: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 1. Mai 2006

1. Mai Folklore

Zuerst kommen die Betriebsorchester, in dunkelroten Jacken und Blasmusik, danach die Funktionäre in ihren schlecht sitzenden Sonntagsanzügen, und die anderen Mitglieder, die auch nicht wirklich gesellschaftsfähig aussehen, Typus weisse Socken, gebügelte Jeans und kurzarmige Hemden unter dem Sakko, das sie sichtlich ungern tragen. In den Gliederungen ihrer Gewerkschaften marschieren sie auf, die Hauptstrasse hinunter, und manche Passanten schauen lächelnd zu, ironisch lächelnd, wenn sie gerade beim am Feiertag offenen Bäcker Torte gekauft haben. So ist das, am ersten Mai, und die Jugend hat einen grossen Wagen, von dem sie Robbie Williams spielen, let me entertain you.

Später werden einige dann das Wort ergreifen, von der Wichtigkeit, hier und heute Flagge zu zeigen, denen das Feld nicht zu überlassen und einen fairen Anteil zu bekommen, den die globalisierten Märkte schon lange nicht mehr einsehen, denn es geht ja auch anders. Ohne anspruchsvolle Typen, die am Paradeplatz in ihren Sonntagsanzügen Rechte einfordern, die längst abgeschafft sein sollten und auch nie da gewesen sein werden, in den Swaet Shops in China und den Young Professionals, die in ihren Türmen 80 Stunden die Woche leisten und das auch cool finden, Hauptsache, die Gratifikation ersetzt die Überstundenregelung. Und wenn die korrupten Drecksäue der Mediengossen, der Schleim, der Aussatz der Publizität, der wieder angekrochene pay-per-lie-Versager aus der New Rconomy das nur oft genug verkündet, für die 30 Cent pro Zeile vom Verlag und die 30 Euro fürs Catering, dann werden die das schon irgendwann schlucken. Denn es geht auch ohne Rechte.



Sage keiner, dass rechtlose Sklaven keine Qualität hinbekommen - der Turm etwa, gebaut von Fronarbeitern, aus schweren Buckelquadern, unter vielen Gefahren gehauen von Idioten, die keine andere Wahl hatten als sich unterzuordnen unter Herrschaft, Propaganda und Gewalt - dieser Turm zur Niederdrückung der armen Schweine steht bis heute. 800 Jahre, Qualität, Dauerhaftigkeit, zum Hohn für die Typen in ihren schlecht sitzenden Anzügen, die glauben, nur freie Partner in einem sozial gerechten System könnten dauerhaft solide Leistungen erbringen.

Also weg mit dem verlogenen Sozialquatsch, immer feste drauf auf diese lustigen Linksspiesser in ihren billigen Klamotten, die sich noch nicht mal richtig ausdrücken können, im Zug nach ihrer Blaskapelle. Was ist das schon gegen schlaues Marketing, was vermag es schon gegen geschickt platzierte Spezialisten, was hilft es gegen die Einflüsterungen in den Ämtern, Ministerien und Parlamenten.

Letztlich ist alles Markt, der reguliert alles, auch den Frust und den Ärger, das werden die schlecht angezogenen Leute schon begreifen, wenn sie hartzvieren. Der Markt entscheidet.

Und zwar spätestens dann, wenn einer von denen in einen von rumänischen Schwarzarbeitern errichteten globalisierten Glasturm, in die hübsche Vorhalle aus Marmor mit den lächelnden, vielsprachigen Empfangsdamen, einen wirklich farblich unpassenden Transporter mit einer Ladung Diesel und Dünger steuert. Manche Marktmechanismen - das werden die darüber arbeitenden globalen Leistungsträger möglicherweise noch merken - wie etwa die der sozialen Gerechtigkeit, lassen sich nie dauerhaft zurechtfälschen wie eine Studie, die die Forderungen der verachteten Leute mit ihrer Blaskapelle als überzogen einstuft.

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Provisionsfrei zum Erstbezug

und zwar direkt vom Eigentümer. Der an einer viel befahrenen Strasse in einer geschäftigen Grossstadt mit folgendem Spruch für sein Office Center wirbt.



Und das nun schon eine ganze Weile, mindestens ein halbes Jahr, ich glaube aber, es in seiner Powerpoint-Weisheit schon früher gesehen zu haben. Erfolg ist eine Frage von Qualität und Effizienz. Leerstand ist eine Frage von falscher Planung und überzogenen Mieten. Werbung ist eine Frage von Kreativität und Kontextsensibilität. Frankfurt am Main ist eine Frage von Dunmheit und Arroganz.

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