Franchise Frantic

Eine der vergessenen (und natürlich verlorenen) Schlachten der New Economy war das Franchising im Bereich Nahrungsmittel und Gastronomie. Während der Essensportal-Irrsinn von Firmen wie Snacker.de einigermassen berühmt-berüchtigt wurde, sind all die Pizza/Feinkost/Sandwich-Produzenten sang- und klanglos, meist nach der Gründung des ersten Caffees gestorben. Eine schöne Geschichte findet sich übrigens im Buch Minusvisionen.

Das Rennen haben die amerikanischen Ketten gemacht, mit billiger Coffee2Go-Brühe statt mit pseudo-exklusivem Lachssandwich. Das Problem der New Economy Franchiser war, grob gesagt, ihre Fixierung auf junge, gutverdiendende Hardcore-Worker, die keine Zeit mehr für Einkäufe hatten und sich lieber was Luxuriöses liefern liessen, statt in der Tanke die Tüte Chips und die Flasche Cola zu holen. Diese Personengruppe hatte den entscheidenden Nachteil, dass sie kaum, und wenn, dann nur sehr kurz existierte. Kurz, man hatte reale Produkte für nicht existierenden Kunden und beackerte einen nicht existierenden Markt. Schlecht, undankbar und zumeist sehr tödlich.

Wenn es geklappt hätte, wääre es natürlich eine tolle Sache gewesen: Zum einem hatten die Startups keine Kantinen, wodurch man sie im Rahmen einer "Outsourcing"-Lösung langfristig an sich binden hätte können. Zum anderen war klar, dass gerade mit dem Wachstum der New Economy die Gewinnmargen explodieren würden. Und wenn man erst mal bei so einer Firma am Hauptsitz in Berlin im Geschäft war, könnte man bei den anderen Standorten Franchising-Lizenzen verkaufen. Kabel New Media, I-D Media, Pixelpark und die Argonauten hatten ja viele Standorte und machten vor, wie es die anderen nachgemacht hätten - wenn es nicht zur grossen Krise gekommen wäre.

Trotzdem ist die Idee das Franchising und der Traum vom Erfolg noch nicht ganz ausgestorben:



Sonst würde man nicht unter dem Label "Einstein" eine Open Air Cafete zwischen den Fahrstreifen von Unter den Linden aufmachen. Laut umtost vom Verkehr, umwabert von Abgesen, mit den üblichen extremen Einstein-Preisen, und gänzlich leer und unbesucht. Das Photo wurde gestern bei strahlendem Sonnenschein, 25 Grad und um 2 Uhr Nachmittags aufgenommen.

Nichts ist so langlebig wie die Hoffnung.

Mittwoch, 18. August 2004, 14:14, von donalphons | |comment

 
Nun ja: Ganz so ist es nicht. Das Einstein Unter den Linden läuft inzwischen akzeptabel, das Stammhaus ächzt, der unterschiedliche Gesellschafterkreis ist, sagen wir, in Bewegung. Oder war es schon.
Das Einstein hat sicher Momente von Schicki-Micki wie auch Hybris - aber es war bis vor knapp 10 Jahren der einzige anständige Kaffee in Berlin. Zu lange her für einen Bonus vielleicht.

"Franchising" in Zusammenhang mit dem abgebildeteten Ort passt auch nicht so ganz, weil der Mann, der das mal verantwortete, es aus Qualitätsgründen stets verworfen hatte. Auch die vor einigen Jahren gegründeten Einstein Coffee Bars waren ein Filialbetrieb.
Die Bar AG ist nun aber seit langen tot, das von der Auffang- oder sanierten Gesellschaft dort servierte Essen ist noch preisunwürdiger als bei Starbucks, das Print auf den Cups hat jegliche Eleganz verloren, nur der Kaffee aus ist nicht kaputt zu bekommen. Die aktuellen Eigentumsverhältnisse sind mir unbekannt, aber die dort regierenden Effizienzritter sind der Franchise-Idee vielleicht tatsächlich nicht unaufgeschlossen. Bei der Gelegenheit, könnte man vielleicht gleich ein paar der wenigen nicht-defizitären Starbucks-Filialen übernehmen, wenn Karstadt-Quelle den Geldhahn zudreht.
Hier an der Ecke Oranienburger/Friedrichstrasse hängt seit Monaten übrigens ein Schild in einem mit Eisverpackpapier verklebten Fenster: "Hier eröffnet in Kürze eine Sandwich- und Coffee Bar" Dann viel Glück Leute. Keinen wird interessieren, wie gut euer Kaffee ist - macht ihn einfach billig. Oder macht besser was anderes.

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snacker
snacker haben wir mal vermarktet, das dauerte keine zwei monate, da war die vermarktung vorbei... an uns hat es aber nicht gelegen...

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Mit Snackers Investoren von IVC war ich mal Essen, Oktober 2000, die sagten damals schon ganz offen, dass die Internet-Gräfin Sima von Hönsbruch wenig brachte, und Venturelab sowie der Boss Frank "Pink Slip" Lichtenberg waren ihnen auch schon nicht mehr geheuer.

Ach je, was für eine geile Story aus dem totalen Irrsinn der New ERconomy - jeden Milstone gecracked, monatelang alles verschoben, Frager auf der Website gedisst - nur nicht geil. Und das CI-Manga-Mädchen mit den blaue Haaren - Sushee, glaub ich, hiess die... Das waren Zeiten...

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aber die
PR war wirklich nicht schlecht! Erst dieser Spiegel Artikel vorab und dann dieser Countdown... "eine Revolution im E-Marketing & Internet etc wird stattfinden...noch 30 Tage".... habe mir den Launch auf der Cebit (oder war es Internetworld?) angetan - das war mal finster! die Sushee - Imitate und 4-5 schwitzende Jungs + das Mädel, die in Snacker T-Shirts die Brochüren aufgedrängt haben. Ich habe selten so eine Enttäuschung im Auditorium gesehen. Das Ding war genau zu diesem Zeitpunkt pressetechnisch tot.

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Frank Lichtenberg sagte, es sei Deutschlands bekanntestes Startup. Auch einer von denen, bei denen die Natur die Schmerzrezipienten vergessen hat.

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wie hieß das noch gleich
"...und in zwei jahren liegen wir alle am strand, drink in der hand und kraulen uns die bäuche..."

und ich hatte immer angst, daß ich eines tages an einem strand erwache, und frank krault mir den bauch. tja.

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Es hiess: Wir kraulen uns die Eier, die vergoldeten. Der Obermacker des damaligen Startups will übrigens immer noch Weltmarktführer werden und sieht Potentiale in Brasilien.

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Marktführer werden.

In Brasilien - ist doch sehr konsequent. Da sind ja auch die Strände schöner.

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