Sehr zu empfehlen - ein Barockschloss
Wenn bei einem normalen Haus das Türschluss fehlt, geht man in den Baumarkt und kauft ein Neues. Oder ruft den Schlosser an, damit der das einbaut. In der Regel ist das nicht weiter schwer, die Schlösser, Blenden und Griffe sind normiert und sollten eigentlich passen.
Bei einem alten Haus mit alten Türen sieht die Sache anders aus. Der Modernisierungswut nach 1890 sind in unserem Haus gerade mal 15 Türen zum Opfer gefallen, die anderen sind noch original, und auch manche "neue" Tür steht heute schon wieder unter Denkmalschutz. Da ist zum Beispiel eine Durchreichtür von 1890, deren oberes Teil ein aufklappbares Fenster ist. Sehr praktisch, wenn die - meist verschwitzte, stundenlang arbeitende - Köchin aus ihrem dampfenden, mit Feuer beheizten Reich etwas an die Hausdiener zum Servieren übergab. Heute ist das natürlich funktionslos, aber "damals", in der sog. guten alten Zeit, die man sich in ihren schauderhaften Details noch nicht mal als Nachfahre der Begünstigten vorstellen mag, waren solche Veränderungen die Regel.
Wenn diese Tür also noch als Zeugnis einer wenig ruhmvollen Geschichte durchgehen kann, gibt es mitunter echte Verbrechen. Eines dieser Verbrechen geschah gegen 1966, als ein Mieter eine alte Tür als zu schäbig befand und sie auf eigene Kosten gegen eine moderne, glatte Tür ersetzen liess. Und das, ohne überhaupt zu fragen. Mit der Folge, dass dieses Türblatt einfach auf einen Türstock der Zeit von 1846/7 aufgeschraubt wurde. Die handgeschmiedeten Angeln wurden damals rausgerissen, wie auch der Gegenhalter für das Türschloss, und weil der ausführende Schlosser grade dabei war, montierte er auch das Schloss und die Griffe ab. Die alte Tür landete dann im Hof, wodurch meine Grossmutter auf das Verbrechen aufmerksam wurde. Meine Grossmutter war eine sehr sanfte, sehr kinderliebe Frau mit einem grossen Herzen, und diesem grossen Herzen versetzte der Umgang mit der Tür einen Stich. Die Folgen waren so gravierend, dass jeder Mieterschutzanwalt Grund zu einem Dutzend Klagen hätte. Wenn er so dumm gewesen wäre, sich mit einem Clan anzulegen, deren Oberhäupter vor dem Krieg und bis in die 60er Jahre beim Sonntagsausflug im schönen Altmühltal leidenschaftlich gerne Viecher abknallten und in deren Wohnung die Schiessprügel und Geweihe rumhingen wie andernorts heute Ikeakunstdrucke. Ja, es dauerte eine Weile, bis das Recht des Hirschfängers in Bayern abgelöst wurde.
Wie auch immer, der Schaden war da, die Metallteile waren verschwunden, und so blieb meiner Grossmutter nur,den Mieter mit der 12er Schrotflinte zur Strecke zu die Tür in den Speicher zu tragen und auf den Tag zu warten, an dem man so eine Tür wieder braucht. 40 Jahre später ist die "neue" Tür immer noch hässlich und unpassend. Und kaputt. Das heisst, kaputt ging sie erst, als meine Frau Mama sie für nicht hässlich genug fand, um sie auszutauschen. Sowas passiert manchmal. Jedenfalls geht jetzt die alte Tür aus dem Speicher, frisch geschliffen und bald auch bemalt, wieder hinunter. Und das neue Glump, das nicht mal fünf Hammerschläge auf die Angeln aushält, fliegt raus.
