5 Jahre zur Perfektion
Nach dem Studium und während der Überlegung, ob ich nach all dem wirklich diesem Fach treu bleiben wollte, nach all der Kopflastigkeit und der daraus resultierenden Unfähigkeit, an etwas anderes zu denken als an Flügelgläser, Stratigraphien und der Problematik von Christlein-Stufen, trat ich eine Arbeit an, die seit Jahren, eigentlich sogar Jahrzehnten hätte erledigt werden müssen. Die etwas krude Baugeschichte des Komplexes, den ich hier der Einfachheit halber als "Statdpalast" bezeichne, hatte im beginnenden 19. Jahrhundert eine Lücke gerissen. Der Ostflügel der Anlage wurde zuerst als spätromanisches Stadthaus angelegt, vermutlich mehrfach erweitert, und war in der Zeit vor dem Einzug der Gesellschaft Jesu ein eigenständiges, grosses Patrizierhaus. Die Gesellschaft erwarb drei nebeneinander liegende Parzellen, deren westliche ebenfalls mit einem hohen Patrizierhaus bebaut war, und führten das dazwischen liegende kleinere Bürgerhaus auf die gleiche Höhe auf. In dessen Inneren wurden die Laufhorizonte der Patrizierhäuser angeglichen. So entstand der äusserlich umformte und vereinheitlichte Seminarkomplex, der im Kerrn immer noch die mittelalterliche Bausubstanz umfasste. Beim "neuen" Ostflügel stellte sich nach der Säkularisierung heraus, dass er baufällig und nicht mehr zu retten war. An die Stelle des Flügels trat nach dem Abriss ein Hof, die aus den alte Dachbalken errichteten Holzlegen und der Durchgang zum Gesindehaus - irgendwo musste die Dienerschaft ja auch wohnen.
Höfe brauchen Tore, Tore sind damals schon teuer gewesen, und zu allem Überfluss erlitt die kleine Stadt nach der Vertreibung der Gesellschaft im Jahre 1773 und durch die Verlegung der Universität einen enormen Niedergang. Häuser gab es genug, aber Geld war ein grosses Problem. So kam es, dass das neue Hoftor einen nicht wirklich guten Eindruck machte - aber für die Dienstboten und die Backstube im Hinterhaus war die genagelte, schmucklose Konstruktion gut genug.
Dann kam das Königreich Bayern, mein Clan zog hier her und kaufte den ganzen Komplex als sichere Geldanlage, vermietete Wohungen und verliess ihn nicht mehr freiwillig. Nur einmal, sehr kurz, war der Clan tatsächlich draussen, und als er wieder kam, war der Krieg aus, und eine amerikanische Fliegerbombe hatte das grosse Verwaltungsgebäude der braunen Partei zerfetzt. Dessen grosse, schwere Tore hatte die Wucht der Explosion in den Staub geschickt, aber sie waren in sich noch in Ordnung, und passten zufällig genau in die Hofeinfahrt des Stadtpalastes. In der Stadt war keiner, der meinem Grossvater widersprochen hätte, als er die Tore abholen und anstelle des alten Verschlages einbauen liess. Und da sind sie bis jetzt, eine Spolie, die gegnerische Fahne, das klassische Pfund Herzfleisch des Feindes. Leider waren sie aber bis zu jenem Sommer vor fast 10 Jahren kaum mehr gepflegt worden. Hin und wieder ein schlechter Anstrich, mehr wurde nicht getan, und so blätterte die Farbe ab, und das Holz faulte.
Da stand ich dann vor fast 10 Jahren mit der Schleifmaschine, und kämpfte mich durch die Farbschichten bis runter auf das Holz. Ich strich das Tor an einem heissen Tag, trat zurück - und fand es in seiner quadratischen, glänzenden Perfektion ziemlich, hm, faschistisch. So muss es ausgesehen haben, bevor die Bombe kam.
