: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 19. April 2006

Einen miesen Schreiberling

erkenne ich daran, dass er die Wendung "immer mehr" bringt, um sich Belege zu sparen.

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lamento della vita povera

mit der laute gesungen in richtung schlechtgenährter elitessen

Ach, gefüllt sind morsche Schränke
mit gebrauchtem, altem Gut.
Zum Sex geht´s auf marode Klavierbänke
Achtung - ich will keine Brut

Denn ich bin der arme Don Alphonso
ohne Titel, Amt und Position
Nur der arme Don Alphonso
meine Kronleuchter blitzen zum Hohn.

Ach, ich kauf für mein karg Leben
der Oma Tasse und der Tante Tisch
Kirschholzstühle kann man kleben
ich darbe wie der frühe Kisch

Denn ich bin der arme Don Alphonso
kein Vorstand oder gar PR-olet
Nur der arme Don Alphonso
ich nage an der Agenturen Grät.

Ach schaut nicht auf der Kanne Silber
oder der anderen Pretiosen Glanz
auch die alten Stiche und die Bilder
illustrieren nur meines Bettels Tanz.

Denn ich bin der arme Don Alphonso
ich komm von Federn auf das Stroh
Nur der arme Don Alphonso
in alten Mauern ist mein Tag nicht froh.

Ach seht meines Wagen tiefe Beulen
es ist die Schuld der Schwester klein.
Der miese Restwert macht mich heulen
der Achmed will kein Käufer sein.

Denn ich bin der arme Don Alphonso
das Glück hasst mich wie die Pestilenz
Nur der arme Don Alphonso
vorbei die Tage der Magnifizenz.

Ach, aber, wenn des Lenzens Wärme
zum ersten mal meine Terasse leckt
und nach Nageln der JK-Koms Gedärme
mein Herz neue, reine Gedanken heckt



Dann bin ich der reiche Don Alphonso
was will ich mit Geld, Profit und Schmu!
Ich bin der glückliche Don Alphonso
Elitessen schaun aus ihren Löchern zu.

Mozarella, Basilikum und frischer Tee
Sonne, Himmel, gleissend Licht und Blau
das gebühret nur Eurem alten Fonse
Ciao - da unten klingelt eine hübsche Frau.

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Real Life 19.04.06 - 160 Jahre

Bücher kauft man nach Empfehlung, und auch, wenn die Empfehlung per Mail und Amazonlink kam, so gehst du doch ganz klassisch den grossen Bogen durch dein Altstadtquartier zum Buchhändler deiner Wahl; einem Rebellen, der hier in diesem geistig verkommenen, rabenschwarzen Spiessermoloch einen linken Buchladen eröffnet hat, in dem du als Schüler rote Sterne gekauft hast, die dir damals im Konflikt mit der Schulleitung und all ihren Uralt-, Mittelalt- und Neocons eröffnet hätten, in welcher Welt du lebst - hätte es dir die Familiengeschichte nicht schon lange anderweitig bewusst gemacht. Hier also kehrst du ein; du weisst, es ist ein Buch, das dem Händler gefallen wird, und deshalb hat er es sicher auch da. Und tatsächlich, es ist vorrätig.



alessandro piperno, mit bösen absichten, fischer 2006, bin auf seite 70, brilliant!

Ihr unterhaltet euch ein wenig über den Betrieb; er hat es in der FAZ gelesen und fragt, wie es so läuft. Gut läuft es, keine Frage, 70 Leute sind in den grossen Städten kein Problem, aber auch in kleineren Orten scheint es zu gehen...

Es entsteht eine kleine, gedankenschwere Pause, bis er anhebt und sagt, dass diese Stadt hier mit ihren 30 Lesungen pro Jahr gar nicht gut ist und sowieso nur die alten Leute kommen. Immer die gleichen Gesichter, die man ohnehin aus dem Theaterabo kennt und aus dem Konzertverein. Du sagst, dass du hier auch auf keinen Fall lesen wolltest, hier kennt dich jeder, du hast einen Clan, der es nicht lieben würde, würde man hier vor Ort die schmutzige Wäsche des Kaffs vortragen, derer du so viele kennst, zum Beispiel die Sache mit dem neuen Haus des Sohnes der Erfolgreichen und seinen Gone-with-the-wind-Säulen in pastellorange und den drei Edelstahlringen als Kapitelle. Oder die späte Schwangerschaft von Frau H., deren bigotter Mann ganz sicher nichts vom Tennislehrer der ältesten Tochter ahnt.

Du breitest etwas Schmutz und Schund aus der letzten Konzertpause aus, hinten im Laden spitzt eine alte Schachtel die Ohren, und die Azubine, ein hübsches junges Ding, kichert hinter der Säule. Oh, Publikum, dankbares, interessiertes Publikum. Dennoch. Hier also würdest du ganz sicher nicht lesen wollen, wer weiss, ob überhaupt jemand käme, nicht wirklich, ausserdem, ohne Partner ginge das auch nicht.

Nun, sagt der Buchhändler, man könnte natürlich mal mit der Stadtbibliothek reden... Und eigentlich, sagst du, wäre das kein Risiko, denn den Raum hättest du sogar, nämlich im Juni, wenn die Wohnung im zweiten Stock halbwegs fertig ist, dann könnte man Saal und Essimmer - 55m² - eigentlich schon was machen, schliesslich gäbe es was zu feiern, 160 Jahre gehört der Stadtpalast jetzt uns, 160 Jahre in diesem Dreckskaff mit all der Korruption, da könnte man auch mal die Geschichte von der alten S. erzählen, und wie sie damals auf der Flucht vor den Amerikanern in den Schlossgraben...

Das wäre auch mal was anderes, meint der Buchhändler, und ihr vertagt das Gespräch auf später, denn gerade kommt ein Elitestudent herein, sieht ungeduldig aus und fragt gleich nach einem Fachbuch.

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