: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 15. April 2008

Entsagung und Anstrengung

Von unten, aus dem Inntal kommend, sieht es so aus, als liege gleich hinter Schwaz auf einer kleinen Anhöhe Schloss Freundsberg, auch bekannt als Sigmundsruh, nach Sigmund dem Münzreichen, der hier im XV. Jahrhundert seine Finanzen verwaltete. Was recht einfach war, denn gleich unter der Burg waren die reichsten Silberminen der damals bekannten westlichen Welt, und es sollte weit über 100 Jahre dauern, bis die früher Globalisierung mit Silberimporten aus Amerika den Bergbau in Schwaz erstmals gefährdete. Solang war Schwaz eine der reichsten Städte der Welt, und oben auf Freundsberg hatten die österreichischen Herrscher alle Vorteile des edelmetallbasierten Währungssystems für sich.

Man hat Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wenn man von ganz unten aus losmarschiert, denn es zieht sich. Da oben ist der Tresor einer mittelalterlichen Grossmacht, der liegt doch etwas höher, als man glauben mag, die Fusswege sind steil und durch das Schmelzwasser ausgewaschen. Die Habsburger nahmen natürlich Träger oder Kutschen, deshalb waren sie nicht die Allerdünnsten, wie generell der Adel bis ins XVIII. Jahrhundert rund als Schönheitsideal betrachtete. Unfreiwillig dürre Landeskinder in einem Ausmass, wie man es heute nur noch unter der Herrschaft von Berlins Pascha Klaus I, der Auchgutsoige, kennt, hatte man mehr, als einem lieb sein konnte. Dennoch, ab und an etwas Sport mit Panorama vom Achenpass bis zum Anstieg des Brenner und danach gesunde Rohkost kann auch nicht schaden.



(Grossbild hier, Riesenbild hier)

Und was das Dressing angeht: Unten in Schwaz gibt es den Feinkost Pedevilla, die neben Salatzutaten sehr vieles im Programm haben, für das sich die 60 Kilometer über den Achenpass mehr als lohnen. Etwa einen Kräuterfrischkäse, den man nur mit Öl und Essig mischen muss, um ein Dressing zu haben, das man feiner nie hinbe - , was? Wie meinen? 60% Fett im Käse und Öl würden die Fastenbemühungen conterkarieren?

Dann schweige ich jetzt zu den Steinpilzschlutzkrapfen und dem Gorgonzola, die ich auch mitgebracht habe, vom Zwiebelbaguette, und ausserdem ist jetzt eh Kochzeit.

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Stilvolles Häschen

Als ich es zum ersten Mal sah, musste ich lachen. Weniger wegen der rosa Streifen; vielmehr wegen dessen, was man heute als "Brand Extension" bezeichnet, die zudem äusserst hinterhältig sein könnte, wendet sie sich doch an die Kleinsten. Die wollen es haben, können irgendwann lesen, was drauf steht, und wenn Ann-Sophie dann gross ist, im Stil des vorletzten Jahrhunderts geheiratet und nun von ihrem Gatten die Aufgabe übertragen bekommen hat, das gemeinsame Haus einzurichten, wird sie sich an ihre Kindheit erinnern, und dass es auch die rüdesten Katzenangriffe überstanden hat, und dann sagen, dass sie einerseits nicht unter dem Niveau wohnen will, das sie seit der Krippe kennt, und andererseits hat der Stoff sie jahrzehntelang ertragen, das geht jetzt sicher auch bei Sofas lange gut. Wo dreistellige Eurobeträge für den laufenden Meter erheblich mehr zu Buche schlagen, als damals, als sie einen originalen JAB Anstötz Hasen geschenkt bekam. Dann haben Naht, Füllung und rosa Streifen ihren Zweck erfüllt; eine frühkindliche Verführung mit Langzeitwirkung und verzögertem Zünder.

Beim ersten Betrachten fand ich das Ding, vom Marketingstandpunkt gesehen, fies gemacht, billig und effektiv wie eine Tretmine. Zumal es auch noch aus dem Affenfelsen Rottach kommt. Aber die Zeiten haben sich geändert. Es gibt einen Trend in meinem weiteren Umfeld, Kinder nicht mehr ganz so vehement abzulehnen. Die Transporte zur Beratung und zu einer Abtreibungsklinik, die in Bayern bis heute nicht gerade kundenfreundlich abzuwickeln sind, oftmal auch unter enormen Zeitdruck, weil es den Betreffenden reichlich spät kam und die Verursacher dieser Spätfolgen von Spass und Sex die Fliege machten - sowas kommt in den besten Familien vor - diese Fahrten und das Patschehändchen halten und die Nachbetreuung sind selten geworden. Statt dessen werden Kinder gezielt gemacht, und inzwischen sind die Einschläge so nah, dass ich sie nicht mehr ignorieren kann. Und auch sowas wie ein "gchrtulire" zwischen meinen plötzlich sehr schmalen Lippen entkommen muss, um nicht allzu unhöflich zu erscheinen.

Und da dachte ich mir...



Ich mein, wenn die anderen schon zur Erhaltung einer Spezies beitragen, die man diesem Planeten eigentlich nicht guten Gewissens zumuten kann, wäre es doch zumindest der Nachhaltigkeit geschuldet, wenn ich den Samen lege für ein sozialverträgliches Verhalten, das sich gegen Raubbau an der Natur, Wegwerfmöbel und Lohndumping in Osteuropa entscheidet, eine Initialzündung für das Bewusstsein einleite, das Bessere zu wollen und zu kennen*. Man steckt heute kleinen Kindern keinen Silberlöffel mehr in den Mund, aber nach meiner Erfahrung kann man die meisten Frauen mit Luxus ordentlich so gestalten, dass später Geringeres überhaupt nicht mehr in Frage kommt.

Man kann vielleicht gar nicht früh genug damit anfangen. Hier, bitte, ist er nicht süss, und er fusselt auch nicht, ist ja Stoff, extrem guter Stoff, aber bitte, nein, nichts zu danken, wirklich nicht, nur mein Beitrag zur Erhaltung einer Art nach meiner Vorstellung.

*gestern wollte einer an der Blogbar, dass ich mich in Zukunft mit 7 Wörtern pro Satz bescheide. Der Satz oben enthält, ich habe sie gezählt, 63 Wörter. Und ich sage ohne falsche Höflichkeit, dass ich meine, das den Lesern hier zumuten zu können.

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