Sehr zu empfehlen - BYZANCE
Es gibt ja Leute, die halten einen schon für einen Exzentriker, nur weil man seine Möbel nicht alle fünf Jahre gegen die neueste Pressspan-Mode austauscht, Tee aus feinem Porzellan statt aus einem Werbegeschenkbecher trinkt und einmal alle sechs Wochen einen Nachmittag nutzt, um das Silber zu putzen. Nun, ich finde es ja eher exzentrisch, mit dem Auo vor die Stadt zu fahren und das zu kaufen, was Millionen anderer auch haben, bevor es nach drei Jahren wieder auf dem Müll landet. Das ist angeblich "normal", sei´s drum.
Interessanterweise gibt es für Leute wie mich keine Renovierungssendungen auf RTL II, in denen fette Blondinen das Ikea-Allerlei auch noch mit Pastell und Lila in vorurbane Höllen verwandeln. Für unsereins gibt es eine Reihe ganz ausgezeichneter, internationaler Einrichtungszeitschriften, die den deutschen AD-Ableger wie die Fachzeitschrift "Le Puff tres chick - Wohntipps für Luden, Huren, Anwälte und andere Camarofahrer" erscheinen lassen. Diese Gazetten des Guten und Wertvollen beschäftigen sich vor allem mit dem alten Europa und den USA, teilweise auch mit dem momentan immer noch schicken Fernen Osten.
Die französische Zeitschrift Byzance setzt einen gelungenen Contrapunkt zum westlichen Allerlei. Schon der Untertitel verkündet:
"Maisons d´orient et d´occident". Es ist voll mit Einrichtungen zwischen Paris und dem Libanon, und es windet ich im überschwenglichen Luxus, es geht an die Üppigkeit der Formen und Farben mit fast kindlicher Freude heran, und erkennt das Einigende in den Privaträumen zwischen Ost und West. Das macht durchaus Sinn, denn die Verbindung zwischen Orient und Okzident, zwischen Asien und Europa ist im Bereich der Architektur selbst in unserer Region über 7.000 Jahre alt, die ersten Ackerbauern bauten "anatolisch", und das Einigende durch alle Zeiten war viel stärker, als uns das die Bellizisten auf beiden Seiten glauben machen wollen. Beide hatten ihre jeweiligen Moden mit Erzeugnissen des anderen, und während Mozart alla Turca komponierte, durfte der anatolische Mann nicht ohne Ohrringe mit Münzen, auf denen das Abbild eines französischen Herrschers geprägt war, vom Markt nach Hause kommen.
Byzance nimmt sich der modernen Nachfolger dieses kulturellen Austausches unter den allumfassenden Themen der Ästethik, des Farbenrausches, der Freude am Leben an. Jede Ausgabe widmet sich einer Farbinspiration; in der aktuellen Ausgabe stehen byzantinische Kuppeln, arabische Minarette und christliche Illuminationen selbstverstndlich als Ausdruck des immer gleichen Empfindens nebeneinander. In traurigen, hasserfüllten Zeiten wie diesen ist Bycance ein echter Genuss und eine Freude.
Eine Website gibt es nicht, das Heft ist in Deutschland nur an Flughäfen zu bekommen.
Interessanterweise gibt es für Leute wie mich keine Renovierungssendungen auf RTL II, in denen fette Blondinen das Ikea-Allerlei auch noch mit Pastell und Lila in vorurbane Höllen verwandeln. Für unsereins gibt es eine Reihe ganz ausgezeichneter, internationaler Einrichtungszeitschriften, die den deutschen AD-Ableger wie die Fachzeitschrift "Le Puff tres chick - Wohntipps für Luden, Huren, Anwälte und andere Camarofahrer" erscheinen lassen. Diese Gazetten des Guten und Wertvollen beschäftigen sich vor allem mit dem alten Europa und den USA, teilweise auch mit dem momentan immer noch schicken Fernen Osten.
Die französische Zeitschrift Byzance setzt einen gelungenen Contrapunkt zum westlichen Allerlei. Schon der Untertitel verkündet:
"Maisons d´orient et d´occident". Es ist voll mit Einrichtungen zwischen Paris und dem Libanon, und es windet ich im überschwenglichen Luxus, es geht an die Üppigkeit der Formen und Farben mit fast kindlicher Freude heran, und erkennt das Einigende in den Privaträumen zwischen Ost und West. Das macht durchaus Sinn, denn die Verbindung zwischen Orient und Okzident, zwischen Asien und Europa ist im Bereich der Architektur selbst in unserer Region über 7.000 Jahre alt, die ersten Ackerbauern bauten "anatolisch", und das Einigende durch alle Zeiten war viel stärker, als uns das die Bellizisten auf beiden Seiten glauben machen wollen. Beide hatten ihre jeweiligen Moden mit Erzeugnissen des anderen, und während Mozart alla Turca komponierte, durfte der anatolische Mann nicht ohne Ohrringe mit Münzen, auf denen das Abbild eines französischen Herrschers geprägt war, vom Markt nach Hause kommen.
