstens 10 Euro verlangen sollen.

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Ich würde es so erklären: In Pfaffenhofen kennen sich die wenigsten damit aus, dazu ist es viel zu selten. Die meisten Asiatica habe ich aus einer aufgelösten Sammlung, aus Berlin und ein paar Auktionen. Manchmal ist eben etwas in den Haushalten, das keiner kennt, und das auf den Märkten auch keiner sucht; Pfaffenhofen ist eher ländlich geprägt. Ein Glücksfall. Mehr nicht

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Ich habe jetzt mal die Galerie kontaktiert, vielleicht wissen die noch was.

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Das wäre sehr interessant zu erfahren. Was mich wirklich wuschig macht ist aber etwas anderes: Da hat irgendjemand in einer Wohnung vor diesen Bildern gestanden und hat gesagt: die kommen zum Trödel. Ich meine, ich bin auch nicht sonderlich bewandert und mir könnte man manches andrehen. Aber ganz unabhängig davon, ob man die Bilder und ihren Wert kennt, solche Bilder gibt man doch nicht fort. Wahrscheinlich passten sie nicht zur neuen Couch-Granitur.

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Mir hat man das so erklärt, dass sich oft jeder das nimmt, was er behalten möchte (und da kann ja noch viel mehr sein, niemand besitzt einfach so nur 4 Hokusais), und der Rest geht dann zum Pauschalpreis an den Trödler.

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Wenn ich meine Hokusai-Sammlung komplettiert habe. werde ich nicht vergessen, den geschätzten Wert der einzelnen Werke in einem Anhang meines Testaments in Fettschrift aufzuführen.

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Vielleicht wäre es besser, die Namen der gezielt Enterbten in Fettschrift aufzuführen.

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wow. unglaublich. jetzt bin ich neidisch.

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wie ist das eigentlich bei den hokusais, sind die bekannteren wertvoller? (ich sag nur welle)

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Für die Münchner, denen der Don alles weggeschnappt hat:

Vortrag: Hiroshige - Leben und Werk eines Meisters des japanischen Farbholzschnittes 5. Oktober 2009

Ausstellung: Schönheiten & Landschaften - 111 Japanische Farbholzschnitte von Utagawa Hiroshige 8. bis 31. Oktober 2009

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Der jemals erzielte Höchstpreis für eine erstklassig erhaltene Welle aus der Serie mit Herkunftsnachweis liegt bei im Kunstmarkt eher bescheidenen 68.000 Dollar - Massenware eben. Alle anderen liegen weit darunter, 20.000 Maximum, hörte ich mal, aber das war alles zu den kranken Zeiten des Booms.

ich habe auch noch eine Ausstellung von Holzschnitten: Don Alphonsos Schlafzimmer. By Appointment ;-)

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Oder im bayrischen Wald...

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wuerde ich ueber sowas stolpern, ich wuerde sie mir ins aermliche studentenzimmer haengen. und mir dann bei "jaja, ganz schick" kommentaren ins faeustchen lachen. das schoene ist ja, die wirken modern genug um nicht als penisprothesen rueberzukommen.

ich muss aber zugeben dass ich da selber auch immer nur an diese fuji ansicht und die welle denken muss.

und die pornographischen. harrrr.

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