Strukturen aufbrechen

Das wollte jemand aus der Nachbarschaft meiner Eltern. Das Paar zog aus dem Norden hierher, gleich in die beste Gegend der Stadt, mit dem Vorsatz, es diesen zurückgebliebenen Bayern mal ordentlich zu zeigen. Wie das mit Kultur und Keramikbrennofen heute geht. Was wissen die Bayern schon von der Schönheit ursprünglicher Handwerkerkunst, meinten sie und überschwemmten die Gegend mit Handgeformtem. Das sich neben der üppigen Ansammlung altbayerischer, handbemalter Gebrauchskeramik immer etwas, nun, sagen wir mal, unförmig ausnahm.

Strukturen aufbrechen. Am besten da, wo es einem selbst nicht weh tut und man keine echten Konflikte riskiert. Sich an Äusserlichkeiten festmachen, denen da unten mal ziegen, wie das mit dem modernen, nachhaltigen Lebensstil so geht. Mal richtig Bio, denn das steht hier nirgends, keine Siegel, nichts, da muss man denen mit ihren Stofftüten mal zeigen, wie man das im Einkauf macht. Sie einen grossen Korb, und er eine Tasche, die ihre Botschaft in den nebelverhangenen Morgen über dem Markt hinausschreit:



Und dann immer genau nachfragen. Schon bio, oder? Und welches bio? Hm. Ah ja. Derweilen wächst dahinter die Schlange derer an, die sich die Augen durch das Orange rausbrennen lassen müssen. Und der da, ist der auch bio? Solche Quälgeister mit Logo und Botschaft, die Strukturen aufbrechen wollen, haben heute einen Namen, Lohas, und werden sicher bals als Lotralalas verspottet. Die besserverdienende schwarzgrüne Koalition, Globalisierungs- und Umverteilungsgewinner, die ihr Privatleben entsprechend hübsch branden. Hitler hat in seinen Luxusresidenzen auch ab und zu angeordnet, dass man aus Solidarität mit den Frontsoldaten den ein oder anderen Abend nur deren Ration bekommt.

Dass bei anderen Einkäufen alle Daten mit Kundenkarten erfasst werden, dass sie natürlich die Prozente der Datenschnüffelei einstreichen wollen - keine Überraschung. So ist das mit denen: Vorratsdatenspeicherung ist denen egal, aber der Einbau eines Filters in den Kachelofen für 1200 Euro ist ein Skandal. Das neue grüne Bewusstsein im Lifestyle pfeift5 auf Konsequenz, scheiss den Flug und seine Abgase an, wenn es im Beautyressort auf Menorca von Jungfrauen im Mondlicht gesammelte, biologisch angebaute Aloe Vera gibt. Für den Ausgleich meldet man sich bei irgendeinem der CO2-Ablasshändler an, und guckt dann in der Lifestyle-Community, was es an neuer Biokosmetik gibt. Die Dove-Werbung findet man super, um den Konzern Unilever dahinter kümmert man sich nicht.


Grossbild, extra für Franz Brandtwein diesmal mit Kalbfleisch!

Das macht man nur auf dem Markt, um das Bewusstsein zu zeigen. Kein Biomarketing hier, also auch kein Bio. Stimmt. Hier gibt es kein Bio. Warum soll jemand über Biosiegel reden, wenn er sowieso nie spritzt und die Sachen selbst anbaut? Warum sollte man hier Bapperl aufkleben, wenn man sich schon seit Jahrzehnten kennt und weiss, wo die Hühner rumlaufen? Hier gibt es keine Biostrukturen, die man aufbrechen muss. Schau, probier, kauf und geniesse - aber halt Dein deppertes Breissnmei. Bittsche. Sakra.

Manche halten Loahs für einen Markt. Ich denke, sie sind einfach nur die Pest, und dass sich Burda und Werbefratzen aus München um sie prügeln, zeigt den Weg aller irdischen Marken, Brandings und Claims, den diese Leute gehen.

Dienstag, 27. November 2007, 12:07, von donalphons | |comment

 
Sieht ja wieder mal sehr gut aus. Was ist denn diesmal drin?

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Von oben nach unten

Kräuterkruste mit ehr altem schweizer Emmentaler
Zierschicht aus Kartoffeln, sardisnischen Tomaten und Broccoli
Muskatkürbis
Schmand und geriebener Scamorza
Tomaten
Kartoffel
Emmentaler
Tomaten
Palmkohl
Kartoffel

Sowie Sahne, Muskat etc.

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Das stimmt. Bei so einem schönen Markt braucht man keine bewußtseinsberuhigenden Siegel. Die sind nur dort nötig, wo die Strukturen des Vertrauens nicht mehr vorhanden sind.

Strukturen aufbrechen klingt wirklich gruselig.

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Was bitte ist Palmkohl? Das war doch die attraktivere Alternative zu Grünkohl, oder nicht?