Byzance nimmt sich der modernen Nachfolger dieses kulturellen Austausches unter den allumfassenden Themen der Ästethik, des Farbenrausches, der Freude am Leben an. Jede Ausgabe widmet sich einer Farbinspiration; in der aktuellen Ausgabe stehen byzantinische Kuppeln, arabische Minarette und christliche Illuminationen selbstverstndlich als Ausdruck des immer gleichen Empfindens nebeneinander. In traurigen, hasserfüllten Zeiten wie diesen ist Bycance ein echter Genuss und eine Freude.
Eine Website gibt es nicht, das Heft ist in Deutschland nur an Flughäfen zu bekommen.
donalphons, 13:29h
Donnerstag, 16. Februar 2006, 13:29, von donalphons |
|comment
lebemann,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 13:33
Damn it.
Also heute Abend also noch mal rasch zum Flughatfen fahren. Als hätte ich heute nicht genug um die Ohren.
Obwohl: Das Mövenpick Flughafen in HH macht heute für 65 € "Hummer satt". Kaufen, sich setzten und die Hummer kommen lassen bis das Heft ausgelesen ist ?
Also heute Abend also noch mal rasch zum Flughatfen fahren. Als hätte ich heute nicht genug um die Ohren.
Obwohl: Das Mövenpick Flughafen in HH macht heute für 65 € "Hummer satt". Kaufen, sich setzten und die Hummer kommen lassen bis das Heft ausgelesen ist ?
... link
saxanasnotizen.blogspot.com,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 13:52
also
leider kann ich nicht sehr gut französisch, also nicht so gut, um die Zeitung zu verstehen. Schade.
... link
donalphons,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 13:56
95% ist Bild. Das versteht jeder, denke ich. Es gibt einen inspirierenden Text zu Beginn, der Rest ist schwelgen.
Bei AD Deutschland wünscht man sich dagegen, dass man allenfalls Altakkadisch lesen kann, so mies sind da die Texte. Besonders die Editorials der Chefredakteurin.
Bei AD Deutschland wünscht man sich dagegen, dass man allenfalls Altakkadisch lesen kann, so mies sind da die Texte. Besonders die Editorials der Chefredakteurin.
... link
strappato,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 14:33
Gibt es auch in der Air-France Business-Lounge. Habe ich dort mal gelesen. Sehr schön, aber leider für meine mangelnden Französischkenntnisse nicht das Richtige - trotz Bildstrecken. Aber "The World of Interiors" finde ich als Magazin nicht schlecht.
... link
donalphons,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 14:57
Gut, das ist natürlich "die Bibel", aber kaum ausreichend für einen Monat.
... link
donalphons,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 15:45
Übrigens: ich denke, es ist nur logisch, dass man auch in meiner Heimatstadt, dem Hort der 1,5 Meter hohen Porzellantiger, die "World" nicht erhält.
... link
... comment
avantgarde,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 17:11
Istanbul was Constantinople
Now it's Istanbul, not Constantinople
Been a long time gone, Constantinople
Now it's Turkish delight on a moonlit night
Every gal in Constantinople
Lives in Istanbul, not Constantinople
So if you've a date in Constantinople
She'll be waiting in Istanbul
Even old New York was once New Amsterdam
Why they changed it I can't say
People just liked it better that way
So take me back to Constantinople
No, you can't go back to Constantinople
Been a long time gone, Constantinople
Why did Constantinople get the works
That's nobody's business but the Turks
Now it's Istanbul, not Constantinople
Been a long time gone, Constantinople
Now it's Turkish delight on a moonlit night
Every gal in Constantinople
Lives in Istanbul, not Constantinople
So if you've a date in Constantinople
She'll be waiting in Istanbul
Even old New York was once New Amsterdam
Why they changed it I can't say
People just liked it better that way
So take me back to Constantinople
No, you can't go back to Constantinople
Been a long time gone, Constantinople
Why did Constantinople get the works
That's nobody's business but the Turks
... link
... comment
rainersacht,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 17:25
"Interessanterweise gibt es für Leute wie mich keine Renovierungssendungen auf RTL II, in denen fette Blondinen das Ikea-Allerlei auch noch mit Pastell und Lila in vorurbane Höllen verwandeln."