Letzte Woche kam dann der Kostenvoranschlag für das benötigte Material: ein handgeschmiedeter Gegenhalter kosten - bitte festhalten - 120 Euro, und ein nachgebautes Schloss nach eher schlichtem Originalvorbild - bitte hinsetzen - 600 Euro. Und wir reden hier nicht von einem massiven Bronzegehäuse mit verziertem Innenleben, sondern nur über ein nach alter Art hergestelltes Eisenschloss mit Riegel. Ohne Handriegel, der würde noch mal 110 Euro kosten. Das sind dann doch Kosten, bei denen man versucht ist, sich wieder an die neue Tür zu gewöhnen - wer weiss denn, ob Mieter sowas nicht ohnehin schöner finden. Es ist normal, dass das Restaurieren einer Tür des 18. Jahrhunderts mehr kostet als ein Tür aus dem Baumarkt, das lohnt sich aber, weil eine gute Tür ohne jeden Nagel, nur aus Holz locker 600, 700 Jahre halten kann und sich nach den ersten 40 Jahren kaum mehr verzieht, aber 830 Euro für ein einziges Schloss - das sind so die Momente, wo man nachdenkt, ob der damalige Verbrecher noch einer irdischen Lynchgerechtigkeit zuzuführen ist. Ist er aber nicht mehr. Gestern nun zeigte sich, dass das Graben in alten Trödlerkisten mitunter sinnvoller sein kann als das Graben im Westfriedhof, um wenigstens nochmal die Knochen zu schänden:
Baujahr geschätzt zwischen 1700 und 1800, damals hatte man diese schrägen Flanken an den Schlössern. Der Korpus ist ein Stück gegossene, massive Bronze, geschliffen und poliert, die Schauben (bitte keine Hakenkreuzvergleiche) sind kleine Meisterwerke, und jedes Gelenk, jede Feder und jeder Riegel läuft, als ob es frisch aus der Schlosserei käme. Billig ist so ein Schloss auch auf dem Trödelmarkt nicht, aber es lohnt sich. Und es passt an die Tür. Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse.
Man könnte es natürlich jetzt noch putzen und polieren. Aber wozu, ich mag diese Patina der Jahrhunderte, die man so nie künstlich erschaffen kann. Es wird sowieso zu viel perfekt gemacht, überlackiert und auf neu getrimmt. Man erfindet sich einen blitzenden Originalzustand, den es mutmasslich nie gegeben hat. Das einzige Problem: Es ist irgendwie schade, dieses Innenleben einfach so an eine Tür zu schrauben. Wo es hoffentlich noch lange verborgen bleibt und kein Idiot die nächsten paar hundert Jahre auf die Idee kommt, an die Stelle etwas Neues zu setzen.
Bei einem alten Haus mit alten Türen sieht die Sache anders aus. Der Modernisierungswut nach 1890 sind in unserem Haus gerade mal 15 Türen zum Opfer gefallen, die anderen sind noch original, und auch manche "neue" Tür steht heute schon wieder unter Denkmalschutz. Da ist zum Beispiel eine Durchreichtür von 1890, deren oberes Teil ein aufklappbares Fenster ist. Sehr praktisch, wenn die - meist verschwitzte, stundenlang arbeitende - Köchin aus ihrem dampfenden, mit Feuer beheizten Reich etwas an die Hausdiener zum Servieren übergab. Heute ist das natürlich funktionslos, aber "damals", in der sog. guten alten Zeit, die man sich in ihren schauderhaften Details noch nicht mal als Nachfahre der Begünstigten vorstellen mag, waren solche Veränderungen die Regel.
Wenn diese Tür also noch als Zeugnis einer wenig ruhmvollen Geschichte durchgehen kann, gibt es mitunter echte Verbrechen. Eines dieser Verbrechen geschah gegen 1966, als ein Mieter eine alte Tür als zu schäbig befand und sie auf eigene Kosten gegen eine moderne, glatte Tür ersetzen liess. Und das, ohne überhaupt zu fragen. Mit der Folge, dass dieses Türblatt einfach auf einen Türstock der Zeit von 1846/7 aufgeschraubt wurde. Die handgeschmiedeten Angeln wurden damals rausgerissen, wie auch der Gegenhalter für das Türschloss, und weil der ausführende Schlosser grade dabei war, montierte er auch das Schloss und die Griffe ab. Die alte Tür landete dann im Hof, wodurch meine Grossmutter auf das Verbrechen aufmerksam wurde. Meine Grossmutter war eine sehr sanfte, sehr kinderliebe Frau mit einem grossen Herzen, und diesem grossen Herzen versetzte der Umgang mit der Tür einen Stich. Die Folgen waren so gravierend, dass jeder Mieterschutzanwalt Grund zu einem Dutzend Klagen hätte. Wenn er so dumm gewesen wäre, sich mit einem Clan anzulegen, deren Oberhäupter vor dem Krieg und bis in die 60er Jahre beim Sonntagsausflug im schönen Altmühltal leidenschaftlich gerne Viecher abknallten und in deren Wohnung die Schiessprügel und Geweihe rumhingen wie andernorts heute Ikeakunstdrucke. Ja, es dauerte eine Weile, bis das Recht des Hirschfängers in Bayern abgelöst wurde.
