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Dienstag, 11. November 2008
Opel, der Markt und der Tod
Ich war vor ein paar Wochen in Rüsselsheim. Prima am Main gelegen. Eine Staumauer den Fluss runter anlegen, fluten, und schon muss man sich kein Gewinsel der Opel-Chefs und ihrer amerikanischen Strippenzieher von GM mehr anhören, die 40 Milliarden Euro für den stockenden Fahrzeugabsatz in Europa wollen. Und dass gerade Opel quäkt, ist kein Zufall - hat die Deutsche Bank doch gerade das Kursziel für die GM-Aktie auf 0 gesenkt. Nachdem der Versuch, in den USA an Staatsgeld für missglückte Karren nicht vorankommt, soll jetzt Europa und Deutschland zahlen.
Das hier ist ein Talbot Lago T26 aus den frühen 50er Jahren in Brescia an der technischen Abnahme für die Mille Miglia:
Das ist nun wirklich ein schönes Auto, ein Klassiker des frühen Nachkriegsdesign, mit 120 PS und einer modernen Karosserie. Dennoch ging Talbot kurz danach fast pleite, die Firma edelster Sport- und Luxuswagen musste an Simca verkauft werden, die selbst an Chrysler verkauft wurde, um dann in der Krise der 70er Jahre wiederum an Peugeot-Citroen verkauft zu werden, wo Talbot dann als Name für Kleinwägen verwendet wurde. Mit den glorreichen Zeiten, als Talbot mit Bugatti, Alfa und Delahaye die Rennstrecken beherrschte, hatte das nichts mehr zu tun. Eine Schande, sicher.
Opel nun verdanken wir Kfz-historisch den Raketenwagen und mit dem Opel Olympia den ersten Serienwagen mit selbsttragender Karosserie. In den 20er Jahren war fast jedes zweite Auto in Deutschland ein Opel, aber die Weltwirtschaftskrise zwang die Firmeninhaber, den Laden an General Motors zu verkaufen. Immerhin ging es mit dem Fahrzeugbau weiter, und auch Öl- und Wirtschaftskrisen konnten der Firma nicht den Garaus machen. Opel hat viele Fehler gemacht - Prollschlitten für das Ruhrgebiet und Blogger in noch hässlicheren Autos - und das alles überlebt. Bis jetzt.
Talbot hat Autos gebaut, die für die Zeit im Vergleich zu anderen zu exotisch und zu teuer waren. Opel baut Autos, die im Vergleich zu anderen zu schlecht, zu gewöhnlich und zu teuer sind. Wir stecken mitten in einer Rezession, und Opel hat weder ein tolles Design noch einen tollen Ruf oder einen tollen Elektromotor oder sonstwas, das einen dazu bringen könnte, trotz Krise und Kreditknappheit genau so einen Opel zu kaufen. Opel ist noch hässlicher als Dacia, schlecht, langweilig und hat sogar die hauseigenen Legenden für Schrott wie den neuen GT verramscht. Wie so oft, konnte eine Firma wie Opel im Boom mithalten, aber die Krise macht solchen Firmen kapitalistisch korrekt das Licht aus. Weil sie keinen Markt mehr haben, den sie kostendeckend beliefern können. Und weil sie wie Ford an einer amerikanischen Mama kurz vor dem Exitus hängen.
Natürlich kommen sie jetzt alle mit der Propagandalüge, sie würden nach Jahrzehnten der Benzinfresserei schnellstens umweltfreundliche Wägen entwickeln - ein dreister Witz, wenn man die Vorlaufszeiten bei der Serienproduktion von Autos und die technischen Hürden neuartiger Antriebe kennt. Wenn Firmen das nicht hinbekommen, wenn Firmen in dieser Richtung die Trends verschlafen haben, dann sind das die amerikanischen Marken und ihre deutschen Ableger. Es würde heute keinen Sinn machen, die Verschrottung von Altautos - wie von Opel vorgeschlagen - mit einer Prämie zu belohnen und dann die Halden der technischen Opeldinosaurier zu verkaufen, die mich dann auf dem Jaufenpass ausbremsen und überholt werden müssen.
Wie man an Talbot und vielen anderen stolzen Marken - man nehme nur mal die ausgestorbene englische Autoindustrie! - sehen kann, ist das normal. Opel hält sich für so wichtig wie Rover oder Panhard oder die Rootes-Gruppe - und alle mussten erkennen, dass es auch ohne sie geht. Es wird auch ohne Opel gehen. Sollte GM pleite gehen, wird Opel verschwinden und den Markt anderen Firmen überlassen, die besser sind und dem Markt bessere Lösungen anbieten. Es gibt keinen plausiblen Grund, der deutschen Tochter eines US-Konzerns Milliarden zur indirekten Finanzierung ihrer lahmen, spritsaufenden Mühlen reinzuschieben, wenn damit innovative Hersteller Absatzprobleme bekommen.
Vielleicht findet sich auch jemand und kauft das Europageschäft von GM. Behält Opel als Billigmarke. Es gibt Emerging Markets und Drittweltstaaten, die kein Problem mit veralteter Technik haben, von den UdSSA bis nach Nigeria, zu betrachten an Firmen wie Jaguar für Indien oder MG und Rover für China. Die Geschichte ist voller Marken, die Krisen nicht überleben. Und es wäre schon ein verdammter Zynismus der Industriegeschichte, wenn Firmen wie Talbot verschwinden müssten, und sowas wie Opel würde auf Steuerzahlerkosten gerettet. Dann lieber wirklich den Adam-Opel-Stausee über Rüsselsheim anlegen.
Wie man am Tegernsee an den Resten der Fischerei im Wasser sieht, kann das sogar durchaus romantisch wirken.
Das hier ist ein Talbot Lago T26 aus den frühen 50er Jahren in Brescia an der technischen Abnahme für die Mille Miglia:
Das ist nun wirklich ein schönes Auto, ein Klassiker des frühen Nachkriegsdesign, mit 120 PS und einer modernen Karosserie. Dennoch ging Talbot kurz danach fast pleite, die Firma edelster Sport- und Luxuswagen musste an Simca verkauft werden, die selbst an Chrysler verkauft wurde, um dann in der Krise der 70er Jahre wiederum an Peugeot-Citroen verkauft zu werden, wo Talbot dann als Name für Kleinwägen verwendet wurde. Mit den glorreichen Zeiten, als Talbot mit Bugatti, Alfa und Delahaye die Rennstrecken beherrschte, hatte das nichts mehr zu tun. Eine Schande, sicher.
Opel nun verdanken wir Kfz-historisch den Raketenwagen und mit dem Opel Olympia den ersten Serienwagen mit selbsttragender Karosserie. In den 20er Jahren war fast jedes zweite Auto in Deutschland ein Opel, aber die Weltwirtschaftskrise zwang die Firmeninhaber, den Laden an General Motors zu verkaufen. Immerhin ging es mit dem Fahrzeugbau weiter, und auch Öl- und Wirtschaftskrisen konnten der Firma nicht den Garaus machen. Opel hat viele Fehler gemacht - Prollschlitten für das Ruhrgebiet und Blogger in noch hässlicheren Autos - und das alles überlebt. Bis jetzt.
Talbot hat Autos gebaut, die für die Zeit im Vergleich zu anderen zu exotisch und zu teuer waren. Opel baut Autos, die im Vergleich zu anderen zu schlecht, zu gewöhnlich und zu teuer sind. Wir stecken mitten in einer Rezession, und Opel hat weder ein tolles Design noch einen tollen Ruf oder einen tollen Elektromotor oder sonstwas, das einen dazu bringen könnte, trotz Krise und Kreditknappheit genau so einen Opel zu kaufen. Opel ist noch hässlicher als Dacia, schlecht, langweilig und hat sogar die hauseigenen Legenden für Schrott wie den neuen GT verramscht. Wie so oft, konnte eine Firma wie Opel im Boom mithalten, aber die Krise macht solchen Firmen kapitalistisch korrekt das Licht aus. Weil sie keinen Markt mehr haben, den sie kostendeckend beliefern können. Und weil sie wie Ford an einer amerikanischen Mama kurz vor dem Exitus hängen.
Natürlich kommen sie jetzt alle mit der Propagandalüge, sie würden nach Jahrzehnten der Benzinfresserei schnellstens umweltfreundliche Wägen entwickeln - ein dreister Witz, wenn man die Vorlaufszeiten bei der Serienproduktion von Autos und die technischen Hürden neuartiger Antriebe kennt. Wenn Firmen das nicht hinbekommen, wenn Firmen in dieser Richtung die Trends verschlafen haben, dann sind das die amerikanischen Marken und ihre deutschen Ableger. Es würde heute keinen Sinn machen, die Verschrottung von Altautos - wie von Opel vorgeschlagen - mit einer Prämie zu belohnen und dann die Halden der technischen Opeldinosaurier zu verkaufen, die mich dann auf dem Jaufenpass ausbremsen und überholt werden müssen.
Wie man an Talbot und vielen anderen stolzen Marken - man nehme nur mal die ausgestorbene englische Autoindustrie! - sehen kann, ist das normal. Opel hält sich für so wichtig wie Rover oder Panhard oder die Rootes-Gruppe - und alle mussten erkennen, dass es auch ohne sie geht. Es wird auch ohne Opel gehen. Sollte GM pleite gehen, wird Opel verschwinden und den Markt anderen Firmen überlassen, die besser sind und dem Markt bessere Lösungen anbieten. Es gibt keinen plausiblen Grund, der deutschen Tochter eines US-Konzerns Milliarden zur indirekten Finanzierung ihrer lahmen, spritsaufenden Mühlen reinzuschieben, wenn damit innovative Hersteller Absatzprobleme bekommen.
Vielleicht findet sich auch jemand und kauft das Europageschäft von GM. Behält Opel als Billigmarke. Es gibt Emerging Markets und Drittweltstaaten, die kein Problem mit veralteter Technik haben, von den UdSSA bis nach Nigeria, zu betrachten an Firmen wie Jaguar für Indien oder MG und Rover für China. Die Geschichte ist voller Marken, die Krisen nicht überleben. Und es wäre schon ein verdammter Zynismus der Industriegeschichte, wenn Firmen wie Talbot verschwinden müssten, und sowas wie Opel würde auf Steuerzahlerkosten gerettet. Dann lieber wirklich den Adam-Opel-Stausee über Rüsselsheim anlegen.
Wie man am Tegernsee an den Resten der Fischerei im Wasser sieht, kann das sogar durchaus romantisch wirken.
donalphons, 00:46h
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Die einfachen Dinge
Man kann alles übertreiben. Es gibt immer einen Punkt, an dem der Gewinn an Leistung nicht mehr mit dem Anwachsen des Preises mithalten kann. Wann genau es sich nicht mehr lohnt, muss jeder für sich selbst begründen; es gibt Leute, die finden die farblich abgesetzte Nähte ihrer Ledersitze im Auto für mehr als 2000 Euro für unverzichtbar. Und ich habe mit von TV-Kundigen erzählen lassen, dass der Trend zu japanischen Keramikmessern irgendwelcher Schnittdesigner oder damaszierten Klingen usbekischer Stahlstreichler oder was es da sonst noch gibt durch diverse Kochshows in den Kisten gefördert werden, die erstaunlicherweise von vielen einem guten Buch vorgezogen werden. Angenehm entspannt ist dagegen der Teil des mir soeben von einem Gast verehrten Buches "Hitze" von Bill Buford, der sich mit den Schneidegeräten des Kochs auseinandersetzt, wie ich heute morgen am Frühstückstisch lesen durfte.
Worauf kommt es bei einem Messer an? Dass es gut in der Hand liegt und schneidet, sollte man meinen. Vielleicht nicht so gut, dass man nur mal kurz mit dem Finger daran kommt und eine Tarte a la Blutwurst erfindet. Meiner Meinung nach ist es gar nicht so wünschenswert, wenn Messer spielerisch durch Gemüse gleiten; ganz im Gegenteill, ich schätze den Einsatz von Kraft bis an die Grenze der Gewalttätigkeit, denn Kochen ist keine Häkelstickerei und kein literarisches Fest, sondern der letzte legitime Akt der Alltagsgewalt. Hier bin ich Schlächter, hier darf ich es sein, möchte ich sagen, und deshalb ist es fein, wenn das Messer schneidet, ohne dass es dabei wie das Nichtkochen einer dieser parfümersoffenen Brillitanten aussehen würde, das die Werbung in der World of Interior als Ideal präsentiert. Nun war ich am Wochenende im schönen Meran unter den Lauben, besuchte dabei auch das alteingesessene Fachgeschäft der Frasnellis und dachte mir so, als ein paar dumme Blagen eines unbesorgen Kunden das Porzellan im Schaufenster bedappten und kippelten, dass dieses schlichte Küchenmesser mit dicken Messingnieten und dem schlichten Holzgriff eine feine Sache sein könnte.
