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Donnerstag, 14. September 2006
Ferien für fast immer
Wäre da nicht der schmale Schattenstreifen, der jeden Tag ein paar Zentimeter vom Licht auf der Dachterasse wegnimmt, könnte man glauben, die Sonne geht jeden Tag den genau gleichen Weg über den immer wolkenlosen Himmel, und es könnte immer so weitergehen.
Tut es aber nicht. Der Besuch reist heute ab, und ich reise mit, auf dem Weg sind ein paar Schlösser und Gärten, die besichtigt werden wollen, bevor sie demnächst auf Winteröffnungszeiten umgestellt werden und der Herbst die Bäume leerfegt. Und so erinnert das letzte Abendessen dann auch an ein Nachtstück der Vergänglichkeit.
Aber hey. Das da oben ist Provinz plus, es gibt immer ein paar Minuten Sonne mehr am Morgen und Abend, es ist immer etwas ruhiger als nach vorne hinaus, und die nächsten Gäste werden sicher auch noch kommen. Weshalb ich gestern noch ein Schlafsofa gekauft habe, grün wie die Hoffnung und daunenweich wie das provinzielle Verblöden zwischen Tee, Kuchen und warmer Luft, eine Droge, die man immer wieder mal absetzen muss, sonst frisst es einen auf, und wie das endet, sehe ich an den KinderwagenschubserInnen, die hier nie wieder wegkommen werden, bis sie dann im Altersheim verschimmeln.
Tut es aber nicht. Der Besuch reist heute ab, und ich reise mit, auf dem Weg sind ein paar Schlösser und Gärten, die besichtigt werden wollen, bevor sie demnächst auf Winteröffnungszeiten umgestellt werden und der Herbst die Bäume leerfegt. Und so erinnert das letzte Abendessen dann auch an ein Nachtstück der Vergänglichkeit.
Aber hey. Das da oben ist Provinz plus, es gibt immer ein paar Minuten Sonne mehr am Morgen und Abend, es ist immer etwas ruhiger als nach vorne hinaus, und die nächsten Gäste werden sicher auch noch kommen. Weshalb ich gestern noch ein Schlafsofa gekauft habe, grün wie die Hoffnung und daunenweich wie das provinzielle Verblöden zwischen Tee, Kuchen und warmer Luft, eine Droge, die man immer wieder mal absetzen muss, sonst frisst es einen auf, und wie das endet, sehe ich an den KinderwagenschubserInnen, die hier nie wieder wegkommen werden, bis sie dann im Altersheim verschimmeln.
donalphons, 01:53h
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Wenn der Liberale mit dem Augustinus hippelt.
Seit einiger Zeit gibt es so eine Art Konfliktmanagement zwischen den von Extrempositionen abgerückten rechts-, wirtschafts-, neo- und ordoliberalen Blogs und denen des linksliberalen bis libertinen Spektrums. Trotzdem bleiben naturgemäss Unterschiede bei einigen Auffassungen, über die man diskutieren kann. Bei anderen hilft nur, sagen wir mal, Nachhilfe. Etwa hier die Meinung eines Liberalen in Bezug auf einen gewissen Herrn aus Rom, der als Chef einer christlichen Sekte auftritt:
Immerhin repräsentiert er nicht nur eine zweitausend Jahre alte Institution. Nein, er kennt ihr geistiges und kulturelles Erbe auch wie kaum jemand sonst. Und mal ehrlich: Wenn der eine sich auf Augustinus beruft, während der andere allen ernstes glaubt, Afrikas Probleme seien auf ein katholisches Kondomverbot zurückzuführen, dann ist die intellektuelle Schlacht entschieden, bevor sie überhaupt richtig losgeht.
Ich darf davon ausgehen, dass das Liberale und Freund des Westens Statler meint, via Augustinus (von Hippo, 354-430) den Sieg dem Herrn aus Rom zuschreiben zu können.
Ich möchte hierzu anmerken: Herr Statler scheint in der Konsequenz kein Problem damit zu haben, die sonst verteidigten Juden als Mörder, Mörder Christi, eine triefäugige Bande oder Abschaum zu bezeichnen - denn solche und andere Bemerkungen verdanken wir Augustinus zu einer Zeit, als das christliche römische Reich beginnt, Juden radikal zu entrechten. Ein jüdischer Staat wäre für Augustinus ein Vergehen gegen den göttlichen Heilsplan, der Juden nur als Sklaven der Kirche vorsieht - noch so eine Erfindung von Augustinus. Kein Wunder, sein Lehrer hiess Ambrosius von Mailand und hat in seinen Epistulae das Zerstören von Synagogen für gut geheissen, eine Handlungsweise, die der intellektuell schlachtende Augustinus nicht ablehnt.