Na ja, nicht einmal Arte befasst sich mit derart radikalen Minderheiten. Das kann man jetzt als Kompliment auffassen. Allerdings sah ich gestern eine Dokumentation über einen Innenarchitekten, der Reichwutzen und -inninnen ihre Buden mit Antikzeugs ( a la Don ;-) vollmüllt. Kauft hässliche Spiegel (Original-Spiegelglas, echt auf Holz aufgebockt) für 120 Euro und vertickt sie an die sinnlosen Existenzen, die ihr Geld nicht vom Arbeiten haben, für das Fünffache. Ehrlich gesagt: Ich würde ein von Enie van de Meiklokjes mit Ikea-Zeug gepimptes Zimmer einer solchen Antiquitätenhölle im Zweifel vorziehen. Muss daran liegen, dass ich nicht aus dem Großbürgertum stamme und man bei uns zu Hause Kaffee aus Sammeltassen und nicht Tee aus Silber getrunken hat ;-)
Na ja, nicht einmal Arte befasst sich mit derart radikalen Minderheiten. Das kann man jetzt als Kompliment auffassen. Allerdings sah ich gestern eine Dokumentation über einen Innenarchitekten, der Reichwutzen und -inninnen ihre Buden mit Antikzeugs ( a la Don ;-) vollmüllt. Kauft hässliche Spiegel (Original-Spiegelglas, echt auf Holz aufgebockt) für 120 Euro und vertickt sie an die sinnlosen Existenzen, die ihr Geld nicht vom Arbeiten haben, für das Fünffache. Ehrlich gesagt: Ich würde ein von Enie van de Meiklokjes mit Ikea-Zeug gepimptes Zimmer einer solchen Antiquitätenhölle im Zweifel vorziehen. Muss daran liegen, dass ich nicht aus dem Großbürgertum stamme und man bei uns zu Hause Kaffee aus Sammeltassen und nicht Tee aus Silber getrunken hat ;-)
... link
hockeystick,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 17:30
Das habe ich mir auch angetan. Unübertroffen hässlich der 60-Kilogramm-Spiegel aus einem Schloss für 11.500 Euro, allerdings im Ziel nur hauchdünn vor dem Malachitplattentisch auf Krummholzständer aus dem Familienerbe.
... link
avantgarde,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 17:33
Man kann eben jede Menge altes Zeugs kaufen aber keinen Stil...
... link
donalphons,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 21:14
Oh, es wäre fraglos schlimm, wenn jetzt jeder anfangen würde, dort einzukaufen, wo ich einkaufe. Der Rest darf also gern weiterhin in Pappe und Pressspan hausen, solange mir das Mahagoni bleibt.
... link
rainersacht,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 22:37
Okay, Don: Dir das Mahagoni, uns das Bauhaus ;-)
... link
donalphons,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 22:52
Solltest Du je nach Brno/Brünn kommen, dann schau Dir mal das Haus Tugendhat an: Ebenholz, Makassar und eine ganze Wand aus Onyx. Wehe, wenn Mies van der Rohe losgelassen wurde. Das nenne ich Bauhaus.
... link
winz,
Donnerstag, 16. Februar 2006, 23:01
Stilbruch
Leider eine ganz schreckliche Seite, aber vorhanden:
http://www.libanvision.com/byzance-magazine.htm
Hefte kann man hier bestellen:
http://213.186.60.162/revue.php?id=84719
http://www.libanvision.com/byzance-magazine.htm
Hefte kann man hier bestellen:
http://213.186.60.162/revue.php?id=84719
... link
gibsmir,
Freitag, 17. Februar 2006, 00:30
Wieso "Wehe, wenn Mies van der Rohe losgelassen wurde."? Komm ja... Ich würde da sofort einziehen. Der Onyx-Raumteiler soll bei entsprechender Hintergrundbeleuchtung ein Traum sein. Hier
http://www.greatbuildings.com/cgi-bin/gbi.cgi/Tugendhat_House.html/cid_1008269186_tug_ma_onyxwall.gbi
http://www.greatbuildings.com/cgi-bin/gbi.cgi/Tugendhat_House.html/cid_1008416715_tug_ma_livingroom.gbi
kommt er nicht so gut raus. Ich meine mich auch zu erinnern, daß vieles im Haus nicht mehr Original ist, daß man das Haus im Kommunismus hat verfallen lassen. Trotzdem, ich würde ...
http://www.greatbuildings.com/cgi-bin/gbi.cgi/Tugendhat_House.html/cid_1008269186_tug_ma_onyxwall.gbi
http://www.greatbuildings.com/cgi-bin/gbi.cgi/Tugendhat_House.html/cid_1008416715_tug_ma_livingroom.gbi
kommt er nicht so gut raus. Ich meine mich auch zu erinnern, daß vieles im Haus nicht mehr Original ist, daß man das Haus im Kommunismus hat verfallen lassen. Trotzdem, ich würde ...
... link
... comment