Erzreaktionär

So, in Berlin über die Vorzimmerfrauen gehen und daheim Anstand und Werte fordern? In der Villa wohnen und ein abgewirtschaftetes Zwangssystem gut finden, nur weil der Boss von den Deppen in Washington bekämpft wird? Ritalin schlucken und meinen, mitreden zu können in der sponsornden Berliner Republik? Neoconzeug schreiben und trotzdem alle Jugendtrends mitmachen? Das schöne Land beschwören und sein Geld in amerikanischen Schrottdarlehen verpulvern, als wäre es so viel wert wie unser hochwertiges Gammelfleisch? Oder den Terroristen indirekt nahelegen, dass sie den Scheiss nicht lang im Internet planen sollen, sondern einfach mit der Wumme handeln?

In all den Fressen sehe ich Franz Josef Strauss. Der war auch so einer. Der erste Neoliberalala. Inkonsequent, daneben, nehmen was man kriegen kann, nichts war zu dreist, es gibt immer welche, die das honorieren. Heute so, morgen anders, der perfekte Mann für ein System, das man eh nicht ändern kann. A Hund is a scho, wie das dann anerkennend vermerkt wird von denen, die auch Köter sein wollen. Linien bitte nur, solange sie nutzen, Steuerhinterziehung ist nur schlecht, wenn sie die eigenen Förderungen und Pfründe begrenzt, und der kleine Mann würde es genauso tun, wenn er könnte. Dem einen sein Puff ist dem anderen sein 7. Stock und dem dritten die Praktikantin und dem vierten der Anlass, sich wieder zu seiner Frau zu bekennen.

Wenn dieses Geschmeiss wieauchimmerliberal ist, dann bin ich erzreaktionär.

Dienstag, 4. September 2007, 00:56, von donalphons | |comment

 
Da scheint mir generell viel Heterogenes in einen Topf geworfen zu werden, aber mal ganz konkret: Versteht sich die Ritalin-Brigade in Berlin nicht eher immer noch als links-alternative Digital-Boheme-Antwort auf den traditionellen Kapitalismus?

Und Strauß neoliberal? War Ludwig XIV dann auch ein Neoliberaler?

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Nun, Strauss hatte mit seinen DDR-Krediten eine neoliberale Flexibilität, und das Predigen von Marktwirtschaft beei gleichzeitig unrentabler Staatswirtschaft von Airbus bis Rhein-Main-Donau-Kanal etspricht dem real existierennden, heutigen Benehmen der "neoliberalen" Kreise der FDP. Ludwig XIV? Aber sicher. Nach seinen Möglichkeiten allemal. Man betrachte nur den Boom der französischen Luxusprodukte unter seiner Herrschaft, gepaart mit der gewaltsamen Erschliessung neuer Märkte.

OK, das war jetzt nicht nett.

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Also mir klingt das
vereinfacht ausgedrückt nach einem Analogieschluss in der Art: Neoliberale sind Arschlöcher, FJS war ein Arschloch, also war er auch Neoliberaler. Die Kurve zu Sascha Lobo zu kriegen, überlasse ich jedem denkenden Leser selber und werfe die Frage in die Runde, ob Mario Dolzer nicht auch ein Neoliberaler sein könnte.

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Nun, Herr Strauss hielt sich laut Selbstaussage für liberal. Faktisch, im Zusammenspiel zwischen rechten Sagern und einer INSM-haften Verteilungsorgie für seine Adepten, war er das auch. Der obige Text wünscht sich Linie. Ein Ende der Scheissironie der Abzocker. Doch. Ich sehe den Strauss. Deutlich.

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Ja gut,
das liegt aus dem bayerischen Blickwinkel betrachtet auch gar nicht so fern. Aber im Grunde passt das Etikett ebenso auf einen Schröder in Diensten eines russischen Gasgiganten und was weiß ich wen noch alles. Und damit stellt sich die Frage, ob ein Etikett wie "neoliberal" nicht schon zu abgedroschen ist, um irgendetwas auszusagen.

Man kann Abzocke und das Mitnehmen von allem was geht völlig zu Recht geißeln, aber ich finde, es wertet ein paar Berliner Ex-Punks und ihre Posse zu sehr auf, sie auf eine Stufe mit Strauß oder gar dem Sonnenkönig zu stellen. Das driftet dann doch sehr schnell ab Richtung Beliebigkeit, auch wenn ich verstehe, was Du mit der Scheißironie meinst.

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Naja, Strauß in Bayern, das ist doch einfach ein Fall von Demokratieversagen. Ein Beispiel für das, was man bekommt, wenn zu wenige checks and balances existieren, oder diese durch charismatisches Becircen und Korruption außer kraft gesetzt werden.

Meine Güte, Leute wie Strauß -- oder Ludwig XIV -- sind schlicht wunderbare Beispiele für das neoliberale Credo, daß man dem Staat, diesem Biest, kein übermäßiges Vertrauen entgegen bringen und stets ein wachsames Auge auf ihn haben sollte.

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Äh - wenn das so wäre, müsste nicht jeder Neoliberale ein klein wenig was gegen, sagen wir mal, die Epoche Bush II haben, gegen die künstlich zur Finanzierung des Irakkrieges angekurbelten Subprime Mortgages, und gegen die Vergabe von Aufträgen im Irak? Was ist mit dem amerikanischen militärischen Komplex, Boeing...

Mir ist schon klar, dass Politik ohne eine gewisse Flexibilität nicht geht, aber dieses Wischiwaschi unter dem an sich positiv besetzten Begriff "liberal", den Parasiten im Fell der Bestie Staat, die sich prima mit ihren Missständen eingerichtet haben, das Gefeixe der Politikberater, die nebenbei auch noch in Lobbies sitzen und nur expandieren können, wenn die Probleme fortdauern - Stichworte Hartz4, Gesundheitsreform - dazu ihre kleinen Nachmacher, die sich als Existenzgründer fördern lassen und ansonsten schon wissen, wo der Bartel das Ritalin herbekommt, und alle, alle wollen sie so liberal sein wie der Verbraucherminister, der sich natürlich auch für die Freiheit des Handels einsetzt - das nervt. Da wäre ich gern ein wenig erzreaktionär. So nach dem Motte, ich hab, was ich hab, ich tu, was ich tu, und wenn ich für etwas einstehe, mache ich nicht das Gegenteil. Vielleicht klappt es da auch mit der Zähmung der Bestie Staat, die in der Zeit nach Lucki dem Vierzähnigen bekanntlich jeder ist.

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Demokratieversagen ???
da haste wohl nich verstanden, daß Demokratie Mehrheitsmeinung bedeutet. Und die hatte FJS wohl dann doch.

Die mag einem nich passen wenn man sich zu den 3% der auserwählten "besseren" Alleswisser zählt.

Und als Alternative die neuzeitlichen Möchtegernbarockfürsten Fischer oder Struck, die martialisch mehr Soldaten für den Süden der "Demokratie" Afghanistan fordern - wirklich gebt diesen beiden Nichtgedienten ´ne Knarre und ein Ticket in die Hand. Zum Demokratieverteidigen nach "Kabulistan".
Aber mit der Mehrheitsmeinung klappts ja dort eher auch erst ab 2017 oder nach den Briten 2038. Das ist dann richtige Spökenkiekerei.

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Den Wunsch nach etwas mehr Wahrhaftigkeit (das klingt hoffentlich nicht zu religiös) im öffentlichen Leben kann ich ja verstehen, aber das Gegenteil davon würde ich dann eben eher Heuchelei nennen als Neoliberalismus. Und nein, beides ist nicht deckungsgleich.

Die Sache mit Bush II -- dazu vielleicht später mal ausführlich mehr, das würde jetzt ein sehr langer Kommentar werden. Nur soviel: Wenn man dem Irakkrieg zustimmte, bedeutet das nicht, daß man deshalb automatisch auch für amerikanischen Protektionismus und für versteckte Subventionen wie im Fall Boeing ist.

