2 Jahre nach dem Beginn der Verbannung

Nach langem Stöbern wieder die Mail mit den Details des Jobs gefunden. Heute ist es genau zwei Jahre her. Vor zwei Jahren, am frühen Abend dann, kam der Anruf aus Conneticut mit der Information, dass sie unbedingt jemand brauchen. Nur für kurz, bis sich alles eingerenkt hat. Ob ich das drei Monate lang machen könnte, ab Anfang Januar. Ich sagte ja.

Am Ende wurden eineinhalb Jahre daraus. Eineinhalb Jahre mit zwei Wintern. Ich wusste nicht, was mich erwartete, davor kannte ich eigentlich nur die Kastanienallee mit dem Verlag, unter den Linden von der Arbeit und eine 120-qm-Wohnung in Schöneberg. Auch das kam mir schon alles ziemlich verdreckt und runtergekommen vor. Ich wusste nicht, dass die Castingallee ein Laufsteg war, für meinen Geschmack war es eher ein Drogenstrich. Den entdeckte ich dann erst ein paar Monate später, eher zufällig, gut, der war dann noch etwas schlimmer.

Es hat sich seitdem nichts zum Besseren verändert. Noch immer wollen die Menschen dort hinh, weil es angeblich besser und frei ist. Wie mir die kleine japanische Prinzessin aus dem ersten Stock gestern erzählte, kennt man sogar in Japan diesen Szenebezirk Mitte. Und sie will da auch mal hin. Ich weiss nicht, ob es ihr gefallen wird. Ich weiss nur, dass mir zu Berlin immer erst die Kälte einfällt, die unfreundlichen Menschen, die Verwahllosung und der totale Verlust der Bürgerlichkeit. Ich glaube, das Gerede vom Frust der Deutschen ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass sich die dafür verantwortlich Johurnaille, zuerst Gabor Steingart vom Spiegel, in dieser Stadt arbeitet, umgeben von zweihundet Kilometern in alle Richtungen, wo nichts besser wird. Sie schreiben ein Spiegelbild ihrer eigenen Seele.



Ich habe beim Suchen auch eine alte CF-Karte gefunden, mit hundert Bildern aus dem Winter 2003/4. Alles ist trostlos, leer, bar jeder Urbanität, ungepflegt und ohne jeden Sinn für Schönheit. Manchmal, wenn ein Wintersturm die Adria gepeitscht hat und in einem Ast verfangen, ein grosser Klumpen Müll den ansonsten weissen Strand verunstaltet, mit Zivilisationdreck in schreiend bunten Farben und klebrigem Teer, einem toten Fisch vielleicht und den Insekten - das ist dieser Slum an der Spree. Das ist das Wesen, der Geruch, die Substanz an der Stelle, wo andernorts vielleicht so etwas wie Seele ist.

Ich denke darüber nach, weil hier in Bayern gerade die Schule beginnt, und mir auf dem Weg zum Bäcker so viele Bekannt mit ihren Kindern begegnen, die sicher auch hier später mal lebendig in den Vorstädten begraben sein werden. Ich höre ihre Voreingenommenheit für alle anderen Lebensentwürfe, ihre absurden Ansprüche ans Dasein, ihre Zufriedenheit in der Stagnation der Verhältnisse, und ihrem Wunsch, dass alles andere bitte draussen bleiben muss. Ich sehe das Mädchen vom ersten Stock, die nach drei Tagen jede Strasse der Altstadt kennt und sicher nicht damit klarkommen wird, dass das hier schon alles ist. Sie schaut sich unten gerade auf dem geborgten Thinkpad meine alte Dirt Picture Collection an. Vermutlich wird sie mich nachher fragen, wie man am besten dort hin kommt.

Keine Stadt ist nur böse, verseucht und schlecht. Manches davon ist an anderen Orten kaum denkbar, man kann es trotz des Transitcharakters der Stadt nicht verpflanzen oder mitnehmen, weil es immateriell ist. Es wird hier nie einen Johnny geben, den man anrufen kann und sagen, lass uns eine Bloglesung machen, und danach kramt man sich aus dem Überangebot der Autoren die allerbesten raus. Aber für das alles zahlt man einen hohen Preis, wenn es erst mal Winter wird in Berlin. Vielleicht ist es leichter, wenn man nicht genau hinschaut auf das Elend und die Sinnlosigkeit an den Ufern des trägen Flusses, in den zerborstenen Strassen, unter dem Rattern der Hochbahnen.

