Mir ist heut nicht nach Jammertal zumut.
Diejenigen meiner Mitschüler, die sich noch nicht umgebracht haben, zu Tode kamen oder die Psychiatrie bevölkern - wofür ich übrigens angesichts dieser Stadt vollstes Verständnis habe - haben eine Biographie wie mit dem Lineal einmal senkrecht in das Rückenmark genagelt: Gerade, direkt, ohne Aussetzer und mit dem klaren Ziel vor Augen, irgendwann nach 20 Jahren Siechtum im Spital einsam an einer Maschine zu verrecken und dann in dem Loch begraben zu werden, in dem schon 4 andere, gleich hirnlose Generationen Futter für die Würmer sind. Bis dahin passiert so gut wie nichts aufregendes, sie machen Dienst und Leben nach Vorschrift, die Autos und die Kinder werden grösser und immer mal wieder gehen kaputt, manchmal kriselt die Ehe, sie haben sich nicht mehr zu sagen und Sex schon gleich gar nicht. Aber es verläuft alles in beruhigender Sicherheit, überall ist ein Netz und ein doppelter Boden. Irgendwann zwischen Abitur und Studienabbruch haben sie sich für diesen Weg entschieden, und so hocken sie jetzt rum und sind alle der Meinung, dass man beim Klassentreffen auf die jeweiligen Lebenspartner verzichten könnte - was mir leider das Problem ersparte, eine sie schockierende Auswahl aus meiner Freundin und die beiden damaligen Teilzeitgeliebten für diesen Anlass zu treffen.
Der hochverehrte Don hat Recht - der Weg in diese unterschiedlichen Betten wäre nicht ohne eine sprunghafte, mitunter unzuverlässige und stets zum Wandel bereite Persönlichkeit möglich gewesen. Ich habe auf den bürgerlichen Wertekanon meiner Schicht, der provinziellen besseren Familien verzichtet, weil ich daran ganz einfach erstickt wäre, wie auch an dem akademischen Bullshit von psychopathischen Professoren, die ihre Studenten nur nach Arschkriechertum und der Befähigung zur Differenzierung von Hallstatt D3 und La Tene A1 raussuchen. Niemand kann es da drin verstehen, wenn man ab und zu den Schleudersitz betätigt und sich da rauskatapultiert, aber wie heisst es nicht so schön? Freedom is a road seldem travelled by the multitude. Denen die Brocken vor die Füsse werfen, ihnen sagen: Fuck you, auf der schmalen Planke über den stinkenden Fischen ihrer Meinung und ihrer Zwänge eine Sarabande tanzen, und wenn es dann wieder aufwärts geht, ihnen erzählen, was einem jenseits ihrer zubetonierten Horizonte passiert ist - das ist die Freiheit, die man sich nehmen kann und muss, wenn man die fortitudo dafür hat.
Wenn man sie hat und es nicht tut... ich war heute Mittag im Konzert in der Kirche gegenüber. Ich bin in dem Alter, in dem die Leute nicht mehr in Clubs gehen und statt dessen lieber Konzertabos beantragen, und sich über die laute Musik der Kids beschweren, und feuchte Augen kriegen, wenn mal wieder Miami Vice oder Denver in der Glotze kommt. Und so treffe ich sie dann eben manchmal nach dem Konzert, so auch heute. Ein alter Schulfreund, bessere Familie, 8 Jahre nicht gesehen. Er hat mich mit 3 Sätzen über diese Zeit informiert - aufgestiegen, neues Haus gekauft, zweites Kind, das war´s, und das bei einem Menschen, bei dem ich immer dachte, dass er irgendwann Schriftsteller sein wird. Der konnte schreiben, ich nicht. Dann war ich dran. Die Gattin wartete daheim mit dem Essen, weshalb er mich nach einer halben Stunde unterbrach - und ich war noch nicht mal beim Umstand angekommen, dass ich inzwischen Literat bin. Was ist denn das bitte für ein Leben, von dem man 8 Jahre in drei Sätzen berichten kann? Ich war in den letzten 8 Jahren Journalist, Berater, Verräter, Schriftsteller, Lehrbeauftragter, Apparatschik, PR-Mensch und Investorensucher in 5 Städten in drei Ländern und noch vieles andere, und immer, wenn mich jemand gefragt hätte, was ich in zwei Jahren mache, hätte ich todsicher eine falsche Antwort gegeben. Das Leben hat mir jedes Mal ein paar Überraschungen serviert, manche waren gut, andere wirklich schlecht, ich hatte mit Betrügern, Versagern, Idioten und Spinnern zu tun wie auch mit einer ganzen Reihe wirklich grossartiger Leute, manche haben mich gehasst und andere wären ein gutes Thema für ein Sexblog, und im Ergebnis habe ich zumindest eines dadurch erworben: Die Fähigkeit, immer eine gute Geschichte erzählen zu können.
