Vermisstenanzeige

Seit dem 24.08.05 um 17:20 Uhr wird im Grossraum München die als "Deutschlands erste Blogpraktikantin" berüchtigte Vroni vermisst. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie in publizistisch nicht wirklich erhebender Weise für ihren Arbeitgeber, die Jörg Stengel Medien GmbH, Betreiber des Stadtblogversuchs Minga.de, einen Beitrag über die Qualität von Discountbackwaren verfasste. Seitdem ist Vroni in der Blogosphäre verschwunden.

Die Passauer Publizistikstudentin Vroni wurde überregional bekannt durch ihren ersten Eintrag mit dem Titel "Alles wird gut: Vroni übernimmt", in dem sie ausführlich über die traurige Suche nach einem Praktikumsplatz berichtete, der sie zu Minga.de verschlagen hatte. In einem Kommentar betonte der für ihre Ausbildung verantwortlich sein sollende Jörg Stengel: "Lieber beim Bloggen dabeisein und was über Suchmaschinen lernen als Sterbehilfe bei "anständigen" Print-Verlagen zu leisten." In der Ablehnung von Anstand und dem Hinweis auf "Sterbehilfe" deuten sich möglicherweise dunkle Machenschaften an, die zu Vronis Verschwinden beigetragen haben könnten.

Zuvor war eine mutmasslich identische Vroni beim Versuch gescheitert, in der von Thomas Knüwer betreuten kleinen Agentur am Rande der Stadt unterzukommen. Grossblogbetreiber Don Alphonso, der das Verhalten von Minga.de schärfstens kritisiert hat, hat nach eigenem Bekunden nichts mit der Sache zu tun, und Vroni auch kein würdiges Praktikum bei einem halbwegs ordentlichen Medium verschafft. Möglicherweise handelt es sich beim Verschwinden von Vroni um die Fortsetzung einer langen Serie von ähnlichen Vorfällen in der Zeit der New Economy, als in München Praktikanten von inkompetenten Pleiteunternehmern unverantwortlich ausgebeutet wurden und dann, nachdem sie begriffen hatten, dass sie hier ausser Rumstöpseln und dummen Spüchen (IPO in sechs Monaten, dann wirste reich) nichts lernen würden, nach wenigen Tagen ebenfalls spurlos verschwunden sind.

Sollte es diese Meldung noch in die erstklassige Newsquelle Polizeibericht schaffen, hat das Thema nicht schlechte Chancen, von Patrick Gruban, dem "ersten Redakteur" von Minga.de, aufgegriffen und minimal umgeschrieben in seinem Stadtblogversuch veröffentlicht zu werden.

+++Update: Vielleicht wurde Vroni nach einigen schlimmen Ereignissen in der kleinen Agentur am Rande der Stadt dort wieder übernommen...+++

Freitag, 2. September 2005, 13:22, von donalphons | |comment

 
Hier hätte sie als Praktikantin mehr Glück gehabt

http://www.terrormarketing.de/Impressum/impressum.html

... link  

 
Nur hätten wir sie damals garantiert nicht genommen... bei uns wurde niemand Praktikantin, die zuvor nicht schon mal 2 Unternehmen mit an die Wand begleitet hat.

... link  

 
Wie ist das "genommen" genau zu verstehen? ;-)

... link  

 
Für bestimmtes Nehmen hatten wir einen sog. "Betriebsratsfond".

Nein, im Ernst, nach meinem Erleben war das Schlafen mit der Praktikantin in der Munich Area NE weitgehend verpönt; die meisten Obermacker waren eher Spiesser auf der Suche nach der Frau am Herd in der Vorstadt. Und überschüssige Energien konnte man im Pacha oder einem bestimmten Club ausleben, die haben dafür sogar unverdächtige Rechnungen ausgestellt (siehe im Buch das entsprechende Kapitel).

... link  

 
Ich hätte jetzt geantwortet, ein Strip vor dem Nörgler war Teil des Assessment-Centers. Nein, auch im Ernst, das war bei uns ganz anders. Es gab öfter mal Techtel innerhalb der Firma und Anbändeleien mit den Anjatanjas der Partnerfirmen, die Großen dagegen waren fest verehelicht. Puffs waren extrem verpönt, dafür gab es After-CeBIT-Popping untereinander.

... link  

 
Wobei, Frauen auf der CeBit, also ich weiss nicht, das heisst ja wohl: Wenig und mit einem seltsamen Geschmack, was Freizeitgestaltung angeht.

