: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 30. April 2008

Wetterwechsel II

Zweitwohnsitz, Ferienwohnung, der Garten, der zu bestellen ist: Leider gibt es am See auch noch etwas anderes als Vorruheständler, die das Sozialsystemdes Staates in den Wirtshäusern, Kliniken und Apotheken ruinieren. Am Südende des Sees ist alles mit Hotels zugepflastert, die in dieser Jahreszeit mit günstigen Angeboten für Kongressbuchung locken. Nicht ohne gute Gründe, schliesslich spricht es sich über Anlagen, sagen wir mal in weniger gut bestellten Regionen wie dem Osten, Berlin, dem Balkan und den unsicheren USA besser irgendwo, wo keine hässliche Realität hinter jeder Parkplatzmauer in Form von Platte, Investitionsruine, Aufbau Ost oder Leerstand mit den klapprigen Hüften wackelt. Hier lässt es sich fern von den Anfeindungen vorzüglich essen, reden, geniessen, und, äh, irgendwas war da noch, ach so, etwas zeichnen, zur Vermögenssicherung, nachdem die Rattenlinie von Rottach über Achensee nach Vorarlberg nicht mehr allzu weise ist. Mag sein, dass man in den mir bekannten Münchner Knochenbrecherkreisen gar nicht gut auf solche Anbieter zu sprechen ist, man könnte auch sagen, man ficht jurisistische Endkämpfe aus, aber dennoch ist es spannend zu wissen, was die jetzt so treiben, was sie erzählen, und was sie unerwähnt lassen.



Und während sie noch präsentierten und sich auf der Bühne die Hände schüttelten, und ich brav mit all den anderen Schafen applaudierte, verschwanden draussen die dichten, mehrlagigen Wolkendecken, Blau ward gesehen, Sonne gar, und als ich dann am Abend wieder Richtung Norden fuhr, in das, was unversehens zur Dienstwohnung geworden ist, war der Wetterwechsel wieder rückgängig gemacht. Das Wetter kann wandeln, viel leichter, als eine unvorsichtige Unterschrift, und fast so schnell wie die Jovalität derer, zu deren Gunsten sie geleistet wird, wenn man es endlich gewagt hat, und den grossen Sprung für das eigen Vermögen getan hat, wie es gerne von solchen Podien schallt.



Ich denke, es ist dieses latente Urlaubsszenario. So, wie man im Urlaub nicht auf den Preis schaut und die Köstlichkeiten ordert, für die man daheim acht Wochen am Knäckebrot mümmelt, verlieren sich Vernunft, scharfe Rechenkunst und Vorsicht, wenn es draussen plötzlich schön wird, und die Luft warm über dem Wasser zu flirren beginnt, ein paar Boote schaukeln im Wasser, und über die Hügel erheben sich die immer noch weissen Spitzen der Berge, als wären sie aus Zuckerguss. Hier ein Geschäft abgeschlossen zu haben, ist nochmal was ganz anderes als in einem Mietsaal draussen am Flughafen, wo die Kekse trocken und das einzig sehenswerte die scharfen Schutzmassnahmen für die Flugzeuge der El-Al sind. In der Ferne mag man vielleicht die Berge sehen, als Rand der Tiefebene, hier geht man einfach am Strand spazieren und kommt dann auch bei einem passenden Restaurant an, dessen Bedienungen ebenso schön wie die Portionen üppig sind.



Das alles hier macht milde. Es beschwert sich keiner, dass die Jugend durch den Pavillion ihre Skateboards hetzt, im Gegenteil, die Senioren auf den Bänken klatschen bei gelungenen Sprüngen. Man kann hier viel leichter glauben, dass alles gut ist und seine Ordnung hat, und wenn es morgen hell wird, werden wieder die Berge vor diesem einzigartigen Blau herüberleuchten, wenn man eben noch im Überschwang eine Nacht in einem *****plus-Hotel dranhängt. Das ist gut für einen selber, gut für das Hotel und auch nicht der Schaden des veranstaltenden Wirtschaftskriminellen, dessen Begleiter beim Portier nach dem Weg nach Österreich fragten, um dort schnell noch mal billig zu tanken, Benzin und Alk. Geht es nach denen, die mich bezahlen und mir somit die Überweisung der Grunderwerbssteuer mit meinem eigenen Geld erlauben (ein ärgerlicher, wiederkehrender Topos bis Mitte nächsten Monats, mindestens), werden sie den Alkohol schon bald zur Beruhigung und das Benzin zur Selbstverbrennung brauchen -

aber es ist schön hier. Wirklich schön. Zwei Stunden an der Strandpromenade, und solche Gedanken sind weltenfern.

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Empfehlung heute - Nach Frankfurt

mit Anke Groener zu ihr selbt ins Museum - als Historiker darf ich dazu vielleicht sagen, dass es ein eher seltsames Gefühl ist, sich musealisiert vorzufinden.

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