@Funzen:
Ich zähle mich nicht zu den 3% Alleswissern, sondern zu den Leuten, die wissen, daß Demokratie ein wenig mehr beinhaltet als die reibungslose Implementierung des Mehrheitswillens. Zum Beispiel auch den Schutz vor dem Mehrheitswillen, sofern dieser aus dem Ruder läuft, durch geeignete checks and balances und konstitutionelle Schranken.

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Huch, Statler, Du hier? Das ist ja, als wenn zwei städtische Honoratioren sich zufällig auf dem Flur des Puffs begegnen... oder zwei hochstapelnde Bettelgesellen auf dem Flur des Stadtpalastes, in dem gerade Hochzeit gefeiert wird... ;)

donalphons, wenn für Dich der Strauß neoliberal ist, dann mag ich aus Deiner Perspektive sicher nicht neoliberal sein. Oder irgendwas mit "neo" oder "liberal". Igitt.

Bei den adicals ist das nicht viel anders.

Wenn ich "neoliberal" denke, dann kommen mir doch eher Erhard, Röpke, Eucken in den Sinn. Und ich verstehe nicht, warum dann die "Neoliberalen" so bekämpft werden. Aber vielleicht ist das Wort ja doch nur Hülse, und wir sollten lieber über die Inhalte sprechen? Vielleicht überhaupt mehr miteinander, als übereinander? Nur mal so.

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Eucken, Röpke sind schon lange tot ...

... und ich sehe auch niemanden, der sie wirklich wiederbeleben will. Keinen, wohlgemerkt.

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Hätte ich früher auch nicht gedacht, dass ich mal Berliner Lumpenproletariat zum Teufel haue und den Statler stehen lasse, aber maike_s, die Grossbütteline der Berliner Ritalinconnection hat es geschafft.

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@Karsten Dürotin

Was mir an den heutigen Libarallalas so gefällt, ist ihre faszinierende (jetzt auch bei Dir) völlige Abwesenheit von zutreffenden Wissen, und zwar genau im Bereich der Wirtschaftsideologien. Dort, wo die Neoliberallalas doch immer so stolz von einem geistigen Überlegenheitsanspruch ausgehen. Genau dort:

Sind sie i.d.R., und bitte nimm das nicht persönlich, beinahe bis zur vollständigen Entblödung inkompetent. Dazu passt, sorry, das ich das hier als Aufhänger nehmen muss, diesen typischen Ausdruck einer übersteigert wirtschaftshörigen Interessenideologie, welche gerne - so schafft man sich Autorität - die falschen Vorbilder bemüht, um ihr falsches wirtschaftsidologisches Wollen (in etwa: "alle Macht den Mächtigen in der Wirtschaft") zu kaschieren, und - ich hatte es schon gesagt - bis an und über die Grenze der Verblödung hinaus.

So zum Beispiel von Dir:
Wenn ich "neoliberal" denke, dann kommen mir doch eher Erhard, Röpke, Eucken in den Sinn.
Mit Verlaub: Die Vertreter des dritten Weges und einer sozialen Marktwirtschaft wollten nie und nimmer "neoliberal" sein.

Genau Leuten wie Dir (und noch deutlich mehr Deinen angeblich "liberalen", tatsächlich aber nur wirtschaftshörigen politischen Mitkämpfern mit FDP-Parteibuch) hat Eucken in seinem Buch "Grundsätze der Wirtschaftspolitik" folgendes geschrieben:
Die Prinzipien der [ordoliberalen] Wirtschaftspolitik, die hier dargestellt wurden, werden bisweilen "liberal" oder "neoliberal" genannt. Aber dieses Bezeichnung ist oft tendenziös und nicht treffend.
Wir lernen:

"Nicht treffend". Du liegst falsch, Karsten. Okay?

Man sollte Neoliberalismus m.E. ganz schlicht als einen übersteigerten Wirtschaftsliberalismus ansehen, zumeist mit einseitiger Parteinahme für Arbeitgeberinteressen. Im Extremfall (so haben es übrigens auch Eucken, Miksch, Röpke und Rüstow gesehen) ist Neoliberalismus nur eine geistig arme, ledigliche Neuauflage von Manchesterliberalismus bzw. einem recht verblödeten ökonomischen Laizzes Faire.

Aber:

Soziale Marktwirtschaft und Neoliberalismus sind eindeutig zweierlei.

Erhard sah sich übrigens als einen "sozialistischen Liberalen". Karsten, Du darfst durchaus "Danke!" sagen, weil: Jetzt hast Du was gelernt. Und bitte, falls es Dich ebenfalls betreffen sollte: Das Think-Tank-Geschwurbel rechtsgerichteter Propagandafabriken, welche Hayek für eine "Weiterentwicklung des Ordoliberalismus" halten, das kannst Du bei der Gelengenheit auch gleich über Bord kippen.

Denn: Ordoliberale und die Anhänger der "österreichischen Schule" von Hayek/Mises waren sich spinnefeind. Es gab überall dort, wo richtige Neoliberale (also z.B. Hayekianer und Mises-Anhänger) auf Ordoliberale stießen, stets heftigen Streit. Korrektur: Heftigsten Streit. Eucken hielt Mises z.B. für einen "Extremisten". Von Rüstow sind in seinen privaten Briefen für die Neoliberalen nur derbe Beschimpfungen überliefert. Und der Sozialdemokrat Miksch verachtete die "Manchesterliberalen" mit einer Inbrunst, von der Du vermutlich nicht einmal eine Idee hast.

Okay?

@Don
S. Lobo, den du nicht ausstehen kannst, ist kein Deut neoliberal. Bei der Passig weiß ich es nicht, aber da müsste man vermutlich zunächst den von ihr allgemein empfohlenen ritanilisierten Zustand mit ihrem Normalzustand vergleichen. Vermutlich gibt es dann zwei grundverschiedene Antworten. Und Leute wie Mercedes Bunz, die sind m.E. in diesen Bereichen zu oberflächlich, und werfen einfach Begriffe wild durcheinander. Alles immer schön wild miteinander mischen, und hoffen, dass dabei Sinn entsteht.

Typisch halt für Web2.0-Epigonen.

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Wie schön man ein Wörtchen wie "oft" durch Deinen geliebten Fettdruck verschwinden lassen kann...

Mal davon abgesehen, dass ich Euckens von Dir zitierte Meinung über Mises durchaus teile.

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Zum Begriff Neoliberalismus
Auch wenn ich mir hier die Fingerkuppen schartig tippe und lagsam die Knochen durchgucken: In der wirtschafts- und entwicklungspolitischen Debatte und auch der Zeitgeschichte bedeutet der Begriff Neoliberalismus im Allgemeinen nicht die verschiedenen Varianten liberaler Philosophie nach 1945 (Ordoliberalismus, Neoklassik, Linksliberalismus, Kritischer Rationalismus), sondern eine Politik und Wirtschaftsweise, die Kostenreduktion um jeden Preis, extreme Flexibilisierung von Verträgen und Märkten, Privatisierung als grundsätzlich immer erstrebensertes Ziel, Senkung der Staatsquote, Angebotsökonomie, Konkurrenzprinzip vor Konsensprinzip zum Inhalt hat. In der Politik: Sozialabbau, Deregulierung, Verkauf von Staatsbetrieben, Monetarismus, in der Wirtschaft: Lean Production, Lean Management, Schwächung der Arbeitnehmervertetungen, Outsourcing, Entlassungen zur Verschlankung der Produktion usw.
In der Entwicklungszusammenarbeit vgl. hier:

http://tiss.zdv.uni-tuebingen.de/webroot/sp/barrios/themeA2a-dt.html

Kurz, die Wirtschaftsweise, die mittlerweile Keynesianismus und Korporatismus ersetzt hat. Teilweise wird Neoliberalismus auch schon als historische Phase angesehen, die auf den Letzteren folgt. Bezogen auf die industrielle Produktionsweise und Organisationsmodelle spricht man auch vom Postfordismus.

