Unverkabelt
Ich habe so etwas wie eine Generaltheorie der Inneneinrichtung: Man richtet sich um so üppiger ein, je schlichter der Medienkonsum ist. Ich glaube, es gibt einen Kausalzusammenhang zwischen dem TV-Gerät und dem Niedergang der Möbelindustrie: Wer am Abend nach Hause kommt und sich vor die Glotze und später den Rechner wirft, braucht einfach keine hübschen Möbel. Das ganze Bunt und Schnell und Aufregend kommt dann aus dem Medium. Da ist es dann auch gut, wenn das drumherum nicht allzu viel Kontrast liefert.
Bei mir ist es bekanntlich etwas anders, ich habe keinen Fernseher, und die Seiten, die ich im Internet besuche, sehen eher nicht so aus wie SPONschleim oder Bild. Ich muss sogar sagen, dass mir normale Beiträge im FAZ-Layout viel zu chaotisch sind; ich finde die Form bei den Blogs gut und erträglich. Der Medienkonsum also stört nicht in meinem Lebensbereich. Die World of Interiors fügt sich nahtlos ein, ein wichtiges Element sind die Bücher in meinem Leben, und irgendwie kann ich nicht umhin zu sagen: Die Wired und GQ haben einfach nicht in meine Wohnung gepasst. Das ist auch Lesern aufgefallen. Es geht nicht zusammen. Ich würde das auch nicht mehr kaufen.
Ich persönlich finde viele Gedanken in diesem Heft sehr viel scheusslicher als die Gestaltung. Es ist nicht gut, und dabei könnte man es fast belassen; aber es zeigt halt, dass Blogger plus Journalistenschüler plus Medienmeckerer auch keine guten Produkte machen - man denke da nur an all die Wortgewalt, mit der Beteiligte andere Medien runtermachten und nun selbst so ein extraweiches Anzeigenvertrieblerklopapier abliefern (wenn nicht gerade die eigenen Kumpels hofiert werden). Aber das ist alles schon beiseite gelegt.
Zur Entspannung lese ich in der Regel Bücher, und wirklich fein war heute Vita Sackville-West mit ihrer Reise, die sie 1925 in einen entlegenen Teil Persiens unternahm. Sehr unterhaltsam, besonders in einem Punkt:
Dann nämlich, als noch ein Herr einer amerikanischen Forschungsgesellschaft dazu kommt und sie vermerkt, das seien jetzt 5 Europäer.
Da stolpert man 85 Jahre später drüber, man muss sich erst mal wieder eindenken in eine Epoche, in der "der Westen" noch ein gemeinsamer Kulturraum von eher europäischer Definition war. 1925 steckte Hollywood noch in den Kinderschuhen, es gab keine amerikanische Hegemonie der Kultur, die jetzt erst ganz langsam wieder zu bröckeln beginnt, weil der amerikanische Weg am Ende ist, und Europa eigene Lösungen finden muss, Soll. Sollte. Wie man ja weiter oben gesehen hat. Man kann nicht amerikanische Lösungen für Europäer liefern. Vielleicht für amerikanisch sozialisierte Europäer und Leute ohne Kultur, aber nicht für Europäer. Das war 1925 eben noch ganz anders. Solche Kleinigkeiten erfreuen auf fast jeder Seite. Sackville-West hebt besonders hervor, wie abgeschieden diese Region und die Reisenden von jeder Nachricht sind, und man merkt es dem Buch an, denn es ist stark, verdichtet und frei von anderen Kontexten erlebt. Es ist unverkabelt. Sie wandert frei durch eine Region, und alles, was sie noch mit Teheran verbindet, ist ein Brief des dort lebenden Khan, der seinen Untertanen Schlimmes androht, falls ihr etwas zustossen sollte.