Herr Statler bezeichnet sich als Liberalen - ich weiss beim besten Willen nicht, wie das mit der Prädestinationslehre von Augustinus zusammenpassen soll. Geht es nach letzterem, ist von einer Entscheidungsfreiheit des Menschen nichts zu halten. Anders gesagt: Unliberaler als Augustinus geht es nicht, die Civitas Dei und ihre weltliche Ausprägung, die Civitas Coelestis (entspricht grob Himmel und Kirche) verlangen Unterordnung, die todgeweihte Civitas Dei dagegen, mitsamt ihrem von Augustinus blumig beschriebenen Multilateralismus, ihrer Offenheit, Gleichheit und Toleranz ist nichts weiter als der sichere Weg zur Verdamnis.
Kurz, dem, was Herr Statler zu sein behauptet, steht Augustinus von Hippo mit seinen Lehren diametral gegenüber. Augustinus war die zentrale Figur des frühchristlichen Judenhasses, keiner hatte zu diesem Zeitpunkt wie er all das, für das der Westen heute steht - Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Menschenrechte - in Wort und Tat so umfassend und ideologisch begründet bekämpft. Augustinus kennt keine Menschenrechte für alle, die nicht an seine Thesen glauben. Augustinus war zu seiner Zeit das, was Bin Laden heute für den Islam ist - dem einen sein neues Kalifat, dem anderen seine Civitas Dei. Die ihm verhassten Donatisten liess er brutalst durch - wörtlich! - "terrore perculsi", verfolgen, Terror als Heilung, und damit ausrotten.
Das ist Augustinus. "De civitate dei" entwirft einen Idealstaat, der nach unseren modernen Vorstellungen religiös-faschistisch ist und heute seine nachlässige Entsprechung allenfalls unter den Taliban fand. Entweder kennt man seine Werke nicht, dann sollte man schweigen. Oder man kennt sie - dann sollte man sich aber als Liberaler keinesfalls auf sie beziehen. Coole Bilder von Kirchen habe ich übrigens auch. Und weil ich kein Christ bin, stehe ich nicht dumm und sprachlos vor den Steinhaufen, sondern kann eine Geschichte dazu erzählen:
Das ist die Westfassade des Regensburger Domes, die man momentan zwengs dem Herrn aus Rom oft in der Glotze sehen kann. Ein Meisterwerk. Mit Misstönen, über die man heute nicht redet, man mag die Stimmung nicht versauen. Zum einem ist da eine Judensau. Und dann ist da noch die Sache mit dem letzten mittelalterlichen Baumeister dieses Bauprojekts zum grösseren Ruhme Gottes. Der hiess Wolfgang Roritzer. Und wollte das Ding fertig bekommen, und sei es um den Preis eines gewaltsamen Umsturzes in der freien Reichsstadt Regensburg, um sie dem Herzogtum Bayern anzugliedern. Der Putschversuch endete für ihn auf dem Schafott. Und für uns in der Ermahnung, alles, was mit diesem Verein zu tun hat, sehr vorsichtig anzufassen. Alles hinterfragen, nichts als gegeben akzeptieren. Die sind 2000 Jahre alt, aber es sind 2000 Jahre gegen die Freiheit, und der Kampf um eben jene Freiheit ist noch lange nicht gewonnen - da reicht ein Blick zu unseren polnischen Nachbarn und den dortigen politischen Entwicklungen.
Immerhin repräsentiert er nicht nur eine zweitausend Jahre alte Institution. Nein, er kennt ihr geistiges und kulturelles Erbe auch wie kaum jemand sonst. Und mal ehrlich: Wenn der eine sich auf Augustinus beruft, während der andere allen ernstes glaubt, Afrikas Probleme seien auf ein katholisches Kondomverbot zurückzuführen, dann ist die intellektuelle Schlacht entschieden, bevor sie überhaupt richtig losgeht.
Ich darf davon ausgehen, dass das Liberale und Freund des Westens Statler meint, via Augustinus (von Hippo, 354-430) den Sieg dem Herrn aus Rom zuschreiben zu können.
