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Dienstag, 25. April 2006
Real Life 24.04.06 - Die Amsel
Eigentlich musst du fünf Löcher bohren, in ein Brett, um die Regale seitlich abzustützen. Aber dann wartest du noch etwas, setzt dich auf den Liegestuhl und schaust zu, wie der Abendflug aus Nordwesten seine weisse Linie zieht und das Firmament langsam tief blau wird, und hörst auf das Gewirr der Vogelstimmen.
Das mit dem Regen morgen kannst du nicht glauben, die Schwalben fliegen viel zu hoch, 20 Meter über dem Stadtpalast. Auf dem Kamin singt eine männliche Amsel nach einem Weibchen, und lässt sich vom Rauschen des Staubsaugers nicht stören. Der verrichtet, von einer Elitesse geschoben, einen zweifelhaften Kampf gegen den Schmutz im zweiten Stock des Wohnheims. Ein Student kommt dazu und spricht sie an. Er trägt einen blauroten Trainingsanzug mit den drei Streifen, sie einen weissen Rock, ein rosa T-Shirt und Stränchen in den schulterlangen, blonden Haaren. Sie reden eine Weile miteinander, er draussen auf dem Gang, sie drinnen in ihrer Wohnung, und als sie nochmal rauskommt und vor ihm ihren Fussabstreifer ausschüttelt, ist klar, dass das heute nichts mehr wird mit den beiden.
Dann gehen sie in ihre Wohnungen, und überlassen der Amsel das Feld. Nach einer Weile fliegt sie auf das Hausdach neben der Dachterasse, und wenige Momente später landet die Angebetete ein paar Meter weiter. Er sagt jetzt fast gar nichts mehr, schaut sie an, und sie ignoriert ihn. Dann stürzt sie sich in steilem Flug hinunter in die Schlucht zwischen den Palästen, und er jagt sofort hinterher. Du störst jetzt niemanden mehr, also holst du das Brett und bohrst im letzten Licht des Tages fünf Löcher.
Das mit dem Regen morgen kannst du nicht glauben, die Schwalben fliegen viel zu hoch, 20 Meter über dem Stadtpalast. Auf dem Kamin singt eine männliche Amsel nach einem Weibchen, und lässt sich vom Rauschen des Staubsaugers nicht stören. Der verrichtet, von einer Elitesse geschoben, einen zweifelhaften Kampf gegen den Schmutz im zweiten Stock des Wohnheims. Ein Student kommt dazu und spricht sie an. Er trägt einen blauroten Trainingsanzug mit den drei Streifen, sie einen weissen Rock, ein rosa T-Shirt und Stränchen in den schulterlangen, blonden Haaren. Sie reden eine Weile miteinander, er draussen auf dem Gang, sie drinnen in ihrer Wohnung, und als sie nochmal rauskommt und vor ihm ihren Fussabstreifer ausschüttelt, ist klar, dass das heute nichts mehr wird mit den beiden.
Dann gehen sie in ihre Wohnungen, und überlassen der Amsel das Feld. Nach einer Weile fliegt sie auf das Hausdach neben der Dachterasse, und wenige Momente später landet die Angebetete ein paar Meter weiter. Er sagt jetzt fast gar nichts mehr, schaut sie an, und sie ignoriert ihn. Dann stürzt sie sich in steilem Flug hinunter in die Schlucht zwischen den Palästen, und er jagt sofort hinterher. Du störst jetzt niemanden mehr, also holst du das Brett und bohrst im letzten Licht des Tages fünf Löcher.
donalphons, 01:58h
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Die räudige Mähre an den Abdecker verkaufen
Ich hatte mal mit der Financial Times direkt zu tun. Da hatte ein Spirituosen- und Muckemilliardär für einen von ihm bezahlten und - wie später bekannt wurde - am Rande des Kriminellen geführten Verein mit einem brunzblöden Editorial die transatlantischen Beziehungen in einem recht sensiblen Umfeld an den Rand der Katastrophe gebracht. Erst als sein Untergebener in Europa angekrochen kam und alles ein Missverständnis sein sollte, renkte sich das wieder so weit ein, dass am Ende zumindest das jetzige Bundeskanzler (das Sun-Seite1-Girl) sich nicht zu schade war, diese Organisation zu hofieren - angesichts der weiteren Entwicklung des Vereins mal wieder ein Griff ins Klo.