Natürlich sind die heutigen Tage keine allzu guten Zeiten für solche Menschen; Stichworte Altersvorsorge, finanzielle Sicherheit, Arbeitsplatz. Und ob es besser wird, wage ich zu bezweifeln, denn für die drohende Spiesserjunta mit ihren hässlichen Strebern, Leistungsfaschisten und elitären Sozialdarwinisten repräsentieren Menschen wie ich genau die Welt, die sie hassen. Für mich, für uns, für die Peer Group, aus der sich ziemlich viele Blogger und Leser rekrutieren, werden die keinen Finger rühren. Und damit werden sie ein getreuliches Abbild der Kultur des Landes sein, eine Unkultur, die uns die Wege verbaut, weil sie genug Arschhinhalter für den Hirnfick ihrer Staatsförderkunstmafia haben: Klagenfurt, Deutschlandradio, Bayern2, Schirrmacher-FAZ, Ostelbiersalon-Zeit und ihre TAZ-Nachwuchsbrut - immer das gleiche. Hey, zum Teufel mit denen, die werden so alt wie dir Dummheit, aber lieber am Strassengraben verhungern, als vor denen und ihren Bastarden und Cretins auf den Knien rutschend zu leben.
Es kann gut sein, dass es andere gibt, die besser sind, dass man hier und da bei seinem eigenen Weg was klauen muss, sei es literarisch oder finanziell, dass man zum Hochstapeln oder zum Dolchen gezwungen ist, beruflich oder zwischenmenschlich. Das ist mitunter nicht schön und nicht moralisch, in den Spiesservororten sorgt sie Sozialkontrolle schon dafür, dass das entweder nicht oder nur im ganz grossen Stil passiert - und niemand darüber redet. Was der Grund dafür ist, dass sie keine Geschichten haben.
Wir sind die anderen. Mit vielen Irrwegen und verpassten Chancen, aber auch mit vielen Geschichten, Erlebnissen und Leben. Wir zahlen dafür den Preis einer Sicherheit, einer Kontinuität, einer Beständigkeit im Sinne der totalitären Mehrheitsmonopole derjenigen, die keine Geschichte und Geschichten haben. Deshalb sind wir hier - weil wir die Geschichten haben, die denen fehlen. Wen will ich: Don Dahlmann oder Florian Illies? Catull oder Cicero? Cellini oder Calvin? Grimmelshausen oder Canisius? Le Sage oder Mazarin?
Also, man gehe, falls einen der Blues erwischt, nach Berlin Mitte, suche sich eine dieser abgesicherten Kotzfressen - und
man hau dem ganzen Lumpenpack
das Maul mit einer guten Geschichte kurz und klein.
Ich kann verstehen, dass man selbst dabei manchmal Selbstzweifel hat, oft ganz unten ist - aber dann geht es wieder nach oben, es ist nie das Gleiche, und immer etwas anderes als der graue Limbo der Vorstadtclons mit ihren Aktiendepots und den jährlichen 10% Rendite auf 0 Lebensfreude und Bedeutung, ohne je die Ausschüttung des unermesslichen Füllhorns zu erleben, die nur den Freien vergönnt ist, die es sehen, empfinden und erzählen können. Der Preis, den wir dafür zahlen, zahle ich - und den Text hier können sie behalten, der ist das Trinkgeld.