Aber da sind 100 Bilder, und bei jedem sage ich Nein. Es war kein Fehler, dort hin zu gehen, aber es war sicher richtig, nicht dort zu bleiben. Und die Berliner Leser sind ja mitgekommen, nach Bayern. Auch eine Art Flucht.

Donnerstag, 15. September 2005, 16:35, von donalphons | |comment

 
Ach, Don, natürlich hast Du recht, aber ich liebe diese Stadt, ihre Brutalität, ihren Traurigkeit, ihr Tempo und einen Charme, der nichts Gefälliges an sich hat. Der Berliner Winter ist schneidend, aber an einem Abend im September durch den Prenzl´berg zu laufen, und die Stadt leuchtet, und alle Träume werden handgreiflich in dem weichen, trügerischen Licht. Das Gebrochene, das Halbe, die Verdichtung, die Hybris und der kalte Stein - ich möchte gerade nirgendwo anders sein.

Dass eine Stadt arm ist oder schmutzig, das macht sie nicht zu einem unangenehmen Ort, vielmehr mag es ihr Aufgerissensein sein, das weit Offene, was einen Zauber ausmacht, den man Seele nennen könnte, wenn denn Berlin für diese Form der Romantik ein Organ hätte. Dem Gesunden, Strotzenden hat meine Liebe nie gegolten.

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Man kann das nicht lesen, aber auf dem Zettel im Fenster wird ein dringend Nachmieter gesucht. Jetzt weiss ich auch wieder, wo das war: In einer Seitenstrasse der Prenzlauer Allee, auf dem Weg zu einem Antiquitätengeschäft. Februar 2004. Mir kam das unglaublich hässlich vor, aber meine Geliebte sass in ihrer Wohnung, hoch über der Stadt, ihre Augen schimmerten wie flüssiges Blei, und sie erzählte mir, dass es der einzige Monat ist, in dem die Selbstmordrate höher ist als in Sachsen. Und dass sie, die erst ein jahr zuvor aus München hierher geflohen war, sich wieder wegbeworben hätte. Nichts, gar nichts war an diesem Tag erträglich ausser die Liebe, und selbst die war von Berlin vergiftet - es fing schon damit an, dass sie nie ganz ausgepackt hatte und die Pfanne noch im Schrank war. Danach stellte sich heraus, dass der Haloumi mangels Beschichtung anbrannte - schön war es angesichts des Alptraums draussen dennoch. Aber auch nur dort.

Aufgerissen, richtig, schmutzig, ein Kadaver, eine aufgepäppeöte, vom Sommer manchmal geschminkte Hausansammlungsleiche, und bei jedem, der nett ist, fragt man erstaunt nach, ob er denn wirklich Berliner ist. Die meisten dagegen sind noch icht lang dort und werden nicht immer bleiben.

Schon gar nicht in den kommenden Monaten.

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Hingegen München: Protzig, rausgeputzt, gelackt, hochglanzgewienert, und bei jedem, der freundlich ist, fragt man sich, ob er Dich aufs Kreuz legen will. Abgesehen davon sind die Bayern in erster Linie laut und aufdringlich.

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Man nennt es auch "honorig und charmant".

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Um mal Fremdwörter für den Norden zu verwenden.

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@che: Ah geh, schmarrn! Mir ham fei intelligentere Bevölkerungsteile wie ihr damischen Fischköpf da drom, des sog i dia!

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Das ist hanseatisch dinstinguiert hier oben.

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Bar jeder Urbanität? Neben Hamburg, Köln und Frankfurt ist Berlin vielleicht die einzige echte deutsche Urbs. Zu einer Weltstadt gehören nunmal Elendsviertel, und verglichen mit der South Bronx oder Hell´s Kitchen, South Central Los Angeles und der Banlieue von Marseille kommen die Berliner Elendsviertel noch gut weg.

Unfreundlich? Nirgendwo diesseits des Nahen Ostens komme ich so spontan und gut mit Leuten ins Gespräch wie in Berliner S-Bahn-Zügen. Totale Kontaktfreudigkeit würde ich als das typische Wesensmerkmal der Berliner bezeichnen.

