: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 27. Oktober 2005

Danke für die Bestätigung, SPON

Deutschlands führendes Onlinekampagnen- und Märchenportal, das angeblich von ausgebildeten Fachkräften betriebene Spiegel Online, ist heute freundlich genug, meine gestern öffentlich vorgetragene These von seiner unterirdischen Qualität beispielhaft ins Bild zu setzen. Unter der Überschrift "ATOMARER BUNKERKNACKER - US-Regierung gibt "Mini-Nukes" auf" wird von Markus Becker über die Einstellung der Planungen für kleine Atombomben für den Einsatz gegen besonders gut geschützte Ziele berichtet. Eine kleine Googelei ergibt, dass Becker kaum mehr getan hat, als diese originale AP-Agenturen-Meldung zu übersetzen - und noch die Wörtchen "Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet" einzufügen.

Als ob das nicht schon genug Qualitäts-Johurnaille ist, wird der Beitrag auch noch mit diesem Bild garniert, einem Pressephoto der US Airforce, mit der Bildunterschrift: "Bunkerknacker vom Typ GBU-28: Pläne für kleinformatige Atomwaffen sind passé". So ein Pech aber auch: Die grossformatige Lenkbombe 28 muss man nicht mehr entwickeln, man kann die Entwicklung auch nicht einstellen, weil sie schon seit 1991 im Einsatz der amerikanischen Streitkräfte ist und mit Weiterentwicklungen in zwei Golfkriegen und einem Afghanistenkrieg zum Einsatz kam. Mit 350 Stück Sollbestand der Armee kann man auch kaum davon sprechen, dass sie passé ist.

Und der Sprengsatz, mit Verlaub, ist konventionelles Tritonal - nix atomar. Da hätte der Spon auch gleich ein Katapult abbilden können, das hätte genauso gepasst. Nur wäre es halt nicht so spektakulär gewesen wie das Bild einer Rakete - für eine Waffe, von der es keine Bilder geben kann, weil sie noch nicht mal entwickelt ist, wie der übersetzte Text eigentlich deutlich macht. Pfeifen.

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Wer den innovativen Begriff

Don Dahlphonsmann für die vereinigten Zweige der Blogliteraturmafia prägt, sollte nicht nur eine Nacht über so etwas nachdenken, sondern es auch tun - jaja, an allen Ecken und Enden spriesst jetzt im Herbst die Literatur mit ihren Ansprüchen aus kleinen Internettagebüchern.

Link bitte heftig klicken und dann feste kommentieren, der mark793 soll auch mal merken, wie es so als Grosspunkdiscobesitzer ist ;-)

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Nachbetrachtung zu den Medientagen

Das Beste zuerst: Es war kein echter Web2.0-Apologet auf dem Podium. Alles, was bislang an Bizz- und PR-Bloggern unterwegs war, wird nur ein müder Abklatsch dessen sein, was mit dem Idiotenterminus web2.0 (thx nico) vor der Tür steht. Denn mit dem Schlachtruf eines angeblich sozialen Fortschritts durch eine ebensolche Software strampeln und linken sich Freaks nach oben, die es wahrscheinlich nicht verwunden haben, dass ihre alte Tech-Bloggerei heute keine besondere Breitenwirkung mehr hat - Bloggen hat sich von ihnen emanzipiert. Deshalb, denke ich, wollen sie weg von den Inhalten und der Unterhaltung, die sie nicht bringen können, zurück zu etwas, wovon sie reden und Nichtnutzer als dumm, rückständig oder Version 0.98 diffamieren können. Was man halt so tut, wenn man in Ermangelung von Frauen a Lattnklatscher is einen Männerbund aufmacht.

Insofern war die Debatte auf den Medientagen gestern sehr erholsam und fast schon liebenswert anachronistisch. Angesichts der eher durchschnittlichen Besucherzahl, von der man gerechterweise nochmal ein paar Freundeskreise abrechnen müsste, ist die Idee von den Blogs als heisser Scheiss, als das nächste grosse Ding in der Medienwelt hinfällig. Markwort war, wie ich bei der Suche nach der Technik sah, draussen und hatte was besseres zu tun. Wer dachte, vor einem Haufen Entscheider eine Präsi machen zu können, fand sich in einer typischen Runde einer niedergehenden Branche auf einem Kongress einer Munich Area wieder, deren beste Zeiten lange vorbei sind.

Mit Eck und Cords waren zwei Redner da, die etwas zu verkaufen hatten, und das entsprechend einbrachten. Dadurch drohte das Ganze zeitweise etwas in einen PR-Vertriebskanal abzurutschen, was m.E. nur bedingt die Aufgabe der Medientage ist. Cords brachte seine Kraft ordentlich aufs Parkett, wobei die Show besser war als die Thesen, denen es meines Erachtens an Argumenten gebrach. Ich muss ihm neidlos konzidieren, dass jedesmal mit ihm ordentlich Leben in die Bude kam. Eck, Schultheiss und Pain hatten ihre Themen und Punkte, die sie brav und mehr oder weniger nachvollziehbar abhandelten.

