Das krasseste Bild der Tagung

habe ich nicht geschossen. Das ging nicht, ich kann es nur beschreiben. Da war spät Abends noch ein Pärchen an einem Bildschirm im halbdunklen, leeren Foyer, während von oben leise Jazzmusik kam. Ich fragte nach einem Hauswärter, weil ich noch den Thinkpad aus dem abgesperrten Raum brauchte. Sie wussten auch nicht, wo der war. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass diese Seite hier offen war, mit den chakteristischen roten Rechtecken links unten.

Man könnte davon geschmeichelt sein, aber ich finde es schon etwas tragisch, ein Ding zu produzieren, in das eine Sie und ein Er dann spät Abends Seit an Seit reinschauen. Of all the possibilities in all the behavior in all the mankind, they are stuck to my blog.

So war das wirklich nicht gedacht, mit dem Bloggen. Ruft morgen gefälligst eine alte Freundin oder einen Ex an, macht ein Date im echten Leben aus, bevor Ihr hier nochmal herkommt.

Sonntag, 25. September 2005, 01:39, von donalphons | |comment

 
Das ist noch gar nix, leider.
Die oben geschilderte Situation kann ich mir noch eher wie das gemeinsame Lesen einer Seite in der Zeitung vorstellen. Zuständ' bekomme ich bei solchen Sachen wie logintro und zum Teil auch jetzt.de. Man könnte auf die Idee kommen, die dort vorhandenen Funktionen wurden mitunter von Zynikern programmiert. Sende SMS mit "lebensunfähigkeit erwerben" an 0-800-Addictive-Content.

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Das geht doch noch
Schlimm wirds doch erst, wenn man selber bloggt. Wer braucht da noch ein Leben? Das wird doch sowieso überbewertet. Aber ok, das Henne Ei Problem. Haben eigentlich alle Leute ein Blog, die kein Leben haben, oder verhält sich das umgekehrt? Aber auch nur eine neue Form der Entkörperlichung. Das Leben ist ja nicht weg, nur anders. Wer kann schon sagen, ob besser oder schlechter. vielleicht wird im Duden mal „Bloggen„ als Synonym für „Leben“ stehen. Andere Frage: hat man wirklich gelebt, wenn es keiner gelesen hat?

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merke gerade...
mein kommentar wirkt ganz schön resigniert. Sollte es gar nicht.

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wieso, verstehe ich nicht?

gibt es tatsächlich auch ein Leben jenseits der Blogs und Foren?

kann ich gar nicht glauben am Sonntag vor dem Schrippen holen

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cannot /join #RL
@mymspro Ziemlich philosophisch eher :) Erinnert mich an: »Wenn ein Baum in einem Wald umfällt, und keiner hört es – ist er dann wirklich umgefallen?«

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Gerade aus dem Bett gefallen...
... sitze ich hier mit einem Mikrowellengericht (Don verzeihe diesen Frevel an Nahrung) und denke... ist das so? Hat mymspro recht? Habe ich kein echtes Leben? Hatte ich nie eines?

Doch, habe ich. Wenn auch stellenweise einsam, so lebe ich doch durch den Tag.

Was ist dann mein Blog?

Simple: Kommunikationsplattform. Leute kennen lernen

*puh... glück gehabt*

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Ich blogge...
..., also bin ich?
Eher nein. Ich habe ein Leben, eins, das sich wie wild gerade veraendert, eins, das ich deshalb den Leuten ans Ohr nageln, respektive auf die Netzhaut brennen, moechte.

Ich bin, also blogge ich.

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Exakt so
seh ich das auch, auch wenn ich nicht gerade in Afrika rumturne;-)

Ich wache jeden Morgen neben meiner Traumfrau auf. Wir haben ein süßes Töchterlein, einen pflegeleichten alten Hund, und wir kriegen das einigermaßen hin, das family life auch noch mit beruflichen Belangen unter einen Hut zu bringen.

Das Bloggen könnte nie Ersatz sein für das alles.

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jaja, schon richtig
War vielleicht ein wenig provokativ. Aber ich denke, das geht in beide Richtungen. Vielleicht ist es sinnvoll das Blog eher als Erweiterung des eigenen Lebens in die digitale Welt zu sehen. Erweiterung aber im Sinne des englischen Wortes „extension“, was ja auch gleichzeitig Aufschub heißt. Denn: ja, bloggen ist auch eine Form der Selbstvergewisserung, und das vor allem durch das gelesen werden, wie unreal ja anmerkte. Das "Ich bin, also blogge ich" kann also nicht ohne weiteres stehen bleiben, denn das bloggen hat ja durchaus auch eine _eigene_ Qualität, mit _eigenen_ Bekanntschaften und _eigenen_ Codes der Kommunikation. Es ist eben nicht nur "Abbild" des "richtigen" Lebens, sondern selber eine Form von "Leben", wenn auch kein Ersatz dafür. (obwohl, das sicher auch nicht auszuschließen ist im Einzelfall)

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@ mymspro
Für mich ist das Bloggen einfach eine Form des Schreibens mit dem Bonus unmittelbarer Reaktion.