Allerdings wird Mitte sehr überschätzt. Ein Schlenderviertel, wenn man für wenig Geld einen trinken will, mit ein paar netten Locations und Alternativ-Kulturzentren, das ist es, nicht mehr, nicht weniger.

Allerdings: Einen Winter in Berlin habe ich nie erlebt, und ich nehme eine Stadt nur für voll, wenn sie ihre dirty-old-town-areas hat. Vielleicht liegt es daran.

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Komisch, ähnliches Argumentieren gegen Berlin (aber auch: gegen Hamburg, gegen Köln, sogar gegen mein geliebtes Düsseldorf...) habe ich bisher nur von Bayern gehört. Da muss eine grundsätzliche Inkompatibilität vorliegen. Oder es ist ein tief sitzender Mia-san-mia-Faktor...
Isch weißet nit.

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Das ist das Gleiche, wie wenn Don von seinen Erfahrungen mit der linken Szene schreibt. Die scheint in Bayern völlig anders als bei uns zu sein, und wenn wir früher gelegentlich mit Linken aus Bayern zu tun hatten, kamen die uns stets etwas seltsam vor. Was den Reichtum der Städte angeht: Natürlich sind München und Ingolstadt klinisch saubere Zuckerbäckerstädte, aber hinsichtlich Nürnberg oder Augsburg sehe ich keinen grundlegenden Unterschied zu Städten in anderen Bundesländern. @Slum: Leb mal ne Weile in Ludwigshafen!

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Ich sag´s mal andersrum: Wer aus dem Slum kommt, ist einiges gewöhnt, für den mag das alles ja auch seinen Reiz haben. Aber nirgendwo steht, dass eine Stadt total runtergekommen sein und von der Stütze und dem Ausplündern der Gäste vegetieren muss. Was ist urban an Müll auf den Strassen? Was ist urban an einer völlig zersiedelten Fläche, an einem abgeräumten Stadtkern, an geschmacklosen Protzbauten?

Und sage keiner, das liege an der Teilung: Berlin ist einfach zu schnell gewachsen, mit Bauherren, die ein berliner Verständnis für Stadtbaukunst hatten.

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Nee, da hat mit "aus dem Slum kommen" wohl weniger zu tun; sonst würde es nicht auch so viele Leute "aus gutem Hause" da hin ziehen. Wie Du ja richtig schreibst, bleiben auch nicht alle da - aber doch immer noch genug.

Darüber hinaus (aber wenn ich mich recht entsinne, wurde das vor längerer Zeit schon mal von jemand angesprochen) scheinst Du Berlin auf Mitte + Wedding + Neukölln und ein paar weitere Gegenden zu reduzieren; die Stadt ist aber erheblich größer.

Und schlussendlich: Was Du zu den Menschen dort und ihrer Art schreibst, kann ich einfach nicht nachvollziehen; und den anderen Kommentaren nach zu urteilen, bin ich da nicht der einzige.

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Berlin ist für viele die Hoffnung, die woanders nicht klarkommen - kein Wunder, dass es gescheiterte Schriftsteller, Kreative und Journalisten gerne nach Berlin treibt. Das wirkt dann jung und kreativ, ohne es zu sein. Es ist nur logisch, dass Jamba in Berlin ist. Wenn irgendwann jemand auf die Idee kommt, krasse Mangas in die Realität umzusetzen, wird es ebenfalls genau dort sein. Und das wird kein Spass. Berlin ist heute schon in Sachen sozialer Gräben und Inkompetenz das, was ich mittelfristig auch für andere Landesteile befürchte. Bezeichnenderweise habe ich keinen Lobbyisten gefunden, dem Berlin nicht gefallen hätte :-/

Im Gegenteil, was die Ortsgebundenheit angeht - ich glaube nicht, dass ein Berliner so viel rumgekommen ist wie ich. Allein schon des Berufs und der Jagd wegen. Ich habe in der Bertelsmannstiftung Buffet und im Märkischen Viertel Falafel geplündert. Das Festkleben in den eigenen 4 Strassenzügen ist typisch für Berliner, aber nicht für mich.