Damals schrieb ich ein grosses Feature über die Kräfte, die das transatlantische Verhältnis ruinierten, sei es mit den sinnlosen Programmen auf Kosten der Berliner Republik zum Erhalt ihrer Stellen (1,4 Mitarbeiter pro handverlesenem Gastaufenthalt der Kinder der Freundeskreise der leitenden Mitarbeiter, ein Buttler und am Abend ein Stripper oder ein Freudenmädchen wäre billiger gewesen), oder eben Brachialcholeriker wie obiges Beispiel. Nachdem sich alle Welt fragte, wie die FT so einen Dreck abdrucken konnte, hakte ich bei einem ehemaligen Mitarbeiter nach. Und bekam eine Antwort. Die mich zart lächeln lässt, wenn ich heute vernehme, es gäbe in den Topmedien noch unabhängigen Journalismus, und problematisch wären allenfalls schweissflecklöschende, freie Mitarbeiter.
Insofern freut mich heute die Meldung, dass die Mutterfirma der FT, das Verlagshaus Pearson, den Verkauf der FT nicht mehr ausschliesst. Vermutlich werden da längst Zigarren an den Kaminen der britischen Private Equity Firmen geraucht. Ein, zwei Namen mit einem hübschen Portfolio, die für anstehende Exits gute Presse bräuchten, fallen mir da ein, zumal die Kosten für so ein schlingerndes Flackschiff mit Geldlecks und Wasser bis ins erste Kanonendeck nicht mehr allzu hoch sein dürften. Und der deutsche Ableger, der bislang enorme Verluste eingefahren hat, könnte dann den Beweis antreten, dass sie Wirtschaftskompetenz und Neoliberalismus bis zum im Strassengraben verrecken nicht nur abdrucken, sondern auch praktizieren: Ab mit den Leuten zu Hartz IV und ein bodenloses Fass weniger in den Bilanzen von Pearson und G+J.
Und bitte: Bei den abartig miesen FTD-Bloggern anfangen.
Damals schrieb ich ein grosses Feature über die Kräfte, die das transatlantische Verhältnis ruinierten, sei es mit den sinnlosen Programmen auf Kosten der Berliner Republik zum Erhalt ihrer Stellen (1,4 Mitarbeiter pro handverlesenem Gastaufenthalt der Kinder der Freundeskreise der leitenden Mitarbeiter, ein Buttler und am Abend ein Stripper oder ein Freudenmädchen wäre billiger gewesen), oder eben Brachialcholeriker wie obiges Beispiel. Nachdem sich alle Welt fragte, wie die FT so einen Dreck abdrucken konnte, hakte ich bei einem ehemaligen Mitarbeiter nach. Und bekam eine Antwort. Die mich zart lächeln lässt, wenn ich heute vernehme, es gäbe in den Topmedien noch unabhängigen Journalismus, und problematisch wären allenfalls schweissflecklöschende, freie Mitarbeiter.
Insofern freut mich heute die Meldung, dass die Mutterfirma der FT, das Verlagshaus Pearson, den Verkauf der FT nicht mehr ausschliesst. Vermutlich werden da längst Zigarren an den Kaminen der britischen Private Equity Firmen geraucht. Ein, zwei Namen mit einem hübschen Portfolio, die für anstehende Exits gute Presse bräuchten, fallen mir da ein, zumal die Kosten für so ein schlingerndes Flackschiff mit Geldlecks und Wasser bis ins erste Kanonendeck nicht mehr allzu hoch sein dürften. Und der deutsche Ableger, der bislang enorme Verluste eingefahren hat, könnte dann den Beweis antreten, dass sie Wirtschaftskompetenz und Neoliberalismus bis zum im Strassengraben verrecken nicht nur abdrucken, sondern auch praktizieren: Ab mit den Leuten zu Hartz IV und ein bodenloses Fass weniger in den Bilanzen von Pearson und G+J.