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Che, wie Du unten schön sehen kannst...
...handelt es sich bei Neoliberalismus schlicht um einen Begriff für alles, was "böse" ist und dem jeweiligen Diskutanten nicht gefällt. In der aktuellen wirtschaftspolitischen Debatte. Wenn Subventionen abgebaut werden, dann ist das neoliberal. Wenn Subventionen gegeben werden (und das dem Diskutanten nicht passt), dann ist das auch neoliberal. Wenn in Afrika keiner Arbeit hat, dann ist der Neoliberalismus ebenso daran schuld wie an der Tatsache, dass in China unmenschliche Arbeitsbedingungen herrschen. Darum nervt mich der Begriff...

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Nein, Karsten, der Begriff hat seine stringente Logik
Seit den 1930ern und bis in die 1980er folgte in den USA und seit 1947
im Nachkriegseuropa Wirtschaftspolitik der Maxime, ökonomische Vorgänge gestalten, lenken, organisieren zu wollen, man spricht auch vom organisierten Kapitalismus (zu dem wäre dann außerdem auch der Faschismus zu rechnen, aber das wäre eine andere Debatte, mit der ich hier kein Fass aufmachen möchte). Dazu gehören eine hohe Staatsbeteiligung an Unternehmen oder auch staatseigene Unternehmen und eine starke Einbindung von Unternehmerverbänden und Gewerkschaften in die Entscheidungsfindung ebenso wie eine staatlich moderierte Lohn- und Preispolitik und großzügige Sozialleistungen. Man bezeichnet dieses Zusammenwirken aus Staat, Unternehmen und Verbänden auch als Korporatismus. Für die korporatistische Wirtschaftsweise charakteristisch gehört auch eine spezifische Unternehmenskultur, die sich durch ein teilweise kooperatives und fürsorgerisches Verhältnis des Unternehmens zur eigenen Belegschaft (Betriebskrankenkasse, von der Firma bezahlte Kuren, starke Rolle des Betriebsrats, ev. Mitarbeiteraktien) auszeichnet. Nach dem Role Model dieser Unternehmenskultur spricht man auch von Fordismus. Dazu gehören auch Maßnahmen, die auf weitgehende Autarkie des Unternehmens abzielen, z.B. firmeneigene Fuhrparks oder Caterer.

Seit den späten 1970ern wurde die korporatistisch-keynesianische Wirtschafts- und Sozialpolitik zunehmend durch eine Spar- und Privatisierungspolitik ersetzt, die ganz offiziell als "Liberalisierung" bezeichnet wurde. Der Begriff "neoliberal" leitet sich daher, dass die ursprüngliche liberale kapitalistische Wirtschaft Dinge wie Staatsbeteiligung an Unternehmen und umfangreiche staatliche soziale Leistungen nicht kannte, und dieser Zustand nun, siehe Reagan, Thatcher, Özal, wiederhergestellt werden sollte.

In der neoliberalen Wirtschaft wandelte sich unter neuen Vorgaben auch der Charakter der Industrie-Unternehmen, weg vom Autarkiemodell, weg von der freiwilligen Gewährung weitgehender Arbeitnehmerrrechte, Verschlankung der Produktion, Outsourcing von vorher selbstverständlich von eigenen Abteilungen wahrgenommenen Dienstleistungen etc,. man spricht hier von Postfordismus.

Und beides zusammen, einschließlich aller damit zusammenhängenden Veränderungen in Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Unternehmenskultur, heißt Neoliberalismus. Dass Dich ein poltischer Grundbegriff nervt, kann dem Begriff, der ein Kategorialbegriff der politisch-sozialen Sprache ist, herzlich egal sein ;-)

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Nun gut, es ist ja nicht der Begriff, der mich nervt, sondern seine beinahe beliebige Verwendung in der tatsächlichen Diskussion. Bei Deiner Erläuterung weiß man zumindest, wogegen Du bist; vielfach wird da aber alles zusammengekippt, was dem jeweiligen Kämpfer gegen den Neoliberalismus nicht passt.

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Ähem, ich weiß zwar, wogegen ich bin, aber der von mir mit Inhalt gefüllte Begriff ist doch überhaupt keine politische Willensbekundung oder Stellungnahme, sondern nur die Beschreibung eines historischen Prozesses ?!

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Och, ich kann mich aber erinnern, dass Du an mancher Stelle auch schon darauf hingewiesen hast, dass Du nicht allzu viel vom Neoliberalismus hältst. Und wenn Du den Begriff so plastisch erläuterst, dann kann ich annehmen, dass Du diesen historischen Prozess gern gestoppt bzw. umgekehrt sehen möchtest. Oder täusche ich mich da?

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Ich könnte jetzt auch die Athener Demokratie so plastisch erläutern oder das Go West. Es ist das Wesen des Historikers/Politologen, dass er das kann. Hinsichtlich meiner politischen Ansichten hast Du ja Recht, aber das Eine hat nichts mit dem Anderen zu tun.

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Was bei den web2.0-Polittheoretikern auffällt, ist die Abwesenheit von ideologischen, makroökonomischen, soziologischen und politiktheoretischen Rüstzeug. Klingt, als wenn der SPD-Ortsverband Friedrichshain der Partei ein neues Grundsatzprogramm verpassen will - und nur die AnjasTanjas mitarbeiten, weil sie als junge Mütter Zeit dafür haben. Da hat jede bayerische Stammtischdiskussion mehr Niveau, weil diese wenigstens meist auf Erfahrungswissen basiert.

Was will man aber in einer Zeit verlangen, in der "Sozial ist was Arbeit schafft" Parteiprogrammatik ersetzt.

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... wenn ich zwischen den Erfahrungswerten junger Muetter und denen eines bayerischen Stammtisches waehlen muesste ... ich wuerde die Muetter nehmen.

Das erspart uns die Wiedereinfuehrung der Todesstrafe und die Erhoehnung der Subventionen fuer den Hopfenanbau ...

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Lieber die Subventionierung des Hopfenanbaus als die Forderung "bundesweites Free-WLAN für alle".

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Obwohl die jungen Mütter
auch mal ganz schnell mit "überwachen und (dolle) bestrafen" bei der Hand sind, wenn es um die

lieben Kleinen

geht...

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ach strappato ... dann geh' doch ... zum Schaeuble

Da kann man sehen welche Verwuestungen das Alter im Menschen anrichtet

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Wobei das ja mit dem Hopfen zutiefst neoliberal ist: Die meisten Hopfenfelder in der Holledau gehören den Bierkonzernen oder der Barth-Gruppe, die 1/3 des Welthopfenmarktes beherrschen.

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"...die Kostenreduktion um jeden Preis, extreme Flexibilisierung von Verträgen und Märkten, Privatisierung als grundsätzlich immer erstrebensertes Ziel, Senkung der Staatsquote, Angebotsökonomie, Konkurrenzprinzip vor Konsensprinzip zum Inhalt hat..."

Ach, @che, das ist genau die Phrasendreschmaschine, die die wahre Analyse der herrschenden gesellschaflichen Verhältnisse bremst. ... genau wie diese bejammernswerte "Erkenntnis", Unternehmen würden "Profitmaximierung" betreiben ... ich kenne keine Firma, die so etwas hinkriegen würde.

So eine kleine leninsche Frage "Wem nutzt es" würde weiterhelfen auf dem Pfad, warum seit 1998 ;) ein "Rechtsruck" auftritt.

... und bitte jetzt keine Antwort mit INSM: diese Ansammlung von traurigen Gestalten wäre ohne Rückendeckung des liberalen Establishments noch nicht einmal in der Lage, über die Öffnungszeiten von Parkhäusern öffentlich zu diskutieren.

