: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 7. Dezember 2008

Gestatten

Mein Name ist Hill.



Don Hill.



Und ich habe die Lizenz zum rödeln.

Etwas unglamuröser als das zweite Bild, von dem besser keiner fragen sollte, wie man das macht, wenn da vorne die Kurve ist und man zwei Hände zum mitlenken braucht (kleiner Tipp: Dummheit ist ein Hauptbestandteil, sicher auch ein wenig Ich muss eh bald zum Zahnarzt und ein gutes optimistisches Stück Es ist noch ewig hin bis zur Kurve, mindestens 1,42 Sekunden), etwas unglamuröser ist es zu wissen, wer mich da runter geschlagen hat. 2 Mädchen im Alter um die 6 Jahre. Und das kam so:

Als ich in die Neureuth eingestiegen bin, war 200 Meter vor mir ein Pulk Einheimische, mit meinen Davoser ausstechenden Rennrodeln, einem Hund, und besagten Kindern mit Plastikbobs. Ich kam näher und näher, irgendwann machten sie eine Pause. Kaum war ich vorbei, gingen sie wieder los, die Väterkühe voran und ohne auf den Rest der Blase zu warten. Und die Väterkühe waren verdammt schnell. Jünger als ich, besser trainiert, und laut Aufschrift auf den Jacken Mitglieder in einem Rodelverein. Die Sorte Mensch, denen man auf dem Berg nur ungern davonlaufen möchte. Ich habe es aus falschem sportlichen Ehrgeiz geschafft, aber es war nur unwesentlich klüger und gesundheitsfördernder als das zweite Photo. Oben habe ich dann erst gar nicht lang gewartet, rauf auf den Bock und hinunter mit Gebrüll. Soweit es halt ging, in 20 Zentimeter Neuschnee: Oben wildsaugut, unten immer schlechter.

Da sind einerseits die flachen Stellen, in denen der tiefe Schnee zu sehr bremst. Und die stark bewaldeten Stellen, in denen so wenig Schnee liegt, dass die Kufen durch den Schnee brechen und vom Schotter vollgebremst werden. Die Kufen, der Schlitten, aber nicht der Fahrer - der rutscht dann über das Vorderteil Richtung Schotter. Absteigen und ziehen geht ziemlich auf die Durchschnittsgeschwindigkeit. Ich war schon fast unten, als von hinten Lärm kam: Die beiden Blagen auf ihren Plastikbobs, die so viel Auflagefläche haben, dass sie auch noch über den Tiefschnee und die dünnste Schneelage gleiten. Ganz unten haben sie mich mit einem "Vorsicht" und ohne Abstand zu halten, nun, also, aber immerhin war ich schneller als die Väterkühe. Und musste am Auto auch keine Blagen von irgendwelchen Almwiesen einsammeln. Ich bin Gesamtsieger, könnte man sagen. Und ich bin für ein Verbot von unfairen Kindern und Plastikbobs.

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Der letzte Sieg der DDR

Vor ein paar Wochen ist eine elend mitte-mittige Politikwebseite mit dem Wunsch an mich herangetreten, ich möchte für lau einen Beitrag für ihren Adventskalender schreiben, und zwar einen Versöhnungsversuch mit einem Blogger meiner Wahl. Regelmässige Leser ahnen vielleicht, dass ich mir nicht nur die hart erarbeitete Feindschaft fragwürdiger Figuren erhalten möchte, sondern obendrein die ganze Komposition als solche in wirklich jeder Hinsicht ablehne. Was nichts daran ändert, dass es zwischen mir und einigen, sagen wir mal, people familiar with the Berlin Blog matter, durchaus Kontakte und Austausch zweitrangiger Informationen gibt. Und da hört man dann auch so Ratschläge wie: Das wäre alles gar nicht so schlimm, wenn ich nicht dauernd vorführen würde, wie das hier halt nun mal so ausschaut.



