Sehr zu empfehlen - Schwarz streichen
Es gab eine Zeit, da war man stolz, wenn man etwas hatte. Es gab auch Gründe, stolz zu sein, schliesslich war es eine Zeit vor Marketing und PR, und was viel kostete, war auch signifikant besser. Man kann zu diesen Zeiten stehen, wie man will, man kann - wie ich selbst - das sonstige Treiben dieser Menschen verdammen, es ist genug Böses in diesen Räumen geschehen und getan worden, aber sie hatten einen anderen, wahrscheinlich besseren Zugang zu Material und Gestaltung. Die Türbeschläge, um die es geht, sind an einer fast 300 Jahre alten Tür, die immer noch problemlos schliesst und nicht verzogen ist. Das ist Qualität, und weil man diese Qualität zeigen wollte, hat man besondere Türbeschläge und Angeln ausgewählt, mit breiter Aufnahme und Nägeln, die bis heute halten.
Leider vergass man irgendwann, warum diese Beschläge so aufwendig gestaltet sind. Irgendwann, so Mitte des 20. Jahrhunderts, wollte man glatt aussehende Türen. Diese Tür war fast nie in Gefahr, denn sie war trotz ihrer Höhe von 1,75 Meter pfenningguat, wie man hier sagt. Aber sie wurde komplett überstrichen, damit die Beschläge nicht mehr so auffallen. Meine Frau Mama dachte durchaus mal darüber nach, moderne Türen einbauen zu lassen, das seien doch Stalltüren und viel zu niedrig. Ich liess sie wissen, dass ich sie liebe, aber dann Massnahmen ergreifen würde - und so blieben sie drin. Allerdings wurden die Beschläge nur ganz leicht - und damit historisch falsch - abgesetzt. Bis gestern.
Jetzt stimmt es wieder. So ist es nach den Befunden der altesten Farbschicht richtig. Und der elegante Schwung des Barock ist wieder da. Sie lenken von den hässlichen Plastikeinsätzen ab, die laut Brandschutz in diesem Raum sein müssen. Aber da finden wir auch noch eine andere Lösung. Geschadet hat es der Tür jedoch nicht, in 300 Jahren wird sie sich noch immer in diesen Angeln drehen. Könnte mir eigentlich egal sein,ich habe mir bis dahin mindestens 5 neue Identitäten aufgebaut ich bin dann mutmasslich tot, aber es ist mir nicht egal.
Leider vergass man irgendwann, warum diese Beschläge so aufwendig gestaltet sind. Irgendwann, so Mitte des 20. Jahrhunderts, wollte man glatt aussehende Türen. Diese Tür war fast nie in Gefahr, denn sie war trotz ihrer Höhe von 1,75 Meter pfenningguat, wie man hier sagt. Aber sie wurde komplett überstrichen, damit die Beschläge nicht mehr so auffallen. Meine Frau Mama dachte durchaus mal darüber nach, moderne Türen einbauen zu lassen, das seien doch Stalltüren und viel zu niedrig. Ich liess sie wissen, dass ich sie liebe, aber dann Massnahmen ergreifen würde - und so blieben sie drin. Allerdings wurden die Beschläge nur ganz leicht - und damit historisch falsch - abgesetzt. Bis gestern.
Jetzt stimmt es wieder. So ist es nach den Befunden der altesten Farbschicht richtig. Und der elegante Schwung des Barock ist wieder da. Sie lenken von den hässlichen Plastikeinsätzen ab, die laut Brandschutz in diesem Raum sein müssen. Aber da finden wir auch noch eine andere Lösung. Geschadet hat es der Tür jedoch nicht, in 300 Jahren wird sie sich noch immer in diesen Angeln drehen. Könnte mir eigentlich egal sein,
donalphons, 23:20h
Donnerstag, 21. September 2006, 23:20, von donalphons |
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toffy,
Freitag, 22. September 2006, 01:23
Die gibt's auch im große Häfele nicht mehr
und für die komischen Gasentlüftungseinsätze kenne ich keine gute Alternative - eine echte Nische für neue Produkte. Die Dinger sind eine echte Pest.
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frau stella,
Freitag, 22. September 2006, 02:32
Das Problem mit der Lüftung ist doch einfach zu lösen. Man muss einfach nur unten von der Türe ein Stück abschneiden, damit die Luft durchziehen kann.