Noch mal zu den Geschichten. Gute Geschichten kann man nur erzählen, wenn man mit einer Sache wächst. Nur dann hat man immer wieder die Freiheit neue Dinge zu tun, weil sich immer wieder neue Möglichkeiten ergeben. Dienst/Karriere nach Vorschrift ist genauso hinderlich wie das halbherzige in Angriff nehmen, wegen des Glaubens, wenn man zu sehr involviert ist, ist man nicht frei genug für das womöglich Bessere.
Ich denke daran mangelt es vielen über und unter dreissig: An der eigenen Courage die Verantwortung für sein/ihr Leben zu übernehmen. Eine Biographie wie mit dem Lineal einmal senkrecht in das Rückenmark genagel ist genauso Ausdruck für das Unvermögen, wie das Lost-in-Praktikantenjobs.
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Und zumindest nicht dieses verknöcherte Patriziertum mit den Eleven aus dem Windkanal.
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Ich finde mich in der Beschreibung des anderen Don auch wieder - nur eher nicht in den optimistischeren Teilen.
Natürlich führe auch ich irgendwie ein interessanteres Leben als vielleicht 90% meiner Mitmenschen, aber letztlich steht es doch unter der Überschrift "Scheitern auf hohem Niveau". Und so würden sich dann auch die Geschichten anhören...
Es ist nichtsdestoweniger ein sehr schöner Text, den Du hier geschrieben hast, Don.
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Wovon ich später lebe, seh ich dann.
Ist sowas auch nachvollziehbar?
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Meine Freunde und ich scherzen manchmal darüber, dass wir später einmal leerstehende Häuser im Osten besetzen werden. Vorher müssen wir dann aber noch gärtnern lernen.
[Edit: Das hatte sich mit Ches Posting gekreuzt, Herr franz.brandtwein war gemeint.]
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DAS ist der wesentliche Unterschied und laesst sich in seinen Auswirkungen auch wirklich nur experimentell verifizieren. (Bei theoretischenDiskussionen darueber prallen erfahrungsgemaess immer nur voellig kontraere Meinungen aufeinander und vernichten sich mit einem leisen Poff rueckstandslos ...)
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It is how it is.
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Disclaimer: Das soll aber keineswegs sagen, dass es nicht andere, erfüllende Lebensentwürfe geben kann.
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Zum Thema "Ausreden" gab es vor ein paar Wochen einen sehr interessanten Aufsatz eines Psychiaters in der FAZ:
Den verlinke ich ich hier, weil er neue Aspekte in der Diskussion um Mütterprämien, Ganztagsbetreuung, usw. enthält. Wenn Don meint, das geht nicht wg. Urheberrecht, dann kann ich ihn bei mir verlinken und auf meine Kappe nehmen:
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Und zum Thema für die Kinder langt´s immer etc: Wer Kinder in die Welt setzt, die in Armut und Not leben werden, sollte sich fragen, inwieweit dies verantwortungsbewusst ist. In der Dritten Welt bleibt Vielen keine Alternative, weil Kinder hier ihre Altersversorgung sind. Die Möglichkeit, mich zu reproduzieren, hat unabhängig davon, ob ich das wollte, nie zur Disposition gestanden. Ich liebe ja durchaus Kinder (zum Beispiel meine Nichte, für die ich eine Art Vaterfigur bin), aber es müssen ja nicht gerade die Eigenen sein.
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Und immer dieses bloede KarrierehinKarrierehergeschwurbel - was in solcherlei Schreibwerk immer nicht vorkommt ist ein ganz entspanntes lustiges Kinderhandling bei dem Mutter und Vater lustig vor sich hin arbeiten, trotzdem genug Zeit fuers wohlgeratene Kind haben und auf saemtliche staatliche Unterstuetzung und Einmischung spucken. Einfach das ganze Gejammere bleiben lassen und sich selbst laessig organisieren - das ist die Loesung.
Wie hiess es damals in Titanic mit Blick auf Afrika? "Hungerprobleme geloest - einfach mehr essen!"