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Tja, Herold, Deiner Meinung nach müsste man dann also die Phrasendreschmaschine Politikwissenschaft dichtmachen, und das hier ist dann wahrscheinlich eine Phrasengarbenbindemaschine http://www.memo.uni-bremen.de/

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... mein Beileid an alle Geisteswissenschaftler - Ihr Armen haengt ja immer so schrecklich in der Luft und muesst dann so schlimm streiten, da haben wir es besser, wir haben die Mamma Mathematik - und wer meckert bekommt zur Not eine Differentialgleichung in den Rachen gestopft ....

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Och och, ich lese dann zur Entspannung die Populationsgenetik der Blutgruppensysteme des Menschen oder die Zeitschrift Wechselwirkung, man ist ja etwas weiter aufgestellt. Und sorry, wenn jemand zum Beispiel Bells Theorem und Heisenbergs Unschärferelation als "dumme Phrasen von Leuten, die sich nicht festlegen können" bezeichnen würde oder Schrödingers Katze als Haustier, was fiele Dir denn dazu ein?

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Miau?

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Freude:
Das hier ist ein neben dem Kochen hingeschmierter Rant, der geht auch ohne Namedropping.

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... nein es muss nicht immer gleich Quantenmechanik sein, das ist ja so ein alter Soziologen Trugschluss, am Dreisatz knobeln muessen - aber ueber Schroedingers Katze diskutieren wollen - ergo sage ich solcherlei Kohlenwasserstoffverbindungen: S. Katze? - Ab ins Tierheim ....

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Für mich offenbart diese web-Berliner pseudo-Politdiskussion eine tiefe Verunsicherung. Verloren zwischen Freiheitswunsch, Präkeriat und Künstlersozialkasse.

und jetzt wird Zwetschgendatschi gebacken, unser Nachbar hat einen grossen Eimer vorbeigebracht.

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@che, wer nimmt denn, bitteschön, die "Forschung" der Bremer Patrice-Lumumba-Hochschule wirklich ernst ?
Wie war das noch gleich mit den Pisa-Ergebnissen im Stadtstaat ? ;)

Fehlt eigentlich nur noch der wdr-lancierte Rudi Hickel, der - ganz ohne Habil - zum Professor wurde, weil er bewies(!), daß die sozialistische Wirtschaft leistungsfähiger sei. :))

Hier wird ein kleines sozialistisches Flämmchen am Brennen gehalten, damit der liberale Besserverdiende trotz nackter Selbstbedienung sich immer noch als "links" bezeichnen kann. Der US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama nennt so etwas "Psycho-Dramen der Baby-boomer-Generation".

Recht hat er.

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Ad "nackter Selbstbedienung": Selbstbedienung heißt auch: bezahlen müssen. Oder gehst Du aus dem Supermarkt ohne zu bezahlen?
Wenn wir hier also schon Korinthen kacken, dann doch bitte schön richtig. Günstlingswirtschaft paßt. Diebstahl. Subventionsbetrug. Alles meines Ermessens gültige Begriffe. Aber Selbstbedienung geht mal gar nicht. Das wird dem Sachstand nicht gerecht.

(meinjanur)

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Aber man nimmt die Forschung am Zentrum für Europa.-und Nordamerikastudien und am Seminar für Politikwissenschaft der Uni Göttingen ernst, einer der Ställe, aus denen ich komme. Und der Begriff des Neoliberalismus war, als ich dort studiert und gearbeitet habe, d.h. in den 1980ern und 1990ern, jedenfalls ein allgemein verwendeter Arbeits- und Kategorialbegriff.

Und als ganz sicher nicht liberaler Besserverdienender weiß ich beim besten Willen nicht, was hier der Ausdruck "Selbstbedienung´" soll. Aber dafür kaufe ich wahrscheinlich zu oft auf dem Markt und in kleinen Läden ein ;-)

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Die (liberale ?) Mittelschicht wurde für ihre edle Gesinnung bezahlt - durch Ausweitung von Stellen im öffentlichen Dienst, großzügige Regelungen im Bereich "Berufsunfähigkeit", was LehrerInnen ein Ausscheiden mit 50 erlaubte, 35Stunden-Woche ... und vieles mehr.

Als nach dem Regierungswechsel klar wurde, daß für demographischen Wandel und andere "Wohltaten" die Rechnung gestellt wird, entdeckte man flugs den Segen der Ent-Solidarisierung:
Kürzung der Entwicklungshilfe, Elite-Universitäten, Kippen der 35-Stunde-Woche, Zusammenfassung Arbeitslosen- und Sozialhilfe, Leistung muß sich wieder lohnen, Konkurrenzfähigkeit "deutscher" Unternehmen, *Wachstum* (-sideologie), die einst verpönt, etc..

Auch schön die Diskussion über "total fertility rate" und die Einwanderung "dummer Migranten", für die man in den 80-iger noch glatt nach Landsberg gekommen wäre. ;)

Alles unter Anteilnahme sämtlicher liberaler Print-Medien: Stern, Spiegel, Zeit erkannten die "Reformbedürftigkeit" des Landes und erklärten unisono das glatte Gegenteil von dem, was sie bis Ende der 90-iger unterstützt hatten.

Und DAS ist mit Sicherheit NICHT auf das Wirken ihrgene eines Neocon-Thinktanks zurückzuführen ... und schon gar nicht auf Ordo-aficionados.

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Da haben wir denn nach kurven- und wendungsreichem Wellenritt von Luv aufkreuzend völligen Konsens :-)

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das mußte mal gesagt werden ! ;)

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@Linien bitte nur, solange sie nutzen - oder auch, Linien nur, solange man sie sich in die Nase ziehen kann ;-)

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neoliberalismus ist ein nicht-Begriff
Zur Zeit Eucken und Röpkes gabs den noch gar nicht.
Ich sehs eher als ein Kampfbegriff von weniger individualistisch orientierten Leuten gegen wirtschaftspolitische Reformmaßnahmen, deren Träger stets in Folge von sehr empirischen Erfahrungen den Glauben an den guten, schützenden und versorgenden Staat verloren haben (UK, Chile, USA, Indien, Spanien, Deutschland uvam). Die Tendenzen gibts in traditionellen Industrieländern inklusive Skandinavien und Schwellenländern. Es ist Teil unserer Realität und imho nicht das Böse als solches.
Die Verbindung mit Franz Josef Strauß und irgendwelchen vollzynischen, abgehobenen Reichs kann ich irgendwie nicht sehen.

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Kleine Zitatensammlung zum Liberalismus in Chile
Schön, dass dieses Land hier miterwähnt wurde, das passt ja so richtig, um zu illustrieren, wie liberal der dort praktizierte Neoliberalismus war:

"Die Demokratie muss von Zeit zu Zeit in Blut gebadet werden." Agusto Pinochet Ugarte

"Mit Pinochet verbindet mich eine lange und tiefe Freundschaft. Bei sonnigem Wetter ist das Leben im Zentralstadion von Santiago recht angenehm."Franz Josef Strauß

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... und die Chicago-Boys sorgten dafür, daß Chile wirtschaftlich prosperierte, wovon man auch in der Nach-Pinochet-Ära profitierte.

Schon in den 60iger Jahren schrieb ein US-Soziologe, daß es ein "ehernes Gesetz" sei, daß Juristen und Ökonomen nur wenig Skrupel hätten, mit einem "rechten" Regime zuasmmenarbeiten und Politologen/Soziologen ein großes Herz für Massen-Schlachten in sozialistischen Ländern.

... alles eine Soße.

Aber man könnte sicherlich noch etwas dazu sagen, daß für mitteleuropäische (und vor allem in den 90iger Jahren ein beneidetes role model war. :)

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Und Hjalmar Schacht sorgte dafür, dass Deutschland wirtschaftlich prosperierte, sodass man sich nicht nur auf die Enteignung von Juden beschränken musste, deren Vermögen auch in der Nach-Hitler-Ära weiter gut angelegt werden konnte. Aber man könnte sicherlich noch dazu sagen, dass das Dritte Reich in den 30er und sogar noch frühen 40er Jahren ein role model war.

