Siena im Herbst

Nun also offiziell: Im Oktober fahre ich nicht nur zur l'Eroica, sondern auch gleich noch mit, zumindest die zweitkleinste Runde mit 75 Kilometern. Und das nicht nur zwecks der Gaudi, sondern um das Leid und die Lust in der Toskana auch zu beschreiben. Unmittelbar danach in dann auch schon die Buchmesse, und da bin ich froh, wenn ich davor noch einmal frische und vom Betrieb nicht verpestete Luft einatmen muss. Nummer 2xxx werde ich sein, denn die Website sagt:

Thanks Porcamadonnahaving send us the enrollment form.

See you in Gaiole the next 3 October!




Ich bin ganz froh, dass man nicht gleich auch das alte Gefährt benennen musste, das einen dort über die Berge tragen soll. Es ist aufgrund der Bastelleidenschaft vieler Radler so gut wie unmöglich, ein gutes Rennrad in einem guten Zustand ohne Veränderungen zu finden, gerade wenn sie aus Zeiten stammen, da dieses Land noch nicht so reich war. In den 60ern und 70ern etwa hätte kaum jemand mal probeweise ein Rennrad gekauft und dann nach 500 Kilometer wieder eingemottet. Man hat das früher wieder verkauft, oder zum Stadtrad kastriert, aber immer irgendwie genutzt und zu Schanden gefahren. Weil man es sich einfach nicht leisten konnte. Die typischen, ungenutzten Oparennräder kommen frühestens aus den 90er Jahren, meist aber erst aus der letzten Dekade. Ausserdem war Rennradfahren damals absolut nicht trendig, und die wirklich guten Maschinen, die um 1990 herum 5000 Mark kosteten, für den Normalverbraucher so unbezahlbar wie heute ein Carbonrenner für 7000 Euro - soviel zur nicht nur gefühlten Inflation. Was davon in den letzten zwei Jahren auf den Markt kam, wurde oft genug von japanischen Sammlern weggekauft, die mitunter ein Vielfaches der Originalpreise zahlen, oder durch Fixiedeppen ruiniert. Ich habe gestern mal geschaut, was in einem vernünftigen Preisrahmen für gute Räder aus der Zeit vor 1985 geht: Fast nichts. Und die alten Radlgeschäfte, die so etwas noch im Lager haben könnten, sich auch längst ausgestorben, ausser vielleicht in Gmund, da ist noch einer.



Ich habe aber so um 1997 herum in München bei einem Gebrauchtradlmarkt mal ein "erneuertes Rad" gekauft. Die Basis ist ein sauber gelöteter Stahlrahmen in Rot, der dunkelgrau überlackiert wurde. Vom Hersteller hat sich nichts erhalten, und er ist mir auch etwas zu gross, aber es kostete nur 50 Mark und damit weniger als die neu montierten Klickpedale, die daran hingen. Die Komponenten einer alten Shimano 600 EX Gruppe kann man genau auf 1984 datieren, und es ist über weite Strecken original: Sehr frühe MA40 Felgen von Mavic, originale Bremsgummis, originale BIB REeifen mit damals schon 23 mm Breite. Nicht mehr original waren der Lenker, der Vorbau, die Bremshebel, die Sattelstütze und der Sattel; hier hat der Vorbesitzer brutal modernisiert. Ich habe eigentlich alle Teile, die geändert werden müssen, in alt und gut und vor allem italienisch herumliegen - nur die Bremsgriffe, die fehlen.



Kann sein, dass es deshalb doch ein nicht ganz billiger Spass wird, das Rad wieder in seinen Ursprungszustand zurück zu versetzen. Rahmenaufkleber kosten um die 60 Dollar und brauchen 2 Wochen bis zu mir, und die Bremsgriffe gibt es bei Halsabschneidern für ähnliche Preise. Es ist nicht so, dass ich es mir nicht leisten könnte: Aber irgendwie sehe ich nicht ein, dass ich Sammlerpreise bezahlen soll, nur weil ich ein paar alte Bremsgriffe brauche. Ich denke, ich werde heute Nachmittag nochmal meine alten Teilekisten durchsu... Ha! Da fällt mir was ein! Die hier müssten bei meinen Eltern noch im Keller liegen, wenn sie nicht Wegwerferitis bekommen haben.



