Wer schreibt, der bleibt, auch wenn er fault.

Die Zukunft des Journalismus, dargestellt so gegen 1700, aber heute wieder topaktuell:



Wir haben hier übrigens eine Lokalzeitung mit tollen, riesigen Bildergalerien von jedem Fest von 100 Jahre Feuerwehr Hinterreiherhausendorf bis zum "Wir bauen die geilsten Mordwaffen"-Event mit 80.000 Besuchern. Juckt keinen. Wir haben auch ein mit viel Werbeaufwand in die Stadt eingeführtes Lokalblog, das der drögen Zeitungskonkurrenz das Wasser im Netz abgraben soll. Juckt keinen. In einer Boomregion mit 250.000 Einwohnern, wo der Netzausbau besser ist als in mancher Metropole. Wo Geld in rauen Mengen da ist.

Und dann gibt es noch eine Community, wo gerade 500 Leute eingeloggt sind, die über zehntausend Mitglieder hat und das ausschliesslich über Parties wie das "Houkl-Boukl-Fest" berichtet. Kennt ausserhalb der Region kein Mensch, ist aber auch egal. Soweit ich erkennen kann, geht es vor allem darum, Ficks optisch und per Chat vorzusortieren - geht man mit der Maus über einen Namen, kommt sofort das Bild des Users. Ist höllisch erfolgreich bei der Altersgruppe 14 - 29. Dagegen sehen Blogs und Journalismus ganz alt aus. Da gibt es auch keine Brücke über den Abgrund, der sich da auftut. Und auf beiden Seiten nichts, wo man so eine Brücke auflegen könnte. Man kann Steine in den Abgrund werfen und hoffen, dass er irgendwann voll ist. Am besten, bevor einem das Fleisch von den Rippen fault.

Das sollte uns zu denken geben. Ja doch.

Dienstag, 11. Juli 2006, 13:06, von donalphons | |comment

 
Poppen läuft immer gut. Schön wäre es, wenn solche virtuellen Communities die Geburtenrate heben würden. Aber da ist das Internet wohl überfordert.

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Ach, da wo das stattfindet, sind die dann um 12 so besoffen, dass die den Gummi nicht mehr finden, und den Rest besorgt der Vater der Braut mit sanftem Nachdruck. Hier wird geheiratet wie blöd, und ausserdem giltst du schon als Libertin, wenn Du nicht planst, Blagen zu erkarnickeln.

Bis Sonntag hupten all die Kickdeppen, jetzt hupen die Hochzeitsspacken. Vermutlich in Pesonalunion.

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Solche regionalen Communties gibt es bei uns hier oben auch. Sehr erfolgreich. Mit peinlichen Fotos von Events und Parties, chats, Foren, usw. Aber für sowas braucht man keine online-Redaktion, social media Experten oder eine extra stellvertr. Chefredakteurin.

Oder soll die neue online-Chefin dann zur obersten Rhein-Ruhr-Kuppel-Tante und Schützenfest-Kennerin aufsteigen?

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Keine Ahnung. Aber ich bin hier aufgewachsen. Das Altstadtfest zum Beispiel war fast vor der Haustür, so lange, bis die Bewohner offen rebelliert haben. Ich weiss nicht, ob die regionale Festkultur in Preussen nördlich des Mains anders als bei uns ist, aber ich würde wirklich ungern in nicht berauschten Zustand darüber berichten müssen, oder ohne Tabletten die Ergebnisse dann redigieren. Da begibt man sich auf ein Niveau, gegen das rituelles Insektenessen in Borneo eine hochkulturelle Veranstaltung ist. Für einen, der lange in der Grossstadt nur in zivilisierten Kreisen verkehrt ist, ist das ein Alptraum, den zu verguten keine Sache von Kleingeld wäre.

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Da werden sich noch manche wundern, wie provinziell das Ruhrgebiet ist, wenn es darum geht, Gründe für die Druckbetankung zu finden.

