: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 24. November 2008

Lesen, fressen, sterben

Diese Krise, sie hat einen kleinen, unwürdigen Geschmack. Man möchte es keinem wünschen. Aber die Betroffenen bewahren Ruhe. Sie machen keine 1929er bveitstänze in der Luft über der Wall Street. Es finden keine Demonstrationen statt - obwohl der heutige Bailout für die Citibank die Frage aufwirft, wann man mit dem Bankenanzünden anfangen will, wenn nicht heute in Manhatten (bitte, Verehrteste, nicht in Deutschland, da ist die Citibank längst verkauft, heben Sie sich den Knast auf für Ziele, die sich lohnen). Die Nation der Hauptverursacher leistet sich noch zwei Monate Flickschusterei und Stillstand, bis ein Grossmaul den Job mit den Alt-Verantwortlichen für die Krise beginnt. Glaubt man dem alten Machthaber, hat der Neue auch den heutigen 326 Milliarden teuren Staatshilfenirrsinn abgenickt, mit der eine Bank im Wert von 20 Milliarden aufgefangen wird. Kein Mensch würde 50.000 Euro in einen Wagen an Reparaturen stecken, dessen Reste nur 3.500 Euro wert ist, nachdem man ihn gegen die Wand geknallt hat. Aber das ist der Sinn der Zeit. Antizyklisch, es geht zu Boden, also mit dem Kopf durch die Decke.

Es ist die grosse Krise der kleinen Geister, es ist die Stunde der Plärrer und die bleierne Zeit versagender Geistesmenschen, oder was sich dafür hält. Es kann keine bessere Zeit geben, um zurück zu schauen, um die Zukunft zu sehen. Aber wenn jeder Besitzer eines Bloomberg-Terminals die Charts von 1929 mit 2008 überlegen und ins Internet setzen kann, fordert niemand, den F. Scott Fitzgerals wieder zur Hand zu nehmen. Den Steinbeck. Brechts Heilige Johanna oder Mahagonny. Feuchtwangers tönernen Gott. Verlage pumpen geistfreie Ratgeber in den Buchkosmus, eins zwei kaufen. Werde reich, gewinne mit der Krise, in zehn Schritten zum neuen Schwarzhändler, Du, immer noch Gewinner. Das Gas im Sichtglas, das Georg Kaiser der Welt gegeben hat, steigt wieder, aber man will es nicht lesen. Es stösst die Krise den Abschaum der Powerpointer aus und nicht die Trucks und Zocker von Serner, es flieht der Dreck in die Wellnessoasen, 1 Tag 18 Euro mit Gutschein, aber das Kokain von Dino Segre will keiner mehr in den Adern haben. Wer sich gegen die Krise wehrt, wer öffentlich aufschreit, tut es, um ein Produkt zu werben. Diese Krise ist hässlich, aber das Schlimmste ist die Dummheit derer, die sie betrifft. Selbst die Pest würde man allenfalls mit "Die Hundert besten Geschichten des Decamerone" begleiten. Es ist eine dumme Welt, in der es den Idioten noch nicht einmal vergönnt ist, anständig zu krepieren.


(Mittelbild hier, Grossbild hier)

Also esst mehr, nehmt Ricotta statt Quark in die Füllung Eurer Kuchen, greift zum Fett und zu den Eiern, macht die Nudeln gross und prall, wenn ihr schon überleben müsst, auch morgen geht leider wieder die Sonne auf, weil es ihr scheissegal ist, was bei uns geschieht wie den meisten, schiebt der Frau im Samtsessel die Trauben in den Mund, macht den Leuchter auf, nehmt die starken Birnen und lest ihr vor, was die geschrieben haben, die aus dem Krieg kamen, die Krise kannten und im Weltenbrand erloschen. Lest, kotzt, und betet zu dem, der sich Eures Elends erbarmt.

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Hauspflicht

Zum ersten Mal in diesem Jahr in der Nacht Schnee geräumt. Viel Schnee. 20 Zentimeter. Man sagt ja, das soll jung halten. Eigentlich ist es gar nicht so hässlich, da draussen



Ausserdem habe ich Zeit. Ich warte auf das Ergebnis in Saschen Citibank, die wegen ihrer offensichtlich wohl doch nicht so guten Lage das Wochenende über Geheimverhandlungen mit der US-regierung geführt hat. Offensichtlich plant das Regime, seine Bürger ein letztes Mal ganz gross zu verarschen und der Citigroup und deren Aktionären einen riesigen Haufen schlechter Kredite abzunehmen. Klingt für mich nach letzter Kugel im Lauf. Für Citi reicht das Geld des Rettungsfonds gerade noch. Beim nächsten Anklopfenden wird es eng.

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