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Echte Urbs
Zumindest Köln würde ich aus Ches Aufzählung streichen. Köln ist aber mit Sicherheit das größte deutsche Dorf. Als Neukölner (pun intended) muss ich das wissen. Bei den anderen habe ich auch so meine Zweifel.

Ich mag Berlin und werde sicher auch mal wieder da leben. Trotz Winter, trotz Mitte-Nutten, trotz Casting-Allee.

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Die Leute, Don. Die Leute.

Lieber mit dem haßgeliebten Mitte-Pack und liebgewonnene Kleinbloggersdorfer um mich wissend in einem tschernobylesken Blade-Runner-Ambiente, als in Gesellschaft von vernagelten Elitessen und breitarschigen Dumpfbacken in der Kleinstadtidylle.

Geschmacksache, ich weiß. Aber das ist ja gerade das Schöne daran.

Glück ist für mich, an einem Herbstmorgen wie diesem die Schönhauser hinunter zur Arbeit zu laufen.

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Es sei Dir (bis zum nächsten Hundehaufen) gegönnt.

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Berlin.
Ich habe zu dieser Stadt ein sentimentales Verhältnis. In der DDR war Berlin noch am ehesten die Stadt, die einen Hauch von Weltstadt und Metropole verströmte (nein, liebe Leipziger - ich habe euch nicht vergessen). Berlin hat dadurch meinen Begriff von Urbanität sehr stark geprägt - und das war ja vor allem das graue, heruntergekommene Berlin der frühen 80er Jahre; einer Zeit, in der ich wann immer es ging nach Berlin fuhr.
Für viele Heranwachsende war Berlin damals ein Traumziel; allein aus meinem direkten Umfeld setzte gut ein halbes Dutzend Leute alles daran, nach Berlin ziehen zu können (nein, das konnte man in der Regel nicht "einfach so").
Die Stadt strahlte am ehesten so das aus, was man aus den Großstadtbeschreibungen der 20er Jahre kannte - das massive, molochartige einerseits, und das quirlige, lebendige andererseits. Auf dem Dach eines Mietshauses zu stehen und zu sehen, wie sich dort wie ein Meer Dach um Dach (mit Fernsehantennenwäldern) anschließt - so was gab es in der Kleinstadt, aus der ich kam, einfach nicht. Und die Bibliotheken, und die Museen, und die Konzerte...
Natürlich ist das heute alles in erster Linie Erinnerung, klar. Man konnte das auch damals schon nicht mögen, auch klar. Der Mitte-Hype war mir dann gleichzeitig völlig nachvollziehbar und völlig fremd; aber ähnliche Hypes gab und gibt es auch anderswo. Wenn man mitten drin steckt, gewöhnt man sich erstaunlich schnell daran.

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Der Mitte-Hype: Alles übertragbar. Bei uns heißt das Vorderer Westen, in Hamburg Schanzenviertel, in Frankfurt Gallus. Jede Stadt hat so etwas.

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Das war aber das harte Programm, Don Alphonso.

Winter in Berlin…das Gefühl kennt nur, wer da einmal durch ist. Winter bedeutet meist fieser Nieselregen bei -3 Grad. Tauende Hundekacke im Rudel schwimmt den Gehsteig entlang, alles ist grau. Morgens auf dem Weg zur Arbeit zerschlitzt der eisige Wind das Gesicht und die feuchte Kälte kriecht in alle Körperteile. Berlins Silhouette verschwindet unter einer grauen Decke aus Wolken und Nebel. Wenn im März die 1. Sonnenstrahlen kommen versöhne ich mich in Sekundenschnelle mit der Schönen. Aber vorher, ja vorher will ich ihr die Kugel geben. Oder mir den Strick nehmen. Ohne Alkohol ließe sich der Winter nicht ertragen, aber wir haben ja genug Kneipen.

Die Provinz im Zeitalter des Internets ist auch nicht mehr so unerträglich, wie sie mal war. Das Hirn muss wenigstens nicht hungern, auch wenn es nicht an jeder Ecke einen Sushi-Laden gibt. Und wenn sogar Neuss eine Lesung zustande bringt, dass kann es in der bayrischen Provinz auch nicht unmöglich sein ; -)

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Was heißt hier denn "sogar Neuss"? Am Niederrhein liegt das Herz der deutschen Industrialisierung und ein Hotspot der Lebensfreude.

