Handkoloriert
Kupferstiche sind ein unüberschaubares Themengebiet. Über vier Jahrhunderte sind die Abzüge der Kupferplatten die Verbreitungsmethode von bildlichen Inhalten schlechthin, sie bringen die Buchmalerei um, werden eine eigenständige Kunstgattung und erweisen sich heute als weitaus qualitätvoller als die Lithographien und Stahlstiche, die sie im vorletzten Jahrhundert ablösten, bis dann die Photographie aufkam. Davor kann man die gesamte europäische Geistesgeschichte in Stichen erzählen, wenn man sich denn auskennt.
Nun ist es auf den Flohmärkten so, dass Fachwissen den Händlern oft fremd ist, wie auch den Käufern, und dadurch Reproduktionen auf nachgeformten Büttenpapier als echte Kupferstiche angeboten werden. Es gibt Reproduktionen, die so gut sind, dass man das Papier aus dem Rahmen nehmen muss. Ironischerweise sind es die typischen Schäden, Unregelmässigkeiten und Verfärbungen, die die Beurteilung erleichtern und beim Aussortieren der gerahmten Kalenderbilder helfen. Und dann gibt es auch Sujets, die theoretisch so selten sind, dass man kein zweites mal hinschauen muss, um zu wissen, dass hier eine Fälschung vorliegt. In der Zeit handkolorierte Pflanzenstiche beispielsweise sind Rarissima, werden aber wegen des dekorativen Aussehens gern nachgemacht. Und hätte ich nicht schon zweimal alte Pflanzenholzschnitte gefunden, wäre ich an der Kiste mit den sieben Rahmen einfach vorbeigegangen. So aber betrachtete ich genau die Struktur des Papiers, seine Verwerfungen und die typschen Streifen, die durch das Schöpfen entstehen, drehte sie um
und las "Handkoloriert Leipzig 1720". Na also. Steht doch drauf. Lesen können muss man, das ist alles. Nur war es schon gegen 12 Uhr, und wenn derartige Stücke dann noch da sind, bedeutet das, dass der Preis in den Höhen ist, in denen so etwas nun mal anzusiedeln ist - pro Blatt so um die 100, 150 Euro. Aber offensichtlich können hier weder Verkäufer noch Käufer lesen, und so wechselte das gesamte Paket für 11 Euro den Besitzer. Ist es gemein, vom Analphabetismus der Landsleute zu profitieren?
Bleibt nur ein kleines Problem: Ich habe in der Küche keinen Platz mehr. Allenfalls könnte ich den ein oder anderen gegrillten Heiligen abhängen, der sich hier thematisch am Herd aber zu gut und blasphemisch einfügt. Bleibt nur der Gang mit seinen harten Wänden aus der Zeit um 1720, an denen die modernen Nägel krepieren wie die Hoffnung der Fondsverbrecher auf ein Ende der Krise.
Nun ist es auf den Flohmärkten so, dass Fachwissen den Händlern oft fremd ist, wie auch den Käufern, und dadurch Reproduktionen auf nachgeformten Büttenpapier als echte Kupferstiche angeboten werden. Es gibt Reproduktionen, die so gut sind, dass man das Papier aus dem Rahmen nehmen muss. Ironischerweise sind es die typischen Schäden, Unregelmässigkeiten und Verfärbungen, die die Beurteilung erleichtern und beim Aussortieren der gerahmten Kalenderbilder helfen. Und dann gibt es auch Sujets, die theoretisch so selten sind, dass man kein zweites mal hinschauen muss, um zu wissen, dass hier eine Fälschung vorliegt. In der Zeit handkolorierte Pflanzenstiche beispielsweise sind Rarissima, werden aber wegen des dekorativen Aussehens gern nachgemacht. Und hätte ich nicht schon zweimal alte Pflanzenholzschnitte gefunden, wäre ich an der Kiste mit den sieben Rahmen einfach vorbeigegangen. So aber betrachtete ich genau die Struktur des Papiers, seine Verwerfungen und die typschen Streifen, die durch das Schöpfen entstehen, drehte sie um
und las "Handkoloriert Leipzig 1720". Na also. Steht doch drauf. Lesen können muss man, das ist alles. Nur war es schon gegen 12 Uhr, und wenn derartige Stücke dann noch da sind, bedeutet das, dass der Preis in den Höhen ist, in denen so etwas nun mal anzusiedeln ist - pro Blatt so um die 100, 150 Euro. Aber offensichtlich können hier weder Verkäufer noch Käufer lesen, und so wechselte das gesamte Paket für 11 Euro den Besitzer. Ist es gemein, vom Analphabetismus der Landsleute zu profitieren?