... link  

 
Was heißt hier Freizeit, Anjatanjas von den Messestandbesatzungen.

... link  

 
*hust* alles was weniger als 40 Kilo Lebendgewicht hat, veruracht nur Hämatome und ist nicht so leicht als Frau zu identifizieren.

... link  

 
Na ja, die Freenet-Girls wurden nach einer Mindestoberweite gecastet, und die Pressesprecherinnen waren normalerweise über 30 und dem Hungerkotzalter deutlich entwachsen.

... link  

 

... link  

 
Wenn ich mir das so durchlese, wurde auf der CeBIT gebalzt, aber nicht Ernst gemacht.

... link  

 
Ich glaube nicht, dass ich jetzt ein ganz großes Geheimnis ausspreche, wenn ich sage, dass Che gerne mal übertreibt.

... link  

 
Praktikanten
Jaaah, das mit den Praktikanten... habe selbst ein paar Praktika in Werbebranche und IT gemacht. In den meisten Fällen sind das eigentlich "elektronische Hilfsarbeiten", lernen tuste nix, bezahlt wirste dafür aber auch nicht. Manche Unternehmen haben mehr Praktikanten als normale Mitarbeiter... so gehts doch auch nicht. Als die Wirtschaft im "Ausbildungspakt" zusätzliche Praktikumsstellen angeboten hat, musste ich mich erst mal krank lachen.

... link  

 
Slavery light
Was willst Du? Früher hat man die Hassans und Solomons und Malaicas und Ildyas mit Tand, das heißt Glasperlen, Taschenspiegeln und Perlmuttkämmen geködert und dann in Übersee verkauft. Heute ködert man mit Hochglanzbroschüren wahnsinnig cooler Firmen, und die Sklaverei ist befristet. Dafür muss der Master sich auch nicht um Kost und Logis kümmern.

... link  

 
Bei mir war der Knackpunkt eine sehr angesehene Fondgesellschaft einer grösseren Bank in München, die nach einer Entlassungsrunde und zweiwöchiger Einarbeitungszeit tatsächlich Passauer BWLler auf Prakikum an die Betreuung rangelassen hat, Thema Kostenersparnis in weniger riskanten Bereichen. Für was gibt es denn Chartechnikprogramme. Zwei Jahre später war das Ding schwer im Minus, bei einer leicht gestiegenen Börse.

Die Krux mit Praktis ist auf der anderen Seite, dass sie nichts können. Ich hatte welche. Wenn man ihnen wirklich was beibringt, kosten sie mehr, als sie bringen.

... link  

 
Fondsverwaltung ist wenigstens noch ein Thema, bei dem Inkompetenz nicht auffällt, schließlich haben schon Affen mit Dart-Pfeilen bessere Renditen erwirtschaftet als die größten Hellseher der Szene.

... link  

 
Da hast Du völlig recht. Ich hatte die Aufgabe, eine Mitbewerberanalyse zu machen, verstand aber zuwenig von BWL, um die Firmen wirklich beurteilen zu können. Das sagte ich meinem Chef, und am nächsten Tag hatte ich einen Assistenten, einen graduierten BWler auf Werkvertragsbasis, also deutlich mehr als ein Praktikant. Wir versprachen uns viel von seiner case study. Was er dann ablieferte, war eine Präsentation, in der er aus den uns bereits bekannten Fakten eine Art Zeichentrickfilm in Power Point gemacht hatte. Er verstand gar nicht, wieso wir ihn rausschmissen.

... link  

 
Ich auch nicht. Ich habe mal eine PP von einem K***-Senior miterlebt, der die Hälfte seiner Zeit darauf verwandte, die Preise der Konkurrenz vorzulesen, und dann zu dem Ergebnis kam, dass es ein hochkompetitiver Markt ist. Hübsche Balkendiagramme. Wir alle dachten, irgendwann zieht er die argumentative Schlinge zu. Kam aber nie. Was erwartet man denn sonst?