Bleibt noch die Frage nach dem Hersteller. Den verschliffenen Microfusionsmuffen und den doppelkonischen Sitzstreben zufolge war es ein Qualitätsproduzent. Bianchi hatte ich zuerst in Verdacht, aber die hatten damals andere Gabelköpfe. Inzwischen habe ich einige "Saronnis" mit ganz ähnlichen Muffen, Bremsstegen und Gabeln gesehen; das war eine "Billigmarke" von Colnago in den späten 70er und frühen 80er Jahren, mit der man die Popularität des Rennfahrers ausnutzen wollte. Man sollte Colnago da nicht zu sehr loben; Gerüchten zufolge wurden die billigeren Rahmen ausser Haus, böse Zungen sagen sogar, im Gefängnis geschweisst. Die Aufkleber gäbe es wieder, und nun stellt sich die Frage: Lassen oder nochmal investieren? Zumindest würde auch die neue Farbe zur damaligen Erscheinung der Räder passen. Oder klebe ich FAZ.net-Aufkleber dran?

Und was mache ich, wenn ich es fertig habe und mir aus einem Schrotthaufen das Gios Compact Super Record entgegenspringt, das ich eigentlich gerne hätte?

Freitag, 3. September 2010, 14:20, von donalphons | |comment

 
An dem Zeitfahrlenker,
den ich für Sir Walter kürzlich ersteigerte, waren auch alte Campa-Bremsgriffe mit Modolo-Gummihauben dran. Baujahr für mich als Laien nicht zu erkennen, aber ich würde sagen, definitiv 80er, es gibt auch Löcher oben im Gummihörnchen für die Züge. Da die Weinmann-Griffe mit den neuen Bremsen auch harmonieren, hatte ich noch keinen Leidensdruck verspürt, die Campa-Teil an das Raleigh zu schrauben.

Foto kann ich heute abend mailen, es wäre mir eine Ehre, wenn die Teile zum artgerechten Einsatz kämen.

Nachtrag: Ganz so schick wie die 105er sind meine alten Campa-Griffe nicht, aber ich gebe zu bedenken, dass da noch die Basilkum-Mozzarella-Tomaten-Trikolore drauf zu erkennen ist. Bisschen frischen Modellbau-Lack drauf, und die Landesfarben strahlen wieder.

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"See you in Gaiole the next 3 October!"

Ach jetzt bin ich aber enttäuscht. Sie haben die englische Version der Seite benutzt?!

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Frage an die Experten
Hallo zusammen,

zunächst muss ich die Gelegenheit nutzen um dem Don für seine unterhaltsamen Geschichten zu danken, danke!

Zurück zum Thema: Ich selbst habe in meiner Garage auch noch ein eventuelles Kleinod rumstehen. Es ist ein Koga Miyata welches ich um 1992 rum erstand, BJ kann ich leider nicht benennen, sollte aber definitv <1990 sein. Es hat die klassische Shimano 600 Austattung und einen Magnesium(?) Rahmen (zumindest steht was mit Magnesium auf dem Rahmen).

Da ich keinerlei Ambitionen habe das Teil zu restaurieren, lautet die Frage: An wen kann ich mich zwecks Wertermittlung wenden, gibt es da evtl. ein Forum?

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Schwierig.
Bei rennrad-news.de oder dem tour-magazin gibt es Klassiker-Foren, wo man mal fragen kann. Mit Blick auf aussagekräftiges Foto können Kenner das Ding samt Komponenten und Zustand schon mal besser datieren und einordnen, damit ist man schon mal einen Schritt weiter in der Wertermittlung. Ob man da auch realistische Schätzungen bekommt, weiß ich nicht. Es gibt halt keine Schwacke-Liste für Rad-Klassiker. Auf alle Fälle kann man in der Ebucht mal verfolgen, zu welchen Preisen vergleichbare Räder unter den virtuellen Hammer kommen.