Ich würde nicht wegen Wired sagen, dass mich das Internet oder die Medien nerven, da gibt es Schlimmeres. Ich kann und will es mir auch nicht leisten, ohne Rechner wegzufahren, denn irgendwo muss ich meine Eindrücke aufschreiben. Aber einen Moment oder zwei, auf jeder Seite, ist diese Lage von Sackville-West beneidenswert. Bis sie auf einem Pass ihre Karawane verpasst, einen falschen Weg geht und sich dann kaum mehr zurechtfindet: Es ist ja 1925. Man kann da nicht anrufen oder eine SMS schreiben. Es hat seine Nachteile, 1925 zu leben. Manchmal zumindest.
Feines Buch, feine Autorin. Das habe ich heute gebraucht.
Bei mir ist es bekanntlich etwas anders, ich habe keinen Fernseher, und die Seiten, die ich im Internet besuche, sehen eher nicht so aus wie SPONschleim oder Bild. Ich muss sogar sagen, dass mir normale Beiträge im FAZ-Layout viel zu chaotisch sind; ich finde die Form bei den Blogs gut und erträglich. Der Medienkonsum also stört nicht in meinem Lebensbereich. Die World of Interiors fügt sich nahtlos ein, ein wichtiges Element sind die Bücher in meinem Leben, und irgendwie kann ich nicht umhin zu sagen: Die Wired und GQ haben einfach nicht in meine Wohnung gepasst. Das ist auch Lesern aufgefallen. Es geht nicht zusammen. Ich würde das auch nicht mehr kaufen.
Ich persönlich finde viele Gedanken in diesem Heft sehr viel scheusslicher als die Gestaltung. Es ist nicht gut, und dabei könnte man es fast belassen; aber es zeigt halt, dass Blogger plus Journalistenschüler plus Medienmeckerer auch keine guten Produkte machen - man denke da nur an all die Wortgewalt, mit der Beteiligte andere Medien runtermachten und nun selbst so ein extraweiches Anzeigenvertrieblerklopapier abliefern (wenn nicht gerade die eigenen Kumpels hofiert werden). Aber das ist alles schon beiseite gelegt.
Zur Entspannung lese ich in der Regel Bücher, und wirklich fein war heute Vita Sackville-West mit ihrer Reise, die sie 1925 in einen entlegenen Teil Persiens unternahm. Sehr unterhaltsam, besonders in einem Punkt:
Dann nämlich, als noch ein Herr einer amerikanischen Forschungsgesellschaft dazu kommt und sie vermerkt, das seien jetzt 5 Europäer.
Da stolpert man 85 Jahre später drüber, man muss sich erst mal wieder eindenken in eine Epoche, in der "der Westen" noch ein gemeinsamer Kulturraum von eher europäischer Definition war. 1925 steckte Hollywood noch in den Kinderschuhen, es gab keine amerikanische Hegemonie der Kultur, die jetzt erst ganz langsam wieder zu bröckeln beginnt, weil der amerikanische Weg am Ende ist, und Europa eigene Lösungen finden muss, Soll. Sollte. Wie man ja weiter oben gesehen hat. Man kann nicht amerikanische Lösungen für Europäer liefern. Vielleicht für amerikanisch sozialisierte Europäer und Leute ohne Kultur, aber nicht für Europäer. Das war 1925 eben noch ganz anders. Solche Kleinigkeiten erfreuen auf fast jeder Seite. Sackville-West hebt besonders hervor, wie abgeschieden diese Region und die Reisenden von jeder Nachricht sind, und man merkt es dem Buch an, denn es ist stark, verdichtet und frei von anderen Kontexten erlebt. Es ist unverkabelt. Sie wandert frei durch eine Region, und alles, was sie noch mit Teheran verbindet, ist ein Brief des dort lebenden Khan, der seinen Untertanen Schlimmes androht, falls ihr etwas zustossen sollte.
Ich würde nicht wegen Wired sagen, dass mich das Internet oder die Medien nerven, da gibt es Schlimmeres. Ich kann und will es mir auch nicht leisten, ohne Rechner wegzufahren, denn irgendwo muss ich meine Eindrücke aufschreiben. Aber einen Moment oder zwei, auf jeder Seite, ist diese Lage von Sackville-West beneidenswert. Bis sie auf einem Pass ihre Karawane verpasst, einen falschen Weg geht und sich dann kaum mehr zurechtfindet: Es ist ja 1925. Man kann da nicht anrufen oder eine SMS schreiben. Es hat seine Nachteile, 1925 zu leben. Manchmal zumindest.