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Na ja, aber nicht grad in Neuss, oder? Das ist die Kapitale der bornierten Kaufmanns- und Handwerkersöhnchen, die das Cafe am Markt für einen In-Treff halten... ;-)

Und: So unniederrheinisch wie Neuss ist sonst nichts westlich des Rheins und nördlich von Köln.

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@ Oberlehrer: Natürlich haben grosse Städte ihren Charme, wenn man viele Optionen hat - allzuoft ist es aber nur ein grosses Altötting mit vielen kleinen Neuöttings aussen rum. Und schliesslich sind es die Menschen, die die Stadt machen - und die Berliner denken nie weiter als in ihrem kleinen Stück Privatslum, sprich Kiez. Kein bayerisches Kaff kann vernagelter sein.

@ netbitch: Sogar wir haben hier eine Ecke mit 4 Kneipen.

@ brittbee: Ich kann nur raten, im Winter zu fliehen. Das mit den Sonnenstrahlen im März halte ich für ein Gerücht, vor Mai ist in Berlin nichts zu wollen mit Licht und Helligkeit. Ich verstehe nicht, wie man das dort aushält; ich weiss wenigstens, wie ich es überlebt hatte; weniger mit Alkohol denn mit langen Pausen um Süden und einigem weiblichen Mitleid. (Dazu mal mehr in meinem anonymen Schmuddelblog)

Sushiläden haben wir hier zu viele, nur mit der Kultur, noch dazu der nicht zahnarztkompatiblen, will es hier nicht klappen.

@ neuss: "Kapitale der bornierten Kaufmanns- und Handwerkersöhnchen" - hey - das könnte mir gefallen!

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Danke, lieber Che!
Neuss ist sicher provinziell und ziemlich schwarz, aber gerade das kann es auch sehr kurzweilig machen. Und nach Kölle ist es ein Katzensprung, ebenso wie ans Meer oder bspw. nach Amsterdam...
Und Don, ich hab nicht umsonst auch bei Dir wegen der Lesungen angefragt, das würde in jedem Fall ein erinnerungswürdiges Ereignis werden :-)

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wie, was? das Gallus ist hier die neue Hype-Mitte?
tsss, da wohnt man gleich daneben und bekommt nix mit.

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Das kann auch eine Lebensphase sein. Als Bundeswehrflüchtling war ich von Berlin begeistert. Trotz Mauer, Winter mit eingefrorenen Leitungen und Asthmaanfällen wegen Ofenheizung. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo andere Dinge wichtig werden. Wenn man mich mit 27 gefragt hätte, ob ich woanders leben wollte, hätte ich ihn ungläubig angeschaut. Heute mit Anfang 40 würde ich dasselbe ungläubige Gesicht machen, wenn jemand fragen würde, ob ich nicht in Berlin wohnen wollte.

Geholfen hat, dass Berlin sich verändert hat, nach der Wende und dies mit anderen Lebenseinschnitten zusammenfiel. Wen ich heute in Berlin bin, erkenne ich wenig von dem wieder, was mir damals gefallen hat. Ich habe mal gelesen, dass 1/3 der Bevölkerung Berlins sich in den den 90er Jahren praktisch wegen Zu- und Wegzug ausgetauscht hat.

Im übrigen ist die Provinz gut zu ertragen: DSL, UMTS, 2 Autobahnen vor der Tür, 3 Flughäfen erreichbar unter einer Stunde. Aber es gibt auch andere Regionen in deutschland, wo man in der Provinz ziemlich verlassen ist.

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Stimmt, das gute alte Berlin, das mir vertraut ist, hat eine Mauer. Wenn ich jetzt da bin, empfinde ich die Stadt anders, hektischer vor allem, aber nicht durchgängig slumig. Wobei, wir standen natürlich auf Slum, damals. Man zog nicht nach Berlin, sondern nach SO36 - oder mindestens nach Neukölln Nähe Hasenheide.

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Sonnenalle habe ich gewohnt. Und zu Beginn in einem besetzten Haus in der Wiener Str.