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Don Ferrando, ich dachte mir, sicher ist sicher, bevor ich auf der 205-Kilometerstrecke stehe. Allerdings wäre italienisch dann doch besser gewesen.

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Da drücken wir die Daumen und hoffen, dass diese Teilnahme nicht das Schicksal jener an der mille miglia teilen wird.

Auf die Aufkleber würde ich verzichten.

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Bici eroiche
Bici eroiche? Versteh ich das richtig? Es schickt sich erst dort mitzuradeln, wenn Mann ein "Oltimer-Rennrad" vorweisen kann? Ich stelle mir einen Start mit sehr vielen älteren italienischen Herren vor, alle mit Bici eroice und Rennrad-Klamotten aus den 60er Jahren. Diese betagten italienischen Herren, jeder hat mindestens einmal irgendwo irgendeine Etappe eines Perscorsos gewonnen, sind immer ganze Männer: verschroben, albern, spleenig. Mit einem Wort: extrem liebenswerte Machos.

Hat Herr Don Alfonso auch das angesagte Outfit?

Kann er den zu erwartenden Grobheiten des dort antretenden Feldes paroli bieten? (auf Italienisch)

Auf diesen Reisebericht bin ich gespannt.

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Ich habe noch grauenvolle Verbrechen aus den 980ern und sogar noch einen Sturzring. Das passende Rad auch, aber noch passender wäre dieses ausgefallene Eddy Merckx:

http://cgi.ebay.de/Eddy-Merckx-Columbus-SLX-Campagnolo-Delta-C-Record-/170536017004?pt=Sport_Radsport_Fahrr%C3%A4der&hash=item27b4bd1c6c

*röchel*

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Diese Farben,
und diese Bremsen erst! Nicht von dieser Welt. Aber was bitte schön ist denn ein Sturzring?

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in Vorläufer des Radhelms: Ein paar in Leder eingenäihte Schaumstosstreifen, die über einen Ring zusammengesetzt werden und auf den Kopf kommen. Sieht man oft auf alten Bildern.

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Und da kommt mir wenigstens das Basso auch nicht mehr so krass vor.

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Soo krass
finde ich das Basso auch gar nicht - oder ich verbinde mit diesem Begriff anderes. Das Basso markiert aus heutiger Sicht gewissermaßen das bevorstehende Ende der Stahlrahmen-Ära, den schönen Endpunkt einer langen Entwicklungslinie.

@Sturzring: Jetzt, wo Du's sagst, habe ich das Bild klar vor Augen.

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Es sieht aus, als hätte man die Lieblingsnagellacke der Betreiberin einer Wellness-Oase in Neukölln genommen. Bezeichnenderweise findet man den passenden Tupflack dann auch in billigen Drogerien.

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Ja, schon.
Margret Astor lässt grüßen, aber ich muss gestehen, dass mir das Basso auf den ersten Blick nicht so einen Stich gab wie das EM. Wobei es in Natura sicher nochmal verschärft rüberkommt.

Ach ja, zu dem Heroen-Renner und der Aufkleberfrage wollte ich noch sagen: Was ab ist, ist ab. Sprich: Entweder sind die Bapper noch original oder man kann es auch lassen, finde ich.

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Das Problem ist, dass andere Aufkleber darauf geklebt wurden, und das ist auch nicht gerade gut (Liegeradanbieter). Und ganz ohne ist es fad. Früher war es so, dass die Aufkleber selten länger als 2, 3 Jahre gehalten haben, manchmal war auch der Lack nach ein paar Jahren unrettbar, und die Geschäfte hatten neue Aufkleber vorrätig.

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Das ist eine gute Neuigkeit – daß Sie's nicht mit dem Zeitrad versuchen!
(Und mir klärt sich endlich das Rätsel, aus welchem Sattel Sie Ihre letzten Fahrtfotos schossen ...)

Sehr beruhigend anzusehen ist die Vielzahl der Speichen.
Sehr schöne Laufräder, wie ich finde.
Bei Aufziehen von Crossreifen könnten Sie allerdings Probleme kriegen ...

Mit den Campa-Bremshebeln und dem Bahnradlenker ist es sicher ein Sahnestückchen!

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