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Der Mensch ist seit etlichenJahrtausenden Zivilisation ein in erster Linie soziales und kulturelles Wesen. Wenn ich lese, quasi alle Menschen hätten einen Kinderwunsch, weil das in den Genen so drinstecken würde und der Feminismus hätte die Frauen verdorben, so erkenne ich zunächstmal die Argumentationsmuster des Sozialdarwinismus. Und der Behauptung, keine Kinder in die Welt zu setzen würde zu Infantilismus führen, könnte man spaßeshalber vielleicht die Forderung entgegensetzen, Eltern benötigten, um Kinder aufziehen zu dürfen, eine pädagogische Ausbildung ;-)
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Aber der Autor ist kein Publizist, der davon lebt, möglichst Aufsehen erregende Gedanken abzusondern und hinterher seinen Kopf in Talk-Shows zu verkaufen, sondern Neurologe und Psychiater. Die anti-feministischen Teile halte ich auch für problematisch. Aber er schreibt vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Arzt. Es gibt Menschen, bei denen die gewollten oder ungewollte Kinderlosiglkeit zu schweren Störungen und Erkrankungen führt.
Nehmen wir nicht die AnjaTanjas aufs Korn, die sich im Beruf verwirklichen wollen und doch nur an der Kaffeemaschine landen?
Einen Backslash kann man gar nicht fordern, die Entwicklung geht nicht zurück. Aber der Text zeigt, dass es uns Wurfprämien, Ganztagsschulen und das jährliche Kinderfest beim Bundespräsi nicht wirklich weiterbringen.
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Ich würde dem Herrn F. in manchen seiner Diagnosen ja sogar durchaus zustimmen. Infantilisierung der Gesellschaft etc. - dafür lassen sich sicher Belege finden, ebenso für die Beobachtung, dass der Feminismus nicht gerade das Vehikel Nummer eins für traditionelle Familienwerte gewesen ist.
Was mich an seiner Argumentationskette stört ist die implizite Rückwärtsgewandtheit, nach dem Motto, wenn sich die Damenwelt wieder auf die drei Ks besänne, dann wäre wieder alles toll mit der Fortpflanzungswilligkeit.
Was ich in meinem Umfeld sehe, geht in eine andere Richtung. Da sind Paare, die es mit Kindern versuchen ohne auf stereotypische und tradierte Rollenmuster zurückzufallen, sondern pragmatisch auszuhandeln, welchen Beitrag beide dazu leisten können. Das heißt, in ein paar Punkten ist man dann traditionell, in anderen völlig progressiv und sieht halt zu, wie mans geregelt kriegt. Dabei haben für uns die Thesen des Herrn F. nur begrenzten sittlichen Nährwert. Denn obs ihm passt oder nicht, da meine Frau nun mal den besseren Job mit mehr social security hat, wären wir mit allen Dummbeuteln geschlagen, wenn wir auf Teufel komm raus versuchen würden, unser Familienleben nach den gleichen Rezepten zu gestalten wie unsere Vorfahren...
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Und wer einseitig die Schuldfrage den "emanzipierten Karrierefrauen" zuschiebt, hat nichts verstanden.
Ich hab den Artikel zwar nur quer gelesen, aber was ich u.a. vermisst hab, war die Rolle des Vaters / Partners der Frau.
Ich sehe mich zwar bestimmt nicht als Vorreiterin des Feminismus (ginge auch nicht, da aus dem Osten stammend), aber für meine beiden inzwischen erwachsenen Kinder ist es normal (da bei den Eltern erlebt), dass Mutter genauso Spaß am Beruf hat (oder auch mal nicht) und am Hobby wie der Vater und die Kinder werden von beiden erzogen und man hat gemeinsam Stress und Spaß. Dann funktioniert es auch und ist eine Bereicherung für alle Beteiligten.