Feines Buch, feine Autorin. Das habe ich heute gebraucht.
donalphons, 00:11h
Freitag, 9. September 2011, 00:11, von donalphons |
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melursus,
Freitag, 9. September 2011, 16:44
Kennen Sie die italienische Reise des Herrn Heine? Vom Komfort und Vermögen war er unterhalb von Goethe oder Alphonso angesiedelt und er hat nciht so schöne Bilder gemacht. Die Reisebeschreibung aber ist modern, charmant und umfaßt sogar Eindrücke aus "der Schule der Schuhe der Frauen".
Sackville-West werde ich erstmal bei google anlesen, danke aber für den Tip.
Sackville-West werde ich erstmal bei google anlesen, danke aber für den Tip.
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donalphons,
Freitag, 9. September 2011, 16:59
Ja, ich habe mal aus Interesse und wegen der historischen Plagiats- und Borderlinevorwürfe Heine, Goethe und Stendhal nacheinander gelesen. Und muss sagen: Ich verstehe schon, warum Goethe so sauer war. Goethe hatte halt noch das alte Italien des Kirchenstaates besucht, Heine und Stendhal dagegen das neue Italien der Aufklärung (Seume ist eine ganz andere Sache)
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greenbowlerhat,
Freitag, 9. September 2011, 17:03
Ich las mal "Road to Oxiana", welches auch diese Gegend beschreibt. Wie viel Geschichte und Kultur dort stattgefunden hat, und war für wunderschöne und interessante Gebäude dort stehen, ist unglaublich, von der Landschaft zu schweigen.
Und doch werden uns diese Länder heute nur als zu bombardierendes Terroristenland dargestellt.
Ach ja, man müsste in den späten 60ern/frühen 70ern leben und demn Hippietrail nach Kabul folgen. Scheinbar war damals die letzte Zeitperiode, in der man dorthin noch einigermaßen reisen konnte.
Und doch werden uns diese Länder heute nur als zu bombardierendes Terroristenland dargestellt.
Ach ja, man müsste in den späten 60ern/frühen 70ern leben und demn Hippietrail nach Kabul folgen. Scheinbar war damals die letzte Zeitperiode, in der man dorthin noch einigermaßen reisen konnte.
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sephor,
Freitag, 9. September 2011, 17:38
Ach, ich weiß nicht... da ist mir ein Gläschen Billecart heute Abend, irgendwo im Marais, doch lieber.
Danke an den Don für den Buchtipp.
A bientot!
Danke an den Don für den Buchtipp.
A bientot!
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gabriele spangenberg,
Freitag, 9. September 2011, 18:02
Vita Sackville-West war doch Engländerin. Seid wann bezeichnen sich die Engländer als Europäer?
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diamantspeerspitze,
Freitag, 9. September 2011, 19:03
Das haben Engländer getan, als sie noch ihr Empire hatten und entsprechend großmütig sein konnten :)
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donalphons,
Samstag, 10. September 2011, 00:13
Ihr Mann war Diplomat, das hat ihr wohl doch etwas die Augen geöffnet. Jedenfalls war sie gar nicht steif und verbiestert.
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gabriele spangenberg,
Samstag, 10. September 2011, 16:12
Ja mit Harold Nicholson. Beide waren für Ihre gleicggeschlechtlichen Affären mindestens so bekannt wie für ihren Garten in Sissinhurst. Wirklich nicht verbiestert.
"Flush" ist auch lesenswert, vor allem dort wo Lord Kobold sich während des Diners zurückzieht um dann nackt um seine Gäste (die vom Butler gewarnt wurden) herumwedeln, in der Annahme er sei unsichtbar.
Oder passiert das nicht in "Flush" sondern woanders?