Und was verwendet man stattdessen, wenn man alles was nur entfernt nach Grünkohl aussieht und auch noch so riecht, auf den Tod nicht ausstehen kann?

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Und im übrigen: so wie beschrieben lebt der erfolgreich social climbende Sozialist heute. Das ist die demokratisch legitimierte Norm, ein Abweichen davon ist jedenfalls antidemokratisch und nach den Normen der herrschenden Meinung wohl auch faschistisch.

Sollte das dem renitenten Antidemokraten partout nicht passen und hadert er deswegen dauerhaft mit dem Schicksal so kann es nur zwei Ratschläge zur nachhaltigen Korrektur des Zustandes geben:

1) Sich ausschaffen (wegziehen), z.B. in die Schweiz um die Gegend bei Chur, wo die Welt noch in Ordnung ist.

2) Selbstmord. Gibt zusätzlich C02-Bonuspunkte.

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Alles richtig,
aber ich denke - es gibt auch bayerische Lo*as. Nicht umsonst hockt Ut*pia in München ;-)


Das blöde mit den "guten" Submarken von Konzernen ist doch, kann ich dafür sein, obwohl ich die Spitze nicht mag? Darf ich B&J-Eis essen, obwohl es nicht mehr die kleine Firma ist, sondern aufgekauft wurde?
Und was ist mit Manufaktum - einer absoluten Bibel für die Klientel - will ich den Otto-Konzern damit unterstützen?

Man braucht als Konsument, egal wo und wovon, schon ein gewisses Maß an Schizophrenie...

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Die Frage ist doch, ob man überhaupt B&J Eis braucht und nicht eher den Italiener an der Ecke frequentieren soll oder sich es mal verkneifen, ist auch besser für die Gesundheit. Oder ob es ein Manufaktum-Edelstahl irgendwas sein muss, was sowiese nur 2x im Jahr rausgeholt wird, und wo es das alte Plastik-Teil vom Flohmarkt auch tun würde.

Mein liebstes Beispiel: Terassendielen. Da sind einige stolz drauf: Aus zertifizierten Tropenholz. Wobei der zertifizierte Baum auch 150 Jahre brauchte, um dann auf der Terasse zu landen und nach 8 Jahren rausgerissen zu werden, weil er vergraut ist und nun Echtstein oder was anderes "in" ist. Tut es da nicht auch europäische Lärche?

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Endlich Fleisch !

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Das arme kleine Kalb.

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Beim Schlachten würde man sich schwer tun - und wie heisst nochmal Fatwa auf hinduistisch?

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Ich habe dafür abgerüstet auf fleischfrei.

http://che2001.blogger.de/stories/978781/#comments

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Von *Erdbeeren* kann doch ein erwachsener Mann nicht stt werden !

Du wirst doch wohl nicht auf Deine alten Tage öko, links oder homosexuell werden ? :)

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LOHASS
wie einer der erfinder der alternativen biobranche letzten samstag auf einer party LOHAS entakronymisierte:

"LIFESTYLE OF HIPOCRISY AND SELFISHNESS"

und dann tischte er noch ein paar bissige ansichten flüssig und in schneller folge auf; zwischenzeitlich erinnerte er mich irgendwie - an den don.
er würde den letzten absatz sicher ohne zusätze unterschreiben. eigentlich bin ich mir nicht mal ganz sicher, ob er ihn nicht fast genau so geäußert hat.

ich denke ihr solltet euch dringend kennenlernen . . .

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Statler & Waldorf der Biobranche ;-)

Im Prinzip ist mir das alles egal, sollen sie doch, wenn sie meinen, ich habe nur keine Lust, mich unter eine neue Zielgruppe subsummieren zu lassen, die ich nicht bin. Diese Haltung, die irgendwie alles durch die Hintertür zulässt, die überall ihre Mission und ihren Claim braucht, nervt.

Ich hätte, wenn man sich die Sache als Netzprojekt anschaut, einfach gern ein gut, von mehreren Spezialisten geschriebenes Genussblog. Da muss dann nicht Bio draufstehen, einfach gute Leute mit guten Ratschlägen.

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ich freu mich schon auf die episode "The Selfish Schellfisch"!

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... ja, aeh danke fuer das Grossbild, das Rindviech ist allerdings etwas degeneriert, das hat ja am Buckel ein eingewachsenes Notebook, aber - je nu - zum leicht muffig-plastinierten Geschmack von Rinderbuckelaptop empfehle ich gerne einen 2000er Chateau Franc Lartigue - der sonnenreiche Sommer 2000 sorgt in diesem wirklich ausgewogenen Wein fuer einen interessanten Saeurespiegel eine samtigen Abgang sowie ein reife Taninstruktur die hervorragend mit dem zaehen, sehnigen und leicht silberfischig daherkommendne Buckelbrocken kontrastieren ...

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