Ein Problem ist nur, wenn man schon solche dämlichen Lüftungseinsätze in der alten Tür hat, die haben nämlich oft die ganze Türkonstruktion irreversibel zerstört.
Aber haben Sie Katzen Herr Don? Dann könnten sie eine Katzentür einbauen.
Oder sie nutzen das Loch als Durchreiche für ihr Abendbrot.
Ein Problem ist nur, wenn man schon solche dämlichen Lüftungseinsätze in der alten Tür hat, die haben nämlich oft die ganze Türkonstruktion irreversibel zerstört.
Aber haben Sie Katzen Herr Don? Dann könnten sie eine Katzentür einbauen.
Oder sie nutzen das Loch als Durchreiche für ihr Abendbrot.
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rationalstuermer,
Freitag, 22. September 2006, 02:36
Oder wenigstens was aus Eisen nehmen. Das glaub ich doch nicht, dass Sie das im Ernst so aushalten. Da muss es doch jemand geben, der einem sowas machen kann.
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el_loco,
Freitag, 22. September 2006, 11:02
Wir haben schon tonnenweise Lüftungsgitter im Haus verbaut. Jedes Jahr kommt der örtliche Kleingott in Form des Bezirksschornsteinfegers, ist völlig erstaunt, daß es noch keine Tote gab und fordert noch mehr Lüftungsgitter.
Ich würde die Lüftungsschlitze (ca. 10 cm tiefer) vollständig in den unteren Querrahmen einbauen. Dann läßt sich später ein Stück wieder einleimen, falls die Zentralheizung kommt. So wie auf dem Bild geschehen, sind sowohl beide Füllungen als auch der mittlere Steg ruiniert.
Zum Glück lassen sich diese Türen auch heute noch in der gleichen Qualität wie vor 300 Jahren bauen. Billig war auch damals schon was anderes. Ausnahmsweise ein Lob auf das konservative Handwerk der Tischler und Schreiner. Im anderen Handwerk sind viele Fertigkeiten der letzten Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. (z.B. Statikberechnungen gotischer Kirchen ohne Computer, der Bau griechischer Tempel mit optisch gerader Perspektive ohne Laser. ;-) Wirklich erfahrene Leute haben harmonische Proportionen intuitiv im Gefühl. Später kann man am Stück nachmessen und stellt fest, daß die Längen/Seitenverhältnisse ziemlich genau dem sog. Goldenen Schnitt entsprechen. Trigonometrische Berechnungen sind ungenauer bei der Übertragung auf das Stück als ein 1:1 Brettaufriss. Die Gesellen, welche Wendeltrepen ohne Computer, sondern mit Brettaufriss entworfen haben, schlossen immer die Tür hinter sich, damit niemand sich was abgucken kann.
Ich schweife ab? Ich schweife ab.
Ich würde die Lüftungsschlitze (ca. 10 cm tiefer) vollständig in den unteren Querrahmen einbauen. Dann läßt sich später ein Stück wieder einleimen, falls die Zentralheizung kommt. So wie auf dem Bild geschehen, sind sowohl beide Füllungen als auch der mittlere Steg ruiniert.
Zum Glück lassen sich diese Türen auch heute noch in der gleichen Qualität wie vor 300 Jahren bauen. Billig war auch damals schon was anderes. Ausnahmsweise ein Lob auf das konservative Handwerk der Tischler und Schreiner. Im anderen Handwerk sind viele Fertigkeiten der letzten Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. (z.B. Statikberechnungen gotischer Kirchen ohne Computer, der Bau griechischer Tempel mit optisch gerader Perspektive ohne Laser. ;-) Wirklich erfahrene Leute haben harmonische Proportionen intuitiv im Gefühl. Später kann man am Stück nachmessen und stellt fest, daß die Längen/Seitenverhältnisse ziemlich genau dem sog. Goldenen Schnitt entsprechen. Trigonometrische Berechnungen sind ungenauer bei der Übertragung auf das Stück als ein 1:1 Brettaufriss. Die Gesellen, welche Wendeltrepen ohne Computer, sondern mit Brettaufriss entworfen haben, schlossen immer die Tür hinter sich, damit niemand sich was abgucken kann.
Ich schweife ab? Ich schweife ab.