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Die regionale Festkultur nördlich des Mains kann da locker mithalten. Und immer wenn man denkt, schlimmer kann es nicht mehr werden, dann wird es noch schlimmer.

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In NRW ist ja mitunter die Sambaqueen gleichzeitig CEO einer AG. Man muss dort halt vielseitig sein.

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Das durchschnittliche niedersächsische Dorfschützenfest gliedert sich grob in drei Phasen:
1) Schützenehrung, offizielles Blabla, Umzug mit Humtata
2) Schunkeln und Saufen bis kurz vorm Pupillenstillstand (lütje Lagen, d.h, ein Bier, ein Korn, ein Bier, ein Korn....)
3) dumpfer Rammelsex im Vollrausch, an den sich hinterher niemand erinnert.

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Ich wünsche mich allein auf eine Bergesspitze.

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Hier bei uns im Dorf ist am Wochenende Schützenfest. Das Schützenfest mit dem höchsten Bierumsatz hier in der Region (keine Fahrgeschäfte - nur Musik und Saufen!). Sobald man das Zelt betritt hat man 2 Glas Bier in den Händen. Es geht wie früher üblich traditionell bis zum Montag (auch als einziges in der Region).

Also heisst das 3 Tage Fenster zulassen und nicht in die Nähe des Festplatzes kommen. Aber das ist halt auch das "kleinteilige" Lokalgeschehen. Läuft im Ruhrpott ähnlich ab. Viel Spass wünsche ich da den online-Redakteuren der WAZ.

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wie klappt das eigentlich mit dem schützenkönig? klar, der muss einen nach dem anderen ausgeben. aber wie trifft der dann die zwölf und die anderen nicht?

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ich glaube, erst wird geballert, dann gesoffen. Und dann die Kugeln in die Zwölf, aber nicht nur der.

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Im Allgemeinen wird erst geballert, mitunter beginnt das Schützenfest auch mit einer siegerehrung für die besten Schützen, d.h. der Schießwettbewerb ist nicht Bestandteil des Schützenfestes selber. Das größte, und zwar weltweit größte Schützenfest findet in Hannover statt, das ist aber eine große Kirmes, die mit einem Svhützenumzug quer durch die Stadt eingeleitet wird, 12 km lang. Das Ganze auch noch mitten in der Nacht mit Schingderassabumm, und die einzelnen Schützen werden mit lautem Hallo aus ihren Wohnungen abgeholt. Sympathisch ist mir die Tatsache, dass beim Ravensburger Schützenfest ein Reichsadler zu Klump geschossen wird.

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.....LOKALBLOG ?
.......naja irgendwie muss der Werbeaufwand für (den ?) edit DAS Lokalblog wohl an mir vorübergegangen sein !!

Obwohl, ich lese den Kurier mit dem Fluß im Namen ja meistens nur Samstags.........

Mal auf die Suche nach dem Blog machen

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Mal ein wenig Nachhilfe in Dorfkultur:

Bei den meisten Schützenfesten wird nur der König ausgeschossen - nach dem Kommers oder Katerfrühstück! Ist auch ein wenig dann Sache der Tagesform. Wobei hier in der Region der Schützenkönig keine abgekarterte Sache ist, wie anderswo, wo der König schon vor dem Schützenfest feststeht.

Durch die Sicherheitsanforderungen des Schützenbundes kann man beim Schützenfest eigentlich keine anderen Schiesswettbewerbe mehr machen, auch Bürgerschiessen und andere Sachen fallen weg. Das vereinsinterne Pokalschiessen, was früher bei Schützenfesten üblich war, wird vorher abgehalten. Aber es gibt auch Ausnahmen, wie das Schützenfest hier. Da wird auch während des Festes lustig auf die Scheiben geballert.

