Wer in England bzw. insbesondere in London lebt oder sich dort anderweitig aufhält und es nicht schafft, gesund, sättigend und lecker zu essen, der guckt entweder aus Faulheit oder aus lange gepflegten und liebgewonnenen Ressentiments nicht richtig hin. Die erste Anlaufstelle ist Borough Market in Southwark: Brot u.a. von Flour Power (Brownies nicht vergessen), Käse von Neal's Yard Dairy. Ja, auch guten englischen Käse. Bei der Gelegenheit kann man den Kaffeebedarf bei Monmouth decken. Guten Tee findet in England hoffentlich jeder mit verbundenen Augen. Wer insbesondere zur Apfel- und Birnenzeit in den Supermarkt geht und sich sein Obst nicht bei Chegworth u.a. aus Kent besorgt, der hat es nicht anders verdient.

Und anders als in Deutschland lassen sie einen überall probieren.

Gutes Gemüse aus der Umgebung gibt es auch auf den regelmäßig stattfindenden lokalen Märkten, die man in jedem Bezirk findet. Läden für qualitativ hochwertiges Fleisch und Fisch sind ebenso über die ganze Stadt verteilt. Für Twickenham und Umgebung kann ich auf Wunsch detailliertere Informationen geben. Wer zu faul ist, selber zu suchen und wer sich nach dem hektischen Rumgeturne von Jamie Oliver noch englisches Kochfernsehen antun möchte, der sichere sich die eine oder andere Episode von Rick Steins "Food Heroes". Eine Sendung, von deren Art ich Produktion und dann auch noch Erfolg in Deutschland für vollkommen undenkbar halte.

Das Gerede über Schokolade ist nun gar nicht nachzuvollziehen. Klar, Cadbury ist Quatsch. Insbesondere die jährlich wiederkehrenden Cream Eggs sind ein Graus. Aber das gleiche muß man auch über den Schrott von Milka und Ritter Sport sagen. Für gute, handgemachte Schokoladen fährt man entweder nach Swanage zu Chococo (wenn man es jugendlich-poppiger mag) oder bleibt in London und geht zu Artisan du Chocolat (ja, eine englische Firma) in Kensington oder William Curley in Richmond. Hotel Chocolat, ebenfalls in Kensington, wenn man es durchgestylter und süßer möchte; dort stellt man allerdings nicht selber her. Wer es französisch braucht, geht zu La Maison du Chocolat am Picadilly. Oder man sucht sich den Stand von Dark Sugars, falls man eh noch auf dem Borough Market herumlungert.

Apropos Richmond. Dort gibt es eine deutsche "Community". Mit deutscher Schule, deutschem Bäcker und deutsch sprechenden Kindern auf der Strasse. Wobei ich den Bäcker immer im Verdacht hatte, dass er sein Brot importiert. Ich bin dort nur selten gewesen.

Restaurants können schwierig sein. Oder präziser, Restaurantempfehlungen sind riskant. Viele Engländer suchen ein Restaurant nach kurzen Saufgelagen auf, die dauern ja maximal bis elf, und insbesondere "Boah, der Inder war total gut!" ist mit extremer Vorsicht zu geniessen.

Falls mir jemand Spezialitäten mitbringen möchte: guten, mittelalten Cheddar, bitte. Warum man diesen Käse in .de praktisch nicht bekommen kann ist mir ein Rätsel.

Tipp am Rand: Single malts in Deutschland kaufen, trotz des schwachen Pfundes. Die Alkoholsteuern sind dort so hoch, dass ich von in der Nähe von Distillerien wohnenden Schotten weiß, die ihren Whisky lieber hier kaufen.

Disclaimer: ich habe vier Jahre in London gelebt. Und manchmal hat es mir sogar gefallen.