: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 8. April 2008

Empfehlung heute - Morgen werde ich aufschreiben,

wie es ist, wenn man am Tegernsee wohnt und mit dem Roadster im Sonnenschein einen Alpenpass überquert, um dann im zauberhaften Schwaz bei einem Delicatessengeschäft namens Hörtnagl an der Theke von einem Spezialisten, der aussieht wie der mittelalte Charlton Heston nach drei Wochen Gletscherski, einen selbstgebackenen Cracker mit einem Batzen selbst gemachten Kräuterkäse angeboten zu bekommen, den man sich nach der Geschmacksexplosion im Mund zur Vermeidung eines Fressanfalls besser nicht dem gerade gekauften Zwiebelbaguette vorstellt, das es auch noch mit Bärlauch gäbe - ich denke, das ist das perfekte Kontrastprogramm zum Konsum an der Reeperbahn und zeigt zusammen idealtypisch, was in diesem unserem "Deutschland, dem Land des Aufschwungs", wie Matt es bezeichnet, an Erfahrungen möglich ist.

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Wo man bleiben kann - Platz 3: Lissabon

Da sass ich also im Winter 1995 in einem eher kleinen Kino in der Altstadt von Lissabon, das sich schnell füllte. Kurz vor dem Start des Films drückte sich ein älterer Herr mit den anderen Besuchern herein, blieb aber vorne stehen, wartete, bis sich alle gesetzt hatten, und begann zun erzählen. Über die Zeit unter Salazar, als man ihn eingesperrt hatte, über Diktaturen im Allgemeinen und im Speziellen, wie man sie zerbricht, und darüber, dass ihm bei seinem Weg der nun kommende Film "Casablanca" so geholfen habe, dass es für ihn der Kultfilm schlechthin sei, selbst wenn er sich auch überlegt hatte, dass er gerne nochmal den Körper von Anita Ekberg in Fellinis La dolce Vita gesehen hätte, aber letztendlich sei Bogart doch sein Ideal des Kämpfers, der Film drücke das aus, was ihn angetrieben habe, also wünsche er uns viel Spass. Er setzte sich in die erste Reihe, und dann begann der Film. Und ich dachte mir: Man kann viel Schlechtes über Portugal sagen, aber ich würde verdammt gerne in einem Land leben, in dem der Staatspräsident in einem ganz normalen Kino in seiner Nachbarschaft ganz normalen Leuten seinen Lieblingsfilm zeigt und obendrein nicht ein Politapparatschik ist, sondern ein Held.

Ich fand Lissabon schon grossartig, als ich mit dem Zug aus Madrid über die verschneiten Hochebenen der iberischen Halbinsel ankam. Madrid war grausam kalt, aber in Lissabon ist im Dezember Frühling. Es war mir vollkommen egal, dass die Wohnung gleich am Schwulenstrich war, die mitbewohnenden Waliser Dinge kochten, die noch schlimmer als der allgegenwärtige Bacalao stanken, und selbst der Machismo älterer Männer störte mich nicht weiter, angesichts dieser Stadt, dieser unfassbar schönen, weitgehend erhaltenen und früher mal sagenhaft reichen Stadt, die all das einzulösen vermag, was Neapel nur verspricht. Lissabon ist das Ende Europas, aber es ist extrem altes Europa, angefangen bei den Cafehäusern bis zu den Spuren all der Kulturen, die sich hier ein Stelldichein geben.

Die Erinnerung täuscht mich natürlich, ich habe in Lissabon sehr viel mehr gemacht, aber rückblickend bleiben Stunde und Tage in Cafes, wie es sie in Deutschland nicht gibt, es bleiben die Beutezüge über die Feira di Ladra und all die vollgestopften Antiquitätenläden der Alfama, und das Meeresufer von Belem runter nach Cascais, entlang der Strecke, an der ich mir etwas suchen würde. Lissabon zum Wohnen? Etwas laut vielleicht, und jenseits der Alfama und Bairro Alto mit lebensgefährlichem Autoverkehr versehen. Dortselbst aber - auch wohnenswert. Allerdings, wenn man Immobilienbesitzerblut hat, fallen einem die vielen resaturierungsbedürftigen Villen zwischen der Stadt und Estoril mit Meerblick auf, manchmal gar im maurischen Stil, und mit der Bahn ist man auch schnell in der Stadt.

Lissabon ist in jedem Fall eine sichere Adresse: Für Mitteleuropa günstige Lebenshaltungskosten, eine Stadt, die weiter wachsen wird, und obendrein noch nicht ganz verstanden hat, dass Altbauten ihre Qualitäten haben. Einrichten dürfte kein Problem sein; seit dem grossen Erdbeben (dessen Ausmasse wohl doch etwas übertrieben wurden, suchte man doch einen passenden Anlass für den grossen aufgeklärt-absolutistischen Wurf) ist man von grösseren Konflikten verschont geblieben, und als Anfang des 19. Jahrhunderts der Niedergang einsetzte, wurde immens viel einfach bewahrt. Nur um mal einen Begriff davon zu vermitteln: 18 klassisch geformte Karaffen, die in Deutschland als "Biedermeier" verkauft werden, konnte ich am Ende in den Flieger bringen, mehr als ich in all den Jahren in Deutschland sah, nebenbei gekauft für Kleinstbeträge und ausreichend bis in die dritte Generation nach mir.

Nach Lissabon sollte man gleich mit dem Lastwagen fahren, aber ich habe Angst, dass nach dem dritten Leuchter ein Händler sagen könnte, wenn man eine etwas beschädigte Villa am Strand dafür suche, sein Cousin wüsste da was - und dann würde ich mein Herz verlieren.

An etwas, das ich mir jetzt nicht mehr leisten kann. Aber zwei Karaffen aus Lissabon stehen als Mahnung am Tegernsee. Man merkt in diesem Satz vielleicht den Unterschied. Lissabon. Tegernsee. Das ist eigentlich keine Entscheidung, sondern ein Abgrund.

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Die Ähnlichkeit der Verlierer

Als ich den Tatzelwurm da sah, überlegte ich mir, an wen mich der eigentlich erinnert. Diese kalten, blauen Augen. Das Gegeifer. Dieses Rumwinden. Der ganze Charakter, der ihm innewohnt.



Jetzt ist es mir eingefallen. Der schaut aus wie der derzeitig noch im Amt verweilende CSU-Vorsitzende Huber. Dem es grad genauso nass reingeht. Wenn unser schwarzbraunes Regionalschmarrnblatt schon behauptrn muss, dass die neuesten Umfragen nicht allzu schlimm sind, weiss man, was los ist im Bayernland.

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