Es dauerte 5 Jahre, bis die Witterung mein Werk so stark angegriffen hatten, dass mir die Tore wieder gefielen. Nach dieser Zeit hatten sie eine italienische Patina, und sahen überhaupt nicht mehr nach Blut und Boden aus. Das Monumetale war verwaschen, die Maserung brach durch die glatte Oberfläche, das Holz war an einigen Stellen ausgebleicht, und der Funktion tat das alles keinen Abbruch. Aber inzwischen liegen grössere Holzpartien frei, und wenn man nicht bald was tut, nimmt das Tor bald Schaden. Also streiche ich es neu, sehe es im neu-alten Glanz erstrahlen, ich werde wieder die braunen Horden sehen, die einst dadurch zogen, die Gauleiter und den dregadn Ösi, und erneut 5 Jahre warten müssen, bis es mir wieder gefällt.
Höfe brauchen Tore, Tore sind damals schon teuer gewesen, und zu allem Überfluss erlitt die kleine Stadt nach der Vertreibung der Gesellschaft im Jahre 1773 und durch die Verlegung der Universität einen enormen Niedergang. Häuser gab es genug, aber Geld war ein grosses Problem. So kam es, dass das neue Hoftor einen nicht wirklich guten Eindruck machte - aber für die Dienstboten und die Backstube im Hinterhaus war die genagelte, schmucklose Konstruktion gut genug.
Dann kam das Königreich Bayern, mein Clan zog hier her und kaufte den ganzen Komplex als sichere Geldanlage, vermietete Wohungen und verliess ihn nicht mehr freiwillig. Nur einmal, sehr kurz, war der Clan tatsächlich draussen, und als er wieder kam, war der Krieg aus, und eine amerikanische Fliegerbombe hatte das grosse Verwaltungsgebäude der braunen Partei zerfetzt. Dessen grosse, schwere Tore hatte die Wucht der Explosion in den Staub geschickt, aber sie waren in sich noch in Ordnung, und passten zufällig genau in die Hofeinfahrt des Stadtpalastes. In der Stadt war keiner, der meinem Grossvater widersprochen hätte, als er die Tore abholen und anstelle des alten Verschlages einbauen liess. Und da sind sie bis jetzt, eine Spolie, die gegnerische Fahne, das klassische Pfund Herzfleisch des Feindes. Leider waren sie aber bis zu jenem Sommer vor fast 10 Jahren kaum mehr gepflegt worden. Hin und wieder ein schlechter Anstrich, mehr wurde nicht getan, und so blätterte die Farbe ab, und das Holz faulte.
Da stand ich dann vor fast 10 Jahren mit der Schleifmaschine, und kämpfte mich durch die Farbschichten bis runter auf das Holz. Ich strich das Tor an einem heissen Tag, trat zurück - und fand es in seiner quadratischen, glänzenden Perfektion ziemlich, hm, faschistisch. So muss es ausgesehen haben, bevor die Bombe kam.
Es dauerte 5 Jahre, bis die Witterung mein Werk so stark angegriffen hatten, dass mir die Tore wieder gefielen. Nach dieser Zeit hatten sie eine italienische Patina, und sahen überhaupt nicht mehr nach Blut und Boden aus. Das Monumetale war verwaschen, die Maserung brach durch die glatte Oberfläche, das Holz war an einigen Stellen ausgebleicht, und der Funktion tat das alles keinen Abbruch. Aber inzwischen liegen grössere Holzpartien frei, und wenn man nicht bald was tut, nimmt das Tor bald Schaden. Also streiche ich es neu, sehe es im neu-alten Glanz erstrahlen, ich werde wieder die braunen Horden sehen, die einst dadurch zogen, die Gauleiter und den dregadn Ösi, und erneut 5 Jahre warten müssen, bis es mir wieder gefällt.
donalphons, 16:59h
Donnerstag, 23. August 2007, 16:59, von donalphons |
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manuel_le,
Donnerstag, 23. August 2007, 17:39
Das ist jetzt noch vor dem neuen Anstrich, oder?
Sieht auch jetzt monumental aus ;-)
Sieht auch jetzt monumental aus ;-)
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donalphons,
Donnerstag, 23. August 2007, 19:57
Das aufziehende schlechte Wetter und eine plötzliche Telefonkonferenz konservieren den Status nochmal für eine Nacht :-(
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