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Natürlich war er ein Erzreaktionär
und alles was du über ihn sagst. Aber er hat doch nie ein Geheimnis aus seiner Haltung gemacht. Der brauchte für seine Abzocke kein pseudwissenschaftliches Gebrabbel wie die heute. Der war mit offenem Visier unterwegs.

Das ist der Unterschied zu den heutigen Arschlöchern. Das ist auch das wesentliche. Den konntest du vors Knie treten und da war noch eins. Heute ist da nur Gallerte, kein Knochen.

Was zum lachen

http://www.duckhome.de/tb/index.php?/archives/846-Donnergrollen-ueber-Berlin.html

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Zur Zeit wird die erste lateinamerikanische Verteidigungsministerin und die erste lateinamerikanische Präsidentin namens Michelle Bachelet (Mitglied der Partido Socialista de Chile) auch sehr häufig als "neoliberal" bezeichnet. Könnt einfach mal "Bachelet neoliberal" in google eingeben. Und das meine ich mit nicht-Begriff.
Die Chicago Boys sind 1982 in einem gewaltigen Crash mehrerer Unternehmenskonglomerate (inkl. Banken) erstmal gescheitert. Die Erfolge danach lassen sich aber wohl kaum wegdiskutieren. Dies hat sich auch als eine tragfähige Basis zur Aufarbeitung der unglaublichen Verbrechen der Militärregierung geführt, obwohl das nicht kleinen Gesellschaftsschichten dort ziemlich schwer fällt.
Sämtliche konstruktive Leute rechts wie links in diesem Prozess fallen dadurch auf, dass sie auf hochtönende catch-a-lot Begriffe wie "neoliberal" oder "kommunistisch" weitgehend verzichten und vielmehr versuchen, vielschichtige Realität praktisch in den Griff zu kriegen. Irgendwie gemäß dem Hannover-che Motto, dass die Realität sowieso irgendwie ganz anders ist.

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Der real existierende Neoliberalismus ist ein Misserfolgsmodell
@salt
Die Auffassung von "saltoftheearth", dass Chile während seines neoliberal-faschistischen Regimes ökonomisch sonderlich prosperiert hätte, ist schlicht kontrafaktisch.

Zwischen 1973 und 1981 (den ersten 8 Jahren von Pinochet) stieg die Arbeitslosigkeit in Chile beispielsweise auf über 30%. 1982 kam es dann zu breiten Konkurswellen in der chilenischen Wirtschaft. Und nach diesem Desaster kam es zu teuren Rettungsaktionen des faschistischen chilenischen Staates für einzelne private Firmen und Firmengruppen, jedoch verfiel 1982 bis 1983 das chilenische Bruttosozialprodukt um weitere 15%.

!

Das nennst Du "Erfolge"? In den Jahren danach normalisierte sich die chilenische Wirtschaft wieder von diesem Desaster, etwas, (aber: die chilenische Wirtschaftspolitik war fortan auch deutlich weniger neoliberal) - aber das kann man wohl schwerlich als sonderlichen "Erfolg" bezeichnen, zumal die Wachstumsraten zwischen 1983 und 1990 mit rund 5% recht deutlich niedriger lagen z.B. in der Periode der sozialdemokratischen Nachfolgeregierung, die zwischen 1990 bis 1995 beinahe 8% Wirtschaftswachstum erreichte - bei gleichzeitiger Reduzierung der Armutsquoten, welche - dank der neoliberalen Wirtschaftsdogmen der Chicago Boys - zuvor explodiert waren.

Das "Wunder von Chile" bestand insofern darin, dass es rechtsgerichtete Think Tanks geschafft haben, diese Phase ökonomischer Misserfolge des chilenischen Neoliberalismus öffentlich als "Erfolg" zu verkaufen.

So, und jetzt staunste.

Und wenn Bachelet von irgendwem für "neoliberal" gehalten wird, dann liegt hier seitens von Schwachmaten (die gibt es gewiss auch unter Linken) eine bloße Begriffsverwirrung vor, allerdings eine unbedeutende, weil es nämlich gänzlich unbedeutende Stimmen sind.

Und noch was: Völlig anders als es der in ökonomischer Kompetenz unterversorgte "saltoftheearth" meint, gab es den Begriff "neoliberal" bereits ab Mitte der dreißiger Jahre. Er setzte begriffsgeschichtlich bei den Ideen eines "neuen Liberalismus" und "Neuliberalismus" an, welche es Anfang der zwanziger Jahre vor allem in Deutschland und Frankreich gab (veröffentlich u.a. in der Weltbühne) - und bemerkenswerter Weise empfanden die "Neuliberalen" der zwanziger Jahre eine starke soziale Verpflichtung.

Von Reaktionären wie Mises und Hayek wurde dann in den dreißiger Jahren der Begriff Neuliberalismus als "neoliberal" gekapert (witzigerweise ursprünglich vorgeschlagen vom einem Linksliberalen anlässlich eines Vortrags vor dem Verein für Socialpolitik, nämlich Alexander Rüstow). In der rechts- bzw. altliberalen Mont Pelerin Society reklamierte man nämlich plötzlich für sich den schmückenen Begriff "neoliberal" - und nachdem man dort nach anfänglichen starken Konflikten die Ordoliberalen und Linksliberalen rausgeschmissen hat, wurde der Begriff "neoliberal" dann im Sinne eines reichlich idiotischen Manchesterliberalismus umgewertet.

Insofern passt das schon gut, wenn man unter Neoliberalismus die Wirtschaftsdogmen von Reaktionären versteht.

Heute: Wird unter "neoliberal" ganz zurecht keine soziale Gesinnung oder ein sozialer sowie gegen Mächtige gerichteter Liberalismus verstanden, wie es sich der Schöpfer des Begriffes, Alexander Rüstow, vorstellte, sondern - dank des Wirkens "liberaler" Extremisten wie Mises (der z.B. den italienischen Faschismus bejubelte, für die "Rettung" der europäischen Kultur) eben ein übersteigerter Wirtschaftsliberalismus.

Nicht mehr und nicht weniger.

Es gibt tatsächlich einen "Extremismus der Mitte". Marktradikale, genauer gesagt arbeitgeberorientierte "Liberale". Und die damit verbundenen einseitigen Ideen werden dann von angeblichen Liberalen gerne mit Sachzwangsgefasel legitimiert.

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Aus dem Chile-Mythos

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Starker Artikel. Es bleibt zu hoffen, dass die Friedmans dieser Welt möglichst bald auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden.

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Leider ist die neoliberale Mythenbildung meist stärker.
Und in den USA plappern sie immer noch den Schwachsinn nach, dass Al Gore behauptet habe, er hätte das Internet erfunden.

Da kannst du 100x die Originalzitate bringen. Aussichtslos.

Chile muss einfach die Success Story sein. Dass neoliberale Politik Argentinien ungemein heftig gegen die Wand gefahren hat, wen interessiert das schon.

Und wen interessiert schon, dass der gute Pinochet, nachdem die Chicago Boys mit dem Plündern fertig waren, allerfeinsten Keynes praktizierte.

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"neoliberale Mythenbildung"
siehe unten. Frei nach dem Motto, dass auch die dreisteste und größte Lüge geglaubt wird, wenn man sie nur oft genug wiederholt. ;-)

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Was hier ziemlich leichtfertig vergessen wird, ist daß Allende eine Inflationsrate im vierstelligen Bereich hinterlassen hat. Also, mehr als eintausend Prozent Preissteigerungsrate per annum.

Und jetzt zeigt mir ein Land auf der Welt, das eine derartige Hyperinflation erfolgreich bekämpft hat, ohne übergangsweise in eine Rezession zu fallen. Es gibt keines. Solche Inflationsraten wird man nicht ohne ökonomische Kollateralschäden los.

Was auch ziemlich leichtfertig vergessen wird, ist daß der Allende-Mix aus hoher Beschäftigung und relativ hohen Löhnen bei gleichzeitig geringer Produktivität nicht nachhaltig aufrecht erhaltbar war. Das war kein Gleichgewicht, sondern ein mit der Notenpresse (und entsprechender Inflation) sowie Mengenrationierung erkaufter Schwebezustand. Sowas bricht aber von selbst zusammen, auch wenn es manchmal etwas dauert. Von Ostberlin bis Bukarest weiß man das immer noch sehr genau.