Klar, Bloggen kann auch auf fragwürdige Weise aufgefasst werden:

- als Substitut für gelebtes Leben
- als disfunktionaler Kontakthof
- als Ersatz für politische Aktivität
- als Hilfmittel zur Frustkompensation, als Gelegenheit für öffentlichen Größenwahn oder ausgelebte Formen des Tourette-Syndroms
- als inkontinentes Puppentheater
- als Möglichkeit, die Übernahme der Weltherrschaft vorzubereiten usw.


Und nun das Positive:

Bloggen ist letztlich so universal wie das Schreiben, erweitert um Möglicheiten des Internets. Im Gegensatz zu wild wuchernden Foren ist ein Themenfluss und eine mehr oder minder systematische Weiterentwicklung möglich. Themen können stärker geformt und geprägt werden. Blogs ermöglichen zudem Mischformen aus Chat und Literatur. Blogs können sogar kulturbildend sein.

Interessant fände ich, wenn Firmen das Bloggen noch stärker für sich entdeckten, und Communities aufbauten.

Auch, wenn sich manche Medienwissenschaftler bereits einig wissen bei der Beurteilung des Bloggens als ziemlich untauglich und irrelevant:

Sie irren sich.

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Soweit ich das mitbekomme, hat sich bei den Medienwissenschaftlern, die Blogs überhaupt kennen, das "Irrelevant" hin zu einem "nicht unwichtig, aber grauenvoll schmutzig, undiszipliniert und nichtakademisch" verschoben. Und sie denken auch gar nicht daran, sich mal auf Augenhöhe mit dem Bloggen auseinanderzusetzen. Ganz typisch: Es waren noch viele Fragen und Themen offen. Meine URL ist bekannt. Viele von denen lesen das hier, auch den Kommentar. Aber an den völlig ausbleibenden Reaktionen erkenne ich ihren Wunsch, da nicht runterzugehen. Nicht umsonst fiel auf der Tagung schon beim ersten Fremdbeitrag das Wort "Schmutz" für das, was wir hier tun. Ich denke, wir sind der Kohlenkeller, den sie nur betreten, weil oben im Elfenbeinturm der Ofen so ziemlich aus ist und hier unten die Horde laut trappelt.

In der Hinsicht stehen sie da, wo der Journalismus bei dem Thema vor zwei Jahren stand. Und in zwei Jahren werden sie dann wahrscheinlich die gleichen Fehler machen, mit denen der Eintritt der Medien in die Blogs momentan scheitert.

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>> "nicht unwichtig, aber grauenvoll schmutzig, undiszipliniert und nichtakademisch"...

Ja - genau deshalb liebe ich die Bloggerei auch sosehr.

Und ehrlich gesagt ist mir persönlich das relativ egal, was Medienwissenschaftler dazu sagen. Genauso egal wie mir seinerzeit die Reaktion der Musikwissenschaftler und Soziologen auf Punk war.

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Von mir aus können die Medienwissenschaftler bleiben wo der Piper nigrum wächst. Gibt es eigentlich irgendwo ein Museum der ausgestorbenen Wissenschaften? Vielleicht wollen die Damen und Herren schon mal reservieren.

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Ich hoffe ja, dass ein paar Leute aus Karlsruhe zu Johnny nach Berlin auf den Blogger-Kongress kommen. Es ist die andere Seite, und es kann ihnen nicht schaden, wenn sie die gesamte Bandbreite erleben. Im Orga-Team haben sich die Leute ganz hervorragend mit dem Thema ausgekannt und auch viel in Blogs gelesen. Das gerne, immer, jederzeit. Nur hatte ich bei manchen - so stand das irgendwo - Wissenschafts-Groupies den Eindruck, dass sie inzwischen das Potential der Sache dank der Medienberichte erkennen, aber jetzt gern selbst als Profi das Ruder der eigentlich wichtigen, intellektuellen Bloggerei übernehmen würden. Aber das sind bei weitem nicht alle, und man muss jeden Wissenschaftler die gleiche Individualität zugestehen, die wir hier ganz selbstverständlich verwirklichen.

Und ehrlich gesagt sind mir die Medienwissenschaftler immer noch lieber als die Verwerter, die Gschafthuber von PR und Marketing, die Berater und die Blogbusinessstudienersteller.

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Schreck lass nach
Wissenschaftlerverschwörung? Wir wollen das Ruder übernehmen? Schade, dass hier alles als Kampf um die Deutungshoheit über Weblogs interpretiert wird. Das Wissenschafts-Bashing ist auf Dauer ermüdend: zu theoretisch, keine Ahnung von der Materie, böse Absichten unterstellen. Ein bißchen mehr Gelassenheit wäre ganz schön. Mal auf das einlassen, was andere zu sagen haben. Wir haben unterschiedliche Sichtweisen, trotzdem müssen wir nicht ständig aneinander vorbeireden. Ich freue mich auf das nächste Treffen, Fortsetzung gerne in Münster am Institut für Kommunikationswissenschaft.

