: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 20. Juni 2006

Gold


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Vom Trennen der Schafe von den stinkenden Böcken

in Zeiten der Bockinvasion mit Hilfe eines Hundes und eines Antiquariats - das geht so: Im Gegensatz zu den in den Medien verbreiteten Lügen der nationalen Tretballerhebung ist dieselbige nur ein Randgruppenphänomen, für das man entweder von brauner Brause mit Karten, Unterkunft oder Werbeschaltung beim eigenen Blognetzwerk geschmiert, andersartig dumm oder einfach Fan sein sollte; zum Glück ist das aber ein begrenztes Verhalten. Fakt ist: In München Schwabing sind die Cafes auch ohne Glotze voll, es gibt den typischen Feierabendstau, und asoziaes Verhalten ist nirgends zu erleben. Dennoch ist es der ideale Moment, sich nach einer Frau für das Leben umzuschauen.

Wir betreten also ein beliebiges Antiquariat in München, am besten natürlich in der Maxvorstadt, sammeln schon draussen die ein oder andere Preziose zur Kunstgeschichte auf - Werke aus Riemenschneiders Blütezeit etwa oder Möbel den XVIII. Jahrhunderts am Ludwigsburger Hof - legen sie an der Kasse ab und schauen die feinen, kleines Bände der Bibliothek Suhrkamp durch - die, bei denen man sich nie entscheiden kann, ob man nun den Schutzumschlag entfernt oder dran lässt, beide Varianten sind beim Aufstellen sehr reizvoll.

So stehen wir und warten der Dinge, die da kommen. Draussen laufen Studentinnen vorbei, manche wirft einen Blick auf die Büchertafel, blättert mitunter - aber dann kommt eine, die anders ist, sie ignoriert die Auslagen, betritt zielstrebig den Laden, geht hinter zu den Kunstbänden, und ihr Hund, der ein Teil Mops und viele Teile anderes Getier ist, kennt sie offensichtlich so gut, dass er sich sofort hinlegt und einschläft. Es kann länger dauern.



Und es dauert länger. Sie hat viel Zeit, greift sehr konzentriert zu und weiss wohl, was hier frisch hinzugekommen ist, und was schon länger im Regal den Staubfänger gibt. Der Teilmops macht ab und zu ein schwarzes Auge auf, sieht, dass es gut ist, und schläft weiter. Wir überlegen uns, wie es wäre, sie kennenzulernen und, wenn wir nicht schon vergeben wären, mit ihr eine Beziehung einzugehen, der Hund würde am Fussende des Bettes schlafen und am Morgen würden wir vom Bäcker auch das ein oder andere Buch mitbringen, das wir auf einem Umweg in eben jenes Antiquariat erworben haben. Wir können uns sicher sein, dass sie es mögen wird, und wenn sie uns betrügt, nimmt sie einen mittellosen Künstler oder einen Jungliteraten nach der Lesung, aber kein besoffenes Trötenarschloch. Vielleicht lässt sie sich auch gegen unseren Wunsch irgendwo tätowieren, wo es im Abendkleid nicht auffällt, aber sie wird ihren feinen Teint nie mit irgendwelchen Fahnen beschmieren. Wir könnten, da in den nächsten Tagen Italien entvölkert sein wird, die Zeit nutzen und mit ihr und dem Hund, dem wir ein Hermestuch umbinden und eine Fliegerbille aufsetzen würden, nach Vincenza fahren, und dann weiter an die Riviera.

Wie es sich für moderne Prinzessinnen gehört, die die Aufgaben und Bedrängnisse der sog. Moderne mit Bravour absolvieren.

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Demut lernen

Drei Tage haben sie geschaufelt, um die Deckenverfüllung aus dem Raum zu entfernen, am Ende war es ein Container voller Schutt. Das alles mit modernen Hilfsmitteln. Es sind etwa 4 Kubikmeter, den sie mit einem Aufzug am Haus nach unten gebracht haben.



Wie das im Jahr 1600 andersrum ging, wie oft jemand laufen musste, um diese Menge 12 Meter über die Stadt zu tragen, der Aufwand, den es gekostet hat, das Material passend zu machen, das alles kann man sich heute nicht mehr vorstellen. 4 Kubikmeter allein für einen kleinen Raum. Aber auch die Bauweise, die nötig ist, um diese Lasten zu tragen. Über jeder Decke drücken buchstäblich Tonnen auf die Balken, die Last auf den grossen Räumen mag man sich gar nicht vorstellen. Trotzdem hat es 400 Jahre ohne Riss und Bruch gehalten. Man macht sich meistens keinen Gedanken darüber, was Bauen früher bedeutet hat. Man könnte so einen Bau heute kaum mehr bezahlen, selbst wenn man die Materialen noch so herstellen liesse, wie es damals üblich war. Damals, als ein Haus noch mehr war als ein Renditeobjekt. Dafür hat es aber auch 400 Jahre gehalten, und hält sicher noch mal 800 Jahre, und wenn man die Balken anfasst, deren Kernholz Ausgangs des Mittelalters, um 1500 irgendwo in den Jurahügeln wuchs, dann fühlt man sich eine Weile sehr, sehr unwichtig.

dass es auch andere, minderwertige häuser gab, ist mir durchaus bewusst

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