Wer eine kurze, ausgewogene Bilanz des "Chilenischen Wunders" lesen will, kann das dort tun:

http://www.marginalrevolution.com/ marginalrevolution/2006/12/how_good_was_pi.html

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Wer von einer 1000%igen Inflation als "Hinterlassenschaft Allendes" spricht, darf aber auch von der systematisch betriebenen Destabilisierungspolitik nicht schweigen, die von Nixon, Kissinger und ihren europäischen Vasallen betrieben wurde und kräftig mithalf, die Regierung Allende politisch und das Land Chile wirtschaftlich in den Ruin zu treiben. Nichtsdestotrotz ist klar: Allendes Planwirtschaft war auch fürn A*.

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Was Statler unterschlägt
Allende hatte die horrende Inflation und schwierige wirtschaftliche Lage von seinem Vorgänger geerbt und sich tatkräftig bemüht, die Inflation zu bekämpfen. Ansonsten siehe oben.

Nein, Allende ist nicht mein Held. Aber die Chicago Boys zu den Rettern Chiles hochzupushen ist einfach Mythenbildung.

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Das stimmt. Es war eine paranoide Zeit, in der Kissinger & Co. überall ergebene Vasallen Moskaus vermuteten, die es zu beseitigen galt. Kissingers skrupellose Realpolitik ist nichts, was bei mir besondere Begeisterungsstürme auslösen würde.

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Auch zu erwähnen wäre folgendes:

Chiles "Wachstum" Ende der 70er war größtenteils ein künstliches oder fiktives. Es fand weitgehend im unproduktiven Finanzsektor statt, weil Chile 1977 mit 51% die höchsten Zinssätze der Welt hatte. Das zog natürlich Investoren aus aller Welt an. Aber gesund war das natürlich nicht.

Allende wiederum hatte damit zu kämpfen, dass genau in seiner Regierungszeit die Kupferpreise enorm sanken, von denen Chiles Wirtschaft stark abhing. Legt man die Kurven der Kupferpreise und Chiles Wachstum unter Pinochet übereinander, verlaufen diese fast parallel.

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Lieber neoliberal als Altkommunist!

Ich für meinen Teil würde mich übrigens als libertär bezeichnen...
(einfach um mal wieder einen neuen Begriff in die Diskussion ein zu führen ;-))

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Ich bevorzuge den alten Begriff: Linksliberal.

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Nun es gab ja sogar in der FDP durchaus echte "Liberalität", um mal Gerhart Baum oder Sabinchen zu nennen.

Den Rest kannst du aber getrost Fallschirm springen lassen

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Greg Palast ? Warum nicht Karlheinz Böhm oder Jean Ziegler, die einst vortreffliche gesellschaftliche Analysen über Äthiopien geliefert haben ?

Es ist schon tragisch, wenn die linke Avantgarde ihre intellektuellen Höhenflüge von Journalisten bestreiten läßt. :))

1. Anfang der 70iger bis Anfang der 80iger gab es weltweit StagFlations-Effekte (Volkswirte können das genauer beschreiben). Die Wachstumsraten in Chile hoben erst ab Anfang der 80iger ab und verschafften dem Land das höchste Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika.

2. Der GESAMTE Landwirtschaftssektor hat in Chile angeblich nur einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 10%. Wie dort die westlich-mythisierten Allende´schen Agrarreformen, die ja nur einen Teil der Produktion beeinflußt haben können, die Lokomotive der Wirtschaft Chiles gewesen sein sollen, ist mir schleierhaft.

3. Es gibt in sozialistischen Ländern "keine" Arbeitslosigkeit - bloß verdeckte. Das Diskutieren von AL-Quoten ist folglich wenig aussagekräftig.

4. Zu den jetzigen Wirtschaftserfolgen mag auch die Binnennachfrage in der Nach-Pinochet-Ära beitragen. Ohne die vorangegangenen Wirtschaftsreformen wäre die aber genauso verpufft, wie in weiten Teilen (West-)Europas.

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Die Wachstumsraten in Chile haben in allererste Linie etwas mit den stark gestiegenen Kupferpreisen zu tun, nicht mit der vorangegangen Verschleuderung von Banken und staatlichen Unternehmen. Und die Kupferindustrie hat Pinochet sehr wohl unter staatlicher Obhut belassen.

Das ist schon fast so, als würde man die Chicago Boys im Irak werkeln lassen, aber die Ölindustrie bliebe staatlich.

Tatsache ist, dass die Chicago Boys das Land fast ruiniert haben nund Millionen Chilenen ihre Altersversorgung verloren.

Allende selbst braucht man nicht zu überschätzen, aber er hat natürlich die verkrustete und unproduktive Latifundienstruktur aufgebrochen.

Nächste Mythenbildung in Deutschland: Hartz 4 brachte den Aufschwung.

Ach ja: Chilenischer "Aufschwung" der 80er hört sich natürlich besser an, wenn man unterschlägt, dass er aus einer tiefen Depression heraus startete, für welche die Boys verantwortlich waren.

Wie hoch war im Schnitt das Wachstum in Chile zwischen 1970 und 1989: 1,8-2,0 Prozent im Jahr.

Miracle my ass

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"...Allende selbst braucht man nicht zu überschätzen, aber er hat natürlich die verkrustete und unproduktive Latifundienstruktur aufgebrochen. ...
Wie hoch war im Schnitt das Wachstum in Chile zwischen 1970 und 1989: 1,8-2,0 Prozent im Jahr. ...


Das "Aufbrechen" mag soziale und politische Gründe gehabt haben. Das Überführen in die sozialistischen Genossenschaften bedeutete idR eine (noch) unproduktivere Gestalt.
Aber das spielt keine Rolle, da die Bedeutung der Landwirtschaft (10% BIP) nicht sonderlich groß war.

Wachstumsraten in Chile: 1977 - 80 durchschnittl. 8,5% pa.; 1981/83 Rezession inkl. Verfall der Kupferpreise ; ) , Wachstumsraten 1984-89 durchschnittlich 6,2% - wobei die Kupferpreise erst 1987/88 auf altem Stand waren.

Aber es ist ja auch nicht wichtig,ob es stimmt, was Du sagst - wichtig ist, daß Du es glaubst. ;)

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Ach Gott Wachstumsraten

Dann Vergleiche mal die in den USA unter Hoover und Roosevelt.

1930 -9.4% Hoover
1931 - 8.5 Hoover
1932 -13.4 Hoover
1933 - 2.1 Hoover/Roosevelt
1934 + 7.7 Roosevelt
1935 + 8.1 Roosevelt
1936 +14.1 Roosevelt
1937 + 5.0 Roosevelt
1938 - 4.5 Roosevelt
1939 + 7.9 Roosevelt

Und jetzt?

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Hat Roosevelt landwirtschaftliche Genossenschaften gegründet ?

Ach, nein, er hat ja die Rüstungsproduktion angekurbelt. ;)

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Hat Hitler Staudämme gebaut? Hat Hitler Autobahnen gebaut? Ar*s*hl*ch. Sorry.

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Mein Argument war eigentlich nur, dass aufregende Wachstumszahlen sich sehr relativieren, wenn man mehrere Jahre zuvor heftige Miese gemacht hat.

Und selbst dann haben in Pinochets Chile nur wenige vom "Aufschwung" profitiert... der große Rest musste ihn bezahlen.

Die Gewinne privatisieren, die Verluste sozialisieren... kennen wir doch, das Konzept.

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@avantgarde: that's the way the cookie crumbles. nur: irgendwie scheinen das die freunde von friedman oder dem herrn professor unsinn nicht kapieren zu wollen. oder zu können, weil indoktriniert bis anschlag und nicht zu eigenen gedanken fähig.