Wie auch immer, der Schaden war da, die Metallteile waren verschwunden, und so blieb meiner Grossmutter nur,
Letzte Woche kam dann der Kostenvoranschlag für das benötigte Material: ein handgeschmiedeter Gegenhalter kosten - bitte festhalten - 120 Euro, und ein nachgebautes Schloss nach eher schlichtem Originalvorbild - bitte hinsetzen - 600 Euro. Und wir reden hier nicht von einem massiven Bronzegehäuse mit verziertem Innenleben, sondern nur über ein nach alter Art hergestelltes Eisenschloss mit Riegel. Ohne Handriegel, der würde noch mal 110 Euro kosten. Das sind dann doch Kosten, bei denen man versucht ist, sich wieder an die neue Tür zu gewöhnen - wer weiss denn, ob Mieter sowas nicht ohnehin schöner finden. Es ist normal, dass das Restaurieren einer Tür des 18. Jahrhunderts mehr kostet als ein Tür aus dem Baumarkt, das lohnt sich aber, weil eine gute Tür ohne jeden Nagel, nur aus Holz locker 600, 700 Jahre halten kann und sich nach den ersten 40 Jahren kaum mehr verzieht, aber 830 Euro für ein einziges Schloss - das sind so die Momente, wo man nachdenkt, ob der damalige Verbrecher noch einer irdischen Lynchgerechtigkeit zuzuführen ist. Ist er aber nicht mehr. Gestern nun zeigte sich, dass das Graben in alten Trödlerkisten mitunter sinnvoller sein kann als das Graben im Westfriedhof, um wenigstens nochmal die Knochen zu schänden:
Baujahr geschätzt zwischen 1700 und 1800, damals hatte man diese schrägen Flanken an den Schlössern. Der Korpus ist ein Stück gegossene, massive Bronze, geschliffen und poliert, die Schauben (bitte keine Hakenkreuzvergleiche) sind kleine Meisterwerke, und jedes Gelenk, jede Feder und jeder Riegel läuft, als ob es frisch aus der Schlosserei käme. Billig ist so ein Schloss auch auf dem Trödelmarkt nicht, aber es lohnt sich. Und es passt an die Tür. Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse.
Man könnte es natürlich jetzt noch putzen und polieren. Aber wozu, ich mag diese Patina der Jahrhunderte, die man so nie künstlich erschaffen kann. Es wird sowieso zu viel perfekt gemacht, überlackiert und auf neu getrimmt. Man erfindet sich einen blitzenden Originalzustand, den es mutmasslich nie gegeben hat. Das einzige Problem: Es ist irgendwie schade, dieses Innenleben einfach so an eine Tür zu schrauben. Wo es hoffentlich noch lange verborgen bleibt und kein Idiot die nächsten paar hundert Jahre auf die Idee kommt, an die Stelle etwas Neues zu setzen.
donalphons, 17:50h
Montag, 12. Juni 2006, 17:50, von donalphons |
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richard graf rappoldstein,
Montag, 12. Juni 2006, 23:59
Bauteilebörse ...
... gibt es in der Nähe von Basel. Wunderbar sortiert. Gegenhalter en mass. Barockschlösser auch. Und in der Asche der Feuerstelle auf unserem Land in Frankreich findet sich so was leider auch noch.
20er Schrot ist viel besser zu Disziplinierungszwecken geeignet. Mehr Körner, viel feiner .....
20er Schrot ist viel besser zu Disziplinierungszwecken geeignet. Mehr Körner, viel feiner .....
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:23
Wir haben hier die Flohmärkte in Pfaffenhofen und Riedenburg, die helfen auch gut weiter. Im Prinzip habe ich eine lange Liste an Sachen im Kopf, die irgendwann mal nett wären, und wenn ich was Günstiges finde, kaufe ich es. Die Türgriffe für die letzte Wohnung lagen 12 Jahre auf Halde.
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el_loco,
Dienstag, 13. Juni 2006, 00:58
Eine Frage der Prioritäten
In Japan wäre es überhaupt kein Problem auch einen alten Tempel komplett abzureißen und neu zu bauen. In Vietnam wäre ein solches Vorhaben schon aufgrund der Luftfeuchtigkeit unmöglich: es wäre schneller vergammelt, als der Denkmalschutz schauen könnte.
