: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 21. Februar 2006

97 Zentimeter

ist die Mauer an der dicksten Stelle im ersten Stock. Über 2,5 mal so dick wie bei modernen Gebäuden. Da stecken drei Lagen Vollziegel nebeneinander drin. Die mittelalterliche Stadtmauer ist dünner.



Inzwischen sind die Wände weitgehend verputzt, und in den Zimmern ist etwas Ordung. Schön langsam bekommt man wieder ein Gefühl für den Raum. In einem Monat ist das meiste hier fertig, und damit neigt sich auch mein Aufenthalt hier dem Ende zu. Dachte ich. Aber so wie es sich darstellt, geht es ab März dann im 3. Stock weiter. Sieht nach einem Sommer auf der dachterasse in der Provinz aus, wenn das hier mit dem Restaurieren so weiter geht.

Und im Hinterhaus warten nochmal 200irgendwas Quadratmeter.

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Opera Buffa nel secolo XXI

Da sass ich also gestern im Kino, bei Casanova. Mit mir eine Reihe von männlichen Teenagern, die offenkundig von ihren weiblichen Begleiterinnen dazu genötigt wurden, sich einen Film anzuschauen, der formal unfassbar weit weg von ihrer Lebensrealtiät ist. Und der, wenn man ihnwirklich verstehen will, ganz schön hohe Ansprüche an den Betrachter stellt. Der Film ist voller Anspielungen, nicht nur auf de Geschichte des Mantel-und-Degen-Films, sondern auch auf die Zeit, in der er spielt. Kurz, jemand hat sich ziemlich viel Gedanken um das gemacht, was da auf der Leinwand stattfindet.

Kino, sollt ich vielleicht erwähnen, ist ohnehin nicht "Mein" Medium. Ich mag Kino nicht besonders, ich hasse Fernsehen, und meine Lieblingsfilme sind nicht zufällig oft Schwarzweiss und jenseits von Hollywood entstanden. Es ist sehr selten, dass ich mal wirklich von einer aktuellen Produktion hingerissen bin. Diesmal - und da werden die zuerst genervt dreinschauenden Teenager wahrscheinlich zustimmen - war es anders. Wenn man die Tradition der italeinischen Opera Buffa im Film fortschreiben will, dann so. Und das Bezaubernde ist: Es funktioniert. Hätte man den Kids vorher erklärt, dass sie sich mit ihrem Lachen in eine alte europäische, kulturgeschichtliche Tradition stellen, hätten sie das Kino nicht aufgesucht. Der Film bringt die Figuren der italienischen Commedia dell´ Arte so behutsam und dennoch so konsequent auf die Leinwand, dass es für den Kenner der gleiche Genuss sein dürfte, wie für das Popcornpublikum.

Beispiele? Die Nebenrolle der Victoria, besetzt mit der ziemlich unbekannten Schauspielerin Natalie Dormer. Wann immer sie im Bild ist, verwandelt sich der Film in ein Watteau-Gemälde, so perfekt passt dieses Gesicht, diese delikate Mimik zum Thema. Oder die Schweine. Oder Omid Djalili als Diener, so und nicht anders würde man den Leporello gern in jedem Don Giovanni sehen. Oder, natürlich, Jeremy Irons als Inquisitor, als wäre er aus einem der Bilder gesprungen, die hier in der Kirche vom Ruhm der Gesellschaft Jesu künden. Überhaupt ist dieser Film irgendwie gar nicht Hollywood. Er ist, wie jede Opera Buffa, ausgesprochen kurzweilig, sehr charmant, mitunter natürlich auch derb und böse, eben genau so, wie es sein soll.

Man wünschte sich, die Opernregisseure unserer Zeit würden sich den Film anschauen und davon etwas lernen, dann wäre es ein Leichtes, den falschen Eindruck einer kulturellen Elite, der die künstleische Auseinandersetzung mit dem Ottocento umgibt, leicht durchbrechen. Denn bei allem Trennenden dürfte uns der Libertin der Aufklärung näher sein als die viktorianische Betschwester und wilhelminische Pickelhaubenträger.

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