Und bitte: Bei den abartig miesen FTD-Bloggern anfangen.
donalphons, 20:36h
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Claim 2.0 für bedohte rechte Tierarten
Freies Denken
ist bei Panik nicht so leicht.
Freie Märkte
können sich auch mal gegen Handlanger der Rechtsextremisten entscheiden.
Freie Menschen
bleiben meist frei, wenn es nur um einen Zivilprozess geht.
Nachtrag: Ein Benutzer des Claims, ein A.H. aus B. (nein nicht der A.H. aus B., ein anderer), hatte es gerade nötig, mich um Geld anzubetteln - offensichtlich geht eine Domainregistrierung über seine lausigen finanziellen Verhältnisse. Arme Sau.
ist bei Panik nicht so leicht.
Freie Märkte
können sich auch mal gegen Handlanger der Rechtsextremisten entscheiden.
Freie Menschen
bleiben meist frei, wenn es nur um einen Zivilprozess geht.
Nachtrag: Ein Benutzer des Claims, ein A.H. aus B. (nein nicht der A.H. aus B., ein anderer), hatte es gerade nötig, mich um Geld anzubetteln - offensichtlich geht eine Domainregistrierung über seine lausigen finanziellen Verhältnisse. Arme Sau.
donalphons, 15:12h
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Sehr zu empfehlen - Der Wintergarten
Reichtum, sagt ein altes Familienspruch dieses Clans, der nicht immer wohlhabend war, Reichtum ist die Kunst, aus Nichts etwas zu machen. Und aus wenig viel zu machen. Meine Vorfahren also stellten sich hin, kauften neben dem Stadtpalast und dem Dienstbotenhaus schräg dahinter auch noch einen Hof und bauten - schwarz natürlich, schliesslich befinden wir uns in Bayern - einen Anbau. Aus der Luft, wie es bei uns heisst, gewannen sie 45 Quadratmeter und eine ebenso grosse Terasse für das Piano Nobile, in dem sie wohnten. Ebenso schwarz errichteten sie dann in den 50er Jahren, stilecht aus massiven Trümmersteinen, einen Wintergarten, eine Erinnerung gewissermassen an die schlimme Zeit, die manche von ihnen im Heimatland der Wintergärten, in England, verbracht hatten. Damals war es ein Verbrechen am Stadtpalast, aber: Die Denkmalbehörden trugen ihn in den 70er Jahren ohne Murren ebenfalls als Denkmal ein. Wieder 8 Quadratmeter aus der Luft gewonnen.
Deutschland hat es nicht so mit Wintergärten. Dabei sind solche - heute würde man sagen Parasitenbauten - eigentlich hochmoderne Raumideen in den dicht verbauten Ballungszentren. Und gerade in einem Winter wie dem letzten und seinem elenden Ausklang wäre ein Wintergarten, der sich nach einer Stunde Licht sommerlich aufheizt, eine schöne Sache gewesen. Draussen genug, um die Dunkelheit zu vergessen, und soweit drinnen, um warm zu sein. Man kann ihn immer brauchen, ausgenommen Hochsommer. Morgen kommt das Glasdach drauf, und nächstenWinter Herbst Spätsommer (falls es den geben sollte) ist es dann soweit.
Deutschland hat es nicht so mit Wintergärten. Dabei sind solche - heute würde man sagen Parasitenbauten - eigentlich hochmoderne Raumideen in den dicht verbauten Ballungszentren. Und gerade in einem Winter wie dem letzten und seinem elenden Ausklang wäre ein Wintergarten, der sich nach einer Stunde Licht sommerlich aufheizt, eine schöne Sache gewesen. Draussen genug, um die Dunkelheit zu vergessen, und soweit drinnen, um warm zu sein. Man kann ihn immer brauchen, ausgenommen Hochsommer. Morgen kommt das Glasdach drauf, und nächsten
donalphons, 13:13h
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