Bleibt nur ein kleines Problem: Ich habe in der Küche keinen Platz mehr. Allenfalls könnte ich den ein oder anderen gegrillten Heiligen abhängen, der sich hier thematisch am Herd aber zu gut und blasphemisch einfügt. Bleibt nur der Gang mit seinen harten Wänden aus der Zeit um 1720, an denen die modernen Nägel krepieren wie die Hoffnung der Fondsverbrecher auf ein Ende der Krise.
donalphons, 00:26h
Montag, 20. August 2007, 00:26, von donalphons |
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karan,
Montag, 20. August 2007, 03:36
Mit großzügig auf der Rückseite verteilten Brutalo-Klebestreifen den Rahmen an die Wand pappen. Und hoffen, daß es hält. Tut's normalerweise jahrelang. Ich spreche aus Erfahrung, übernehme aber keine Garantie für überraschende Abstürze...
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donalphons,
Montag, 20. August 2007, 13:17
Ich werde hier vor den Wänden nicht kapitulieren. Niemals. Schliesslich soll es mindestens für die nächsten 50 Jahre halten.
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donalphons,
Montag, 20. August 2007, 13:49
Richtig! Auch wenn ich es im ersten Momet für Fruchtsalbei gehalten habe.
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che2001,
Montag, 20. August 2007, 11:15
@"Lithographien und Stahlstiche, die sie im vorletzten Jahrhundert ablösten, bis dann die Photographie aufkam."- wo sind denn da Holzschnitt, Radierung und Aquatinta einzusortieren?
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cut,
Montag, 20. August 2007, 12:52
Laurentius ist der Heilige der Köche. Dazu hat ihn die Kirche gemacht. Und der wird ja meist, in Anspielung auf sein Marthyrium, mit Rost dargestellt. Den findet man daher über einigen Herden, ganz ohne lästerliche Absicht. Und der Hl. Laurentius von Grünewald ist natürlich ganz wunderbar.
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donalphons,
Montag, 20. August 2007, 13:12
In meinem Fall hängt er da gewissermassen als optisches Gewürz. Aber für einen gehäuteten Bartholomäus wäre über der Zwiebelschale auch noch Platz.
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avantgarde,
Montag, 20. August 2007, 13:42
Ich würde dann noch
den heiligen Polykarp auf den Backofen kleben.
Schützt vor Anbrennen :-)
Schützt vor Anbrennen :-)
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donalphons,
Montag, 20. August 2007, 13:54
Schwein, Zwiebel, Heiliger: Die Methode heiligt die Mittel.
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avantgarde,
Montag, 20. August 2007, 14:02
Die taugt aber eher zum Ausräuchern von Neoconnards :-)
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christinebiene,
Montag, 20. August 2007, 16:46
Och, ich würd sie nehmen. Wenn Du so gar keinen Platz mehr hast.
:-)
:-)
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first_dr.dean,
Dienstag, 21. August 2007, 16:59
Man könnte darunter, der Kontrastwirkung halber, z.B. eine gelbe Krokotasche platzieren. Oder auch eine Autogrammpostkarte eines intensiv lächelnden Dieter Bohlen.
(okay: Sowas passt eher fürs Souterrain; dort kombiniert mit den drei rtl2-geilsten Werbesprüchen von adical - z.B. zur Kulturwerdung von Blogs)
(okay: Sowas passt eher fürs Souterrain; dort kombiniert mit den drei rtl2-geilsten Werbesprüchen von adical - z.B. zur Kulturwerdung von Blogs)
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