So ist es auch mit der Sprache: "Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse." Masse oder Maße? Sorry, ich stolpere auch noch nach Jahren darüber...Wie kann jemand, der sich für alte Kunstschätze erwärmen kann, seine Sprache derart umstellen?
Prioritäten Teil 3: Ein Bloghoster, der seit sieben Stunden seinen Kram nicht auf die Reihe bringt, ist - wie ein Türschloß aus dem Baumarkt - bestenfalls günstig. Ab 99% Verfügbarkeit spricht man von einem "stabilen" System.
Viele Grüße - go on ;-)
So ist es auch mit der Sprache: "Denn schon damals (tm) einigte man sich unter Handwerker auf bestimmte Masse." Masse oder Maße? Sorry, ich stolpere auch noch nach Jahren darüber...Wie kann jemand, der sich für alte Kunstschätze erwärmen kann, seine Sprache derart umstellen?
Prioritäten Teil 3: Ein Bloghoster, der seit sieben Stunden seinen Kram nicht auf die Reihe bringt, ist - wie ein Türschloß aus dem Baumarkt - bestenfalls günstig. Ab 99% Verfügbarkeit spricht man von einem "stabilen" System.
Viele Grüße - go on ;-)
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:02
Ich arbeite für Schweizer und Amerikaner, da kommt das mit dem ss her. Was übrigens per se ohnehin eine Fehlentwicklung des 16. Jahrhunderts ist.
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:06
Ich arbeite für Schweizer und Amerikaner, da kommt das mit dem ss her. Was übrigens per se ohnehin eine Fehlentwicklung des 16. Jahrhunderts ist.
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el_loco,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:20
Nachtrag zu dem Bloghoster: bitte nicht auf die Füße getreten fühlen. Ich weiß, daß es (manchmal) kein Spaß ist, für "umme" einen Server vorzuhalten und zu finanzieren. Das ist ein wichtiger Beitrag für unabhängige Blogs. Die Freundinnen und Oppels stehen schon in den Startlöchern.
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el_loco,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:22
Nachtrag zu dem Bloghoster: bitte nicht auf die Füße getreten fühlen. Ich weiß, daß es (manchmal) kein Spaß ist, für "umme" einen Server vorzuhalten und zu finanzieren. Das ist ein wichtiger Beitrag für unabhängige Blogs. Die Freundinnen und Oppels stehen schon in den Startlöchern.
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 01:38
Das ist jetzt das erste mal in fast drei Jahren, dass es so ein Problem dieser Grössenördnung gibt. Und Dirk und Co. machen wirklich einen tollen Job. ich habe ja auch ein eigenes Zweitblog, aber solange das hier ist, wie es ist, bleibe ich hier. Einfach, weil Blogger.de so rund ist.
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noergler,
Dienstag, 13. Juni 2006, 04:34
Ich arbeite für Ärsche & Ärsche
Aber den Unterschied von Masse, die es zu bewegen gilt und Maß, das zu halten wäre, habe ich noch jedem beigebogen.
Man sieht an diesem Sprachfall, daß das berüchtigte scharfe S, welches hier Jahr um Jahr einer donseitigen Anpissung unterzogen ward, ein unverzichtbarer Bedeutungsträger ist, jedenfalls so lange, wie Maß nicht in Maass umgewandelt wird, wogegen ich nichts hätte.
Soweit kommt es noch, daß hergelaufene Ausländer fragwürdigster Provenienz Sprachvorschriften im Deutschen machen.
Die Sprachvorschrift bin ich, und wer das anders sieht, kann das ja mal argumentieren.
Man sieht an diesem Sprachfall, daß das berüchtigte scharfe S, welches hier Jahr um Jahr einer donseitigen Anpissung unterzogen ward, ein unverzichtbarer Bedeutungsträger ist, jedenfalls so lange, wie Maß nicht in Maass umgewandelt wird, wogegen ich nichts hätte.
Soweit kommt es noch, daß hergelaufene Ausländer fragwürdigster Provenienz Sprachvorschriften im Deutschen machen.
Die Sprachvorschrift bin ich, und wer das anders sieht, kann das ja mal argumentieren.
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milchbroetchen,
Dienstag, 13. Juni 2006, 10:43
ab 99% stabil
Da hat blogger.de ja noch ein wenig Reserve, das wären über 80 Stunden im Jahr, die das System ausfallen dürfte.