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Hauptsache, man nennt es ein Wirtschaftswunder, wenn das BIP steigt, aber die Durchschnittslöhne sinken.

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@avantgarde: das ist ja noch ein ganz anderes, aber höchst interessantes thema! wenn die herren über gdp's und so weiter labern und feststellen, "das prokopfeinkommen" sei gestiegen und damit habe die armut in land x abgenommen.... *bruuhaaarrr* mit solchen dreckszahlen arbeitet dann alles von WELT bis hin zu den losern maxeiner, miersch und konsorten von achgut.com. einfach lächerlich!

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Ja, das ist immer wieder nett... das gleiche Spiel mit dem Gesamtvermögen der Haushalte, das man dann einfach durch die Zahl der Haushalte teilt und schwupp hat jeder Haushalt über 200000 Euro Guthaben auf der Bank.

Der echte Wohlstand eines Landes bemisst sich aber nicht nach Durchschnittswerten:

Welchem Land geht es wohl besser und in welchem möchte ich leben:

a) in einem Land, in dem 90% des BIP 10% der Einwohner gehören oder

b) in einem Land, in dem 90% des BIP 90% der Einwohner gehören.

Ich bin ja für b), selbst wenn das BIP insgesamt dort niedriger wäre. Übrigens sogar dann, wenn ich zu den Reichen zählen würde.

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Mir würde es schon genügen, wenn die Lügerei aufhören und die tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnisse offen gelegt würden.

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Erwischt! Ihr müsst Commies sein!

Denn ihr neidet den Leistungsträgern unseres Landes den Wohlstand. Wenn 90% des Wohlstands eines Landes 80% oder sogar 90% seiner Einwohner zu Gute käme, dann würden begüterte Sozialschmarotzer Leistungsträger umgehend auswandern - allen voran die Rechtsanwälte, Zahnärzte und Immobilienbesitzer!

Wollt ihr das? Ja, und dann geht es furchtbar abwärts mit uns allen!

//* Ironiemodus: off *//

Der für seinen Status als moralische Instanz, ähm, anerkannte Bundesschäuble hat mal vor 10 Jahren im Spiegel ernsthaft verbreitet, dass es besser wäre, wenn die "Leistungsträger" (also die Wohlstandselite) völlig steuerfrei seien, während man das Steueraufkommen dann nur aus Einkünften von Gering- und Normalverdienern bestreitet.

Neoliberalismus und Repression hatten schon immer eine gegenseitige Vorliebe füreinander. Erzreaktionär halt.

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Äh, Dean, nimmst Du den rechtsdralligen Rollifahrer aus Gengenbach nach seiner Initiative "Robert Steinhäuser" noch Rnst?

Isch net.

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Ja.
Hey, diese üble Witzfigur dieser überaus hochzuachtende Politiker ist bei uns sogar Minister!

Sein Ministerium formuliert Gesetze - und sorgt für die Akzentsetzungen in der Innenpolitik. Daher haben z.B. weder Schäuble noch sein Ministerium auch nur einen Ton zum ausländerfeindlichen Lynchmob in Mügeln verloren - aber zum Ausgleich hat man Zeit gehabt, eine Initiative zur, äh, Neoliberalisierung des Waffengesetzes zu starten.

Es stört ihn nicht, so wie er sich nicht äußerte, wenn junge Kameraden Bürger mit Sprüchen wie "Bambule - Randale - Rechtsradikale" (Quelle) sich einem ausländerfeindlichen Lynchmob anschließen, aber den Zugang zu Waffen möchte er ganz gerne erleichtern.

So sehen Akzente aus. Ich denke doch, leider, dass man auf diesen Mann und sein Ministerium achten muss.

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Welchem Land geht es wohl besser und in welchem möchte ich leben:
a) in einem Land, in dem 90% des BIP 10% der Einwohner gehören oder
b) in einem Land, in dem 90% des BIP 90% der Einwohner gehören.


Genau... und da hat die Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden sogar einen anti-faschistischen Schutzwall bauen müssen, um die Zuwanderung von Avantgarde zu stoppen.

Dürft Ihr eigentlich noch solange aufbleiben ?
Und wissen Eure Erziehungsberechtigten, was ihr alles so in´ s Internet schreibt ?

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In manche Richtung sitzt das Sch®äuble besonders locker, in anderen besonders fest. Gestern ist die Mutter mal kurz davon geflogen :-)))

@derherold:
http://ab-ins-bett.de

du spielverderber. warst bestimmt früher der typ mit der hornbrille, mit dem keiner spielen wollte und der keine freundin abgekriegt hat. heute trägst du rosa polohemden mit aufgestelltem kragen, fährst einen porsche cadaver und hast noch immer keinen sex.

glückwunsch.

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@heroischen Neoliberalen:
Hach, ich wusste es. Wer sich für mehr Chancengleichheit und Gerechtigkeit einsetzt, ist wahlweise a) ein "Gutmensch" (= naiver, gemeingefährlicher Trottel) oder b) ein Anhänger der DDR.

Dazwischen passt nicht einmal ein Hauch Seidenpapier...

*LOL*

@Jolly
Ich schätze, nach seiner Steinhäuser-Gedenkinitiative wurde dem Mann von Merkel sein Interviewverbot erneut verhängt. Es geschehen also auch erfreuliche Dinge in diesen Zeiten. Im Übrigen stört es mich nicht, ob und wie "DerHerold" Sex hat. Es geht mich nichts an. Trotzdem muss ich seine vorsinnflutlichen politischen Ansichten nicht mögen.

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Dean, letzlich ging's mir nicht um den Tüpen, sondern nur um seine Art. Die mir aber auch herzlich da vorbei geht, wo die Sonne nicht hinscheint. :-)

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@Jolly & Co.: merkt Ihr es nicht oder wollt Ihr es nicht merken: Euch nimmt keiner so richtig ernst.

Was Ihr da so sagt, haben Mami und Papi schon vor vierzig Jahren formuliert - nur radikaler. Und Mami und Papi haben heute nur noch ein Ziel: daß die Frühpensionierung nicht unmöglich wird und ihre Rente sicher ist. ... und für diese Ziele dürfte das *Großkapital* mir ihrer Einwilligung den sonstigen Sozialstaat bis auf den Grund abschleifen... ;)

... Ihr dürft gerne im Sandkasten weiterspielen und ein bißchen ´was über Schäuble, CIA und Skinheads im Osten erzählen. Mit irgendetwas müssen sich ja die Kleinen beschäftigen, sobald sie aus dem Alter für Ninja Turtles entwachsen sind.

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Lustig und einigermaßen bezeichnend, dass dem Herold bei meiner Vorstellung von einem land mit fairer Einkommensverteilung und starkem Mittelstand ausgerechnet die DDR einfällt.

Ich hätte da eher an das Kalifornien der 60er gedacht, aber nun gut.

"Leistungsträger" wird in neoconnardischen Kreisen ja nicht so definiert, dass jemand etwas "schafft", sondern dass er für eine kleine Elite Geld produziert, und auch schon mal über Leichen, und wenn's ganz schief geht, dann mit zweistelligem Millionenbetrag Abstandszahlung.

Na hoffentlich begegnet der nicht mal einem wirklichen Leistungsträger... zum Beispiel dem hoffnungslos überarbeiteten Assistenzarzt in der Notaufnahme.

Dann wär das nämlich dumm gelaufen. Freut dann die Erben, die dann ganz bestimmt nichts mehr "leisten" müssen.

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Es gibt keine *faire* Einkommensverteilung und in der DDR gab es eine krasse Altersarmut, sodaß ca. 70% aller Rentner auch nach DDR-Maßstäben *arm* waren und wer erklärt, es habe in der DDR einen "starken Mittelstand" gegeben, weiß offenbar nicht, wovon er redet.