... link  

 
Ach was, das mit dem Praktikantenausbeuten gab es immer und in jeder Branche - nur waren die Bereiche in Unternehmen ziemlich isoliert. Ich machte das letzte Industriepraktikum meines Studiums (ja, ja, damals, als es keine Trainees etc. gab) in einem sehr großen Chemieunternehmen. Der gesamte Entwicklungsbereich hielt sich über Wasser, in dem er angehende Ingenieure ausbeutete (wir, die Praktikanten, berichteten täglich aneinander, wieviel zigtausende Mark unsere Arbeit dem Unternehmen brachte, das uns nur ein Mittagsessen gewährte). Ich glaube, sie hatten dort so ein richtiges System entwickelt, das alle drei Monate nahtlos und effizient die Praktikanten einschleuste. Dennoch, eines war klar: Wer gut war, der konnte eine Diplomarbeit ergattern, die für eine große Karriere den Weg ebnete. Das war der Deal. Man wurde ausgebeutet, dennoch bestand die Hoffnung auf eine, wie auch immer geartete, Fairness.
Heute ist es eine moderne Form der Sklaverei (ganze Unternehmen sichern angeblich ihre Existenz- aber in Wirklichkeit die hohen Renditen mit Praktikanten, die sie nie anzustellen vorhatten). Und im Bereich Marketing und Journalismus, in dem der Zynismus zum guten Ton gehört, macht man sogar einen Gag daraus.
Achja, ich bekam keine industriegesponserte Diplomarbeit, weil ich ein äußerst fauler Sack war.

... link  

 
Die Dinger gibt es heute auch noch. Gar nicht mal so selten. Aber die Kollegen von den HORIZONTalen Gewerben setzen da im Moment Massstäbe, die andernorts kopiert werden. Bei allem, was irgendwie mit "Dienstleistung" zu tun hat.

... link  

 
Ja, man kann von diesem, über Jahrtausende evolvierten Gewerbe nicht genug lernen...

... link  

 
Manche Core Assets des Berufes wie "Charakter" und "Ehrlichkeit" und aber auch nicht. Zumindest nicht in der schönen neuen Medienwelt.

... link  

 
donalphons: Ja, dass Praktikanten nix können, liegt doch irgendwie in der Natur der Sache, oder? Eigentlich geht es beim Einstellen eines Praktikanten doch auch nicht darum, dass er Leistung bringt oder entlohnt wird, sondern nur darum, ihn kennen zu lernen und vielleicht für eine Einstellung / Ausbildung vorzumerken. Aber das scheint wohl Vergangenheit zu sein...

... link  

 
Es gibt welche, die sind eine Bereicherung, und solche, die sich bereichern. Das reine Können ist nur ein Aspekt, manche würde man am Liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Im Journalismus, also da, wo ich herkomme, geht es nicht um die Einstellung, da liegt noch das Volontariat dazwischen (wenn man den klassischen Weg geht, ich bin Red-Leiter geworden, ohne auch nur einmal ein Praktikum gemacht oder irgendeinen Lehrer gehabt zu haben). Bei uns ist es einfach Teil der Ausbildung, weil die Unis das, was später kommt, nicht simulieren und vermitteln könnnen - der Druck, der Zwang, den Speed, das kriegt man erst draussen mit. Insofern macht man das halt mit den Leuten, am Ende, wenn man sich um sie kümmert und die Guten bekommt, ist es ein Nullsummenspiel. Aber es ist ein grosser Unterschied, ob ein Prakti hinten irgendwelche Wasserträgerjobs macht (Powerpoints, Berechnungen, leichte Übersetzungen), oder wie bei uns direkt an der Front ist und Qualität für den Kunden, den Leser liefern muss.

Disclaimer: Wir haben unsere Praktis auch vergleichsweise gut entschädigt und Artikel extra abgerechnet, wenn sie gut waren. Weil Praktis in Berlin in der Regel alles andere als gesicherte Verhältnisse haben, und ich zumindest nicht zuschauen will, wenn die Mädels einen ganzen tag aus Sparsamkeitsgründen nichts zum Essen haben. Scheisszeit und Scheissort, das.

... link  

 
Talent, wenigstens Talent möchte man sehen. Etwas Engagement wäre auch fein. Beides scheint nicht mehr in Mode zu sein. Daher hat, entgegen dem momentanen Trend, mein Arbeitgeber es aufgegeben Praktikumsplätze zu vergeben. Sie haben einfach zu viel Schaden angerichtet.

... link  

 
Zumindest zu meiner Zeit gab es beim HR, wo ich mein erstes Hörfunkpraktikum gemacht habe, dafür noch ne ordentliche Entlohnung - also nicht für produzierte Beiträge, sondern für das Praktikum selber.

... link  


... comment