Opera Buffa nel secolo XXI
Da sass ich also gestern im Kino, bei Casanova. Mit mir eine Reihe von männlichen Teenagern, die offenkundig von ihren weiblichen Begleiterinnen dazu genötigt wurden, sich einen Film anzuschauen, der formal unfassbar weit weg von ihrer Lebensrealtiät ist. Und der, wenn man ihnwirklich verstehen will, ganz schön hohe Ansprüche an den Betrachter stellt. Der Film ist voller Anspielungen, nicht nur auf de Geschichte des Mantel-und-Degen-Films, sondern auch auf die Zeit, in der er spielt. Kurz, jemand hat sich ziemlich viel Gedanken um das gemacht, was da auf der Leinwand stattfindet.
Kino, sollt ich vielleicht erwähnen, ist ohnehin nicht "Mein" Medium. Ich mag Kino nicht besonders, ich hasse Fernsehen, und meine Lieblingsfilme sind nicht zufällig oft Schwarzweiss und jenseits von Hollywood entstanden. Es ist sehr selten, dass ich mal wirklich von einer aktuellen Produktion hingerissen bin. Diesmal - und da werden die zuerst genervt dreinschauenden Teenager wahrscheinlich zustimmen - war es anders. Wenn man die Tradition der italeinischen Opera Buffa im Film fortschreiben will, dann so. Und das Bezaubernde ist: Es funktioniert. Hätte man den Kids vorher erklärt, dass sie sich mit ihrem Lachen in eine alte europäische, kulturgeschichtliche Tradition stellen, hätten sie das Kino nicht aufgesucht. Der Film bringt die Figuren der italienischen Commedia dell´ Arte so behutsam und dennoch so konsequent auf die Leinwand, dass es für den Kenner der gleiche Genuss sein dürfte, wie für das Popcornpublikum.
Beispiele? Die Nebenrolle der Victoria, besetzt mit der ziemlich unbekannten Schauspielerin Natalie Dormer. Wann immer sie im Bild ist, verwandelt sich der Film in ein Watteau-Gemälde, so perfekt passt dieses Gesicht, diese delikate Mimik zum Thema. Oder die Schweine. Oder Omid Djalili als Diener, so und nicht anders würde man den Leporello gern in jedem Don Giovanni sehen. Oder, natürlich, Jeremy Irons als Inquisitor, als wäre er aus einem der Bilder gesprungen, die hier in der Kirche vom Ruhm der Gesellschaft Jesu künden. Überhaupt ist dieser Film irgendwie gar nicht Hollywood. Er ist, wie jede Opera Buffa, ausgesprochen kurzweilig, sehr charmant, mitunter natürlich auch derb und böse, eben genau so, wie es sein soll.
Man wünschte sich, die Opernregisseure unserer Zeit würden sich den Film anschauen und davon etwas lernen, dann wäre es ein Leichtes, den falschen Eindruck einer kulturellen Elite, der die künstleische Auseinandersetzung mit dem Ottocento umgibt, leicht durchbrechen. Denn bei allem Trennenden dürfte uns der Libertin der Aufklärung näher sein als die viktorianische Betschwester und wilhelminische Pickelhaubenträger.
Kino, sollt ich vielleicht erwähnen, ist ohnehin nicht "Mein" Medium. Ich mag Kino nicht besonders, ich hasse Fernsehen, und meine Lieblingsfilme sind nicht zufällig oft Schwarzweiss und jenseits von Hollywood entstanden. Es ist sehr selten, dass ich mal wirklich von einer aktuellen Produktion hingerissen bin. Diesmal - und da werden die zuerst genervt dreinschauenden Teenager wahrscheinlich zustimmen - war es anders. Wenn man die Tradition der italeinischen Opera Buffa im Film fortschreiben will, dann so. Und das Bezaubernde ist: Es funktioniert. Hätte man den Kids vorher erklärt, dass sie sich mit ihrem Lachen in eine alte europäische, kulturgeschichtliche Tradition stellen, hätten sie das Kino nicht aufgesucht. Der Film bringt die Figuren der italienischen Commedia dell´ Arte so behutsam und dennoch so konsequent auf die Leinwand, dass es für den Kenner der gleiche Genuss sein dürfte, wie für das Popcornpublikum.