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Volle Zustimmung. Aber dieser Pragramatismnus ist schwierig. Daher taugt es als Lebensentwurf nur für einen kleinen Teil. Bei uns läuft es so ähnlich. Aber man sieht immer wieder die gesellschaftlichen Grenzen als berufstätiges (Ehe)Paar. Bsp. heute morgen ging mein Sohn in einen anderen Kindergarten, als eine Art Notdienst, da seiner schon Urlaub hat. 7:30 wird geöffnet. Bis 8:15 war kein Kind in Sicht. Da bekommt man schon mal das Rabenelterngefühl. Besonders hier im Dorf.
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Na und? Wo wird das Problem sein so einen kleinen kerl groß zu bekommen. Einfach überall dabei und wem das nicht passt, der braucht mich auch nicht. So einfach ist das. Aber in der Realität kam das nicht vor.
Was aus ihm wird, daß weiß doch keiner. SOll sich viel Open Airs ankucken mit den Mädels unterwegs, und mit 18 fliegt er raus ;-) Nur Blödsinn
@che: Darüber reden, daß man kein Kind in diese Welt setzen will, hörte ich mich auch schon mal reden. Sie würden staunen, wie die sich zurecht finden. 8 x Onkel bin ich, aber das Eigene ist ganz anders.
Auch dem Hr. Don würde so ein kleines Tierchen passen, irgendwie. Bin ich mir sicher. Sie würden staunen wie jung sie plötzlich werden und wie leicht das Leben ist, sprich wie egal einem so mancher Quatsch wird.
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Gute Karten haben nach diesem Modell intellektuelle Männer im zeugungsfähigen Alter :)
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Meine Tochter hat mich und meinen Laden ganz bestimmt viele dieser netten Rund-um-die-Uhr-mit-einer-Woche-Deadline-Aufträge gekostet, mit denen andere ihren Audi TT verdient haben, den sie noch mit Mitte 40 als Schwanzersatz zum Flachlegen hohler Anjas und Tanjas brauchen. Ich dagegen fahre gebrauchtes Touran, erziehe ein eigenes und (partiell) zwei geliehene Kinder und bin glücklich.
Es ist übrigens gar nicht so schwierig: Beide Eltern müssen sich - und zwar am Anfang und dann immer wieder, sogar nach einer Trennung - einigen, wie sie Kinder und Karriere unter einen Hut kriegen. Das wie Herr F. zeitlich zu entkoppeln und (natürlich nur für die Frauen) eine explizite "Herdphase" zu fordern, ist lebensfremd und tut weder Kindern noch Eltern gut.
By the way: Ohne die zwar teure, aber doch meistens funktionierende "rot-grüne" Ganztagsbetreuung in HH hätte ich das alles nicht geschafft. Also kann die Politik AngieGuidos Steuererleichterungen für Herdphasen gern stecken lassen, solange sie für anständige öffentliche Kinderbetreuung sorgt.
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Abgesehen davon, dass der Homo sapiens neandertalensis ausgestorben ist, ohne Nachkommen zu hinterlassen, zu "Frau wünscht sich dank der im Neandertal am Lagerfeuer erfolgten evolutionären Prägung ein sozial und intellektuell mindestens gleichrangiges männliches Gegenüber" - es gibt keine evolutionäre Prägung. Es gibt genetische Eigenschaften, und es gibt Prägung, eine frühkindliche Form des Lernens (in erster Linie bei Tieren), die zur Fixierung von Verhaltensweisen führen, und es gibt komplexe Verhaltensweisen, zu denen alle größere soziale Interaktion beim Menschen gehört. Diese sind das Ergebnis von Lernprozessen und kultureller Übereinkunft, aber weder genetisch noch durch Prägung bedingt. Die Vorstellung, erlernte Verhaltensweisen würde genetisch weitergegeben (Lamarck), ist seit Darwin ad acta gelegt.
Und wie bitte sehr will, wer hier so wunderschön biologistisch wie Herr Haeckel argumentiert, erklären, dass z.B. bei den alten Sarmaten eine Frau erst dann heiraten durfte, wenn sie den Kopf eines Mannes aus der Schlacht zurück gebracht hatte? Oder dass es Völker gibt, bei denen es 7 Geschlechter gibt, weil Transsexuelle, Lesben, Schwule, Alte und Kinder jeweils als eigenes Geschlecht angesehen werden, für die es sogar eigene Endungen in der Sprache und eigene Fürwörter (also mehr als "ihm" und "ihr") gibt?