Mein Problem mit der Sache ist zweierlei: Natürlich wäre die Abbildung eines billigen Döners aus einem Berliner Bezirk möglich, um mich den dortigen Gewohnheiten anzupassen. Es gibt auch in Berlin ganz hervorragenden Falafel, und ja, ich weiss, dass diese Form der Essensdarstellung eher akzeptiert ist, als der Anschein eines Reichtums, der allerdings nur in den Augen unwissender Betrachter einer ist, denn Reichtum, das sei hier gesagt, sieht nochmal ganz, ganz anders aus.Trotzdem: Aus mir unerfindlichen Gründen gibt es welche, die sich bemühen, Witze a la "da sitzt der an seinem Tegernsee hihi und putzt sein Silber höhö und dann hähä geht er mit einer Frau rodeln, die wie Romy Schneider ausschaut hähä und isst später auch noch Torte Bwahaha die arme Sau, und in die Schweiz muss sie auch noch gacker" - und dann beissen sie in ihren Döner und passen auf, dass die Sosse nicht aus dem Papier in die Tastatur ihres Apples läuft.

Ich kenne beide Welten aus eigener Anschauung, und das bringt uns zum zweiten, weiter gefassten Punkt, dem Überleben der DDR im Zeitgeist. Man sieht das ja in den Medien: Es gilt als legitim, Armut und schlechten Geschmack herzuzeigen, es ist vollkommen akzeptiert, sich schlecht zu kleiden, Bücher über schlechte Körpergerüche zu lesen und Blogger mit Magenbeschwerden toll zu finden, man ist sich einig, auf die herabzuschauen, die nicht grau, verhärmt und plakativer Abwesenheit von Vermögen in hässlichen Löchern hausen, in denen das Handy und der Computer die einzigen Stücke von Wert sind, wenn sie gerade mal wieder neu gekauft wurden. Diese Pflicht zur Prunkverhinderung, das Fehlen aller Zeichen von exzeptioneller Besitzfreuden - das alles ist DDR. Die DDR lebt fort in Berlin unter denen, die das Nichtauffallen verinnerlicht haben, eine antikapitalistische Lebenslüge, die den Verkauf aller Ideale selbstredend mit einschliesst, die DDR feiert Feste mit einer durchgehenden Ähnlichkeit in Stilabwesenheit und dadurch aufoktroierter Uniformität, eine Negation von Dauerhaftigkeit und Geschichte zugunsten einer vulgärtrotzkistischen permanenten Revolution des neuesten heissen Scheisses, der von den immer gleich aussehenden Protagonisten für die immer gleiche Zielgruppe entworfen, entwickelt und abgeräumt wird, ein Graubraunstufenpop mit Creative Commons Ideologie, die alles verabscheut, was sich über diese Pflichtgemeinschaft erhebt, eine geistige Einheit, der das Versorgungsstaatsgefühl vollkommen zum Hinterhofglück ausreicht und jeden, der mehr oder etwas anderes will, dem der Sinn nach ostentaiver Lebensfreude steht, als möglichen Systemfeind erkennt, als Leugner der neuen Wahrheit, dass in der Diktatur Chinas gebaute USB-Gadgets jedes halbe Jahr gut und ein feines Porzellan für das Leben bürgelich-dekadent ist.



Wir leben in einer Zeit, in der man gefahrlos schreiben kann, wie toll Döner für 1,30 ist, obwohl in der gesamten Verwertungskette eine elende, kriminelle Veranstaltung zugrunde liegt. Keiner macht einen blöd an, egal wie widerwärtig die industrielle Fleischproduktion ist - es ist arm, es ist proletarisch, also ist es sozial und gut. In dieser gleichen Zeit gilt es als unfein darauf hinzuweisen, dass Christies beim Verkauf des Inhaltes des Smith-Barry Anwesens am 20. April 2008 fast exakt das Vorlegebesteck in der Werbung abgebildet hat, das auf meinem Tisch ausliegt.

Ich will einfach nicht, dass die Partei, die Partei der Proleten, die anders als das Establishment sein will und de facto das Establishment der Mehrheit ist, immer recht hat. Diese Bilder sind das Mindeste, was man tun kann, wenn man schon auf eine Berliner antigeschmackhassenden Schutzwall für die Freunde der DDR zu verzichten bereit ist.

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