Beispiele? Die Nebenrolle der Victoria, besetzt mit der ziemlich unbekannten Schauspielerin Natalie Dormer. Wann immer sie im Bild ist, verwandelt sich der Film in ein Watteau-Gemälde, so perfekt passt dieses Gesicht, diese delikate Mimik zum Thema. Oder die Schweine. Oder Omid Djalili als Diener, so und nicht anders würde man den Leporello gern in jedem Don Giovanni sehen. Oder, natürlich, Jeremy Irons als Inquisitor, als wäre er aus einem der Bilder gesprungen, die hier in der Kirche vom Ruhm der Gesellschaft Jesu künden. Überhaupt ist dieser Film irgendwie gar nicht Hollywood. Er ist, wie jede Opera Buffa, ausgesprochen kurzweilig, sehr charmant, mitunter natürlich auch derb und böse, eben genau so, wie es sein soll.
Man wünschte sich, die Opernregisseure unserer Zeit würden sich den Film anschauen und davon etwas lernen, dann wäre es ein Leichtes, den falschen Eindruck einer kulturellen Elite, der die künstleische Auseinandersetzung mit dem Ottocento umgibt, leicht durchbrechen. Denn bei allem Trennenden dürfte uns der Libertin der Aufklärung näher sein als die viktorianische Betschwester und wilhelminische Pickelhaubenträger.
donalphons, 16:22h
Montag, 20. Februar 2006, 16:22, von donalphons |
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au lait,
Montag, 20. Februar 2006, 17:18
Deinem Wunsch kann ich nur beipflichten!
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che2001,
Montag, 20. Februar 2006, 17:36
@Inquisitor: Nach Waterloo und dem Wiener Kongress errichtete der Papst, ohne die Wiener Schlussakte unterschrieben zu haben, den Kirchenstaat neu, schickte die Juden ins Ghetto zurück und ließ Straßenbeleuchtung und Pockenschutzimpfung als "Teufelswerk" wieder abschaffen. So liebe ich die Konservativen, da war einer mal wirklich konsequent :-)
In Spanien wurde 1812 die Verfassung aufgehoben, dafür die Inquisition wieder eingeführt.
Zur Zeit Casanovas schaffte man immerhin in Österreich und Preußen die Folter ab und führte die allgemeine Schulpflicht ein. Was wurde aus den ganzen Folterknechten? Und wo kamen all die Lehrer plötzlich her?
In Spanien wurde 1812 die Verfassung aufgehoben, dafür die Inquisition wieder eingeführt.
Zur Zeit Casanovas schaffte man immerhin in Österreich und Preußen die Folter ab und führte die allgemeine Schulpflicht ein. Was wurde aus den ganzen Folterknechten? Und wo kamen all die Lehrer plötzlich her?
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donalphons,
Montag, 20. Februar 2006, 19:53
ja, die Epoche der Metternichs wird, abzüglich des Vormärz, immer noch in zu mildem Licht gesehen. So gesehen ist das 19. Jahrhundert eines des verschenkten Chancen.
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jinxi,
Montag, 20. Februar 2006, 19:59
Ottocento
Herr Alphonso,
das Problem ist doch eher, dass Libertins der Gegenwart sich aufführen wie Metternich, wenn nicht wie Marat.
Übrigens: Ottocento, damit bezeichnen wir das 19. Jhd., nicht das 18. Jhd., gelle?
das Problem ist doch eher, dass Libertins der Gegenwart sich aufführen wie Metternich, wenn nicht wie Marat.