Ich möchte hierzu anmerken: Herr Statler scheint in der Konsequenz kein Problem damit zu haben, die sonst verteidigten Juden als Mörder, Mörder Christi, eine triefäugige Bande oder Abschaum zu bezeichnen - denn solche und andere Bemerkungen verdanken wir Augustinus zu einer Zeit, als das christliche römische Reich beginnt, Juden radikal zu entrechten. Ein jüdischer Staat wäre für Augustinus ein Vergehen gegen den göttlichen Heilsplan, der Juden nur als Sklaven der Kirche vorsieht - noch so eine Erfindung von Augustinus. Kein Wunder, sein Lehrer hiess Ambrosius von Mailand und hat in seinen Epistulae das Zerstören von Synagogen für gut geheissen, eine Handlungsweise, die der intellektuell schlachtende Augustinus nicht ablehnt.
Herr Statler bezeichnet sich als Liberalen - ich weiss beim besten Willen nicht, wie das mit der Prädestinationslehre von Augustinus zusammenpassen soll. Geht es nach letzterem, ist von einer Entscheidungsfreiheit des Menschen nichts zu halten. Anders gesagt: Unliberaler als Augustinus geht es nicht, die Civitas Dei und ihre weltliche Ausprägung, die Civitas Coelestis (entspricht grob Himmel und Kirche) verlangen Unterordnung, die todgeweihte Civitas Dei dagegen, mitsamt ihrem von Augustinus blumig beschriebenen Multilateralismus, ihrer Offenheit, Gleichheit und Toleranz ist nichts weiter als der sichere Weg zur Verdamnis.
Kurz, dem, was Herr Statler zu sein behauptet, steht Augustinus von Hippo mit seinen Lehren diametral gegenüber. Augustinus war die zentrale Figur des frühchristlichen Judenhasses, keiner hatte zu diesem Zeitpunkt wie er all das, für das der Westen heute steht - Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Menschenrechte - in Wort und Tat so umfassend und ideologisch begründet bekämpft. Augustinus kennt keine Menschenrechte für alle, die nicht an seine Thesen glauben. Augustinus war zu seiner Zeit das, was Bin Laden heute für den Islam ist - dem einen sein neues Kalifat, dem anderen seine Civitas Dei. Die ihm verhassten Donatisten liess er brutalst durch - wörtlich! - "terrore perculsi", verfolgen, Terror als Heilung, und damit ausrotten.
Das ist Augustinus. "De civitate dei" entwirft einen Idealstaat, der nach unseren modernen Vorstellungen religiös-faschistisch ist und heute seine nachlässige Entsprechung allenfalls unter den Taliban fand. Entweder kennt man seine Werke nicht, dann sollte man schweigen. Oder man kennt sie - dann sollte man sich aber als Liberaler keinesfalls auf sie beziehen. Coole Bilder von Kirchen habe ich übrigens auch. Und weil ich kein Christ bin, stehe ich nicht dumm und sprachlos vor den Steinhaufen, sondern kann eine Geschichte dazu erzählen:
Das ist die Westfassade des Regensburger Domes, die man momentan zwengs dem Herrn aus Rom oft in der Glotze sehen kann. Ein Meisterwerk. Mit Misstönen, über die man heute nicht redet, man mag die Stimmung nicht versauen. Zum einem ist da eine Judensau. Und dann ist da noch die Sache mit dem letzten mittelalterlichen Baumeister dieses Bauprojekts zum grösseren Ruhme Gottes. Der hiess Wolfgang Roritzer. Und wollte das Ding fertig bekommen, und sei es um den Preis eines gewaltsamen Umsturzes in der freien Reichsstadt Regensburg, um sie dem Herzogtum Bayern anzugliedern. Der Putschversuch endete für ihn auf dem Schafott. Und für uns in der Ermahnung, alles, was mit diesem Verein zu tun hat, sehr vorsichtig anzufassen. Alles hinterfragen, nichts als gegeben akzeptieren. Die sind 2000 Jahre alt, aber es sind 2000 Jahre gegen die Freiheit, und der Kampf um eben jene Freiheit ist noch lange nicht gewonnen - da reicht ein Blick zu unseren polnischen Nachbarn und den dortigen politischen Entwicklungen.
donalphons, 02:59h
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