Ärzte haben das Privileg, ein teures Studium zu erhalten, einen sehr guten Ruf zu haben und gleichzeitig ohne wirkliches (Selbständigen-)Risiko ein hohes Einkommen zu erzielen. Wenn man bedenkt, daß Ärzte jahrelang die Hauptabnehmer für diverse "Steuersparmodelle" waren, weil sie unbedingt brutto für netto kassieren wollten, ist es durchaus *fair*, sie ein paar Jahre als Assistenzärzte zu "knechten und auzubeuten - warum auch nicht.

P.S. Ich weiß ja nicht, was Ihr so raucht, aber Ärzte als unterprivilegierte und schützenswerte Randgruppe darzustellen, nach dem diese seit den 60-igern eine gerade phantastische Wohlstandmehrung erfahren haben, ist wohl nicht mehr ansatzweise diskussionswürdig. Diskutiert mal schön weiter. ;)

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@derherold: woher nimmst Du Dein Herrschaftwissen oder sprichst Du im Pluralis Maiestatis(schnell googlen!)? Das, denke ich steht hier nur einem zu. Daher: Du mich auch. :-)

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Man kann ja sich auch "schlau machen", bevor man etwas schreibt - okay, das ist jetzt für @jolly völlig neu und will ihm da seine Kreativität nicht neiden.

Sollten derartige Daten auch im Internet verfügbar sein und per *googeln* schnell abrufbar, wäre es schön.

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Ja Herold, aber Du solltest dann schon lesen, was die anderen schreiben, und nicht Deinen eigenen Quatsch wiederholen. Kein Mensch außer Dir hat nämlich die DDR erwähnt.

Übrigens erwähnte ich den Arzt lediglich als jemanden, der tatsächlich Leistungsträger ist, im Gegensatz zu den meisten Typen, die sich "Finanzdienstleister" nennen.

Unter fair verstehe ich angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, auch für die Verkäuferin, die Krankenschwester oder den Taxifahrer. Alles Menschen, die etwas "leisten".

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Etwas "leisten" im Sinne von produktiver Arbeit ist ja ein schönes Stichwort im Zusammenhang mit Immobilienmaklern. ;-) aber das nur am Rande...

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Mir wird wieder mal klar, warum es in Deutschland so wenig politische Blogs gibt. Festgefahrene Sichtweisen und ein ausgeprägtes Eigeninteresse bestimmen die Diskussion.

Angemessene Teilhabe für alle, die etwas leisten - dann wären wir wieder bei berühmten dem H4ler, der gerne was leisten würde oder die urbanen Penner, die Berlin das moderne, abgefahrene Image geben. Die Bewertung von Leistung ist recht subjektiv. Einen Stadtpalast zu erhalten fällt je nach Sichtweise unter Arbeitstherapie oder Verdienst um nationales Kulturgut.

Bei solchen Bewertungen von Verteilungsgerechtigkeit würden die Verteilungskämpfe zu Massakern führen. Dagegen hat die Marktwirtschaft mit dem Fokus auf monitär relevante Leistungen ein vergleichsweise transparentes Kriterium geschaffen.

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Nur ist das "vergleichsweise transparente Kriterium" selbst nicht etwa Ausdruck irgendeiner Form von Leistungsgerechtigkeit, sondern vor allem Ausdruck von zwei Faktoren:

a) Knappheit und b) sozialer Macht.

Auch Glück kommt hinzu.

Erworbene Einkommen und Vermögensgüter sind also nicht reinweg Ausdruck individueller Leistungsbereitschaft und realisierter Leistungen. Einkommen und Privilegien sind oft, sehr oft sogar, Ausdruck errungener Machtpositionen - und dies gilt besonders für den Fall von Spitzeneinkünften.

Das ist ja auch ein Problem des real existierenden Neoliberalismus, dass er seine ideologischen Wunschträume (Einkommen als Ausdruck erbrachter Leistungen) mit der sozialen Realität verwechselt. Die neoliberale Ideologie verleugnet zudem die besondere Verpflichtung und Verantwortung der Privilegierten.

Ein Gedankenexperiment

Nehmen wir doch einfach mal ganz profan den realen Arbeitsmarkt unseres Landes und stellen uns dort zwei annähernd gleich leistungsfähige und leistungsbereite Arbeitnehmerinnen vor, z.B. als kaufmännische Angestellte.

So. Und mag die eine davon (vielleicht leicht begünstigt durch gute familiäre Voraussetzungen) einen "glatten" Lebenslauf haben, während die andere, im Wesentlichen bedingt durch Zufallsfaktoren, einen krummen, ja, geradezu kaputten Lebenslauf vorweist.

Was geschieht real? Wird die berufliche Entwicklung der beiden oben dargestellten Arbeitnehmer gemäß ihrer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit verlaufen?

Wohl kaum.

Wenn aber in realen sozialen Verhältnissen nicht "Leistungsgerechtigkeit" hinsichtlich Entlohnung und Berufschancen in einem Berufsbild gegeben ist, um wieviel komplizierter stellt sich dann die Lage beim Vergleich unterschiedlicher Berufsbilder dar?

Ist Marktwirtschaft gerechtigkeitseffizient?

Wer immer glaubt, Marktwirtschaft erzeuge von selbst Gerechtigkeit, der hängt einer ziemlich dummen Idee an. Der Grund, das marktwirtschaftliche Prinzip zur ökonomischen Koordination zu bevorzugen, liegt nicht in seiner Gerechtigkeitseffizienz, sondern darin begründet, dass es i.d.R. eine gute ökonomische Effizienz entfaltet, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen sind so gesetzt, dass sich ein fairer Leistungswettbewerb entfalten kann.

Ich mag Strappato recht geben hinsichtlich seiner Skepsis gegenüber der allgemeinen Befähigung von Menschen, die Leistungen anderer Menschen fair zu bewerten.

Aber, und das wird oft vergessen, das marktwirtschaftliche Prinzip entledigt uns dieser Aufgabe nicht, die Fragen nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit stellen sich trotzdem.

Geht man davon aus, dass die Menschen gleich geboren werden, und ein in etwa gleiches Anrecht auf Glück und Verwirklichung ihrer Anlagen haben,- so verbleibt auch bei schönster Marktwirtschaft - immer die gesellschaftliche Aufgabe, Chancengerechtigkeit zu fördern und allzu große Einkommens- und Vermögensunterschiede einzudämmen.

Denn anderenfalls steht eine undemokratische und unsoziale Kastengesellschaft am Ende der Entwicklung - das Paradies für Reaktionäre indes.

Funktionsdefizite marktwirtschaftlicher Koordination

Zusätzlich gebe ich zu bedenken, dass die lenkende Signalfunktion von Preisen, mithin der Nukleus des Marktprinzips, bei zunehmender gesellschaftlicher Ungleichheit leidet (!), einfach, weil z.B. bereits in einer Zweidrittelgesellschaft die Marktpreise keine realen Knappheiten abbilden.

Als Kenner der medizinischen Szene könnte mir Strappato ggf. Recht geben: Es fließt mitunter sehr viel Geld in die Entwicklung und Vermarktung unsinnigster Präparate und Behandlungsverfahren, eben weil dort ein kaufkräftiges Publikum vermutet wird, aber die recht einfach zu befriedigenden medizinischen Bedürfnisse von Armen (z.B. in der Tuberkulosemedizin) werden systematisch unterrepräsentiert, teils auf brutalste Weise. Es gibt sogar - keineswegs nützlich - im Medizinmarkt massive Formen von Schädigungswettbewerb, Ineffizienz, Behinderung von Marktzutritt, Patientenverarschung, bedeutende Qualitätsprobleme und Bestechung.

Keines dieser Probleme löst "der" Markt von allein. Wie gesagt: Es gibt in Marktwirtschaften zahlreiche Gestaltungsprobleme, mitunter sogar ein beachtliches Funktionsproblem mit den eigentlich leistungsfähigen Lenk- und Koordinationsmechanismen einer vergleichsweise vernünftigen Marktwirtschaft.

Und diese Probleme werden mit zunehmender Ungleichheit nicht geringer.

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