Übrigens: Ottocento, damit bezeichnen wir das 19. Jhd., nicht das 18. Jhd., gelle?
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donalphons,
Montag, 20. Februar 2006, 20:09
Zwischen Libertin (ausschweifender Lüstling mit Hang zu philosphisch-religiöser Indifferenz) und libertärem Neoconnard ist ein grosser Unterschied.
Und es stimmt natürlich, mit dem 8cento. Man sollte nicht schreiben, wenn man nach einer Nacht mit zweidamigen Doubledate erst um 9 in die Federn gekrochen ist (allein, versteht sich).
Und es stimmt natürlich, mit dem 8cento. Man sollte nicht schreiben, wenn man nach einer Nacht mit zweidamigen Doubledate erst um 9 in die Federn gekrochen ist (allein, versteht sich).
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donalphons,
Montag, 20. Februar 2006, 20:46
*Hüstel* - Historiker haben es ja allgemein schwer mit, hm, Geschichtsmodifikation oder der Frage "Was wäre gewesen wenn".
Ein wahrhaft schönes Beispiel für gelebte Freiheit ist dagegen das hier - so mag ich meine Dänen.
Ein wahrhaft schönes Beispiel für gelebte Freiheit ist dagegen das hier - so mag ich meine Dänen.
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mark793,
Montag, 20. Februar 2006, 19:58
Man wünschte sich,
die Opernregisseure unserer Zeit würden endlich das exaltierte Gejodel aus dieser Kunstform verbannen und stattdessen ab und zu ein paar Autos auf der Bühne explodieren lassen. Dann klappts auch mit dem Nachwuchs-Publikum. ;-)))
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donalphons,
Montag, 20. Februar 2006, 20:04
Oh ja, der Troubadur im Aggro Berlin Styling "ey Alte ich schwör, was willst damit sagen dass das mein Brder war?"
Hm.
Dann vielleicht doch in Würde sterben.
Hm.
Dann vielleicht doch in Würde sterben.
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che2001,
Montag, 20. Februar 2006, 20:24
Mark, das ist doch das Zeug, was wir seit den 70ern als modernes Theater bis zum Geht nicht mehr erleben. Und mir reicht es zur Genüge, einmal life einAuto explodieren gesehen zu haben, an der Stelle, wo ich kurz vorher noch gestanden hatte. Und die Nachtwanderung im Sinai inklusive Minenfeld war auch nicht wirklich spaßig, die musikalische Untermalung darstellender Kunst sollte nicht mit der Stalinorgel erfolgen, und Beethoven ist keine Rap-Combo.
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mark793,
Montag, 20. Februar 2006, 21:14
Explodierende Autos
waren auf der Opernbühne in meiner Heimatstadt eher die Ausnahme. Die Moderintät der Inszenierungen bestand in aller Regel darin, dass in jeder Oper und in jedem Schauspiel Nazi-Uniformen und Nackedeis aufzutreten hatten. Ich will es den künstlerischen Leitern und den Intendanten auch nicht verübeln, denn solange es noch ein paar Abonnenten gibt, die vorzeitig ihre Plätze räumen aus Protest, kann man dieses Spiel im Provinztheater von mir aus so weitergehen - aber ohne mich. Ich kenne ersprießlichere Arten, mich zu langweilen...
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donalphons,
Montag, 20. Februar 2006, 21:19
Es gibt 1000 Arten, den Don Giovanni zu verhunzen, und auch der berbiere hat schon den Einmarsch der Soldateska als SA miterleben müssen. Ärgerlich, keine Frage. Dennoch, die Staatsopern haben keine Probleme, mit den richtigen namen auch die grottigste Inszenierung über die Bühne zu bekommen. Allein, ginge es noch mir, ich hätte die Aufführungen so, wie sie gedacht waren. Revolutionäres hab ich genug im Dasein, da brauche ich keine Oper.
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