In dem Punkt war die Veranstaltung enorm "unbloghaft". Da sitzen sechs Leute vorne, teilweise wie Cords und Eck mit enorm divergierenden Meinungen in für sie zentralen Punkten, und trotzdem kommt keine Debatte auf. Statt dessen werden eher kühle Statements runtergerattert, von einer Begeisterung kommt wenig bis gar nichts rüber - und ist wohl auch nicht übermässig vorhanden. Die Einlassungen von Bildblogger Christoph Schultheiss waren, wenn man den Text von Stefan Niggemeier über das Bloggen kennt, merkwürdig unterkühlt.

Was mir - gerade angesichts des Umfelds der Medientage - enorm gefehlt hat, war die Debatte um Inhalte. Ich war der einzige auf dem Podium, der ein grösseres, normales "Tagebuch" ohne thematische Festlegung führt, weshalb das an mir hängen blieb. Wer schreibt was, wie wird geschrieben, welche Inhalte gehen, was treibt die Leute an, wie sehen die Lehren für den Journalismus aus, was kann man davon übernehmen, wie geht man mit den Lesern um, welche Kriterien gelten für sie, was ist ihnen egal, warum wird es gelesen, ist es ein Parallelraum zu den Medien, oder eine Kultur? Nach meiner Meinung muss darüber eine Debatte im Zentrum stehen, nicht nur als meine Thesen und Provokationen, denn nur, wenn man das versteht oder zumindest eine Ahnung hat, kann man über alle anderen Folgen von PR bis Deppweb2.0 sinnvoll reden. Da nehmen ein paar zehntausend Leute die Medien selbst in die Hand, kümmern sich einen Dreck um die Vorgaben des Medienbetriebs und machen einfach, aber genau das und seine Ursachen und Wirkungen war einfach kein Thema. Da wollte keiner auf dem Podium richtig einsteigen. Aber nur so erklären sich die Phänomene, auf deren Basis andere ihre Geschäfte machen wollen: Die immer gleichen Beispiele von Jamba über Irak bis "Du bist Deutschland".

Letzteres war dann der Punkt, wo es kurzfristig gut spannend wurde, Mann gegen Mann, bei der Frage, welche Motive der Gegenkampagne Cords als Mitverantwortlicher indiskutabel fand. Stichwort Einbringung wenig erbaulicher Momente der deutschen Geschichte. Ich denke, da war einen Moment das bloggen im Raum greifbar, mitsamt Kommentaren und Konflikten. Weil ich mich persönlich beleidigt fühle, wenn ich Porsche sein soll - also der Typ, dessen Panzer durch das Warschauer Ghetto rollten. Und weil Randgruppen vor dem Holocaustmahnmal in meinen Augen als Gegenansatz extrem peinlich und geschmacklos sind. Da war es mal richtig spannend. Aber nur da.



Darf ich meine Wünsche formulieren? Ich darf, ja. Ich hätte gern ein Podium ohne Leute, die man erst mal zum jagen tragen muss. Debatte, Diskurs, Streit, fliegende Fetzen statt Statements und Schulterklopfen. Ich hätte gern ein Podium mit maximal einem PR-Menschen, gerne den Cords, aber dann weniger zu den Risiken des Bloggens als vielmehr zur Frage, wieso PR eigentlich so einen beschissenen Ruf hat, und was man konkret vom Bloggen lernen kann, ohne sich vulgär in den Markt zu drängeln. Aber davor hätte ich gern 2, 3 Leute, die inspiriert sagen, was sie tun und warum sie es machen. Und zwar nicht immer nur Nasen wie mich, Johnny und die Bildblogger, sondern auch die Leute, die Cords als "Big Brother im Online-Container" bezeichnet. Ich wüsste gern, was Teenies antreibt zu bloggen, wie sie das erleben. Es wird immer nur über sie geschwafelt, aber keiner hat sie mal gefragt. Und dazu einen Medienwissenschaftler, der kein hirnloser Umfragejunkie ist, oder ein Literaturhinweislover oder Interpreteur amerikanischer Studien, sondern einer, der Medien und Blogs versteht und in der Lage ist, für beide Seiten verständlich die unterschiedlichen Aspekte zu übersetzen, sprich, dem Publikum dient, und noch einer Person: Einem Chefredakteur, der sich mal Gedanken über inhaltliche und formale Defizite der Texte macht, die Medien im Moment ausmachen. Wenn man am Ende vielleicht noch darüber reden könnte, ob Medien nicht auch die Aufgabe haben könnten, Leute ans Bloggen heranzubringen, und ob man Gossenprojekten wie Lycos den Markt überlassen muss - dann wäre es schon. Gern auch unter der gleichen Moderation.

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