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Nachtrag: beide Bälger sind übrigens noch so klein, dass der Einfluss einer "Peer Group" mangels Existenz kaum durchschlagen kann.
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Mein Toechterlein hat zur Taufe in den Zeiten des zweiten Irakkrieges von ihrer treusorgenden Patentante einen liebevoll selbstgenaehten rosa (klar - Maedchen) Plueschpanzer ( uiiiii so ein knuffiges kleines Kanonenrohr) geschenkt bekommen.
Und was macht das Goer? Es verachtet dieses bedeutungsvolle Spielzeug komplett und wendet sich mit Hingabe dem hoelzernen Spielzeugherd zu ....
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Im Übrigen:
http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,181,5.html
http://www.shoa.de/rassenlehre.html
http://www.archivtiger.de/Jedi/BUTLER.htm
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Es geht ja nicht um Rassenbiologie sondern um die Geschlechterdifferenzierung. Du wirst zustimmen, dass auf die Ausbildung von Zellen (auch Gehirnzellen) komplexe Stoffe wirken. Bsp. Hormone.
Sexualhormone sorgen dafür, dass sich der Embryo zu Mädchen oder Junge entwickelt. In Tierversuchen an Ratten offenbart sich zum Beispiel, dass weibliche Tiere ein deutlich männlicheres Spielverhalten zeigen und sich in einem Labyrinth ebenfalls eher wie männliche Tiere verhalten, wenn sie direkt nach der Geburt Testosteron gespritzt bekommen.
Bei Menschen hat man gesehen, dass bestimmte angeborenen Stoffwechselstörungen des Kindes, die einen erhöhten Testosteronspiegel vor der Geburt bewirken, die Entwicklung eines männliches Profil in den psychologischen Tests zur Folge zu haben. Auch fanden Studien einen Zusammenhang zwischen dem aktuellen Hormonspiegel und der Leistung in kognitiven Tests.
Die Wirkung auf das Gehirn: Ist der Hormonspiegel bei Frauen hoch, sind die Wege über die rechte und linke Hirnhälfte gleichberechtigt. Bei niedrigen Hormonkonzentrationen hat der direkte Weg in die rechte Hemisphäre die höhere Trefferquote – und genau so ist es bei den Männern.
Selbst das mit dem Frauen und Einparken ist teilweise mit unterschiedlichen Hirnhälften erklären, obwohl hier sicher das individuelle Können und Erfahrung eine grössere Rolle spielen.
Wobei die Wissenschaft noch ziemlich am Anfang ist, wenn es um die Erforschung der neuronalen Zusammenhänge geht.
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Nachtrag: ein Überblick zum Stand der empirischen Forschung mit einigen Quellen und biologischen Erklärungsversuchen z.B. hier.
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20 in einem psychologischen Gutachten als "Mann mit klassisch weiblicher Selbstwahrnehmung und Empfindungsweise" eingestuft. Davon bin ich heute weit ab, ein sehr ereignisreiches und bewusstseinsveränderndes Leben führte zu einer starken Veränderung verschiedener Persönlichkeitsmerkmale bei mir, und Leute, die mich in jüngerer Zeit kennenlernten, würden mich eher als Macho einstufen.
All dies eingedenk erscheint mir das menschliche Rollenverhalten als eine Art Programm, dfas sich reprogrammieren lässt.
Dazu kommt noch eine andere Komponente. An sich
bin ich von Haus aus auch so gestrickt, dass das Frauen Erobern mir nicht liegt, sondern ich passiv darauf warte, dass frau mich anspricht. Von Vornherein also auf straighte Powerfrauen festgelegt, bekam ich von einem recht frühen Zeitpunkt an Kontakt zu ziemlich vielen Menschen, deren Verhaltensmuster aus den üblichen Rollenklischees herausfielen, verstärkt noch einmal dadurch, dass ich zu diesem Zeitpunkt einer linken Szene angehörte, wo das Aufbrechen der Rollenstereotypen Ideologie war, und noch einmal verstärkt dadurch, das ich als Kampfsportler viel mit Frauen zu tun hatte, die sich hauen. In dem Maße, indem sich meine Persönlichkeit veränderte, zum Beispiel von der angesprochenen Passivität im Werbeverhalten weg, veränderte sich das Verhalten meiner sozialen Umgebung, erst wurde die früher sehr libertäre Szene repressiv und moralinsauer, dann kam ich berufsbedingt in ein neues soziales Umfeld (NE mit teils recht buntschillernden Persönlichkeiten), dann in noch ein Anderes, nämlich Otto Normal. Und ich kann mir nicht helfen, bei der Vorgeschichte, die ich habe, sehe ich viele Verhaltensweisen meiner sozialen Umgebung, gerade wenn sie mit Geschlechtsrollen zu tun haben, wie ein Ethnologe, der ein fremdes Volk erforscht.
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Als die Nazis Freund ins Visier nahmen, verweigerte Jung ihm jede Hilfe und unterschied zwischer "arischer" und "jüdischer" Psychologie.
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Auf ein "der hatte recht", "nein, der" will ich mich hier aber nicht einlassen. Schon allein, weil ich kein Experte auf diesem Gebiet bin. DIE WAHRHEIT stelle ich mir als einen Kristall mit nahezu unendlich vielen Facetten vor, von denen Freud, Jung, Reich und all die anderen und Du und ich, Genetiker und Behavioristen jeweils einen anderen sehen. Unnütz, sich darüber zu streiten. Für mich ist der Gedanke an einen weiblichen Wesensanteil im Manne genausowenig abwegig wie ein männlicher Wesensanteil in der Frau, und wie die hier referierten Einzelfallbeispiele zeigen, gibt es da ja viel zwischen plus und minus (oder zwischen xx und xy)...
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Die aktuellen Resultate der gehirnbiologischen Forschung besagen genau dies. Das Gehirn ist tatsächlich zuerst eine tabula rasa. Beim Neugeborenen setzt der Prozeß der Verschaltung/Verbindung der zunächst unvernetzten Gehirnzellen ein. Die Art der Vernetzung ist ausschließlich umweltabhängig, während der Vernetzungsprozeß als solcher intern abläuft. Das heißt: Auch wenn ich ein Kind als Caspar Hauser wegsperre, findet Vernetzung statt, jedoch eben mit katastrophalen Folgen.
Insoweit sehe ich da kein Soziologismus-Problem der 68er von damals, sondern ein aktuelles Problem blinder Dogmatiker heute. Tut mir ja echt leid, hella: Ich kann nichts für die Ergebnisse der Neurobiologie, sie stammen nicht von mir.
In den 60ern und 70ern konnte man noch, wenn man Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt hieß, und daher mit Sattelfestigkeit im Vorurteil und gefälschten Experimenten ausgestattet war, behaupten, daß soziale Unterschiede aus den Genen kommen. Heute ist das auf Grund der modernen Hirnforschung nicht mehr möglich.
Aber was soll’s. Seit Galilei wissen wir, daß die Wissenschaft es noch nie vermochte, ideologieverbrannten Hirnen aus der selbstverschuldeten Enge herauszuhelfen.
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Karl Kraus
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Ein letzter Versuch:
Der Kuckuck legt sein Ei in ein fremdes Nest, ohne es irgendwo abzuschauen, weil er nur ein dummes Tier ist, das von niederen, bösartigen Instinkten beherrscht wird. Aber Menschen sind ja keine Tiere, sondern beseelt von einem Göttlichen Funken. Verhalten hat beim Menschen daher nichts mit Genen zu tun.
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Schade, daß Dir Deine Weltanschauung da im Wege steht.
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Drei Beispiele:
1. Natürlich beruht das Benehmen von Saschas, Anjas und Tanjas auf "nurture". So viel genetische Verirrung kann es gar nicht geben.
