... newer stories
Sonntag, 3. Juli 2005
Und führe mich in Versuchung
Wer glaubt, das Internet sei ein Hort des Wissens oder der Bildung, sollte sich mal mit einem Thema wie dem Manierismus der zweiten Schule von Fontainebleau auseinandersetzen. Oder ganz generell mit dem Einfluss der französischen Hofkunst auf die Flamen des 17. Jahrhunderts. Ein grosses, wichtiges Thema. Das Netz weiss nicht mehr, als ein x-beliebiges Kunstlexikon vom Ramsch. Die Suchfunktionen bringen nichts, Null, Nada, und Wikipedia ist ein schales Infobröckchen.
Und trotzdem hänge ich seit Wochen in jedem freien Moment im Netz über dieser Frage, suche nach Vergleichen, die ich nicht kenne, denn nichts anderes findet in meinem Kopf Platz. Schon seit Monaten. Seit Monaten denke ich an ein Paar aus dieser glanzvollen, grausamen und niederträchtigen Epoche, an einen Moment das Ruhe, der Zuneigung und der Liebe, eingefangen vor 400 Jahren und auf ein Stück Holz gebannt. Dann wohl lange vergessen, irgendwo im Dunkeln aufgehängt und jetzt bei einem Kunsthändler gelandet.
Da hängt es jetzt schon seit einem halben Jahr. Ich bin zufällig drübergestolpert, als noch nicht mal sicher war, dass es zu verkaufen ist. Dann stand ein Preis im Raum, der meine für Hofkunst etwas bescheidenen Mittel sprengen würde wie eine Kanonenkugel der Bartolomäusnacht einen Haufen Hugenotten. Dann kamen da viele vorbei, von denen ich sicher war, dass sie es kaufen würden; es gibt nicht oft die Gelegenheit, in Deutschland so etwas zu erwerben. Vielleicht haben die ihr Wissen nur aus dem Netz; jedenfalls blieb es zu meiner grossen Überraschung liegen. Und jetzt ist der Preis in Regionen, die es mir tatsächlich gestatten, darauf ein Gebot abzugeben. Ob es angenommen wird, weiss ich nicht.
Vielleicht liegt es am Sujet. Wer sich auskennt, weiss um die lockeren Sitten der Zeit, in der die Ehe dynastischen Überlegungen und der Sex einer für heutige Vorstellungen unfassbaren Promiskuität geschuldet war. Die Körperlichkeit der Kleidung, ihr Reichtum und die Offenheit der Gesten verraten alles, und das passt schlecht zur toitschen Vorliebe für kernseifesaubere Riemenschneider-Madonnen und die verklemmte Sexualität der Rokoko-Putti. Die Geisteshaltung der Dargestellten, für die ein fronverweigernder Bauer nur ein Stück Vieh war, das man zwischen amurösen Abenteuern abschlachtete, möchte ich mir keinesfalls zu eigen machen. Das Bild ist nur im Geschlechtlichen aufgeklärt und offen, aber allein die vibrierende Erotik kurz vor der Annahme des Liebessymbols macht es begehrenswert. Man beachte die Haltung der Finger und der Körper, die Lage der Hände, die Berührung, das sanfte Streicheln, die Blicke, diesen immer gleichen Moment zwischen Hoffnung und Erfüllung, der uns über die stinkenden Kleingötter und ihre Veführung von Fron, Ausgezehr und Entsagung erhebt.
Und trotzdem hänge ich seit Wochen in jedem freien Moment im Netz über dieser Frage, suche nach Vergleichen, die ich nicht kenne, denn nichts anderes findet in meinem Kopf Platz. Schon seit Monaten. Seit Monaten denke ich an ein Paar aus dieser glanzvollen, grausamen und niederträchtigen Epoche, an einen Moment das Ruhe, der Zuneigung und der Liebe, eingefangen vor 400 Jahren und auf ein Stück Holz gebannt. Dann wohl lange vergessen, irgendwo im Dunkeln aufgehängt und jetzt bei einem Kunsthändler gelandet.
Da hängt es jetzt schon seit einem halben Jahr. Ich bin zufällig drübergestolpert, als noch nicht mal sicher war, dass es zu verkaufen ist. Dann stand ein Preis im Raum, der meine für Hofkunst etwas bescheidenen Mittel sprengen würde wie eine Kanonenkugel der Bartolomäusnacht einen Haufen Hugenotten. Dann kamen da viele vorbei, von denen ich sicher war, dass sie es kaufen würden; es gibt nicht oft die Gelegenheit, in Deutschland so etwas zu erwerben. Vielleicht haben die ihr Wissen nur aus dem Netz; jedenfalls blieb es zu meiner grossen Überraschung liegen. Und jetzt ist der Preis in Regionen, die es mir tatsächlich gestatten, darauf ein Gebot abzugeben. Ob es angenommen wird, weiss ich nicht.
Vielleicht liegt es am Sujet. Wer sich auskennt, weiss um die lockeren Sitten der Zeit, in der die Ehe dynastischen Überlegungen und der Sex einer für heutige Vorstellungen unfassbaren Promiskuität geschuldet war. Die Körperlichkeit der Kleidung, ihr Reichtum und die Offenheit der Gesten verraten alles, und das passt schlecht zur toitschen Vorliebe für kernseifesaubere Riemenschneider-Madonnen und die verklemmte Sexualität der Rokoko-Putti. Die Geisteshaltung der Dargestellten, für die ein fronverweigernder Bauer nur ein Stück Vieh war, das man zwischen amurösen Abenteuern abschlachtete, möchte ich mir keinesfalls zu eigen machen. Das Bild ist nur im Geschlechtlichen aufgeklärt und offen, aber allein die vibrierende Erotik kurz vor der Annahme des Liebessymbols macht es begehrenswert. Man beachte die Haltung der Finger und der Körper, die Lage der Hände, die Berührung, das sanfte Streicheln, die Blicke, diesen immer gleichen Moment zwischen Hoffnung und Erfüllung, der uns über die stinkenden Kleingötter und ihre Veführung von Fron, Ausgezehr und Entsagung erhebt.
donalphons, 16:45h
... link (9 Kommentare) ... comment
Dirt Picture Contest - Nicht für die Schule,
sondern für das Leben verschmutzen wir: Die Kombination aus alter Ost-Architektur und neuer West-Malerei, in Verbindung mit gesamtberlinslummischer Finanzkatastrophe gibt dem nachwuchs schon mal eine gute Vorstellung der Realität, die sie erwarten wird.
Davor wird ein Kindergarten rückgebaut. Das Bild ist schon ein paar Monate alt - vermutlich ist da inzwischen noch mehr gebröckelt. Irgendwann wrd das Grafitti den kaputten Putz festigen. Wenn es dann noch steht - bald bin ich leider in der Lage, persönlich vorbeizuschauen.
Davor wird ein Kindergarten rückgebaut. Das Bild ist schon ein paar Monate alt - vermutlich ist da inzwischen noch mehr gebröckelt. Irgendwann wrd das Grafitti den kaputten Putz festigen. Wenn es dann noch steht - bald bin ich leider in der Lage, persönlich vorbeizuschauen.
donalphons, 13:49h
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories