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Freitag, 27. Juni 2008
Real Life 26.6.08 - Zahltag
Wer zahlt sie eigentlich?
Wenn alles gut geht, wird das bei dem Streitwert für die Gegenseite so teuer, dass Sie sich darüber keine Gedanken machen müssen.
Und wenn nicht?
Die meisten Mandanten haben ihre Anlagestrategien breit aufgefächert, grauer Kapitalmarkt, Aktien, Festgeld, Immobilien,und vermutlich jede Menge Schwarzgeld irgendwo. Und es gibt so Tage, da entgeht nichts den schlechten Meldungen, da wollen Anwälte viel Geld für den Schriftsatz der Selbstanzeige, die Steuer will Geld, die Inflation frisst die Festgeldzinsen auf, die Aktien crashen, von den Immobilien kann man nicht runterbeissen, obwohl das fein wäre: Denn der graue Kapitalmarkt nämlich braucht erwartungsgemäss frisches Geld von den Gesellschaftern. Heute war so ein Tag. Ein verdammt hässlicher Tag. Es ist gar nicht so leicht, an so einem Tag einer Betroffenen eine schlüssige Antwort für den schlimmsten Fall zu geben.
Keiner, vermutlich. Soweit ich informiert bin, haben die meisten Gesellschafter schon Vorsorge getroffen, damit die Geschichte nicht auf ihr Vermögen durchschlägt. Schlecht für mich, aber ich kann es irgendwo verstehen. Allerdings kann es auch sein, dass die Gegenseite versucht, ihr Geld aus der Gefahr zu bringen, für den Fall, dass sie verlieren. Wäre auch nicht besser. Es kann alles sehr, sehr lang dauern. Vielleicht sollte ich mal anfangen, meine Rechnungen einzutreiben.
Sie lächelt süffisant und beruhigt dich, dass du bei ihr keine Angst haben brauchst, denn sie hat keinen Mann mehr, dem sie noch etwas überschreiben könnte, und wenn es durch alle Instanzen geht, wirst du das Vergnügen haben, deine Auftraggeber die Rechnungen mit ihrem Erben ausfechten zu sehen, denn sie glaubt nicht, dass der freiwillig irgendwas rausrückt. Draussen gleitet unter Regenschleiern die entzückende Landschaft des Starnberger Sees vorbei, leider unter einem grauen, feuchtnassen Bleihimmel, der den Blick zu den Alpen in etwa so versperrt wie die lausige Natur der Berlinimmobilie den Weg zum versprochenen Ertrag.
Du erzählst ihr den neuesten Tratsch von den armen Schweinen, mit deren Geld gerade in der Hauptstadt weisse Pferde in Restaurants untergebracht werden, und welche Summen angeblich bezahlt wurden, um genehme Berichte darüber in ohnehin fondsfreundliche Zeitungen zu bringen. Von der Designclique der selbsternannten "Designladies", die Frauen umgarnt, deren Männer dann zeichnen oder bei Verfahren helfen sollen. Es geht immer noch schlimmer, hier kann man sich wenigstens wehren, oder dem Gegner einen Herzkaschperl mitverursachen. Dann kommt das Tor, das sich automatisch öffnet, die Auffahrt, und sie bittet dich, in die hallenartige Garage zu fahren, von da aus hat sie es bei diesem Wetter leichter ins Haus.
Zwei grosse Wägen stehen noch da, und Möbel. Das kommt alles raus, sagt sie und entschuldigt sich für die Unordnung, das steht jetzt schon hier, seit sie die Stadtwohnung aufgegeben haben, jetzt will sie Ordnung machen und hat auch schon einen Händler, der das ganze Zeug abholt. Ein Halsabschneider, aber sie hat keine Lust, sich noch damit auseinander zu setzen, der Erbe hat kein Interesse dafür, nur die Sache mit den Stühlen von ihren Urgrosseltern ärgert sie: Die sind nämlich durchaus was wert, aber damals beim Umzug gingen die Kissen verloren, und deshalb würde sie der Erbe wegwerfen, der Händler jedoch will sie einfach so umsonst haben. Die beiden da.
Dort stehen zwischen Schränken und Tischen zwei rot und gold gefasste Rokokostühle mit hohen Lehnen, nicht perfekt erhalten, aber keine Kopien, geschnitzte Originale aus der Zeit um 1740 mit alten Reparaturen. Die Sorte, deren Anblick dir in der Leistengegend weh tut. Die Sorte, deren Marktpreis auch reiche Designcliquen in Berlin nicht mal eben aus der Portokasse bezahlen könnten. Um 1870, erzählt sie, hat ihr mit Getreidespekulationen und Überseeprodukten reich gewordene Urgrossvater im Badischen ein Schloss mit dem gesamten Mobiliar gekauft, vieles wurde ausgetauscht und das Schloss durch den Wandel der Zeiten wieder verkauft, aber diese Stühle haben sich erhalten, natürlich müsste man sie renovieren, aber zum Verschenken an einen Händler, nein, da würde sie sie lieber verheizen.
Ich tausche meine Forderungen gegen die Stühle, sagst du, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, dass dein Verhalten absolut unschicklich ist. Und du eigentlich keinen Stuhl mehr brauchst.
Sie findet das unschicklich, da viel zu teuer bezahlt und drängt dir obendrein noch ein Teeservice auf, das du natürlich auch nicht mehr brauchst.
Wenn alles gut geht, wird das bei dem Streitwert für die Gegenseite so teuer, dass Sie sich darüber keine Gedanken machen müssen.
Und wenn nicht?
Die meisten Mandanten haben ihre Anlagestrategien breit aufgefächert, grauer Kapitalmarkt, Aktien, Festgeld, Immobilien,und vermutlich jede Menge Schwarzgeld irgendwo. Und es gibt so Tage, da entgeht nichts den schlechten Meldungen, da wollen Anwälte viel Geld für den Schriftsatz der Selbstanzeige, die Steuer will Geld, die Inflation frisst die Festgeldzinsen auf, die Aktien crashen, von den Immobilien kann man nicht runterbeissen, obwohl das fein wäre: Denn der graue Kapitalmarkt nämlich braucht erwartungsgemäss frisches Geld von den Gesellschaftern. Heute war so ein Tag. Ein verdammt hässlicher Tag. Es ist gar nicht so leicht, an so einem Tag einer Betroffenen eine schlüssige Antwort für den schlimmsten Fall zu geben.
Keiner, vermutlich. Soweit ich informiert bin, haben die meisten Gesellschafter schon Vorsorge getroffen, damit die Geschichte nicht auf ihr Vermögen durchschlägt. Schlecht für mich, aber ich kann es irgendwo verstehen. Allerdings kann es auch sein, dass die Gegenseite versucht, ihr Geld aus der Gefahr zu bringen, für den Fall, dass sie verlieren. Wäre auch nicht besser. Es kann alles sehr, sehr lang dauern. Vielleicht sollte ich mal anfangen, meine Rechnungen einzutreiben.
Sie lächelt süffisant und beruhigt dich, dass du bei ihr keine Angst haben brauchst, denn sie hat keinen Mann mehr, dem sie noch etwas überschreiben könnte, und wenn es durch alle Instanzen geht, wirst du das Vergnügen haben, deine Auftraggeber die Rechnungen mit ihrem Erben ausfechten zu sehen, denn sie glaubt nicht, dass der freiwillig irgendwas rausrückt. Draussen gleitet unter Regenschleiern die entzückende Landschaft des Starnberger Sees vorbei, leider unter einem grauen, feuchtnassen Bleihimmel, der den Blick zu den Alpen in etwa so versperrt wie die lausige Natur der Berlinimmobilie den Weg zum versprochenen Ertrag.
Du erzählst ihr den neuesten Tratsch von den armen Schweinen, mit deren Geld gerade in der Hauptstadt weisse Pferde in Restaurants untergebracht werden, und welche Summen angeblich bezahlt wurden, um genehme Berichte darüber in ohnehin fondsfreundliche Zeitungen zu bringen. Von der Designclique der selbsternannten "Designladies", die Frauen umgarnt, deren Männer dann zeichnen oder bei Verfahren helfen sollen. Es geht immer noch schlimmer, hier kann man sich wenigstens wehren, oder dem Gegner einen Herzkaschperl mitverursachen. Dann kommt das Tor, das sich automatisch öffnet, die Auffahrt, und sie bittet dich, in die hallenartige Garage zu fahren, von da aus hat sie es bei diesem Wetter leichter ins Haus.
Zwei grosse Wägen stehen noch da, und Möbel. Das kommt alles raus, sagt sie und entschuldigt sich für die Unordnung, das steht jetzt schon hier, seit sie die Stadtwohnung aufgegeben haben, jetzt will sie Ordnung machen und hat auch schon einen Händler, der das ganze Zeug abholt. Ein Halsabschneider, aber sie hat keine Lust, sich noch damit auseinander zu setzen, der Erbe hat kein Interesse dafür, nur die Sache mit den Stühlen von ihren Urgrosseltern ärgert sie: Die sind nämlich durchaus was wert, aber damals beim Umzug gingen die Kissen verloren, und deshalb würde sie der Erbe wegwerfen, der Händler jedoch will sie einfach so umsonst haben. Die beiden da.
Dort stehen zwischen Schränken und Tischen zwei rot und gold gefasste Rokokostühle mit hohen Lehnen, nicht perfekt erhalten, aber keine Kopien, geschnitzte Originale aus der Zeit um 1740 mit alten Reparaturen. Die Sorte, deren Anblick dir in der Leistengegend weh tut. Die Sorte, deren Marktpreis auch reiche Designcliquen in Berlin nicht mal eben aus der Portokasse bezahlen könnten. Um 1870, erzählt sie, hat ihr mit Getreidespekulationen und Überseeprodukten reich gewordene Urgrossvater im Badischen ein Schloss mit dem gesamten Mobiliar gekauft, vieles wurde ausgetauscht und das Schloss durch den Wandel der Zeiten wieder verkauft, aber diese Stühle haben sich erhalten, natürlich müsste man sie renovieren, aber zum Verschenken an einen Händler, nein, da würde sie sie lieber verheizen.
Ich tausche meine Forderungen gegen die Stühle, sagst du, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, dass dein Verhalten absolut unschicklich ist. Und du eigentlich keinen Stuhl mehr brauchst.
Sie findet das unschicklich, da viel zu teuer bezahlt und drängt dir obendrein noch ein Teeservice auf, das du natürlich auch nicht mehr brauchst.
donalphons, 00:58h
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Empfehlung heute - Mönche essen alles.
Insofern ist es mutig, sich als Gorillaschnitzel in die Klauen einer Kirche zu begeben.
donalphons, 12:46h
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