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wittenbergerin,
Dienstag, 13. Juni 2006, 10:44
Die Masse und die Maße einer Frau sind zum Glück noch nicht das Selbe, den Schwimmmeister finde ich o. k., aber bei Majonäse wird mir immer schlecht.
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auch-einer,
Dienstag, 13. Juni 2006, 12:28
vielleicht gibt es im sächsischen oder im thüringischen noch schmiede oder schlosser, die sich auf sowas verstehen. denkmalschützer beim landratsamt wären da diejenigen, die auf anfrage auskunft erteilen können, wer dafür in frage käme.
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 12:35
Der fragliche Schmied macht hier die Dinger fürs Landesamt. Der kann das auch un bezieht das Eisen noch aus einer echten Hammerschmiede. Alternativ gäbe es noch Polen und Tschechen, die sich darauf spezialisiert haben.
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sethos,
Dienstag, 13. Juni 2006, 13:14
Oh, klasse! Bei uns gammeln noch vier Türen von 1890 auf dem Speicher, oder genaugenommen 3 1/2 (zwei sind die Teile einer Flügeltür). Noch bemalt, und mit genau dem Prinzip an Kastenschloß (allerdings gerade, weil, wie gesagt, 1890). Mit Schlüsselloch und separatem Riegel unten, mit dem man eine Tür einseitig und definitiv verrammeln kann. Ich habe auch so eine Tür in meiner Behausung, abgebeizt und unbemalt (die Türen auf dem Speicher haben das klassiche Eierschalfarben) - allerdings habe ich den Riegel nicht in Benutzung, denn ich wüßte nicht, wieso ich mich definitiv & einseitig gegen meine eigene Küche verrammeln sollte.
1890 allerdings, als in meiner 2-Raum-Behausung noch komplette Arbeiterfamilien hausten, da war so ein Riegel natürlich nützlich, um in der 'Stube' so etwas wie Privatsphäre herzustellen und das G'schwerl in der Küche zu halten, auf daß bald noch mehr G'schwerl auf den beengten Verhältnissen herumhüpfen möge.
Ja, ich gebe zu, ich lebe in einem historischen Ex-Slum. Und ich spintisiere auch nicht herum, sondern es ist vor ein paar Jahren eine uralte Frau in unseren Höfen aufgetaucht, die sich schüchtern umgesehen hat und dann auf Nachfragen von ihrer Kindheit in den Hinterhäusern erzäühlt hat. Zu Acht hätten sie in so eine 2-Raum-Behausung gehaust, komplett mit Klo auf dem Gang für alle Parteien.
Das ist jetzt die Besenkammer für die bulgarische Putzfrau.
1890 allerdings, als in meiner 2-Raum-Behausung noch komplette Arbeiterfamilien hausten, da war so ein Riegel natürlich nützlich, um in der 'Stube' so etwas wie Privatsphäre herzustellen und das G'schwerl in der Küche zu halten, auf daß bald noch mehr G'schwerl auf den beengten Verhältnissen herumhüpfen möge.
Ja, ich gebe zu, ich lebe in einem historischen Ex-Slum. Und ich spintisiere auch nicht herum, sondern es ist vor ein paar Jahren eine uralte Frau in unseren Höfen aufgetaucht, die sich schüchtern umgesehen hat und dann auf Nachfragen von ihrer Kindheit in den Hinterhäusern erzäühlt hat. Zu Acht hätten sie in so eine 2-Raum-Behausung gehaust, komplett mit Klo auf dem Gang für alle Parteien.
Das ist jetzt die Besenkammer für die bulgarische Putzfrau.
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 13:19
Die Geschichten der meisten Dachgeschosse ist eine sehr, sehr finstere. Auch ohne den Verdacht, dass hier ein Frankenstein bastelte.
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che2001,
Dienstag, 13. Juni 2006, 13:41
Als meine Eltern ihr Haus übernommen haben, wohnten sie als Besitzer und Vermieter (!) eines größeren Hauses mit Tochter in einem Raum und teilten sich eine Drei-Zimmer-Wohnung mit zwei anderen Familien. 8 Wohnungen und 70 Leute in einem Haus, so war das in den 50ern. Heute wohnen im gleichen Haus noch 8 Leute.
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franz.brandtwein,
Dienstag, 13. Juni 2006, 13:59
Alter Schwede! Allerdings - wo ich jetzt etwas unsicher bin; ist das jetzt besser oder schlechter als unser jetziges Geweicheiere? Einerseits war ja frueher alles besser, andererseits empfinde ich 3 Familien in einer Drei-Zimmer-Wohnung nicht als wirklich erstrebenswerten Zustand.