Heute würde ich wahrscheinlich eher Steglitz oder Friedenau bevorzugen - oder immer noch ein typisch West-Berliner Traum - Pariser Str. oder Halensee, oder, oder, es gibt immer noch schöne Ecken in Berlin, die aber nicht über den Winter und das Elend drumherum hinwegtrösten.

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Ja, auch mein Berlin hatte diese Mauer; allerdings dürfte ich mich auf der anderen Seite befunden haben.:-)
Die Veränderung der Stadt - ja und nein. Mein Vater wohnt mindestens ein halbes Leben in der Schönhauser; und so stark verändert hat sich die unmittelbare Umgebung eigentlich nicht. Das sieht alles noch fast aus wie früher. In den Seitenstraßen sieht's dann allerdings anders aus.

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Hey Don und Gaeste,

klar ist der Berliner Winter ein Ding, was durchaus einem Streichungsprogramm zum Opfer fallen koennte.
Vielleicht bekommen wir das ja von den Chinesen und ihrem exponential wachsenden Primärenergieträgerverbrauch besorgt, aber ich schweife ab: Die Fluktuation der Bewohner, die Modernisierungswellen und die unglaubliche Vielfalt von hier anzutreffenden Lebensentwuerfen und Gescheiterten macht diese Stadt zu einer Ausnahme und wohl auch den Reiz fuer Gaeste aus. Es ist fuer alle Altersgruppen gesorgt: Die Rentner fahren nach Potsdam und die Jugend sucht Tempel zum Feiern a la Sarajevo oder Bukarest, alternativ eben auch "Castingallee". Das schönste ist: Niemand macht Dich hier von der Seite an.

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eben! und deshalb werde ich mich jetzt zur persönlichen inaugenscheinnahme des oben beschriebenen in die popkommverseuchte kastanien begeben... ich geh schon mal vor, wer kommt nach? ;o)

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Die Popkomm braucht kein Mensch und zum Mond wollte ich auch nie:-)
ich fahr gleich in die pampas, die Woche ist fuer mich gelaufen, ahoi und weg.

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@ strappato: meine "Provinz" ist die zweitgrösste Stadt Oberbayerns und hat ein halbes Dutzend Weltmarktplayer, insofern muss man das relativ sehen."Gross- und Universitätsstadt" nennen das die Oberen dieser Provinz.Und die Steigerungsraten dieser Provinz sind enorm, 20.000 Leute sind in den letzten Jahren bei fallender Arbeitslosenrate hergezogen, und es gibt 15.000 Autos mehr. wenn ich Provinz sage, muss man das mehr auf die Geisteshaltung denn auf reale Daten beziehen.

Ich weiss noch, wie ich das erste mal länger in Schöneberg war und mich wunderte, warum die Supermärkte hier Kohle haben - bei uns muss man schon in den Baumarkt fahren, um sowas noch zu finden. ich hätte nie gedacht, dass im 21. Jahrhundert noch ernsthaft jemand aus nichtnostalgischen Gründen mit Kohle heizt. Und dass Berlin ist, wie es ist, liegt sicher auch an den Hausvergewaltern, die beim Leitungsbruch erst mal das Wasser abstellen, bis am nächsten ersten dann wieder genug Miete auf den Konten ist. Ich kenne zufällig ein paar Haifische, die heute noch tolle Geschichten erzählen können, inklusive der Mieter, die beim Ausziehen auch die Badewanne mitnehmen. Allein das alles ist schon schwer zu ertragen und drückt auf die Lebensqualität.

@ Hiddensee: Rentner fahren in Berlineher zur Armenküche denn nach Potsdam, oder liegen um 12 schon in der Mollepfütze, da geben sich West und Ost wenig. Was an Vermögen und Wert früher da war, ruht heute in meinem Silberschrank. Man kann dort Seidenteppiche für 20 Euro kaufen - Überangebot und Niedergang. Und das macht auch die gescheiterten aus, quasi ohne Niedergang schon immer unten. Man kann in Berlin - einzigartig in der westlichen Welt! extrem billig leben, statt einem Zimmer in München eine 3-Zimmer-Wohnung in Berlin. Kleines Exemplum: Meine Münchner 38m² Wohnung inder Maxvorstadt oder die hier würde 500 Euro kalt Miete kosten, dafür bekommt man an der Kastanienallee locker 3 Zimmer. Oder 5 im Wedding. Oder ein halbes Mietshaus in Hellersdorf, vermute ich mal. Und auch das Preisniveau ist sonst 30 - 50% unter dem in Bayern. Das ist der grosse Unterschied. Aber das macht die Stadt nicht wirklich schöner.