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donalphons,
Freitag, 22. September 2006, 12:06
Zum Glück kann ich gegenüber den Jungs mit dem Denkmalschutz entgegenhalten. Ein Stockwerk drunter ist eine sekundär eingebaute Tür vermutlich aus dem Nebenhaus, einer gotischen, überformten Stadtburg so um 1420. Da ist bis heute kein Gitter drin. Genau genommen ist das hier eine von 2 Türen mit Gittern.
Und Du kannst gerne abschweifen.
Und Du kannst gerne abschweifen.
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el_loco,
Freitag, 22. September 2006, 12:16
Einen leichten Zug gibt es immer in alten Häusern. Es ist der Kleingott, welcher sich vorab in die Hose macht. Immer schön mit Denkmalschutz gegenhalten, die Zwangslüftung darf auch in der Wand sein. ;-)
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donalphons,
Freitag, 22. September 2006, 12:46
Hätte ich damals was zu sagen gehabt, wäre auch das Gitter nicht reingekommen, aber damals sass ich hier noch nicht am Steuer. Das mit dem Zug ist manchmal auch ein Fluch, aber hey, wer das nicht will, kann in die Vorstadt ziehen. Wir haben jedenfalls kein Problem, die Wohnungen loszubekommen.
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el_loco,
Freitag, 22. September 2006, 12:53
Wer weiß, vielleicht wird Don Alphonso der Dritte sich im Jahr 2107 dankbar an seinen Urahn erinnern? Er sei zwar nicht wie sein Urururgroßvater mit MG erschienen, aber er hat aber dem Bezirksschornsteinfegermeister das Fürchten gelehrt und so die Türen vor weiteren Lüftungsgittern bewahrt? Denk' dran, die Türen halten auch mit Lüftungsgitter nochmal 300 Jahre, die haben mehr Zukunft als wir alle zusammen, wenn der Enkel keinen Scheiß baut. ;-)
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el_loco,
Freitag, 22. September 2006, 15:52
Nur eine Tür
Vielleicht verliert die Geschichte ihre scheinbare Trivialität, wenn man sich vor Augen führt, unter welcher Mühe die Tür entstanden ist.
Die Bohle für die Rahmenteile und die Füllung hingen wahrscheinlich schon 4-5 Jahre vorher an der Decke der Schreinerei. Daumenregel: ein Jahr pro cm Bohlenstärke. Durch simples Klopfen und viel Erfahrung konnte der Alte die Feuchtigkeit im Holz beurteilen. Der Geselle hat die Holzauswahl getroffen und die Rahmenteile angerissen. Dann hat der Lehrling mindestens 1,5 sehr harte Tage lang die Rahmenstücke mit der großen Gestellsäge "vor der Faust" gesägt. Danach hat der Geselle die Kanteln mittels Richtscheite, Schropphobel und Rauhbank ausgehobelt und anschließnd von Dicke und Format gehobelt. Das dauerte sicherlich auch noch 1-2 Tage. In der Zwischenzeit hat der Lehrling die schmalen Bohlen mit der Gestellsäge besäumt (noch 1 Tag vor der Faust sägen). Die Teile für die Füllung wurden gefügt und mit Knochenleim stürzend, vielleicht auch mit der rechten Seite nach außen verleimt.
Der Geselle hätte nun die Rahmenstücke von Format gesägt, die Nutzapfen und die Schlitze angerissen. Schlitzen und stemmen der Verbindungen, bestimmt nochmals einen Tag. Es gab' keine Fräsen, also hätte der Geselle mittels Nuthobel die Rahmenteile genutet und die Profile und Fasen im Innenbereich der Türrahmenteile gehobelt und abgesetzt. Spätestens dann wären auch die Füllungen von Dicke gehobelt und von Format gesägt worden. (1Tag).
Mit dem Profilhobel die Füllungen außen herum abplatten und die Innenteile mit dem Putzhobel "putzen".
Beim verleimen gab es damals nur Knochenleim, d.h. sämtliche Teile wurden auf dem Werkstattofen erhitzt und auch der Knochenleim musste heiß sein. Wenn beim verleimen irgendetwas nicht gepasst hätte, wäre die ganze Konstruktion nur Schrott gewesen. Dementsprechend gab es beim Verleimen keine Höflichkeit unter den Menschen. Zwei Minuten höchstens, dann war der Knochenleim kalt und hart.
Nach dem Aushärten wären die Rahmenkanten verputzt worden, sprich die Vorder- und Rückseiten der Rahmenteile bündig gehobelt worden. Zum Schluß noch den Türfalz mit dem Falzhobel und die Löcher und Aufnahmen für Türschloß und Beschläge anbringen.
