Mörder der Märkte oder Ich mag Rezession

Der Erfolg des Kapitalismus ist seine simple Existenzgrundlage, genauer: Der Markt. Entweder eine Firma hat einen Markt, um Geld zu verdienen. Dann ist es gut. Oder sie hat keinen Markt. Dann muss sie dem Markt etwas Besseres bieten, sich einen anderen Markt suchen, oder die Märkte verlassen. Auch das ist gut, denn es garantiert Fortschritt, Anstrengungen und das Gedeihen der besten Lösungen. Ob das überall funktioniert und umfassend gerecht ist, darf diskutiert und per Eingriff notfalls reguliert werden, aber insgesamt ist Marktwirtschaft eine so gute Sache, dass man sich global darauf verständigen konnte. Bis vor kurzem.

Aber aktuell haben es die Marktteilnehmer übertrieben und Märkte erfunden, auf denen erfundene Assets zu erfundenen Preisen gehandelt wurden, mit denen Wirtschaften ohne realen Gegenbwert expandierten und Übertreibungen in Gang gesetzt wurden, deren logische Kösung eine Rezession sein muss. Rezession ist kein Übel und kein Verbrechen, sondern die Antwort des Marktes auf den Versuch seiner Aushebelung. Rezession muss sein, Rezession ist gut - denn wer die Rezession durch ein weiteres Aufblasen des Systems aufhalten will, wird früher oder später in der Depression, im Staatsbankrott oder Wirtschaftszusammenbruch enden. Wenn ein Haus auf der einen Seite durch eine Gasexplosion eingestürzt ist, macht es wenig Sinn, in der anderen Hälfte gleich nochmal die nächste Flasche ins Feuer zu stellen.



Nun haben wir in den USA einen neuen Präsidenten und Demokraten, die wie schon das alte Arschloch von Präsidenten keinen Sinn darin sehen, zu sparen und die Wirtschaft zu reorganisieren. Statt dessen werden Steuern praktisch gestrichen, Staatsgelder weiter an Banken verteilt, und ein neuer Bailout für den Versicherungskonzern AIG ist auch kein Problem - der Staat zahlt. Demnächst bekommen die amerikanischen Autohersteller massenhaft Geld von den Demokraten. Vor Weihnachten wird sich auch Boeing melden. Der Markt ist schlichtweg unlukrativ im Vergleich zu dem, was man gerade mit ein wenig Winseln vom Staat bekommt. Mit diesem Geld kann man genau so weiter machen. Schlechte Autos, zu viele Flugzeuge, teure Parties für AIG. Das ist gut für die Rentner, die ihre Vorsorge in Aktien haben, für die Arbeiter, die nicht gefeuert werden, für die Manager, die weiter Maseratis kaufen, für den Import und überhaupt alle; zumindest erst mal besser als eine schwere Rezession. Prima für das ganze Land - ausser dem amerikanischen Defizit und den Markt.

Das Problem ist, dass dieses Land, das die Demokraten und ihr Präsident auf dem Stand von 2006 mit einem auf andere abgewälzten Dauerkrieg im Mittleren Osten einfrieren wollen, schon 2006 ein Anachronismus war. Dieses Amerika der niedrigen Zinsen, eines vollkommen unproduktiven Finanz- und Juristenmolochs, einer katastrophalen Umweltbilanz und eines künstlich erzeugten Hypes verdankte seine Existenz einem Staatsdefizit, das erst jetzt allgemein erkennbar wird, weil es in den Büchern des Staates landet. Die 2006er Marktwirtschaft war schon damals nichts mehr, was dem realen Markt entsprach. Sie wird auch nicht besser, wenn man mit Staatshilfe Kreditlinien für Leute verlängert, die sich noch immer die Häuser nicht leisten können, in denen sie wohnen. Oder mit immer neuen Bailouts Firmen am Leben hält, die als Insolvenzfall vermutlich billiger wären.

Die Hoffnung, die dem marktfeindlichen Irrsinn zugrunde liegt, ist ein schneller Neustart "der Wirtschaft", der mehr als nur unwahrscheinlich ist. Allein schon, weil die Wirtschaft, um die es geht, schon vor Jahren eigentlich nicht mehr marktwirtschaftlich funktional war, und nur durch das Fetter, Breiter und Dümmer des American Way of Bushismus von Konsumenten und ihren Schulden am Leben gehalten wurde. Die Alternative - die Schwächen zu suchen, einzugestehen und auch unter Schmerzen zu beheben - ist angesichts der Fehlentwicklung seit dem Ende des Kalten Kriegs alles andere als spassig, oder gar erfolgsversprechend.