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Ganz im Gegenteil. Ist wie eine kleine Abwärsspirale. Billige Mieten und Lebenshaltungskosten locken Transferleistungsempfänger und andere brotlose Künstler aus aller Welt an. Berlin ist da auf einen sehr schlechten Weg. Touristenboom ist was feines, aber nicht wenn man als Stadt zur #1 Destination für Billigflüge avanciert.

Die galaktischen Schulden sind so niemals abzutragen und die Infrastruktur verfällt.

Ob man geleckte Städte mag oder nicht. Die Mischung machts es.

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Berlin. Mir ist Berlin zu laut, zu groß, zu großkotzig, zu weit weg vom Mittelmeer ;-). Berlin war Mal reizvoll. Damals, als es noch von der DDR eingeschlossen war. Heute ist Berlin nur noch eine mittelmäßige Großstadt mit dem Anspruch einer Weltmetropole. So seh' ich Berlin.

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Langsam dürfte der Boden erreicht sein, der Abschwung als solcher stabilisiert sich, weil nichts mehr da ist, was sich noch verschlechtern könnte. Mit Ausnahme einiger Vorzeigeregionen natürlich, die aber auch angeknabbert werden von Not, Armut und den unübersehbaren Zeichen des Niedergangs. Eine Mischung der Städte aus Blade Runner und Klapperschlange, ein billiger offensichtlicher Horror, nicht so wie hier, wo das jahrhundertealte Böse langsam und schwarz aus allen Mauern sickert und den Reichtum vergällt.

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Einleben, reinleben, frei leben
Ich bin nun kein Berliner.

Sooo schlecht ist dieser hochchaotische Moloch ja nun nicht. Das fängt damit an, dass ich die Berliner mag. Sie sind direkt, frech, lässig, ungeschlagen kontraktfreudig und haben einen großartigen Sinn fürs Amusement.

Okay, an fast allen Ecken sieht man Verfall, Liederlichkeit, Schmutz und Elend. Der Berliner ist auch nicht sonderlich elegant. Vielleicht muss man sogar Berliner sein, um darüber wegsehen und wegriechen zu können.

Doch wie in vielen Städten ist es einfach eine Frage des Viertels. In Steglitz hätte es Don gefallen, sozusagen dem Münchner Stadtteil dieser Stadt. In Steglitz, immer noch urban, zieht es den Berliner auch im Winter in den Grunewald, und man freut sich sogar über die tiefen Temperaturen doppelt, z.B., sobald die Krumme Lanke zugefroren ist. Okay, auch in Steglitz wird Don fassungslos sehen können, wie sich der Herr Professor in ausgeleierten Jogginghosen sonntagmorgens in schlurfenden Gang und ob seiner Erscheinung völlig desinteressiert die Schrippen holt. Wer auf die äußere Form achtet, wird in Berlin unglücklich.

Und wie bei jedem größeren Ungetüm, so werden einen die angenehmen Seiten erst in Laufe der Jahre so richtig vertraut. Grundregel: Je größer das Ungetüm, umso mehr Jahre benötigt dieser Prozess. Zum Ausgleich wird die Liebe umso größer, z.B. zur kunterbunten und allemal lebendigen Vielfalt in Berlin.

Du merkst eine bestimmte Berliner Qualität, sobald du in die U-Bahn herunter tauchst. Vergleiche das einfach mal mit anderen Städten. Gehe abends um 20:oo Uhr an einem beliebigen Wochentag auf den Bahnhof Zoo in die U-Bahn. Übersieh einfach, dass es dort schmutzig ist - was siehsts du, was hörst du?

Die Berliner ratschen, tratschen, lachen, sind laut und gutgelaunt, offenkundig in nicht geringer Zahl zu den Amüsements des Abends unterwegs. Du kannst jeden Berliner dort ansprechen - wegen jeder Sache, die dir gerade auf der Seele liegt. Nachteil: Das ist reziprok. In Berlin wirst du praktisch ständig angelabert. Man kann das mögen.