Es passte einfach. Es lag schön in der Hand, das unebene Holz fühlte sich gut und wohlgeformt an, und wenn es erst mal ein paar Mal in Gebrauch war, wird es auch eine feine Patina bekommen. Plastik dagegen sieht immer etwas schmutzig aus, und die modisch harten, schwarzen Griffe halten bei meiner Küchenarbeit mitunter nur ein paar Monate, bis das spröde Material an den Nieten bricht. Dieses Messer ist eher schlicht und könnte auch ein paar Jahrhunderte alt sein, denn auch auf den Küchenstücken der flämischen Meister und in mittelalterlichen Latrinen finden sich diese Stücke, mit der breiten Klinge und der Verdickung am Ende des Griffs; die Quintessenz aus Jahrhunderten europäischer Küchenpraxis. Natürlich gibt es elegantere Formen, aber hier geht es nicht um Designwettbewerbe, sondern um Schneiden mit der handgeschliffenen Schneide und - schnell umgedreht - um das Herunderschieben des Geschnittenen vom Brett mit dem Messerrücken. Mehr muss nicht sein, genau das geht perfekt, egal ob grob geschnittene Rauke, fein gewürfelte Mangoldstiele oder die Stücke der fertigen Tarte. Und das alles für 10 Euro unter den Lauben aus Meran.
(10. November 2008. 20 Grad, und von 9 bis 4 sitze ich draussen in der Sonne. Noch so ein einfaches Ding. An Tagen wie heute lohnt sich die Wohnung.)
Worauf kommt es bei einem Messer an? Dass es gut in der Hand liegt und schneidet, sollte man meinen. Vielleicht nicht so gut, dass man nur mal kurz mit dem Finger daran kommt und eine Tarte a la Blutwurst erfindet. Meiner Meinung nach ist es gar nicht so wünschenswert, wenn Messer spielerisch durch Gemüse gleiten; ganz im Gegenteill, ich schätze den Einsatz von Kraft bis an die Grenze der Gewalttätigkeit, denn Kochen ist keine Häkelstickerei und kein literarisches Fest, sondern der letzte legitime Akt der Alltagsgewalt. Hier bin ich Schlächter, hier darf ich es sein, möchte ich sagen, und deshalb ist es fein, wenn das Messer schneidet, ohne dass es dabei wie das Nichtkochen einer dieser parfümersoffenen Brillitanten aussehen würde, das die Werbung in der World of Interior als Ideal präsentiert. Nun war ich am Wochenende im schönen Meran unter den Lauben, besuchte dabei auch das alteingesessene Fachgeschäft der Frasnellis und dachte mir so, als ein paar dumme Blagen eines unbesorgen Kunden das Porzellan im Schaufenster bedappten und kippelten, dass dieses schlichte Küchenmesser mit dicken Messingnieten und dem schlichten Holzgriff eine feine Sache sein könnte.
Es passte einfach. Es lag schön in der Hand, das unebene Holz fühlte sich gut und wohlgeformt an, und wenn es erst mal ein paar Mal in Gebrauch war, wird es auch eine feine Patina bekommen. Plastik dagegen sieht immer etwas schmutzig aus, und die modisch harten, schwarzen Griffe halten bei meiner Küchenarbeit mitunter nur ein paar Monate, bis das spröde Material an den Nieten bricht. Dieses Messer ist eher schlicht und könnte auch ein paar Jahrhunderte alt sein, denn auch auf den Küchenstücken der flämischen Meister und in mittelalterlichen Latrinen finden sich diese Stücke, mit der breiten Klinge und der Verdickung am Ende des Griffs; die Quintessenz aus Jahrhunderten europäischer Küchenpraxis. Natürlich gibt es elegantere Formen, aber hier geht es nicht um Designwettbewerbe, sondern um Schneiden mit der handgeschliffenen Schneide und - schnell umgedreht - um das Herunderschieben des Geschnittenen vom Brett mit dem Messerrücken. Mehr muss nicht sein, genau das geht perfekt, egal ob grob geschnittene Rauke, fein gewürfelte Mangoldstiele oder die Stücke der fertigen Tarte. Und das alles für 10 Euro unter den Lauben aus Meran.
(10. November 2008. 20 Grad, und von 9 bis 4 sitze ich draussen in der Sonne. Noch so ein einfaches Ding. An Tagen wie heute lohnt sich die Wohnung.)
donalphons, 21:32h
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