Trotzdem wäre es eine feine Sache, wenn sich die Idioten der Demokraten jetzt nicht auf die Spur der republikanischen Psychopathen setzen würden, sondern überlegen, was ihnen lieber ist: Eine Rückkehr zu echten, dann aber kleineren Märkten durch das Tal einer bitterbösen Rezession, oder ein weiteres Befeuern der marktfeindlichen Mechanismen der Verschwendung und des Protektionismus, an deren Ende jenseits von Tauschhandel und Schwarzmarkt jede andere Marktfunktion schon eine optimistische Annahme wäre.

Mittwoch, 12. November 2008, 18:15, von donalphons | |comment

 
(Noch mieser ist natürlich der besoffene und von seinem Dasein als Provinzstiefellecker frustrierte Lehrer J., der hier gelöscht wird)

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Was Obama betrifft
da kursieren wohl momentan höchst unrealistische Erwartungen, die der Mann nie und nimmer erfüllen kann.

Das wird noch spaßig

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Buiter hat schon mal das Wirtschaftsgremium von Obama auseinandergenommen und sagt - meines Erachtens zurecht - dass dort nicht viel zu erwarten ist. Und am alten Herkommen, die Wahlkampfsponsoren zu bedenken, wird Obama erst gar nicht vorbeikommen wollen. Die Autoindustrie hat einen guten Freund bekommen. Und Amerika wird mal wieder das gute Geld aus neuen Schulden dem schlechten Geld hinterherwerfen.

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Die Wahrheit zu sagen, käme einem Suizid gleich.
Ja, Sie haben ganz sicher mehr Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge als ich. Aber um zu erkennen — wie u.a. hier von Ihnen beschrieben — daß dieses System auf Lügen aufgebaut ist, bedarf es solch umfangreicher Kenntnisse doch gar nicht. Jeder mit auch nur einem Hauch Lebenserfahrung weiß, daß es nicht immer schneller, besser, profitabler geht.

Das Problem ist doch: Wenn dieselben Leute — die "Eliten der Nationen", die ihren Völkern jahrzehntelang die Mär gepredigt haben, alles sei im Griff und das bestmögliche für eben diese Völker würde realisiert, nun umschwenken, dann müßten sie den Leuten ja die Wahrheit sagen. Und sich gleichzeitig zu ihren Lügen bekennen.

Aber egal, ob ich gestern Maischberger anschaue mit Heiner Geißler, der in einem nicht enden wollenden Wortschwall eines Managers letztendlich ergeben sein Handtuch warf und zu den Beteuerungen eben dieses Managers, man habe übertrieben, aber er habe es eigentlich schon immer gewußt und natürlich viel verantwortungsvoller gehandelt. Oder ob ich die Tageszeitung aufschlage und lese, daß Frau Angela Merkel nun nach dem Finanzmarkt — der ja in Deutschland so eigentlich gar nicht betroffen sei von der Krise — nun auch die Wirtschaft erretten werde... alle haben es vorher gewußt, jeder hat es natürlich verurteilt. Und alle machen genau so weiter wie bisher. Eben weil sie die Wahrheit nicht sagen können. Denn das wäre ihr Ende.

Mir als Wirtschafts-Banausen kommt das alles vor wie der Tanz auf dem Vulkan. Endzeitstimmungsmäßig — je ärger die Zeiten, desto doller die lebensgierig gefeierten Feste.

Was, folge ich Ihren Aussagen, über kurz oder lang eigentlich nur zu einem führen kann: Dem JJK — dem janz jroßen Knall, richtig?.

Preuße

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es stimmt schon, dass es im falle der subventionierungen nur noch eine kleine weitere weile so weitergehen kann. allerdings auch das mit einschränkungen. man muss den USA aber auch zugute halten, dass sie im letzten jahrhundert durchaus schon einmal bereit für einen new deal waren, und dieser ging nur mit zähneknirschen, einsparungen und fetten steuersätzen für die reichen. allerdings natürlich auch mit einem krieg, aber lassen wir das einmal beiseite - es ist heute keine wirkliche option. nur: die sogenannte freie marktwirtschaft war also selbst dort niemals ganz so frei wie sie nachher seit den 90ern gerne hypemäßig tat.

ich glaube, die USA werden spätestens in einem jahr bereit für einen new deal sein. in gewisser weise haben sie genau das ja soeben gewählt, zumindest zur hälfte.

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