Der Berliner an sich redet zumeist viel, hat dabei eine unhöflich herbe Note, eine Riesenschnauze - aber Herz. Im Grunde genommen, ist der Berliner ein Menschenfreund, offen und tolerant. In keiner deutschen Stadt wirst du eine so unglaubliche Kneipendichte vorfinden. Kaum irgendwo so viele Cafés. In jeder Straße, fast an jeder Ecke eine Eckkneipe oder was auch immer. Dort siehst du dann die Berliner bei ihrem Lieblingssport: Ratschen, tratschen, schnatter, quatschen, herumblödeln, sich wichtig tun usw. usf.

Ich mag das.

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das allerschönste ist, dass berlin auch noch reichs, nein, geld oder vermögen ist längst verballert, auch noch bundeshauptstadt ist.
kann keiner von den akteueren dort sagen, er habe von nichts gewusst.

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Die Bundestagsabgeordneten die ich kenne, werden ob des Berliner Elends schwermütig, lassen sich nur vom Fahrdients hin- und herkutschieren und sehen zu, dass sich ausserhalb der Sitzungswochen in den Wahlkreis kommen und in den Sitzungswochen möglichst erst Dienstags anreisen. Die Lobbyisten jammern alle, dass die Abgeordneten so selten in Berlin sind und dann keine Zeit haben. Virtuelle Hauptstadt.

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berlin alexanderplatz,
Fabian. Die Geschichte eines Moralisten,
Sodome et Berlin

zeig mir eine stadt in deutschland die mehr mythos beherbergt

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Liebeskonzil
Frühlingserwachen
Gladius Dei
Trommeln in der Nacht
Erfolg
Liquide

München.

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Kleingeld-Prinzessin

München.

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Hinsichtlich der Berlin-Beschreibung muss ich Dr. Dean diesmal vorbehaltlos zustimmen. Außerdem sind Berlin und München beide nie in der Hanse gewesen, ergo irrelevant.

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gefährliche liebschaften war schon ein feiner tip den ich von hier bekommen konnte (wobei meine freundin das natürlich aus ihrem kulturellem bckgrnd schon kannte ;)). hoffe dies ist wieder der fall.

ich wollte nur feststellen das berlin stets der moloch war welcher er jetz ist und wohl auch immer bleiben wird. dies kann man ihm oder ihr wohl einfach nicht austreiben.

aber jetz klartext: preussen, hitler, mauerbau, kalter krieg, so36, blixa bargeld, christiane f, david bowie, meintewegen die ärzte, mauerfall, die weltweit respektierte graffiti szene, techno, sogar fucking loveparade, sido wtf... das ist berlin und das macht diesen haufen unzusammenhängender verwirrung/irrelevanz einzigartig. also erzähl mir eine/r was er/sie will: sowas haben wir in deutschland kein zweites mal .

einer der wenigen plätze an denen die austauschbarkeit noch nicht richtig angekommen ist (auch wenn man das langsam befürchten muß bei den ganzen schwaben und schweizern ;))


und ehrlich gesagt auf die meisten berliner mit ihrer berliner schnauze und der tollen kontaktfreudigkeit s**ß ich. viele schwätzer und dummköpfe alkis und was weiß ich für leute mit denen ich mich nie verstehen würde. und auf die meiusten süddeutschen und schauspielerinnen (voralllem schauspielschüler/innen).. ach die können mich auch mal. und diese "künstlerrrr"? geh mir fort... wegen denen bin ich bestimmt nicht hier !

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OK, Ihr habt es so gewollt:
Wilde, orgiastische Parties
Andererseits durchgedrehter moralischer Rigorismus
Millie, Tanz!
Intellektuelle Höchstleistungen
Solidarität in Vollendung
Spackenverhalten in grausigster Form
Nonkonformismus
GÖTTINGEN
Noch mehr davon
Lässiges Amsterdam-Feeling
Weltoffenheit
viel coolere Frauen
einfach schöne Stadt
toller Fußballverein
BREMEN
Das Ganze eine Nummer größer
Eine merkwürdige Mischung aus arroganter Coolness und Weltläufigkeit
Klein-London
Die tollste Gastronomie
HAMBURG

Alles zusammen: BESSER ALS BERLIN!

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vorallem göttingen

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