Ablauf (hier beu uns in der Region): Abholen des alten Königs, Festball, Katerfrühstück, Schützenkönig ausschiessen, Scheibe zur neuen "residenz" bringen, Königsball. Alles mit viel Alkohol, Blasmusik und wenn es dem Verein finanziell einigermassengut geht auch Live-Musik. Am Abend vorher gibt es meist noch Jugendbelesutigung mit einer Cover-Band im Festzelt. Die hier bei uns sind eine Gruppe langhaariger Gestalten, mit Kuhfellen bekleidet. Wird hier von der Dorfjugend als "wild" angesehen.

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Die beste Einführung in die niederdeutsche Sauf - und Festkultur bietet immer noch Fleisch ist mein Gemüse

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Danke Chat. Ausschnitte habe ich als Lesung irgendwann mal im Auto im Deutschlandfunk gehört. Ist wirklich sehr real berichtet.

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ja, stimmt. Das sind echte Konstanten im Leben. Auch in hundert Jahren heißt es wahrscheinlich noch Humtata, Schingderassabumm und Damenwahl.

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In Hundert Jahren, genau. Was mich immer ein wenig stutzig macht: Wenn man mal auf 50. oder 60. Geburtstagen eingeladen ist, dann könnte man ja Beatles, Stones und ABBA erwarten. Sachen, mit denen die Geburtstagskinder musikalisch sozialisiert wurden. Stattdessen: Volksmusik, Wolfgang Petry und Flippers. Da zweifelt man doch sehr an den Prognosen der Trendforscher, die sagen, die neuen Alten wären ganz anders als die Generation vorher.

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das in ravensburg ist das rutenfest, bei dem die wurzeln des schulfestes - ja, da holten die schüler die ruten, mit denen sie die restliche zeit verdroschen wurden, und feierten das gehörig, froh, einen tag frei zu haben - bei näherem zusehen noch erkennbar sind. teil dieses schülerfestes ist das adlerschiessen mit armbrüsten, das so zu zeiten auch in anderen städten üblich war.
überhaupt hat sich das ziemlich ausschweifend entwickelt, wie man hier sehen kann: http://www.ravensburger-rutenfest.de/

für den, ders machen kann, sei ein besuch dort empfohlen. besonders der rutenfestumzug sei besuchern ans herz gelegt, die ravensburger gehen sowieso hin. ach ja, und dann, im bärengarten gibt sich dann der ravensburger den masskrug und das mit begeisterung, weil, an fasnet und am rutenfest geht der ravensburger aus sich heraus.

in biberach (dem literaturfreund bekannt als die heimat wielands) wird ein schützenfest gefeiert, und das eine woche lang. allerhärteste anforderungen werden da gestellt und jedes jahr wieder mit bravour bestanden.
hier: http://www.biberacher-schuetzenfest.com/

in friedrichshafen besann man sich erst nach dem krieg, dass auch die schönste tradition irgendwann einmal anfangen muss und stiftete ebenfalls ein kinderfest. das seehasenfest entwickelte sich aus geringen anfängen zu beachtlicher breite, kinder nehmen auch noch daran teil, ja, die entlassschüler schiessen auch mit der armbrust, aber nicht auf einen reichsadler sondern auf den seehas. ansonsten umfangreicher bierausschank auf der uferpromenade nebst einem sehenswerten feuerwerk am seehasen-samstag und weiterem programm. hier mehr dazu: http://www.seehasenfest.info/

bemerkenswert auch der schwörmontag in ulm, an dem der bürgermeister seine öffentliche schwörmontagsrede hät, dann den schwörbrief verliest und dann schwört, arm und reich ein gemeiner mann zu sein, ein brauch, der auf kämpfe der zünfte um beteiligung am stadtregiment zurückgeht. mehr belustigungen sindd dann das nabade und das fischerstechen, hier: http://www.schwoermontag.com/

kinderfeste sind im ganzen oberen schwaben üblich. schützenfeste, auch ein schützenvereinswesen, wie dies im nördlichen deutschland tradition ist, sind im süden so nicht üblich. dass diese kinderfeste in ihrer ausübung dazu führen, dass die jugend frühzeitig lernt, auch besoffen lustig zu sein, ist, so wie es eben ist, schliesslich haben die alten ja auch ihre freude am festbier. anständig sind sie dann wieder das ganze jahr über (bis auf die fasnet, aber das ist wieder etwas anderes).