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che2001,
Dienstag, 13. Juni 2006, 14:08
Zum Thema Geweicheiere: Als meine Schwester 1986 frisch nach Tschernobyl ihre Nachbarn darauf hinwies, dass wg. radioaktivem Fallout nicht im Gaten grillen dürfe, sagten die: "Junge Frau! Wir haben damals im Bunker gelegen, und da haben wir die Zündmittelrückstände der Brandbomben von den Broten gewischt und die Brote gegessen."
- Das sagt aber auch gleich was darüber aus, ob sowas erstrebenswert ist, gelle.
- Das sagt aber auch gleich was darüber aus, ob sowas erstrebenswert ist, gelle.
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donalphons,
Dienstag, 13. Juni 2006, 14:27
Ich würde vieles von damals keinesfalls wieder haben wollen, keine Frage. Vieles geht auch nicht mehr, weil die Welt komplexer geworden ist. Man muss sich nur mal anschauen, was "Einrichtung" heute ist. Heute sind Möbel, Lampen und Bilder allenfalls sekundär, der Rahmen für Hifi-Anlage, Glotze, Rechner, iPod, Zeitschriften, Telekommunikation, eine ganze Industrie, die es vor 100 Jahren nicht gab. Es ist nur folgereichtig, dass das frühere Interesse am Essen, das einen gigantischen Wirtschaftszweig von der Landwirtschaft über Verwerter bis Keramikproduktion und Glasschleifer heute maginalisiert und durch Chips und Burger aus Papierverpackungen ersetzt ist.
Auf dem Weg ins heute wurde viel weggeworfen. Der Weg ist nicht schlecht, aber es kann manchmal sehr sinnvoll sein, aufzusammeln. Und was den Wohnraum angeht: Grösse ist nicht alles. Eigentlich ist Grösse nichts.
Auf dem Weg ins heute wurde viel weggeworfen. Der Weg ist nicht schlecht, aber es kann manchmal sehr sinnvoll sein, aufzusammeln. Und was den Wohnraum angeht: Grösse ist nicht alles. Eigentlich ist Grösse nichts.
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strappato,
Dienstag, 13. Juni 2006, 15:18
Grösse ist nicht alles. Richtig.
Nur geht Grösse oft einher mir Raum. Platz zum Atmen und nicht Haus-an-Haus oder Wohnung-an-Wohnung.
Mir ist Platz wichtig. Für ein 3500 qm Grundstück nehme ich auch 300 qm Wohnraum in Kauf - auch wenn 2 Zimmer mit 50 qm leer stehen - trotz Au-pair.
Nur geht Grösse oft einher mir Raum. Platz zum Atmen und nicht Haus-an-Haus oder Wohnung-an-Wohnung.
Mir ist Platz wichtig. Für ein 3500 qm Grundstück nehme ich auch 300 qm Wohnraum in Kauf - auch wenn 2 Zimmer mit 50 qm leer stehen - trotz Au-pair.
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franz.brandtwein,
Dienstag, 13. Juni 2006, 15:27
... was mir so richtig auf die Nerven geht ........ ist diese Scheisserdkruemmung - ich kann im Wohnzimmer vom Fernsehsessel aus kaum noch die obere Bildhaelfte erkennen. Kann da mal jemand was machen?
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franz.brandtwein,
Dienstag, 13. Juni 2006, 15:47
... ach wer wird den gleich einen Teilchenbeschleuniger bauen,
wenn ich strappatos leerstehende Abstellkammern mit einem Durchbruch versehe, reichts auch fuer mein Fernsehzimmer, alle predigen Bescheidenheit - ich lebe sie vor ....
wenn ich strappatos leerstehende Abstellkammern mit einem Durchbruch versehe, reichts auch fuer mein Fernsehzimmer, alle predigen Bescheidenheit - ich lebe sie vor ....
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sethos,
Dienstag, 13. Juni 2006, 15:50
Und über mich machen sich manche lustig...
...weil ich mit 27 qm Ex-Slum von 1890 zufrieden bin und nicht mal ein extra Schlafzimmer habe, sondern Küche (mit nachträglich eingebautem Badezimmer) plus Stube, wie das halt so war.
Das sei doch arg bescheiden für eine Person...
Das sei doch arg bescheiden für eine Person...
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