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Mal 'ne Frage Kommunikationswissenschaft - wer finanziert denn so was (ausser der DFG) ? Und wer brauchts? Kann ich mir das aehnlich wie BWL vorstellen wo es darum geht weitgehend triviale Zusammenhaenge mit kompliziert klingende Begriffen zu beschreiben?

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Aber gerne doch. Das mit dem Ruder übernehmen bezieht sich allein auf Herrn Prof. Leggewie incl. Gefolgschaft und seine Vorstellung einer Diskurselite und dem antagonitischen Schmutz - dazu schreibe ich später noch was, denn das halte ich wirklich für eine Ansicht, die mein bislang positives Bild von Leggewie mit einem Schlag in sich zusammenstürzen liess. Ich bin immer noch fassungslos, dass da keiner aufgestanden ist und gesagt hat, dass die Demokratie keine poplige Software ist, die jetzt irgendwie mit Internet verbessert wird und dann in einer den Eliten genehmen Version 2.0 auf den Markt gebracht wird. "Demokratie 2.o" ist eine Sprache, die ich zutiefst verabscheue. Und wenn jemand aus der Wirtschaft, der PDS oder der Forschung kommt und seine Version 3.0 fordert, weil die ja noch besser ist? Was ist das eigentlich für ein Demokratieverständnis, und was waren das für 80 Leute im Publikum, die nach so einem Sager nicht den Mund aufkriegen?

Das ist nur am Rande mein Diskurs gewesen, und es hat mit Ihrem Vortrag nichts zu tun. Probleme einer statistischen Erfassung von Blogverhalten in den USA und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf deutsche A-List-Blogger ist nochmal ein anderes Thema. Ich persönlich habe durchaus Respekt vor denen, die mit dem Zollstock an den Schwarm rangehen und messen, aber es ist wie in der Vor- und Frühgeschichte: Dass wir die Knochen des Neanderthalers haben, sagt uns noch nichts darüber, was und wer er eigentlich wirklich war. Und da ist m. E. ein klarer kulturwissenschaftlicher Ansatz ein Desiderat, denn der Blogger hat im Gegensatz zum Homo sapiens neanderthalensis den Vorzug, dass er über sein Tun reden kann. Und es ja auch ausschweifend tut.

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Hübsch formuliert, trifft aber nicht den Punkt: Ich habe eine Forschungsfrage und wähle dann die geeignete Methode. Meine Frage war, wie die Macht in der Blogosphäre verteilt ist. Deshalb habe ich Netzwerkanalysen vorgestellt, weil sie hier passen. Wenn ich eine andere Frage habe, arbeite ich auch hermeneutisch (= kulturwissenschaftlich). Zum Beispiel, wenn es um Motive von Kommentatoren geht: Weshalb schreibt unser Branntwein-Freund hier etwas hin, was er mir unter vier Augen so nie sagen würde, weil ihm dazu der Mut fehlt? Öffentlich aber hat er keine Hemmungen. Interessante Frage, oder? Dafür müsste ich ein exploratives Interview mit ihm führen.

Die Frage, ob die Ergebnisse aus den USA übertragbar sind, habe ich selbst aufgeworfen. Ich achte nämlich darauf, welche Aussagekraft empirische Ergebnisse haben, mit denen ich arbeite. Können wir gerne weiter diskutieren.

Zum Beitrag von Herrn Leggewie: Der Elitebegriff ist vielleicht nicht besonders glücklich gewählt. Er hat aber in der Diskussion präzisiert, dass er keine geschlossene Gruppe statushoher Personen meint.

Leggewies Grundgedanke war einsichtig: Wir brauchen auch im Internet Moderatoren und Regeln („kollaboratives Wissensmanagement“). Ich denke dabei z.B. an slashdot.org, wo man durch den Nachweis von Kompetenz in der Hierarchie aufsteigen kann. Hier liegt die Entscheidung, wer moderieren darf, in der Hand aller Nutzer, das Verfahren ist transparent, das Ergebnis korrigierbar. Sie sagten selbst sinngemäß in der Diskussion: Bei mir darf herumgepöbelt werden, wer aber auf den Teppich kotzt, fliegt raus. Also auch hier eine ordnende Hand.

Ich sehe es so: Es gibt zwei Extreme für öffentliche Kommunikation – die redaktionell gesteuerte, einseitige, zu Recht oft kritisierte Massenkommunikation („Gatekeeping“) und die freie, interaktive Kommunikation, die aber ebenso Probleme aufwirft. Diese Kommunikationsprobleme habe ich in meinem Referat aufgezählt: Nutzer sind mit einer „Informationflut“ und einer Menge „Informationsmüll“ konfrontiert, Anbieter haben Probleme, Aufmerksamkeit zu gewinnen und Resonanz auszulösen. Es muss Vermittler geben, an die wir diese Aufgaben delegieren können. Wichtig ist nur, dass diese Vermittler (Navigatoren, Moderatoren) nicht das zunichte machen, was mir am Internet schätzen: Dynamik, Kreativität, Überraschungen.

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