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... and a good time was had by all...

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Was das Volksfestbrauchtum nördlich des Mains angeht, so hatte ich mal eine Kollegin aus dem niedersächsischen Vehta, die stundenlang die wildesten Dinge zu berichten hatte von Kirmes und Hochzeits- sowie Geburtstagsbräuchen, die immer noch galten - wie war das, eine unverheiratete Frau von 30 mußte den Marktplatz kehren? Gesoffen wurde dabei auch immer sehr.

Nein, was mich viel mehr beunruhigt, ist, daß neuerding ein Mensch auf einem solchen Regionalportal zur, erm, Brauchtumspflege aus der Gegend von Augschpurg auch unter dem Namen 'Sethos' unterwegs ist und damit auch unter Google gefunden wird. Ich hoffe nur, der kommt nicht auf die Idee, mich abmahnen zu lassen, weil, erm, Brauchtumspflege doch wichtiger ist als das pseudo-intellektuelles Geschwafel, das man sonst so findet, wenn man nach 'Sethos' googelt und mit dem der bestimmt nix zu tun haben will...

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Hier bei uns gibt es auch noch Hochzeitsbitter. 2 unerschrockene Jungmänner, die mit Anzug, Zylinder und Fahrrad geschmückt die Gäste persönlich im Auftrag des Brautpaares einladen. An jeder Station gibt es eine Stärkung. Ist ein harter Job. Mehr als 5-6 pro Abend schaffen nur die ganz Harten.

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In Südtirol, in St. Andrä, musste der Postbote, der damals noch mit dem Radl auf die Höfe fuhr, überall ein Glas Schnaps trinken. Ich glaube, es ist gut, dass die Bergdörfer nicht wachsen.

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@Was mich immer ein wenig stutzig macht: Wenn man mal auf 50. oder 60. Geburtstagen eingeladen ist, dann könnte man ja Beatles, Stones und ABBA erwarten. Sachen, mit denen die Geburtstagskinder musikalisch sozialisiert wurden. Stattdessen: Volksmusik, Wolfgang Petry und Flippers.

Wurden die Leute auf dem platten Lande mit obgenannter Musik sozialisiert, so tiefgehend wie Städter oder urban orientierte Vorort-Kids? Wurden sie? So wie ich das in den 70er mitbekommen habe, schauten die Gleichaltrigen in den wirklich kaffigen Käffern "Zum blauen Bock". Und wo es auf dem Dorf noch keine Disco gab, lief die Sozialisation über die Dorfkapelle.

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@Che
Ich bin ja ein zugezogener aus der Stadt. Jetzt wo du das sagst und mir manche Erzählungen von einigen Leuten in den Kopf kommen, könntest du recht haben. Man müsste mal einen 60. Geburtstag in der Stadt besuchen.

Ich war schon immer für teilnehmende Beobachtung als sozialwissenschaftliche Methode zu haben.

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Spielmannszug. In den Käffern das grosse Ding, weil man mit denen in andere Käffer konnte, bevor man ein Auto hatte. Tschangräteretete. Bumskontakte 0.47beta. Und Alk ohne Ende. Landstrasse to hell.

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Seit man auch anders mal aus dem eigenen Dorf rauskommt, sind die Spielmannszüge rar geworden. Die Schützenvereine haben grosse Probleme welche zu finden und zu engagieren. Und die verbliebenen Spielsmannszüge können fürstliche Gagen verlangen.

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Alles nur eine Frage des Alters. Wenn wir selbst dereinst in ferner Zukunft unseren 60. oder 65. Geburttstag feiern, dann wippen wir sicher auch locker mit dem Fuß zu den neuesten Volksmusikhits. We are all on the road to hell.

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