Danach noch Oberflächenbearbeitung, beizen, ölen, Schellack aufbringen, was auch immer. (2-4 Tage)
Ohne die Nutzung elektrischer Maschinen war die Erstellung dieser Tür für zwei Tischler mindestens je vier Tage die reinste Knochenmühle. Bei dieser Sorte Arbeit ist man nicht sehr alt geworden. Vielleicht wirft das ein anderes Licht auf die alte "Stalltür".
Die Bohle für die Rahmenteile und die Füllung hingen wahrscheinlich schon 4-5 Jahre vorher an der Decke der Schreinerei. Daumenregel: ein Jahr pro cm Bohlenstärke. Durch simples Klopfen und viel Erfahrung konnte der Alte die Feuchtigkeit im Holz beurteilen. Der Geselle hat die Holzauswahl getroffen und die Rahmenteile angerissen. Dann hat der Lehrling mindestens 1,5 sehr harte Tage lang die Rahmenstücke mit der großen Gestellsäge "vor der Faust" gesägt. Danach hat der Geselle die Kanteln mittels Richtscheite, Schropphobel und Rauhbank ausgehobelt und anschließnd von Dicke und Format gehobelt. Das dauerte sicherlich auch noch 1-2 Tage. In der Zwischenzeit hat der Lehrling die schmalen Bohlen mit der Gestellsäge besäumt (noch 1 Tag vor der Faust sägen). Die Teile für die Füllung wurden gefügt und mit Knochenleim stürzend, vielleicht auch mit der rechten Seite nach außen verleimt.
Der Geselle hätte nun die Rahmenstücke von Format gesägt, die Nutzapfen und die Schlitze angerissen. Schlitzen und stemmen der Verbindungen, bestimmt nochmals einen Tag. Es gab' keine Fräsen, also hätte der Geselle mittels Nuthobel die Rahmenteile genutet und die Profile und Fasen im Innenbereich der Türrahmenteile gehobelt und abgesetzt. Spätestens dann wären auch die Füllungen von Dicke gehobelt und von Format gesägt worden. (1Tag).
Mit dem Profilhobel die Füllungen außen herum abplatten und die Innenteile mit dem Putzhobel "putzen".
Beim verleimen gab es damals nur Knochenleim, d.h. sämtliche Teile wurden auf dem Werkstattofen erhitzt und auch der Knochenleim musste heiß sein. Wenn beim verleimen irgendetwas nicht gepasst hätte, wäre die ganze Konstruktion nur Schrott gewesen. Dementsprechend gab es beim Verleimen keine Höflichkeit unter den Menschen. Zwei Minuten höchstens, dann war der Knochenleim kalt und hart.
Nach dem Aushärten wären die Rahmenkanten verputzt worden, sprich die Vorder- und Rückseiten der Rahmenteile bündig gehobelt worden. Zum Schluß noch den Türfalz mit dem Falzhobel und die Löcher und Aufnahmen für Türschloß und Beschläge anbringen.
Danach noch Oberflächenbearbeitung, beizen, ölen, Schellack aufbringen, was auch immer. (2-4 Tage)
Ohne die Nutzung elektrischer Maschinen war die Erstellung dieser Tür für zwei Tischler mindestens je vier Tage die reinste Knochenmühle. Bei dieser Sorte Arbeit ist man nicht sehr alt geworden. Vielleicht wirft das ein anderes Licht auf die alte "Stalltür".
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fireball,
Freitag, 22. September 2006, 01:36
"ich habe mir bis dahin mindestens 5 neue Identitäten aufgebaut"
Sie sind also doch der Graf von St.Germain. Ich habe es schon immer geahnt.
Sie sind also doch der Graf von St.Germain. Ich habe es schon immer geahnt.
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richard graf rappoldstein,
Freitag, 22. September 2006, 09:09
Es gibt Lüftungsdingenskirchen ....
..... aus Messing. Hat jedes gut sortiertes Eisenwarengeschäft. Sieht prima aus, beisst sich allerdings mit dem Schwarz etwas.
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donalphons,
Freitag, 22. September 2006, 12:03
Mal schauen... vielleicht koche ich es vorher in Salzwasser, zwengs Patina. Nichts ist schlimmer als neues Messing.
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