2. Aber genauso natürlich kommt die Musikalität meine Tochter aus "nature" - von ihrer Mutter, obwohl die das nie mit ihr praktiziert hat (und meine ganze Familie und ich sind komplett unmusikalisch).
3. Und schließlich - @modeste - habe ich totale Angst vor Bohrmaschinen, obwohl ich auch nie nach dem Weg fragen mag. Oder liegt das daran, dass ich zu lange Kinder erzogen habe?
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Bei der Augenfarbe
Bei der Haarfarbe
Beim Körperbau
Bei der Muskulatur
Bei der Motorik
Beim Bewegungs"talent" (Talent natürlich in Anführungszeichen)
Beim Ballgefühl
Bei der Musikalität
Beim räumlichen Vorstellungsvermögen
Bei mathematisch-logischen Fähigkeiten
Bei den sprachlichen Fähigkeiten
Bei der Kreativität
Wenn ich Euch richtig verstehe, muss man ab der Muskulatur einen 100%-Riegel vorschieben. Ich frage mich, ob MEINE Weltanschauung mit einem Problem behaftet ist.
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Turn on, drop out and get experienced.
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- der Kuckuck (beispiesweise) zeigt ein komplexes Verhalten, das er nicht gelernt haben kann. Es ist also angeboren. Wo ist der qualitative Sprung zwischen Vogel und Mensch, der diese angeborenen Verhaltensweisen vollständig tilgt (wir können uns auf die Grundideen der Evolutionslehre einigen, oder?)
- Gleiches gilt für grundverschiedene geschlechtsspezifische Rollen und Verhaltensweisen aller möglicher Tierarten bis hin zu Schimpansen und Bonobos, wobei ebenfalls in vielen Fällen eine soziale Prägung ausgeschlossen werden kann.
- Hormone beeinflussen nachweislich das Denken - wenn man keine Fälschung zahlreicher Studien unterstellt
- und schließlich kommt hinzu, dass meine Lebenserfahrung stark auf die Existenz geschlechtsspezifischer (nach meinem Eindruck nicht erlernter) Verhaltensweisen und auch Talente hindeutet. Wenn ich nur an das Telefonierverhalten denke :)
Aber ich sehe mir gerne an, was Du ins Feld führen kannst.
Nachtrag: Angeboren ist im Zusammenhang mit dem Kuckuck vielleicht nicht das richtige Wort. Angelegt?
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Bei dem Beispiel mit dem Kuckuck fällt mir ein:
Die mangelhafte, unpädagogische, falsche oder gar potentiell gefährliche Erziehungsleistung von Eltern oder Resteltern wird immer beklagt. Demnach müssten 70% der Jugendlichen als gestörte Individuen mit behandlungsbedürftigen psychischen Problemen rumlaufen. Wundersamer Weise hat dies bei den meisten keine offenkundig schwere bleibenden Schäden und man kann es trotz schwerer Kindheit zum Bundeskanzler schaffen. Es gibt meines Wissens selbst Pädagogen, die der Erziehung und dem sozialen Umfeld einen vergleichsweisen geringen Beitrag bei der Entwicklung der Persönlichkeit zubilligen. Gottseidank.
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Als Analogie wird in der Verhaltensforschung geegentlich die Fläche eines Rechtecks mit der einen Seite "Angelegt" und der anderen Seite "Erlernt" angeführt. Ist die "Angelegt"-Seite sehr kurz - etwa beim Geigenspiel - so kommt man auch mit 8 Stunden täglichem Üben nicht so weit wie ein weitaus talentierterer Geiger, der nur 1 Stunde am Tag übt. Man kann aber im Allgemeinen keine Aussage machen, welcher Faktor im konkreten Fall ausschaggebend war; man kennt eben nur die "Fläche".
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Wenn ich missverstanden wurde, dann ist das ja jetzt ausgeräumt.
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- und empfehle ein Streitgespräch in der ZEIT zum Thema Neurowissenschaften und den freien Willen.
http://www.zeit.de/2005/29/N-Singer_2fPrinz
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