"Flush" ist auch lesenswert, vor allem dort wo Lord Kobold sich während des Diners zurückzieht um dann nackt um seine Gäste (die vom Butler gewarnt wurden) herumwedeln, in der Annahme er sei unsichtbar.
Oder passiert das nicht in "Flush" sondern woanders?
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sterngucker,
Samstag, 10. September 2011, 18:28
Gabi,
mir hast Du die Story wie Du auf den Namen Deines Flitzers - "Kobold" - kamst, aber kürzlich etwas anders erzählt.
Abgründe tun sich auf...
mir hast Du die Story wie Du auf den Namen Deines Flitzers - "Kobold" - kamst, aber kürzlich etwas anders erzählt.
Abgründe tun sich auf...
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donalphons,
Samstag, 10. September 2011, 18:50
Da gibt es wohl eine Version für Senioren mit Stern. Und eine andere für fast noch halbknackige Jüngaltlinge.
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gabriele spangenberg,
Sonntag, 11. September 2011, 15:37
@sterngucker
Stimmt. Hätte mein Auto wirklich besser nach diesem Herrn als nach einem profanen Staubsauger nennen sollen. Habe aber vergessen, das man ihn mit bb also Kobbold schrieb. Leider.
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sterngucker,
Sonntag, 11. September 2011, 16:06
Vorwerk weiß was Frauen wünschen... oder so ähnlich.
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greenbowlerhat,
Sonntag, 11. September 2011, 16:21
Na hier! (ab 2:37)
http://www.youtube.com/watch?v=aAOPXPYKC6U
http://www.youtube.com/watch?v=aAOPXPYKC6U
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gabriele spangenberg,
Sonntag, 11. September 2011, 20:09
Weil ein Staubsauger Lärm macht, Unruhe in die Famile bringt, Resultate produziert, die dem Rest der Famile reichlich schnuppe sind.
Genau wie ein Rennauto.
Ein Hausfrauenrennauto.
Genau wie ein Rennauto.
Ein Hausfrauenrennauto.
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rainersacht,
Freitag, 9. September 2011, 19:06
Anders lesen
Nein, so Schnöselmagazine les ich nicht mal online. Statt dessen hab ich mal wieder Jörg Fauser für mich entdeckt - aus der Zeit als ein C64 noch zum Themenkreis "IT" zählte ;--))
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captain haddock,
Freitag, 9. September 2011, 20:24
Vita - welch passender Vorname für eine Dame, die das Leben & das abenteuerliche Reisen genießt.
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Übrigens auch: feiner Verlag (siehe die hier oder nebenan schon mal erwähnte Giorgio Vasari-Reihe).
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Übrigens auch: feiner Verlag (siehe die hier oder nebenan schon mal erwähnte Giorgio Vasari-Reihe).
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pade,
Freitag, 9. September 2011, 21:22
Neugier
Was ist denn das stachlige etwas im Schrank? (1. Bild)
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donalphons,
Freitag, 9. September 2011, 21:35
Eine Stachelauster (Spondylus varius). Und daneben ist ein Perlboot (Nautilus pompilius).
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pade,
Freitag, 9. September 2011, 21:41
Wo bekommt man denn diese Raritäten, auf dem Trödelmarkt?
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donalphons,
Freitag, 9. September 2011, 22:12
Die Stechaustern sind nicht selten und liegen im Pazifik rum, die Perlboote dagegen sind gefährdet; mein Exemplar ist alt und kommt aus dem Antiquitätenhandel.
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holgi,
Freitag, 9. September 2011, 23:57
Wagenbach. Kann man blind kaufen. Unglaublich.
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ratel,
Sonntag, 11. September 2011, 01:41
danke...
ich hätte da noch was für Sie (wenn Sie es nicht eh schon kennen): Freya Stark, Im Tal der Mörder: Eine verbotene Reise in das geheimnisvolle Persien. Oder (gleiche Autorin): Die Südtore Arabiens: abenteuerliche Reise einer Europäerin auf den Spuren der Weihrauchstrasse.
Viel Spaß dabei;-)
Viel Spaß dabei;-)
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